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Comic Con 2023 in Stockholm ​– Unser Bericht über die Wohlfühloase für Cosplays, Nerdkultur und Elijah Wood

Schon seit den 70er-Jahren kursieren Comic Cons aller Art durch die USA, die ihren nerdigen Ursprung im amerikanischen San Diego finden, heutzutage aber auch auf der ganzen Welt ansässig sind. Im Norden von Europa sind Fantasy-, Anime- und Gaming-Fans ebenfalls zuhause und sehnen sich nach einem Wochenende voller Gleichgesinnten in ausgebuchten Hallen mit Nerdkultur so weit das Auge reicht. Fantastisch also, dass die diesjährige Comic Con in Stockholm kürzlich ihr zehnjähriges Jubiläum feiern durfte und über 40.000 Gäste willkommen hieß. Das wurde nicht nur mit einer breiten Palette an Programm, Ständen und Stars gefeiert, sondern auch mit einem kleinen Umzug in das größere Messegelände „Stockholmässan“ im Süden der Hauptstadt. Wir ließen es uns natürlich nicht nehmen, dem 10-jährigen Jubiläum beizuwohnen und haben allerlei Cosplays, Kreative und sogar Elijah Wood in einer klassischen Comic-Con-Q&A-Session getroffen. Ob ihr der Comic-Messe einen Besuch abstatten solltet, wenn ihr mal im hohen Norden zugegen seid, erfahrt ihr in unserem Bericht.


Eine kleine, aber feine Messe für alle Altersgruppen


Die Stockholmer Comic Con eröffnete am 3. November um 10 Uhr ihre Pforten und startete kurz darauf in ihr vollgestopftes Programm mit allerlei Events rund um Cosplay, Comics, Filme, Serien und natürlich Videospielen. Auch Nintendo war erneut mit einem großen Stand vertreten, welcher die Spielerinnen und Spieler mit einer riesigen Mario-Statue begrüßte. Dort konnten Gäste kurz verschnaufen und auf leinwandgroßen Fernsehern die beliebtesten Nintendo-Familienspiele spielen. Ein kleines Highlight war auch die Anspielmöglichkeit des neuen Platformers Super Mario Bros. Wonder, aber auch das an diesem Wochenende veröffentlichte WarioWare: Move It! konnte ausprobiert werden. Die restlichen Anspielstationen waren mit anderen Nintendo-Spielen wie Mario Kart 8 Deluxe, Luigi's Mansion 3 oder Nintendo Switch Sports geschmückt, sodass für jeden was dabei war. Durch den großflächigen Stand und der vergleichsweise geringen Besucheranzahl gab es auch keine lästigen Wartezeiten, sondern Groß und Klein konnten sofort loslegen.


Eine riesige Mario-Statue empfing die Gäste am Eingang der Messe

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Generell war das Messegelände für gamescom-Besucherinnen und -Besucher relativ überschaubar, für Stockholmer Comic Con-Verhältnisse aber dennoch ein ruhiges Wohlfühlparadies. Es gab zu keinem Zeitpunkt unangenehme Drängeleien oder gar Streitigkeiten, sich einige der kreativen und kunterbunten Stände anzuschauen, ganz im Gegenteil: Die Gänge luden zum entspannten Schlendern ein, Cosplayer und Cosplayerinnen konnten ihre herausragenden Kostüme präsentieren und auch kleine Gewinnspiele fanden ihren Platz auf dem Boulevard. Hier gab es neben klassisch überteuerten Essensständen das ein oder andere Goodie abzustauben oder kleinere, aber dennoch imposante Stände zu begutachten. Beispielsweise wurde der neue Teenage Mutant Ninja Turtles-Animationsfilm „Mutant Mayhem“ stark beworben und ließ für einige Stunden am Tag die vier ikonischen Schildkröten über das Gelände flitzen, mit welchen sich Kinder aber auch Familien gerne ablichten ließen. Abgelichtet wurde auch der tägliche „Cosplay-Walk“, an welchem alle verkleideten Figuren einen Runway auf dem Boulevard hinlegten und so in ganzer Fülle genossen werden konnten.


