Zurück in die Vergangenheit: So spielt sich Dragon Quest VII auf dem Nintendo 3DS
Dragon Quest VII: Fragmente der Vergangenheit versetzt euch in eine märchenhafte Fantasywelt, in der ihr in die Vergangenheit zurückreisen müsst, um auf allerhand Inseln für Recht und Ordnung zu sorgen. Denn viele dieser kleinen und großen Eilande werden von namenlosen Schrecken und Monstern heimgesucht. Dafür stehen eure Freunde euch stets zur Seite und kämpfen tapfer gegen die unheimlichen Dämonen. Klingt bis jetzt wie ein typisches JRPG? Finden wir es heraus in folgendem Test!
Das Spiel macht direkt zu Beginn, bei dem ihr das idyllische Fischerdorf Buttsbüttel erkunden dürft, eines klar: Es handelt sich hierbei um ein Rollenspiel der alten japanischen Schule. Was dabei auffällt ist, dass der Anfang der Handlung wesentlich weniger klischeehaft daherkommt, als bei manch anderem Genre-Vertreter: Eure Eltern leben beide noch und euer Dorf wird auch nicht, nachdem ihr euch auf den Weg in die große Stadt Estard macht, in Schutt und Asche gelegt. Vielmehr hegt ihr eine wunderbare Beziehung zu eurer Mutter und eurem Vater, die ihr während des Abenteuers immer wieder besuchen könnt.
Die Handlung beginnt JRPG-typisch eher langsam. Ihr lernt eure ersten Kumpanen, Prinz Gismar und Maribel, kennen und macht euch auf den Weg in euer erstes Abenteuer. Während die Bevölkerung eurer Heimatinsel fest davon überzeugt ist, dass dies das einzige Eiland auf der großen weiten Welt ist, glaubt ihr nicht an diesen Humbug und möchtet mit einem Schiff in See stechen, um ferne Länder zu entdecken. Doch dazu kommt es nicht: Nach einiger Zeit auf Entdeckungsreise auf der Insel entdeckt ihr plötzlich den Tempel der Mythen und eine geheimnisvolle Steintafel, die ihr sogleich auf einen dafür vorgesehenen Sockel im Tempel platziert. Ohne zu ahnen, was euch geschieht, werdet ihr auf eine euch fremde Insel verschlagen, die in Nöten zu sein scheint. Ihr löst alle Aufgaben und reist zurück auf die Insel, auf der ihr geboren wurdet. Wie durch ein Wunder hat diese nun eine Nachbarinsel bekommen und alle Menschen sind aus dem Häuschen. Fortan sammelt ihr die Fragmente der Steintafeln und entdeckt immer mehr Inseln, welche eure Hilfe benötigen.
Was das Ganze wirklich soll, darüber könnt ihr zunächst nur spekulieren. Wie gesagt: Der Titel nimmt sich die Zeit! Die ersten 15 Stunden können locker als Exposition der Charaktere und der Grundsituation verstanden werden, denn abseits von ein paar Andeutungen von diversen NPCs, die ihr aber zu dem Zeitpunkt noch nicht einordnen könnt, weist nichts auf eine umfangreiche Haupthandlung hin. Aber seid gewiss, dass diese kommen wird. Zunächst aber gilt es sich mit den Problemen der verschiedenen Inseln herumzuschlagen und fleißig Fragmente zu sammeln. Und hierbei kommen die wunderbaren Ideen dem Titel wirklich zu Gute.
Jede Insel hat eine eigene Geschichte zu erzählen. Manche sind länger, manche kürzer. Einige sind traurig, andere wiederum leichtherzig und witzig. Das Ganze kann auch gesellschaftskritische und philosophische Ausmaße annehmen. Zudem ist es immer wieder spannend ein Eiland in der Vergangenheit zu besuchen und schließlich in der Gegenwart neu zu entdecken. Oft ist man verwundert, wie sich die Landschaft mit der Zeit verändert hat, welche Städte und Dörfer noch bestehen und welche gänzlich ihre Position gewechselt haben. Zuletzt ist natürlich auch das langsame Aufdecken der Weltkarte ein unheimlich gut gemachter Suchtfaktor, der euch immer wieder motiviert. Ihr seht also, wirklich langweilig wird euch nie.
Ein kleines Problem innerhalb des Gameplays gibt es allerdings. Manchmal müsst ihr, um in der Handlung fortzuschreiten, von der Vergangenheit erneut in die Gegenwart reisen, dort bestimmte Begegnungen haben und wieder zurückkehren zu eurem Ausgangspunkt. Dies erfordert eine ganz genaue Aufmerksamkeit auf die Gespräche und Begegnungen, die ihr während des Spielens mit bestimmten NPCs habt. Häufig könnt ihr euch allerdings nicht mehr daran erinnern, steckt erst einmal fest und wisst nicht genau wohin. Hierfür gibt es im Spiel einige Funktionen. Zum Beispiel gibt es das Gespräch mit seinen Gefährten, was durchaus aufschlussreich sein kann, da diese meistens ihren Senf zu den jüngsten Geschehnissen abgeben. Zudem kann man sich eine Zusammenfassung der Handlung auch jederzeit durchlesen, wenn man den entsprechenden Menüpunkt anwählt. Es kann allerdings trotzdem vorkommen, dass diese Informationen nicht ausreichen, um euch auf die richtige Spur zu leiten. Dann ist Suchen angesagt, und das kann bei steigender Inselanzahl schon manchmal etwas nerven.
