Die Lage spitzt sich zu: Ubisoft weiterhin im Kampf gegen Vivendi-Übernahme – Aktueller Stand und Interview mit Yves Guillemot
- 19:27 - 26.09.2016
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Die Ereignisse, auf die wir uns heute beziehen wollen, reichen bis in den Oktober 2015 zurück. Damals sicherte sich der französische Großkonzern Vivendi Anteile am ebenso französischen Entwickler und Publisher Ubisoft, den wir für seine vielen beliebten Spieleserien wie Rayman oder Assassin's Creed kennen. Wir berichteten bereits Ende Februar über die heikle Situation, in der sich die Guillemot-Brüder derzeit befinden. Zu dieser Zeit hielt Vivendi bereits 15% der Ubisoft-Aktien und konnte 30% des familiär verknüpften Mobile-Entwicklers Gameloft sein Eigen nennen.
Letzte Aktivitäten im Fall Vivendi:
Schon sieben Monate sind seit der letzten News zum Kampf "Ubisoft gegen Vivendi" vergangenen. In dieser Zeit nahmen die Ereignisse eine etwas unschöne Wendung für die französischen Entwicklerstudio. Im Juni 2016 nämlich gab Vivendi die Übernahme von Gameloft bekannt und besitzt mit 61,2% der Anteile nun 55,6% des Stimmrechts – also die Mehrheit. Im Juli 2016 schließlich wurde bekannt, dass Vivendi bereits 22,8% der Anteile Ubisofts besitzt und sich damit genau ein Fünftel des Stimmrechts sicherte. Damit einhergehend versicherte man, dass man nicht plane Ubisoft unter seine Kontrolle zu bringen und lediglich auf eine gute Zusammenarbeit hoffte und sich ein Mitspracherecht beim Entwicklerstudio sichern wollte.
Das Online-Magazin Variety, die einen Artikel zum Sachverhalt veröffentlicht haben, nahm auch diverse Meinungen von Analysten in ihrem Artikel auf. Die Ansichten sind bei diesem Thema äußerst gespalten. Manche kritisieren Vivendi für ihre unwirtschaftlichen Entscheidungen, während manch andere nachvollziehen können, dass solch starke Marken, wie sie Ubisoft bietet, durchaus profitabel sein können. Gelobt wird auch die Übernahme von Gameloft, dem Smartphone-Entwickler einer der Guillemot-Brüder. Ob Vivendi sich dennoch traut den Videospielriesen Ubisoft, der im Juli 2016 auf 3,7 Milliarden Euro Marktwert geschätzt wurde, zu übernehmen bleibt weiterhin fraglich, so einer der Experten. Schon einmal soll Vivendi bei der Übernahme eines Konzerns, von dem sie 29,1% der Anteile besaßen, aufgrund von Meinungsverschiedenheiten keinen Erfolg gehabt haben.
Aktion "We Are Ubisoft":
Schon seit Anbeginn der feindlichen Übernahme durch Vivendi kämpfte Ubisofts CEO Yves Guillemot, einer der Mitbegründer des Familienunternehmens, für die Unabhängigkeit des Konzerns. Wie in unserer News vom Februar hingewiesen, hielt er Rücksprache mit dem kanadischen Premierminister, um das Schicksal aller kanadischen Mitarbeiter Ubisofts zu diskutieren. Der Kampf für die Unabhängigkeit Ubisofts (und Gamelofts) war also schon immer ein persönlicher, aber auch öffentlicher Kampf für die Guillemot-Brüder. Passend dazu startete der Entwickler in sozialen Netzwerken die Aktion "We Are Ubisoft". In dem mehrminütigen Video erzählen diverse Ubisoft-Mitarbeiter, was ihnen besonders an ihrer Arbeit für Ubisoft liegt und was die französische Spieleschmiede von anderen unterscheidet.
Zusätzlich zeigen Ubisoft-Mitarbeiter ihre Unterstützung und Liebe für das Unternehmen durch spezielle Pins und T-Shirts, die derzeit innerhalb der Studios verbreitet werden. Darunter die Aufschriften "I ♥ Ubisoft" oder auch "I belyves" (ein kluges Wortspiel zwischen "believe" und "Yves").
Yves Guillemot: "Vivendi würde unsere Werte zerstören":
Im Voraus zur bald anstehenden Jahreshauptversammlung der Aktionäre, die am 29. September stattfindet, wurde die Redaktion von GameStar zum Interview mit Herrn Yves Guillemot eingeladen. Dieses Mal war keine Neuankündigung Dreh- und Angelpunkt des Gesprächs, sondern die Zukunft des Entwicklerteams selbst. Die wichtigsten Punkte haben wir für euch zusammengefasst.
So sagt Guillemot, einer der Mitbegründer des Unternehmens, dass eine ungewisse Zukunft bevorstehen würde, würde der Entwickler von Vivendi übernommen werden. Es fehlt einfach der Dialog zwischen den beiden Unternehmen, deshalb tappen die Verantwortlichen bei Ubisoft immer noch im Dunkeln. Was Guillemot wichtig ist, seien die Werte, die er zusammen mit Ubisoft in der aktuellen Firmenumgebung geschaffen habe. Dabei handelt es sich gezielt um Freiheit, Flexibilität und volle Kontrolle sämtlicher Prozesse. In einem sich so schnell entwickelnden Markt, sei es besonders wichtig, auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können, was man sich unter der Führungs Vivendis nicht vorstellen kann.
Sofern eine Übernahme stattfinden sollte, sagt Guillemot, würde er nicht Teil der Geschäftsführung bleiben wollen. Bei Vivendi handele es sich um kein reines Videospielunternehmen, sondern um einen Zusammenschluss vieler Unternehmschaften, die ein gemeinsames Management teilen. Dabei würden Guillemot und Ubisoft nichts gewinnen, sagt er. "Wenn du gewinnen kannst, dann bleibst du bei dem Team, das gewinnt. Kannst du nicht gewinnen, dann musst du woanders hingehen.", konkludiert der CEO.
Bereits 2004 versuchte Electronic Arts Ubisoft zu übernehmen. Auf die Frage hin, was heute zu damals unterscheidet, nannte Guillemot vor allem die Verbindung beider Firmen. Mit EA wurden Gespräche geführt und man kam zum Entschluss, dass sich die Philosophien beider Studios doch zu sehr unterscheiden würden, als dass sie eine Partnerschaft eingehen könnten. Mit Vivendi fanden solche Gespräche nie statt und man fühlt sich schlichtweg bedroht. Guillemot kann nicht nachvollziehen, weshalb ein Konzern wie Vivendi, der kaum Erfahrungen in der modernen Spielindustrie hat, in ein Unternehmen wie Ubisoft investieren möchte. Sicherlich würden die vielen erfolgreichen Marken attraktiv wirken, doch es fehlt Vivendi an Umsetzungsvermögen.
Zuletzt erklärt Guillemot, was Ubisoft von anderen Entwicklerstudios wie Electronic Arts oder Activision Blizzard unterscheidet. So sagt der französische Firmenchef, dass Ubisoft im stetigen Wandel ist. Es gäbe keine großen, konstanten Marken, wie sie EA oder Activision Blizzard besitzt, von denen man als Entwickler leben könnte. Viel mehr muss man sich als Ubisoft immer wieder neu definieren und einzigartige Erfahrungen erstellen, um in neue Bereiche vorzudringen. Die anderen genannten Studios würden dafür einfach andere Studios aufkaufen, die bereits in diesen Bereichen Fuß gefasst haben. Das wäre allerdings nicht Ubisofts Ansatz. Es geht vollkommen um Freiheit und Innovation, was zu immer wieder neuen, erfrischenden Spielemarken führe.
Wer das volle Interview lesen möchte, kann einmal selbst bei GameStar vorbeischauen!
Nach allen genannten Informationen: Wie steht ihr zum Konflikt, in den Ubisoft reingeraten ist? Hofft ihr auf die weitere Unabhängigkeit des Studios?
Quelle: Golem | Variety | Twitter (1) - (2) | YouTube (UbisoftDE | UbisoftTV) | GameStar