Unser Test zum Spiel: Comic Workshop

Der eShop des Nintendo 3DS hat nicht nur eine Vielzahl an Spielen zu bieten, sondern auch einige interessante Anwendungen, mit denen ihr selbst kreativ werden könnt. Bislang gab es mit der Art Academy-Reihe und Colors! 3D zwei Mal- und Zeichenprogramme, die euch mit unterschiedlichen Ansätzen den Pinsel in die Hand gedrückt haben. Während ihr in Art Academy in die Grundlagen der Malerei eingeführt werdet, verschiedene Techniken erlernt und euch mit diversen Malutensilien vertraut macht, ermöglicht euch Colors! 3D durch Werkzeuge, wie sie eher aus einer Software vom PC bekannt sind, einen simplen und direkten Zugang zum freien Zeichnen und verwandelt so den Touchscreen eures 3DS in ein kleines Grafiktablett. Wer also gerne Zeichnungen, Illustrationen und kleine Kunstwerke auf dem Handheld anfertigt, war auf dem 3DS bisher gut versorgt. Wer jedoch lieber Geschichten in Form von Comics erzählen möchte, hatte bis jetzt kaum die Gelegenheit dazu. Speziell für Comic- und Mangazeichner kommt nun aber ein weiterer Titel, der diese Lücke schließen soll: Comic Workshop.




Schon im Startmenü ist die Botschaft eindeutig: hier dreht sich alles um Panels. Wie in einem Comicstrip werdet ihr mit Menüpunkten begrüßt, die in Fenstern, sogenannten Panels, angeordnet und ganz im Stile eines Manga gehalten sind. Das größte Panel ziert der typische Arbeitsplatz eines Comiczeichners und führt euch ins eigentliche Programm, wo Arbeitsfläche und Werkzeuge auf euch warten. Vorher sollte euch aber der Menüpunkt für die Auswahl der Zeichenhand auffallen. Je nachdem, ob ihr Rechts- oder Linkshänder seid, tippt ihr die entsprechende Grafik an. Das ist auch schon die einzige Einstellung, die es vorzunehmen gilt. Danach empfiehlt es sich, noch einen Blick in die Tutorials zu werfen und den Umgang mit den zahlreichen Funktionen zu lernen, bevor ihr dem verlockenden Aufruf „Time to draw“ folgt. Spätestens wenn ihr das Buch mit den Übungen aufschlagt, werdet ihr feststellen, dass Comic Workshop komplett in englischer Sprache gehalten ist. Es sind demnach ausreichende Englischkenntnisse erforderlich, um alle Erklärungen und Begriffe ohne Probleme direkt verstehen zu können.

Die Vorbereitung
Man kann insgesamt 28 Lessons (Lektionen) durchgehen, wenn man Hilfe zu bestimmten Funktionen benötigt. Sie sind optional, haben eine angenehme Länge von je etwa einer Minute und können beliebig oft wiederholt werden. Dabei wird euch die jeweilige Funktion Schritt für Schritt anschaulich erklärt. Nachdem euch gezeigt wurde, wie ein Werkzeug verwendet wird, seid ihr aufgefordert, es nachzumachen. Durch die Vorführung und die anschließende Übung dürften auch die englischen Erläuterungen für niemanden mehr allzu schwer verständlich sein. Wenn ihr erst einmal wisst, wo was zu finden und wie zu bedienen ist, prägen sich die Abläufe schnell ein, und die englischen Bezeichnungen spielen keine Rolle mehr. Wer außerdem wie ich bereits Erfahrung mit ähnlichen Programmen zum Zeichnen hat, wird vieles wiedererkennen und nicht auf alle Anleitungen angewiesen sein. Nach drei absolvierten Lektionen hatte ich dann auch das Gefühl, das Programm grob zu kennen, und wollte es lieber endlich selbst ausprobieren.


Alle Werkzeuge werden beschrieben und erklärt – allerdings auf Englisch.

Um ein neues Comic- oder Manga-Projekt zu starten, müsst ihr zunächst eine Mappe anlegen, die ihr anschließend benennt, und das Format der Seiten bestimmen. Es gibt zwei Voreinstellungen, die für Manga und Illustrationen empfohlen werden und die ihr übernehmen könnt. Alternativ gebt ihr die gewünschten Abmessungen manuell ein. Die maximale Größe beträgt 896 x 896 Pixel, was nicht gerade viel ist für einen späteren Ausdruck. Die Möglichkeit, die eigenen Comicseiten als JPG-Dateien auf der SD-Karte zu speichern, auf den PC zu schieben und von dort auszudrucken, sollte deshalb nur als nettes Extra betrachtet werden. Die Produktion hochwertiger Ausdrucke darf man nicht erwarten.