Auf dieser Insel wurden alle Frauen von Monstern entführt. Könnt ihr sie aus den Klauen der Ungeheuer retten?
Besonders zu erwähnen ist hier auch das Design der Charaktere und Monster, die einen unheimlichen Charme und Ideenreichtum versprühen. Immer wieder grinst man in sich hinein, wenn man ein neues witziges Monster, wie die Ungetüme in Auberginen-Form, trifft. Hier offenbart sich eine weitere Stärke des Spiels. Auch die handelnden Figuren sind zu einem großen Teil sehr gut beschrieben, haben zwar nicht sonderlich viel Tiefe, fügen sich aber wunderbar in die Märchen-artige Atmosphäre des Spiels ein und sind gut nachzuvollziehen. So kommt es nicht selten vor, dass man mit dem Schicksal eines Charakters wirklich mitfiebert.
Ein weiterer wunderbarer Fakt über Dragon Quest VII ist, dass der Titel sich immer weiter vor euch ausbreitet. Ihr denkt, ihr habt schon alles gesehen und wisst, was ihr für den Rest eures Abenteuers machen werdet? Falsch gedacht! Auf vielen Inseln verbergen sich Funktionen, die das Gameplay des Spiels um diverse Facetten bereichern. Hier macht es immer wieder Spaß mit den neuen Möglichkeiten herumzuspielen, zumal der Titel hierbei auch einiges an Tiefe generiert. Zudem spielt der Titel des Öfteren mit eurer Erwartungshaltung und offenbart immer mal wieder einige Handlungswendungen, die so nur schwer vorhersehbar waren.
Apropos Gameplay: Falls ihr es euch nicht bereits denken konntet, Dragon Quest VII bietet ein rundenbasiertes Kampfsystem. Alte JRPG-Hasen dürften sich also direkt heimisch fühlen. Neben den Angriffen, die jeder Charakter tätigen soll, könnt ihr in einem Taktik-Menü das Kampfgeschehen etwas automatisieren. Hierbei sagt ihr euren Kampfkumpanen, dass sie zum Beispiel automatisch angreifen sollen, aber ohne Magie zu benutzen. Oder ihr programmiert sie so, dass sie alles geben, was sie haben. Das kann vor allem an Stellen, wenn man dann doch mal ein bisschen grinden muss, ziemlich praktisch sein, da dadurch der ganze Prozess etwas schneller vonstattengeht.
Mit jedem Kampf generiert ihr Erfahrungspunkte, die schließlich zum Level-Up führen. Dabei steigern sich eure Statuswerte und manchmal erlangt ihr auch neue Fähigkeiten oder Zauber. Diese kann man sich leider nicht auswählen und zunächst wirkt das Spiel dabei etwas oberflächlich, aber glaubt mir: Das Skill-System in Dragon Quest VII hat einiges zu bieten, wenn ihr erst einmal gewisse, sagen wir mal, Möglichkeiten freigeschaltet habt. Im Übrigen solltet ihr eure Fähigkeiten und Zauber ständig checken, da man schnell mal den Überblick verlieren kann. Einige davon sind nämlich auch außerhalb des Kampfes ziemlich praktisch…
Die Menüführung und die Dialogoptionen des Titels dürften vermutlich vielen als problematisch, oder zumindest nicht so wunderbar gelöst, vorkommen. Ziemlich oft weiß man nicht, ob man nun nochmal bestätigen muss, oder der Text von alleine durchläuft und anschließend das nächste Fenster aufploppt. Dies führt dazu, dass man mehr als einmal die falsche Option anwählt und laut am Fluchen ist. Hat man sich aber erst einmal daran gewöhnt und die Menü-Pattern der verschiedenen NPCs auswendig gelernt, weiß man, wie man das Ganze zu handhaben hat. Auch die anderen Menüs kommen sehr spartanisch daher und bieten häufig relativ wenig Übersicht. Das hätte man für ein Remake definitiv besser lösen können, wobei so natürlich der Charme des alten Titels erhalten bleibt. Löblich zu erwähnen sind allerdings die Funktionen „Alle Heilen“ und „Schnellspeichern“, welche euch auf eurem Abenteuer die eine oder andere Lauferei und Klickerei ersparen werden.