Hier trafen wir natürlich auf Darth Vader und Sturmtruppen, aber auch eher nischige Charaktere der Videospielwelt waren vertreten – unser Highlight war Cloud Strife in seinem ikonischen Kleideroutfit, wie in Final Fantasy VII eben. Generell war die Teilnahme an Cosplayerinnen und Cosplayern wahrlich beachtlich, sodass ihr euch einerseits erst auf dem Star Wars-Planeten Tatooine wiedergefunden habt, einen Schritt weiter seid ihr auf Jinx aus der Kluft der Beschwörer getroffen – und wir kamen aus dem Staunen kaum heraus. Zwar sind wir schon angehende gamescom-Veteranen und kennen das Konzept Cosplay natürlich von der Kölner Messe, eine reine Comic Con war allerdings bis dato fremd und Halleluja! Dort werden Cosplay-Geschütze aufgefahren, das ist allemal sehenswert; vor allem bei so einer vergleichsweise „kleinen“ Comic Con wie in Stockholm.


Auch im entfernten Norden gibt es eine beeindruckende Cosplay-Szene

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Aber nicht nur auf dem Boulevard während des Cosplay Walks waren die Fantasy- und Gamingfiguren anzutreffen, auch Luke Skywalker und Darth Vader müssen sich kurz bei einem Kaltgetränk im „Heores Café“ niederlassen und verschnaufen. Für gelungene Abwechslung haben dort dann auch Arcade- und Pinballautomaten gesorgt, die neben einem Stand für Retro-Videospiele aufgestellt waren. Von diesen gab es einige auf der Messe, die nicht nur Nintendo Switch-Spiele zum Verkauf anboten, sondern eine Zeitreise über die Wii bis hin zum SEGA Game Gear machten. Sammlerinnen und Sammler werden bei diesen Preisen wohl kaum zugegriffen haben, denn auch hier hättet ihr tief in die Tasche greifen müssen. Während ihr für Retro-Titel also lieber die örtlichen Second-Hand-Läden abklappern solltet, bot die Comic Con dennoch einiges an exklusiven Nerdkram an, für den ihr sonst die japanische Hauptstadt besuchen müsstet. Wie so üblich auf solchen Comic- und Gamingmessen gab es allerlei Taschen, Kissen, Figuren, oder Nachbauten von ikonischen Waffen oder Gegenständen.


Soweit also nichts „Besonderes“ – besonders war hingegen die „Artist Alley“, also ein Gang, auf welchem Künstlerinnen und Künstler der nordischen Länder ihre Kunst ausstellen konnten, die von klassisch gemalten Bildern über 3D-Art oder Literatur reichten. Da die Stände meist um die 1qm groß waren, haben dort zahlreiche Einzelanbieter Platz gefunden, die ihre Kunst an den Mann oder die Frau bringen wollten – zu einem sehr erschwinglichen Preis, wie wir finden. Hier konntet ihr nicht nur euren künstlerischen Horizont erweitern, sondern auch für wenig Geld herausstechende Andenken mitnehmen; besonders die 3D-Arts haben es uns angetan. Darüber hinaus war es sehr schön zu sehen, wer denn hinter dieser Kunst sitzt, für Frage und Antwort standen sie dementsprechend auch jederzeit bereit.


Das spiegelt auch die allgemeine Stimmung der Messe wider: Auch wenn die gamescom ähnlichen Flair versprüht, haben wir die Atmosphäre der Stockholmer Comic Con als sehr warm und willkommen wahrgenommen. Kein Gedränge um laute Gewinnspiele oder stundenlange Anstehzeiten vor bestimmten Ständen oder eben Influencer-Horden, die die Hallen unsicher machen. Stattdessen war es trotz der gewohnten Hallenlautstärke entspannt, frei und „ruhig.“ Es gab genügend Platz zum Zurückziehen, wie beispielsweise der Bereich des „Science Fiction Bokhandeln“, eine Science-Fiction-Buchhandlung aus der Altstadt, bei welcher ihr verschiedene Brett- und Kartenspiele ausprobieren konntet. Auch die neuesten Bücher konntet ihr euch wahlweise auf Schwedisch und Englisch anschauen, wenn ihr eine kurze Verschnaufpause brauchtet; Autogrammsessions bestimmter Autorinnen und Autoren waren natürlich auch mit von der Partie. Auch allerlei Comicbuchzeichner waren vertreten, die ihre neuesten Werke ausstellten und für ein kleines Gespräch zu haben waren.