Nach Anlegen der Mappe ist die Erstellung der ersten Seite an der Reihe. Statt eines Namens kann man optional eine Beschreibung für jede Seite angeben. Notwendig ist wiederum die Entscheidung für eine Vorlage aus einer Auswahl verschiedener Seiten-Layouts. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Seitenaufteilungen und Panel-Anordnungen. Aber keine Sorge, eure Kreativität wird nicht durch vorgegebene Layouts eingeschränkt. Das Layout, das ihr für eine Seite auswählt, ist nicht endgültig, denn ihr könnt nachträglich Änderungen vornehmen, indem ihr vorhandene Frames, die Umrahmungen der Panels, neu anordnet, entfernt und selber welche einfügt.

Apropos Frames: sie sind als Werkzeug nur für Seiten mit Storyboard-Status verfügbar. „Was ist der Storyboard-Status?“, werdet ihr euch jetzt sicher fragen. Diese Frage musste ich mir auch stellen, als ich mich darüber wunderte, dass gewisse Werkzeuge wie zum Beispiel Sprechblasen nicht auswählbar waren, während sich meine Seite noch im Storyboard-Zustand befand. Ironischerweise fand ich unter den vielen Tutorials ausgerechnet zu den Themen Storyboard und Clean Copy (dem anderen möglichen Status einer Seite) sowie den Unterschieden zwischen beiden keine Lektion. Allerdings wird in der Tutorial-Übersicht neben jeder Lektion angezeigt, in welchem Stadium die jeweilige beschriebene Funktion verfügbar ist. Während man also die Frames bzw. das Layout einer Seite nur bearbeiten kann, solange sie den Storyboard-Status aufweist, sind einige Werkzeuge wie Sprechblasen, Rasterfolien und Texteingabe der Clean Copy, sprich der "Reinschrift", vorbehalten. Bei einer neu erstellten Seite startet ihr logischerweise mit dem Storyboard und geht irgendwann zur Clean Copy über, wenn ihr meint, dass die Rohfassung, insbesondere das Layout der Seite, im Großen und Ganzen steht.

Die Werkzeuge eines Manga-ka
Seid ihr so weit, dass ihr mit der Clean Copy weitermachen könnt, wählt ihr einen Frame aus, mit dem ihr anfangen wollt. Statt der ganzen Seite wird dann nur das aktuelle Panel eingeblendet, was das Arbeiten übersichtlich und strukturiert macht sowie das Übermalen von Frames verhindert. Es stehen euch nun bis auf das Bearbeiten der Frames sämtliche Werkzeuge zur Verfügung, auch die für einen Manga typischen Gestaltungsmittel wie Effekte, Soundwörter und Muster. Wer schon einmal versucht hat, einen eigenen Manga zu zeichnen, wird sicher auch daran gedacht haben, Rasterfolie einzusetzen. Diese ist hierzulande allerdings nicht überall erhältlich, oft nicht sehr günstig und mit ziemlich viel Friemelarbeit verbunden. Das geht in Comic Workshop wesentlich einfacher, so als würde man eine normale Pinselspitze benutzen. Mit dem Unterschied, dass sie einen Rastereffekt statt Farbe hinterlässt. Wem die bereits enthaltenen Muster nicht genügen, kann sogar mit etwas Aufwand eigene erstellen.


Ihr habt immer ein bestimmtes Panel im Blick, um darin arbeiten zu können.

Die obligatorischen Standardwerkzeuge aus Programmen wie Paint, Photoshop und Co. sind aber natürlich auch vorhanden. Dazu gehören Stift, Radiergummi, Farbeimer, die Auswahl eines Bereichs der Arbeitsfläche und das Ziehen gerader Linien. Habt ihr einmal zu viel radiert oder die falsche Fläche mit Farbe gefüllt, greift ihr mit einem Knopfdruck oder per Touchscreen zur allseits beliebten Undo-/Redo-Funktion. Wie viele Schritte ihr damit rückgängig machen könnt, hängt nach ein bisschen Ausprobieren vermutlich von der Größe des jeweiligen Frames ab, in dem ihr gerade zeichnet. Das ist etwas schade, denn besonders in größeren Panels gibt es meistens mehr zu zeichnen, also auch größeren Bedarf an Korrekturen, doch in ihnen könnt ihr manchmal nur weniger als zehn Schritte zurückgehen.

