Unser Test zum Spiel: Wii U Panorama View
Bereits mit Wii Street U bietet uns die Wii U die Möglichkeit, uns auf der gesamten Welt umzusehen. Dabei greift das Programm auf die Google Streetview-Daten zurück, was auf der einen Seite jede Menge Bildmaterial bedeutet, auf der anderen Seite aber bleibt alles statisch. Dank Nintendo und Panorama View hat sich das nun geändert, denn in den bisher verfügbaren vier Touren sind wir mittendrin, statt nur dabei. Ob nun direkt im Gemenge des Karnevals in Rio de Janeiro, an Bord einer Rikscha in Kyoto, zusammen mit anderen Touristen im Londoner Doppeldeckerbus oder hoch in den Lüften, wie ein Verrückter dürft ihr euch mit dem GamePad in den Händen um die eigene Achse drehen und das Geschehen in 360 Grad genießen. Ich habe mich auf alle vier Touren begeben, um euch bei der Entscheidung zu helfen, für welche sich die 1,99 Euro auch tatsächlich lohnen.
Doch zunächst einmal ein paar allgemeine Infos zu Panorama View. Dank des Gyrosensors im GamePad könnt ihr euch innerhalb einer Tour frei umschauen, allerdings sieht das für Außenstehende doch etwas seltsam aus, wenn man mitten im Zimmer steht (oder auf der Couch sitzt). Vielleicht sollten Reisende im Erdgeschoss also zuvor die Jalousien herunterlassen. Doch ganz egal, ob es dumm aussieht, diese direkte Einbindung sorgt für das schon angesprochene Mittendrin-Gefühl. So lauft ihr nicht neben der Rikscha her, sondern sitzt in ihr, und die Karnevals-Tänzerinnen scharwenzeln um euch herum und lächeln euch zu. Für dieses tolle Feeling gibt es auf jeden Fall ein Yeah. Allerdings wird jede Tour als eigenes Symbol im Wii U-Menü angezeigt und kann nur über den Home-Button geschlossen werden. Wenn ihr also eine andere Tour starten wollt, müsst ihr erst einmal die aktuelle beenden. Hier wäre eine übergreifende App sinnvoller gewesen.
Leider wird auch die Stimmung durch die nicht gerade tolle Bildqualität doch manchmal ein wenig gedrückt. Zudem gibt es immer wieder kurze Laderuckler, die je nach Tour mehr oder weniger auffallen. Auch solltet ihr regelmäßig mit einem Druck auf die Select-Taste die Blickrichtung kalibrieren, da ihr ansonsten mit dem GamePad nach rechts gedreht dasitzt, innerhalb der Tour aber nach vorne schaut. Das kann ganz schön verwirren. Haltet ihr die L- oder die R-Taste gedrückt, könnt ihr direkt hinter euch schauen. Mithilfe des den linken Analogsticks könnt ihr euch in einem gewissen Radius innerhalb eurer Blickrichtung umsehen, aber gebraucht habe ich das nicht, da ich lieber direkt das GamePad bewegt habe. Der rechte Stick dient zum Zoomen. Erwartet davon aber nicht zuviel, da die Bildqualität eben nicht an HD heranreicht.
Am wichtigsten aber ist die X-Taste, mit der ihr das Geschehen vom GamePad auf den Fernseher legt. Normalerweise wird euch auf dem Fernseher nämlich die gerade Blickrichtung angezeigt, während ihr auf dem GamePad in alle Richtungen schaut. Allerdings wirkt alles auf dem Bildschirm des Wii U-Controllers ziemlich verwaschen und ich ertappte mich schnell dabei, dass ich einfach nur das GamePad bewegte, dabei aber auf den Fernseher starrte, weil der ja so auch anzeigte, was gerade auf dem Bildschirm in meinen Händen zu sehen war. Die Screenshots zu den Touren, auf die ich jetzt detaillierter eingehen werde, wurden übrigens von mir gemacht und stammen allesamt aus Miiverse.
Karneval! – 7:41 Minuten - 395 MB
Beim Karneval in Rio de Janeiro ist es besonders schade, dass die Bildqualität nicht besser ist. Zwar kommen die vielen bunten Kostüme, die Festwagen und allgemein die Stimmung auch so toll rüber, aber wenn das Lächeln einer vorbeitanzenden Schönheit nicht ganz scharf wirkt und die Federn ihres Kopfschmucks ineinander zu verschwimmen scheinen, geht schon ein bisschen Atmosphäre verloren. Leider sind hier auch die Nachladeruckler am deutlichsten, da die Tänzer immer wieder kurzzeitig abgehackte Bewegungen vollführen, bis es wieder geschmeidig weitergeht.