Ein volles Programm machte die Messe zu einem Jahres-Highlight


Auch Spiele-Indiestudios konnten ihre Werke präsentieren und bekamen sogar einen exklusiven Zeitslot im ausgebuchten Programm zugesichert, sodass wir tiefe Einblicke in unter anderem Soulbound, Sulfur und Hooja bekommen haben. Besonders das „retro-moderne Rogue-lite“ Soulbound hat es uns angetan, das uns mit hübscher Retro-Optik und knalligem Chiptune-Soundtrack angelockt, aber mit Fighting-Elementen und sehr humorvoll geschriebenen Charakteren gefesselt hat. Während einer Spielesession mit Unterstützung eines schwedischen Content Creators führte uns das Studio Friendly Foe durch verschiedene Passagen des scheinbar ziemlich knackigen Titels. Da die Vorstellung Teil des Programms war, konnten wir Soulbound leider nicht ausprobieren. Stattdessen durften wir uns Snufkin: Melody of Muminvalley beim Indie-Publisher Raw Fury anschauen – allerdings möchten wir noch nicht zu viel verraten, eine gesonderte Vorschau des knuffigen Abenteuers findet ihr hier.


Friendly Foe stellen ihr neues Rogue-lite Soulbound vor

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Das große Highlight einer jeden Comic Con stellen aber zweifelsohne die Frage-und-Antwort-Sessions dar. Zum zehnjährigen Jubiläum hat die Stockholmer Comic Con tief in die Tasche gegriffen und ihr Star-Repertoire international ausgeweitet. Neben „Arrow“ und „The Flash“-Star Stephen Amell haben Chandler Riggs (bekannt aus „The Walking Dead“) und Eliza Taylor (bekannt aus „The 100“) auf der Bühne Platz genommen. Durch den noch immer anhaltenden Streik in Hollywood durften die Schauspielerinnen und Schauspieler leider keine Informationen zu laufenden Projekten preisgeben, was wir allerdings gar nicht so schlimm fanden, denn so waren die Fragen des Publikums ziemlich durchdacht, gingen mehr auf die Person an sich ein und waren außergewöhnlich kreativ.


Chandler Riggs beispielsweise fing schon sehr früh an, bei „The Walking Dead“ die Figur Carl zu verkörpern und erzählte, wie es war, schon mit nur zehn Jahren am Set einer Horror-Serie zu stehen. Lautes und verständnisvolles Gelächter hallte durch den Saal, als er erzählte, dass er noch immer mit der Entscheidung, die Starfield Limited Edition gekauft zu haben, kämpft. Während für Chandler Baldur’s Gate 3 wohl das Game of the Year sein wird, hat der „The Flash“-Schauspieler Stephen Amell so gut wie gar keine Berührungspunkte mit (Video-)Spielen – lediglich Kniffel packt er hin und wieder aus. Laut eigenen Aussagen sei er auch ziemlich gut in „Clash Royale.“ Trotzdem erzählte auch Amell gerne aus seiner Schauspiel- und Wrestlingkarriere.


