
Fahrenheit 451 in unserer Graphic-Novel-Rezension – Ein dystopisches Meisterwerk in grafischer Umsetzung
Geschrieben von Dennis Gröschke am 17.06.2024
Die Prämisse von Fahrenheit 451 ist auch 70 Jahre nach dem Erscheinen des Romans noch aktuell und erschreckend. Immer wieder wurde und wird betont, wie nah wir als Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten dem im Roman dargestellten Szenario gekommen sind. Auch ich komme nicht umhin, diesen Umstand zu attestieren, was meines Erachtens auch für die Graphic Novel-Umsetzung gilt, die uns Cross Cult nach Deutschland geholt hat.
Wenn Original-Autor Ray Bradbury in seinem Roman von Videowänden in der heimischen Umgebung schreibt, die die Menschen unterhalten und vom eigenständigen Denken abhalten sollen, dann sehe ich da starke Parallelen zu den Social Media-Plattformen heute. Die Videowände in Kombination mit Drogen lassen die Menschen gefügig werden und ihre Sorgen vergessen. Niemand soll sich über Kunst, Literatur oder politische Begebenheiten Gedanken machen, ein Staat der Schalten und Walten kann, wie er mag.

Eine erschreckend aktuelle Geschichte erfährt eine tolle grafische Umsetzung!
© 2022, 2024 Victor Santos / Cross Cult
Fahrenheit 451 spielt in einem fiktiven Staat, in dem es als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu besitzen oder zu lesen. Die Inhalte der Bücher werden als Nonsens abgetan und als Gefahr für die Menschen interpretiert. Zumindest wurde das den Menschen in dieser Gesellschaft so lange eingeredet, bis sie es glaubten. Selbständiges Denken gilt als gefährlich, da es zu antisozialem Verhalten führe und so die Gesellschaft destabilisiere. Bücher gelten als Hauptgrund für nicht systemkonformes Denken und Handeln. Aus diesem Grund kommen die Feuerwehren in die Häuser der Menschen und verbrennen übriggebliebene Bücher oder diese, die von aufmüpfigen Individuen versteckt wurden. Sie wehren nicht das Feuer ab, sondern das freie Denken. Unterstützt wird die Arbeit der Feuerwehr von mechanischen Roboterhunden, die darauf programmiert sind, Papier aufzustöbern.
Protagonist der dystopischen Geschichte ist der 30-jährige Feuerwehrmann Guy Montag, der zunächst scheinbar kritiklos in diesem System funktioniert, heimlich jedoch einige gestohlene Bücher in seinem Haus versteckt. Durch die unbekümmerte Jugendliche Clarisse aus seiner Nachbarschaft lernt Montag den Ansatz des freien Denkens und die Schönheit der Natur kennen. Weiterhin regt sie Guy zum Nachdenken darüber an, ob er in seiner Ehe glücklich sei. Als seine Frau Mildred nämlich kurz darauf versehentlich an einer Überdosis Schlaftabletten beinahe stirbt, beginnt Montag, intensiver über Clarisses Frage nachzudenken und ihm kommen Zweifel über sein bisheriges Leben.
Bei einem seiner nächsten Einsätze kommt es dann zum Eklat und zur „Erweckung“ von Montag. In dem Haus einer alten Frau, zu dem sie als Feuerwehr gerufen wurden, wählt die Bewohnerin lieber den Freitod, indem sie sich selbst mit ihren Büchern verbrennen lässt, als noch weiter in diesem Staat zu leben. Traumatisiert bleibt Montag am Folgetag seiner Arbeit fern. Das bleibt selbstverständlich nicht unbemerkt und so nimmt das Unheil seinen Lauf.
Den weiteren Verlauf der Erzählung möchte ich hier nicht ausführen, damit noch genügend Inhalt für den Genuss der Lektüre für euch übrigbleibt. Die Umsetzung als Graphic Novel hält sich zu großen Stücken an die Romanvorlage und findet hier und da sanfte Anpassungen an die modernen Lesegewohnheiten. Optisch hat die Umsetzung von Victor Santos einen gelungenen, eher kantigen Stil gewählt, der in meinen Augen gut zur Vorlage passt. Dazu gesellen sich ein eher gedecktes Farbschemata und eine konservative Charakterzeichnung. Insgesamt eine atmosphärische und gelungene Umsetzung in eine Graphic Novel des neuen Jahrtausends.
Denkt man sich die Prämisse des Romans mal als gegeben und würde es auf unsere aktuelle Realität anwenden, finden sich doch erschreckende Parallelen. Zunächst einmal würde es die hier vorliegende Besprechung nicht geben, weil es keine Bücher zum Lesen geben würde. Die Verbannung bezieht sich ja nicht nur auf harmlose Unterhaltungsromane, sondern wäre genreübergreifend zu betrachten. Comics, Unterhaltungsliteratur oder auch wissenschaftliche Bücher, all dieses Wissen wäre für die Gesellschaft nicht mehr verfügbar. Dem geschriebenen und gedruckten Wort auf Papier wohnt aber auch heute noch eine gewisse Aufrichtigkeit inne, in meinen Augen immer noch mehr, als andere Medien ausstrahlen und transportieren können. Wenn etwas Wert ist, gedruckt zu werden, verschwinden diese Inhalte nicht einfach auf magische Weise, wie beispielsweise im Internet. Bücher und Zeitschriften existieren über Jahre, Jahrzehnte, ja sogar Jahrhunderte und werden in der Regel sorgfältig behandelt und vor äußeren Einflüssen wie Wasser oder eben Feuer geschützt.
Wir Menschen lassen uns von den sozialen und anderen Medien gerne ablenken und beeinflussen und das auch nicht immer zu unserem Vorteil. Die aktuelle politische Lage spaltet unsere Gesellschaft in gewisser Weise und ein demokratischer Austausch gestaltet sich immer schwerer, bis dahin, dass die Demokratie von einigen Mitmenschen in Frage gestellt wird. Ich persönlich sehe noch keine staatlich gelenkte Medienlandschaft in unserem Land, aber auch das stellen immer mehr Menschen in Frage. Fakt ist, dass die Verbrennung von Papier und Büchern an eine dunkle Zeit der Menschheit erinnert, das kann man nicht wegdiskutieren. Dies ist mit ein Grund, weswegen Fahrenheit 451 auch heute noch Relevanz besitzt und ich die Graphic Novel beziehungsweise den Roman meinem jugendlichen Sohn in die Hand drücken werde.
Für die optische Umsetzung gibt es auf der Seite des Verlages hier die Möglichkeit, in die Graphic Novel reinzuschauen.
Fahrenheit 451 ist erschienen bei Cross Cult:
- ISBN: 978-3-98666-519-7
- 160 Seiten
- 21x28 cm
- Hardcover
- 22,00 Euro
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