An der Tour an sich gibt es aber nichts zu meckern. Ihr steht mal mittendrin im Geschehen, sodass rund um euch herum die Party abgeht, mal bekommt ihr vom Rand einen Überblick über den Trubel und die Festwagen. Die Szenen werden ziemlich oft gewechselt, was aber nicht störend ist, da so innerhalb der knapp acht Minuten das ganze Spektrum des Karnevals gezeigt werden kann und sobald ihr euch an den einen Kostümen sattgesehen habt, werden euch die nächsten präsentiert.
Selbst bei wiederholtem Anschauen hatte die Karnevals-Tour noch genug zu bieten, da ich ständig etwas Neues entdeckte. So verfolgte ich beim ersten Mal die knapp bekleideten Tänzerinnen mit meinem GamePad (sorry, ich konnte nicht anders!), während ich beim zweiten Mal in die genau andere Richtung blickte. Da bekam ich dann weitere fröhlich tanzende Menschen zu sehen. So entdeckte ich auch ein bisschen Feuerwerk am Himmel, das ich zuvor nur gehört hatte.
Die Karnevals-Tour hat am stärksten mit der Bildqualität und den Nachladerucklern zu kämpfen, bietet aber auch viel fürs Auge und für die Ohren. Insgesamt halte ich die Tour aber für empfehlenswert, weil sie genau das mitbringt, was Panorama View liefern will: das Mittendrin-Gefühl.
Mit der Rikscha durch Kyoto – 7:21 Minuten - 381 MB
Japan ist schon seit Jahren das Land, in das ich am liebsten reisen würde, sollte ich je die Möglichkeit dazu haben. Von daher freute ich mich über Kyoto-Tour in der Rikscha, mit einer hübschen Geisha an meiner Seite. Gezogen von einem netten Herrn bekommt ihr einen abwechslungsreichen Einblick in Kyoto, mit typisch japanischen Hausfassaden, Seitenstraßen, Tempeleingängen und Gärten. Ich kann zwar nicht einschätzen, ob die Tour einen repräsentativen Überblick bietet, aber sie dürfte zumindest nah dran sein.
Besonders gut gefallen hat mir an der Fahrt mit der Rikscha, dass der „Fahrer“ bzw. „Zieher“ (oder wie auch immer er genannt wird) ständig mit mir und meiner Begleitung interagiert, indem er uns ansieht, uns anspricht und auch interessante Dinge zu erzählen hat. Das kann ich aber nur vermuten, da das Gesagte natürlich auf Japanisch erklingt und es keine Untertitel gibt. Die weibliche Begleitung antwortet immer wieder mal auf den Rikscha-“Zieher“, und so wird die Illusion von Interaktivität perfekt. Es müsste nur noch einen Knopf geben, mit dem ich im Video ein „Aha“ oder „Toll!“ von mir geben könnte.
Die netten Damen, die euch während der Fahrt begleiten, drehen auch immer mal wieder den Kopf in eure Richtung. Davon sollte man sich aber nicht ablenken lassen, denn immerhin ist man ja unterwegs, um sich die Umgebung anzuschauen! Und das macht gerade dann besonders viel Spaß, wenn man sich zumindest etwas mit der japanischen Kultur auskennt. Dann entdeckt man zum Beispiel immer wieder die Eingänge zu den Tempeln, die uninformierten Reisenden wahrscheinlich gar nicht so auffallen würden. Es scheint übrigens ziemlich viele Tempel in Kyoto zu geben.
Die nicht gerade herausragende Bildqualität und die Nachladeruckler fallen während der Kyoto-Rundreise lange nicht so sehr ins Gewicht wie beim Karnevals-Besuch. Allerdings ist der „Wiederspielwert“ nicht ganz so hoch, da die Geschwindigkeit einer solchen Rikscha selbstverständlich nicht an zum Beispiel die eines Doppeldeckerbusses heranreicht, sodass man genügend Zeit hat, sich umzusehen. Wer einen Japan-Faible hat, sollte sich die Tour definitiv gönnen.