Besonders wichtig für das digitale Zeichnen ist das Verhalten der Eingabeeinheit, des Programms und der jeweiligen Pinselspitze, die man verwendet. Am PC verhält sich meine Eingabe per Grafiktablett beispielsweise in Photoshop, dessen Fokus auf der professionellen Bildbearbeitung liegt, anders als in dem speziell fürs Zeichnen und Malen entwickelten Programm openCanvas. Ziehe ich eine Linie mit ganz ähnlichen Pinselspitzen in beiden Programmen und übe den gleichen Druck dabei aus, ist das Resultat unterschiedlich. So ist es auch in Comic Workshop und Colors! 3D. Letzteres ist auf das Zeichnen mit Stylus und Touchscreen ausgerichtet, so wie openCanvas auf die Arbeit mit dem Grafiktablett. Daher verwundert es nicht, dass das Zeichnen in Colors! 3D sehr geschmeidig von der Hand geht und sich nach meinem Empfinden natürlicher und flüssiger anfühlt als in Comic Workshop. Das Verhalten der Pinselspitze kann besser angepasst werden und wirkt präziser. In Comic Workshop musste ich hingegen öfter zum Radiergummi greifen, um zittrige Linien auszubessern.

Einstellungsmöglichkeiten à la Photoshop
Erweiterte Einstellungen wie Größe und Deckkraft für den Stift, eine Auswahl an Stickern zum Einfügen oder die Dichte von Rastern werden sichtbar, wenn ihr die Werkzeugleiste weiter ausklappt. Das geht ganz intuitiv, indem ihr mit dem Stylus die Leiste auf dem Touchscreen „ausfahrt“. Umgekehrt könnt ihr sie auch wieder hochschieben, bis sie sogar komplett verschwindet und die gesamte Arbeitsfläche auf dem Touchscreen freigibt. Zurück holt ihr sie mit einem Klick. Außerdem könnt ihr die Buttons X und Y mit Shortcuts belegen und mit den Schultertasten hinein- und herauszoomen. Es sind jedoch nur zwei Zoomstufen wirklich zu gebrauchen, und zwar der 100%ige Zoom und die vollständige Seitenansicht, da Zeichnungen ansonsten sehr pixelig dargestellt werden.


So viele verschiedene Effekte zur Auswahl! Wer die Wahl hat, hat die Qual.

Die zusätzlichen Optionen bei den Zeichenwerkzeugen fehlen leider bei der Texteingabe. Ihr habt nur die Wahl zwischen drei Schriftgrößen und horizontal oder vertikal verlaufendem Text. Alternative Schriftarten, kursive und fette Schrift gibt es nicht, was zum Beispiel für Szenen, in denen geschrien wird, wichtig wäre. Ein weiteres Manko ist die Tatsache, dass der Text immer linksbündig ist. Das bedeutet, dass ihr in Sprechblasen mit Leerzeichen arbeiten müsst, um den Text möglichst zentriert darzustellen. Auch wenn dieses Feintuning in Japan aufgrund von vertikal verlaufenden Schriftzeichen vielleicht nicht unbedingt notwendig ist, wäre es für unsere westlichen Lesegewohnheiten durchaus wünschenswert gewesen. Sobald ihr die Eingabe bestätigt habt, könnt ihr den Text nicht mehr bearbeiten.