Elijah Woods Q&A-Session stellt zweifelsohne das Highlight der diesjährigen Stockholmer Comic Con dar

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Die Halle war bei diesen eher weniger bekannten Schauspielern nicht so dicht befüllt wie beim großen Aushängeschild des Wochenendes: Elijah Wood. Mit großem Grinsen begrüßte der „Der Herr der Ringe“-Star den vollkommen ausgebuchten Saal und freute sich, nach einigen Jahren erneut nach Stockholm zurückkehren zu können. Wood reise sehr gerne und habe schon zwei Silvesterabende in der schwedischen Hauptstadt verbracht und spüre dadurch eine besondere Verbundenheit mit dem Norden. Als bekennender Musik-Fanatiker, der zwar keine Instrumente spielt, aber hochwertige Synthesizer zuhause stehen hat, teilte er auch seine Faszination für Videospiele. Besonders Point-and-Click-Abenteuer haben es ihm angetan, aktuell könne er allerdings Super Mario Bros. Wonder nicht mehr aus der Hand legen, wie wir schon berichteten.


Die Q&A-Sessions verliefen zwar alle sehr ähnlich – in einer Schlange aufgestellt konnten Fans allerlei Fragen stellen – trotzdem war Elijah Woods-Präsenz irgendwie fabelhaft. Nicht nur die Fans, der Moderator oder wir als Presse standen ihn mit großem Respekt gegenüber, die Begegnungen verliefen auf Augenhöhe. Mit großer Ausführlichkeit und hohem Grad an Euphorie hat Wood die Fragen beantwortet und viel von seiner privaten „Der Herr der Ringe“-Reise erzählt. Die Filme hat er charmant als „Reisende“ beschrieben, da er aufgrund des Streiks keine Markennamen nennen durfte. Dadurch konnten Fans aber auch hier tief in das Vermächtnis des Stars blicken und sich auf eine andere, etwas menschlichere Art verbunden fühlen. Wood betonte schließlich vor allem, dass er zwar durch die Trilogie einen gewissen Grad an Bekanntheit hat, dennoch unbekannt genug sei, um seiner großen Leidenschaft nachzugehen, nämlich dem Reisen. Ein großes Gefühl der Dankbarkeit von beiden Seiten durchzog den intimen Saal während dieser 60 Minuten und erzeugte ein unbeschreibliches, aber umso schöneres Gefühl, das einen Hauch von „Fanboy“, aber auch wieder großen Respekt innehielt.

Unser Fazit

Meinung von Michael Barg

Als kleiner Einstiegspunkt des Comic Con-Universums hat die Stockholmer Comic Con definitiv ein Fenster zur Wohlfühloase für Nerds aus aller Welt geöffnet. Neben Videospielen, Literatur und natürlich Comics trugen die berühmten und beeindruckenden Cosplays zur warmen und kuscheligen Atmosphäre bei. Ganz so protzig und nahezu erschlagend sind die Stände der vergleichsweisen kleinen Messe keineswegs – das müssen sie auch nicht. Im Gegenteil: Es war erfrischend, stressfrei und entspannt über den Boulevard zu schlendern, hier und da kleine Goodies zu begutachten oder durch zahllose Retro-Games zu stöbern. Darüber hinaus wurde viel Wert auf Rückzug gelegt, sodass ihr dem Trubel entfliehen und durchatmen konntet. Das geschah entweder beim Nintendo-Stand, der etliche Familientitel wie das neue WarioWare: Move It! ausstellte oder am Pokémon-Stand, welcher als geregelter Pop-up-Shop diente. Dort konntet ihr zwar auch Pokémon Karmesin und Purpur ausprobieren, der Fokus lag allerdings auf den riesigen Plüsch-Pikachus und Sammelkarten. Gerne beschreiben wir den Besuch als nerdigen, entspannten Spaziergang durch eine Welt voller sympathischer Gleichgesinnter, für den ihr leider vor Ort tief in die Tasche greifen müsst – das haben solche Nerdmessen wohl alle gemein. Preislich lag der Eintritt zur Messe bei 350 schwedischen Kronen pro Tag (ca. 30 Euro), ein Wochenendticket pendelte sich bei 650-900 Kronen (ca. 56-77 Euro). Wann die Messe nächstes Jahr stattfindet, ist noch nicht bekannt.
Mein persönliches Highlight: Die Wohlfühlatmosphäre, Cosplays und die Q&A-Sessions mit den Stars

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