Vogelflug – 312 MB – 5:45
Mein Highlight der vier Touren ist der Vogelflug. Mit einem Hängegleiter fliegt ihr hier über Mittelitalien und begleitet eine kleine Gruppe an Gänsen, die mal vor, mal hinter, mal neben oder auch mal unter euch durch die Lüfte segelt. Die Gänse lassen sich auch gar nicht von euch stören. Nebenher fliegt ihr an einem Schloss vorbei, über Bauernhöfe und Felder hinweg und zum Abschluss sogar kurz über der Wasseroberfläche dahin.
Die Vogelflug-Tour strahlt eine angenehme Ruhe aus, da es hoch oben keinen Stadt-Lärm gibt, ihr über allem Irdischen zu schweben scheint und einfach nur den Ausblick genießt. Der Screenshot zu dieser Tour wurde übrigens mit folgendem Kommentar von mir im Miiverse gepostet: Einfach schön! Und diese zwei Wörter fassen den Vogelflug perfekt zusammen. Es ist allerdings sehr schade, dass gerade die außergewöhnlichste Tour gleichzeitig die kürzeste ist. Hier hätte es ruhig noch zwei, drei Minuten mehr geben dürfen.
Die Blicke übers Land und das Gefühl, neben einer Gans durch die Luft zu gleiten, faszinieren mich aber selbst noch nach dem fünften Start. Und da man eh meistens in die Ferne blickt und sich in gemächlicher Geschwindigkeit bewegt, spielen die technischen Mängel von Panorama View so gut wie keine Rolle. Es gibt zwar ehrlich gesagt nicht so viel zu sehen wie in den anderen Touren, dafür bekommt ihr etwas Besonderes geboten. Danach solltet ihr auch eure Entscheidung richten, ob ihr euch den Vogelflug kaufen wollt. Ach was, denkt nicht darüber nach, schlagt zu!
Fahrt mit Doppeldeckerbus – 9:46 Minuten – 484 MB
Für die Aufnahmen im Doppeldeckerbus, der euch mitsamt anderer Touristen durch London kutschiert, hat man sich glücklicherweise einen regenfreien Tag ausgesucht. Die Tour beginnt am Big Ben, führt euch durch ein paar Straßen und über die London Bridge. An sich wäre es eine spannende Sache, London kennenzulernen, allerdings wirkt die Doppeldeckerbus-Tour teilweise unnötig in die Länge gestreckt.
So fängt die Fahrt am Big Ben toll an und man fährt auch an anderen Sehenswürdigkeiten in der Nähe vorbei, doch schon bald landet man auf der London Bridge. Hier fühlte ich mich dann ein bisschen verschaukelt, denn zuerst fährt der Bus im gefühlten Schrittempo zur anderen Seite, dann wird in dreifacher Geschwindigkeit gezeigt, wie der mittlere Teil der Brücke herabgelassen wird (für Schiffe kann die Fahrbahn in der Mitte der London Bridge in zwei Teilen angehoben und wieder gesenkt werden). Es folgt eine Aufnahme von weiter weg in fünffacher Geschwindigkeit, in der die Mittelteile hochgezogen werden, und dann kann es endlich weitergehen.
Lasst euch von der dreifachen und der fünffachen Geschwindigkeit aber nicht täuschen, denn es dauert immer noch viel zu lange, bis es wieder vorangeht. Mir unverständlich, denn die Doppeldeckerbus-Tour verspricht uns einen Trip durch London und keine Brücken-Dokumentation. Etwas später steht der Bus dann an einer Straßenkreuzung herum, an der es nichts zu sehen gibt. Zum Schluss werden diese seltsamen Szenen-Entscheidungen aber wieder etwas wett gemacht, da man Big Ben und Co. noch einmal am Abend mit Beleuchtung zu sehen bekommt.
Die ganze Zeit über erzählt der Tour-Guide Wissenswertes über das, was es rund um euch und den Bus zu sehen gibt. Die Ton-Qualität ist aber teilweise unter aller Sau und ich konnte den Herrn kaum verstehen. An sich finde ich die Idee, nebenher von einem Guide etwas erzählt zu bekommen, wirklich toll, aber dann bitte beim nächsten Mal das Gesagte extern aufzeichnen und anschließend unters Bild mischen. Teilweise sind die Nachladeruckler deutlich zu sehen, aber störend sind sie nicht, da man sich ja Gebäude (bzw. eine Brücke) und keine tanzenden Menschen anschaut. Die Bildqualität ist hier, wie auch in der Rikscha-Tour, nicht so wichtig.