Was wäre ein Zeichenprogramm ohne Ebenen? Richtig, ziemlich flach. Ebenen, oder auf Neudeutsch Layer, sind heute Standard in der Bildbearbeitung. Obwohl Comic Workshop für eine Handheldversion schon recht vollgepackt ist und eine Menge bietet, verzichtet es genauso wenig wie Colors! 3D auf den Einsatz von Ebenen, von denen bis zu fünf pro Frame/Panel erstellt werden können. Das ist schon beachtlich. Wie üblich können sie auch hier in der Reihenfolge vertauscht, zusammengelegt, gelöscht und transparent gemacht werden. Auf diese Weise könnt ihr Konturen, Effekte, Sprechblasen und Texte auf jeweils einem eigenen Layer bearbeiten, ohne den Rest des Bilds zu beeinflussen. Doch auch mit Ebenen bleibt Comic Workshop zweidimensional, vom 3D-Effekt des 3DS macht es nämlich keinen Gebrauch. Etwas anderes hatte ich allerdings auch nicht erwartet, da es bei einem Programm zur Erstellung von Comics eher kontraproduktiv wäre, beim Zeichnen Konturen vor der Nase aufploppen oder in der Tiefe des Raums verschwinden zu sehen.

Als wäre das noch nicht genug, gibt es zur Entspannung während des Zeichnens auch noch Musik auf die Ohren. Ihr könnt zwischen ein paar beruhigenden Melodien wählen, von denen sich die meisten dezent im Hintergrund halten und selbst nach längerer Zeit nicht auf die Nerven gehen. Wer dennoch die Stille bevorzugt, kann die Musik auch ausstellen. Ein anderes Feature wurde leider bis auf Weiteres ganz eingestellt: ihr könnt im Miiverse keine Screenshots von Comic Workshop posten. Das hängt womöglich mit der Importfunktion zusammen, die es euch erlaubt, Bilder und Fotos aus dem Speicher eures 3DS in eure Comics einzufügen. Es könnte dadurch zu Verstößen gegen die Verhaltensregeln im Miiverse gekommen sein. In Japan gibt es aber bereits Ersatz in Form einer eigenen Online-Galerie. Da dies auch bei Colors! 3D der Fall ist, sollten wir auf eine ähnliche Lösung für den Westen hoffen dürfen. Bis dahin könnt ihr über einen kleinen Umweg eure Werke auf den PC schieben und von dort in die Galerie auf Collaviers offizieller Webseite hochladen.


Eine von mir in Comic Workshop gezeichnete Manga-Seite.

Unser Fazit

8

Ein Spiele-Hit

Meinung von Sina Geiß

Für diejenigen unter euch, die gerne eigene Comics oder Manga entwerfen, ist Comic Workshop ein kleines, aber feines Zeichenprogramm mit allen Mitteln, die ihr dafür benötigt. Von den Panels bis zur Rasterfolie – einfacher geht es kaum. Für professionelle Arbeit ist es weniger geeignet und kann nicht an große, kostspielige PC-Programme wie Photoshop heranreichen. Dafür ist die Hardware des 3DS zu limitiert und es fehlen zu viele Funktionen bzw. sie sind nicht annähernd so umfangreich und ausgereift. Aber das ist auch nicht nötig. Comic Workshop ermöglicht euch einen leichten Einstieg in das Thema Comic- und Mangazeichnen und vermittelt zwanglos den Spaß daran, ohne auf ein druckreifes Ergebnis hinauszuwollen. Ehe ihr eine Stange Geld in professionelle Software investiert oder Frust in Kauf nehmt, weil das traditionelle Zeichnen mit Papier und Stift ziemlich viel Arbeit bedeutet und ein Fehler nicht per Knopfdruck rückgängig zu machen ist, könnt ihr euch mit Comic Workshop einen Eindruck von der Materie verschaffen. Selbst wenn ihr danach zum Schluss kommen solltet, dass ein eigener Comic ein zu ambitioniertes Projekt für euch ist, könnt ihr auf dem 3DS jederzeit und überall spielerisch kleinere Ideen realisieren und eure Comicstrips Familie und Freunden präsentieren.

Awards

Spiele-Hit

Die durchschnittliche Leserwertung

2 User haben bereits bewertet

Kommentare 5

  • Gumba

    Turmheld

    ist ne überlegung wert aber ich bin so schrecklich unkreativ und schlecht in kunst :bowsercry:

  • neltra

    Mew das Legendäre Pokemon!

    Ich mag es Mangas zu zeichnen :D Vllt. hol ichs mir^^

  • Xanoxy

    Turmheld

    Klingt interessant. Werde ich mir wahrscheinlich holen!

  • Thomas

    Meister des Turms

    Ihr Schlawiner habt's mich wieder überredet es zu kaufen. :/ xD

  • Würfel_24

    Wow, das hört sich echt gut an! ^^
    Muss mal schauen ob es mir zusagt, vielleicht hol ich es mir :3