Technisch kitzelt der Titel wirklich einiges aus dem Nintendo 3DS heraus. Die Landschaften sind ein wahrhaftiger Augenöffner und vor allem die Hintergründe in den Kämpfen sprühen nur so vor Detailreichtum. Immer wieder merkt man, mit wie viel Liebe zum Detail hier gearbeitet wurde. Dies schlägt sich auch in den Animationen nieder. Wie häufig sieht man selbst in heutigen Titeln noch Charaktere, die sich Gegenstände übergeben und dabei ungewollt ungeschickt rüberkommen? Natürlich macht Dragon Quest VII in dieser Hinsicht auch nicht alles perfekt, aber manchmal staunt man wirklich Bauklötze, wie viel und vor allem wie gut hier animiert wurde.
Ein kleiner Kritikpunkt sind die Pop-Ups in der Landschaft, die ihr auf euren Reisen erkundet. Innerhalb einer bestimmten Lokalität fällt dies natürlich nicht auf, seid ihr aber auf der Weltkarte unterwegs, merkt ihr schnell, dass Bäume und ähnliche Terrain-Merkmale plötzlich vor euch auftauchen. Das stört zwar nicht sehr und kann mit etwas Wohlwollen auch als Nostalgie-Faktor verbucht werden, ist aber heutzutage eigentlich nicht mehr wirklich zeitgemäß. Auch die Framerate kann in manchen Kämpfen ein wenig einbrechen, wenn besonders viele Charaktere und Monster auf dem Bildschirm zu sehen sind. Das ist schon etwas ärgerlicher, da sich so manche Kämpfe schon etwas schleppender spielen. Wirklich häufig kommt das aber nicht vor.
Der Soundtrack ist, wie in so vielen JRPGs, von echtem Ohrwurmcharakter. Immer wieder ertappt ihr euch dabei, wie ihr den Nintendo 3DS anschaltet und bei den ersten Ingame-Schritten die Melodie mit summt, die sich langsam und schleichend in euren Gehörgang brennt. Zwar bietet Dragon Quest VII hier nicht wirklich viel Innovatives, und ein paar mehr Stücke hätten es insgesamt auch sein dürfen, aber das kann man durchaus verschmerzen, gemessen an der Qualität der einzelnen Lieder. Die Geräusche sind ebenfalls sehr gut ausgefallen, untermalen wunderbar jede Situation und greifen dabei nicht auf den Standard-Soundeffekte-Pool zurück, wie so viele andere Rollenspiele.
Eine Sache, welche die Nintendo 3DS-Version von Dragon Quest VII: Fragmente der Vergangenheit von dem ursprünglichen PlayStation-Spiel unterscheidet, ist das Feature der sogenannten Transittafeln. Diese erhält man per StreetPass-Begegnungen, können aber auch Online mit anderen Spielern getauscht werden. Auf dem richtigen Sockel positioniert, führen sie euch in allerhand Spezial-Dungeons, welche mit besonders starken Gegnern daherkommen und allerhand seltene Schätze beinhalten. Hierbei verbirgt sich eine interessante Erweiterung zum Hauptspiel, in der ihr auch die Möglichkeit bekommt, eure Charaktere ein bisschen aufzuleveln, sollte ein Abschnitt des Spiels mal zu schwer sein.
Im Tempel der Mysterien setzt ihr die Fragmente der Steintafeln zusammen, um in die Vergangenheit zu reisen.
Apropos schwer. Der Schwierigkeitsgrad von Dragon Quest VII ist relativ hoch. Ihr möchtet definitiv aufpassen, dass eure Charaktere nicht dem Tode anheimfallen, da jede Wiederbelebung mächtig ins Geld geht. Auch die Bossgegner sind häufig nicht allzu einfach und kommen teilweise auch mit verschiedenen Formen daher, die ihr nacheinander besiegen müsst. Wirklich konsistent ist der Titel dabei allerdings nicht, sodass sich manche Herausforderungen einfacher anfühlen als andere. Solltet ihr mal nicht weiterkommen, müsst ihr auf Grinden zurückgreifen, was heutzutage ebenfalls einigen Spielern sauer aufstoßen könnte. Wirklich häufig kommt dies allerdings nicht vor.
Neben dem Fakt, dass es sich hierbei um ein astreines Rollenspiel der Jahrtausendwende handelt, solltet ihr euch vor dem Spielen unbedingt eines vor Augen halten: Dragon Quest VII ist vom Umfang her ein echtes Monster! Allein bis ihr die erste Steintafel aktiviert und in die Vergangenheit reist, können gut fünf Stunden vergehen, je nachdem, wie gründlich ihr euren Startpunkt, Buttsbüttel, Estard und Umgebung, inspizieren möchtet. Erst einmal im Schrein der Mysterien angekommen offenbart sich euch das erste Mal die Bandbreite des Spiels. Euch schlägt eine Vielzahl von Sockeln entgegen, die alle mit mehreren Fragmenten gefüttert und aktiviert werden möchten. Obendrein bekommt ihr mit der Nintendo 3DS-Fassung auch noch die StreetPass-Funktionen rund um die Transittafeln verpasst, welche zu der an sich schon monumentalen Handlung weiteren Content generieren. Gemessen am Preis, den man heute für Videospiele bezahlt, die man nach rund 15 Stunden aus der Hand legt, ist Dragon Quest VII eine wirkliche Wucht.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit