Limited Editions - Zuckerbrot statt Peitsche Kommentar
Geschrieben von Pascal Hartmann am 19.04.2012
Immer wieder klagen Spiele-Entwickler über Raubkopierer und den Gebrauchtspielemarkt. Während ersteres durchaus verständlich und der illegale Download von Spielen zu verurteilen ist, machen sie sich mit den Forderungen nach einer Abschaffung von Kauf und Verkauf von gebrauchten Spielen keine Freunde. Ganz egal, von welcher Seite aus man diese beiden Themen betrachtet: Sie bedeuten einen Geldverlust für diejenigen, die das Spiel programmiert, hergestellt und vertrieben haben. Es ist also nur logisch, dass Publisher und Entwickler alles versuchen, um Spieler zum Kauf eines Spiels anzuregen. Würden wir doch alle tun. Aber leider werden dafür zum Beispiel ärgerliche DRM-Maßnahmen (Digital Rights Management) eingesetzt, aus denen dann zum Beispiel beim PC-Spiel Anno 2070 resultierte, dass der Spieler immer online sein muss, ansonsten kann er nicht den vollen Umfang des Spiels nutzen. Schnell füllte sich nach Release des Spiels das Ubisoft-Forum mit verärgerten Fans, da sie nicht auf den Server zugreifen und so nicht spielen konnten. Zwingende Online-Anbindungen sind also eher nicht gerade die beste Wahl, um Raubkopien zuvorzukommen. Wenn sich Spieler gegängelt fühlen, kann das schnell in einem Ansehens-Verlust enden.
Genauso wenig konstruktiv finde ich die Idee, den kompletten Multiplayermodus per Code aktivieren zu müssen. Wird das Spiel dann verkauft, erhält der nächste Käufer nur ein halbes Spiel und muss fürs Online spielen noch einmal blechen, indem er den Multiplayermodus für Geld freischalten muss. Sowohl die DRM-Gängelungen als auch solche Cuts für den Gebrauchtspielemarkt stellen jeden ehrlichen Zocker unter Generalverdacht und bestrafen ihn für etwas, was andere, im illegalen Sumpf agierende, Spieler treiben. Natürlich sollen die Entwickler und Publisher Geld für ihre Spiele bekommen, und der Gebrauchtmarkt stellt sich dazwischen. Aber warum sollte das gerade in der Spielebranche so besonders schlimm sein? Würde es BMW einfallen, die Bremsen nur per Code freizuschalten und der Käufer eines Gebrauchtwagens müsste diese erst einmal für zusätzliches Geld aktivieren, gäbe es einen großen Aufstand. Und was Modedesigner alles an Kohle verlieren, weil diese unsäglichen Second Hand-Läden noch immer nicht abgeschafft wurden!
Anstatt die Peitsche hervorzuholen und präventiv jedem Spieler damit ein paar Mal auf den Rücken zu schlagen, sollten die Publisher das Prinzip Zuckerbrot verwenden. Das ist doch wie im echten Leben: Lob und Glückwünsche motivieren viel mehr als böse Blicke und fiese Worte. Nintendo scheint das erkannt zu haben. So erschien zum Release von The Legend of Zelda: Skyward Sword nicht nur einfach das Spiel in normaler Hülle. Fans konnten auch zu einer Limited Edition greifen, die neben einer Soundtrack-CD eine goldene Wiimote enthielt. Während die Musik der CD sicherlich auch über andere Wege besorgt werden kann, sieht das bei der Wii-Remote schon anders aus. Wer eine goldene Fernbedienung mit Zelda-Logo will, muss sich die Limited Edition kaufen. Und welcher Zelda-Fan möchte schon darauf verzichten? Mittlerweile wird diese LE auf Amazon für über 100 Euro verkauft.
Doch Nintendo beweist, dass Zuckerbrot noch zusätzlich mit Zuckerguss übergossen werden kann. Und wer kann schon Zuckerguss widerstehen? Also ich nicht. So enthielt die Limited Edition von Xenoblade Chronicles einen roten Classic Controller Pro, die LE von The Last Story eine Soundtrack-CD, ein Steelbook und ein Artbook und die limitierte Version von Pandora's Tower ebenfalls ein Steelbook und ein Artbook mit hübschen Zeichnungen. Das sind schon mal ganz schön viele Zuckerbrote. Doch dann kündigte Nintendo den Zuckerguss an: Wer alle drei Limited Editions registriert, bekommt drei ebenfalls limitierte Gedenkmünzen geschenkt! Zu schade, dass ich mir diese Münzen entgehen lassen muss.
Neu ist die Idee der Limited Editions natürlich nicht. Vor allem auf dem Markt der PC-Spiele erscheint eigentlich so gut wie jeder große Titel mit besonderen Extras. Ob das nun Karten der Spielwelt, detaillierte Figuren für das Spielerregal, Soundtracks oder Artbooks sind: Für viele Fans sind das genau die Komponenten, die sie zur Limited Edition greifen lassen. Doch manchmal werden die Beigaben auch kurios: Da hätten wir zum Beispiel das Nachtsichtgerät, das der Prestige Edition von Call of Duty: Modern Warfare 2 beilag. Man kann sicherlich nicht davon ausgehen, dass das Nachtsichtgerät mit denen des Militärs mithalten kann, aber Sammler stört das natürlich nicht. Oder wie wäre es mit einer 1.000 Euro teuren Special Edition? In Japan wird es zum Release von Resident Evil 6 eine Version mit einer beiliegenden Lederjacke geben, die an die Jacke von Leon S. Kennedy angelehnt ist. Bei dem Preis muss es sich aber wohl um Leder von Kobe-Rindern handeln.
Doch nicht nur die Inhalte von Limited Editions werten ein Zockerzimmer auf. So enthält das Monster Hunter Tri Ultimate Hunter Pack zwar einen Classic Controller Pro, WiiSpeak und eine Monster-Figur, aber das Highlight ist die Verpackung an sich. Zwar nur aus Pappe, ist sie aber einer Schatztruhe nachempfunden und macht sich sehr schick in der Vitrine. Um den Release von God of War III zu feiern, veröffentlichte Sony eine Ultimate Trilogy Edition, die vor allem durch die Büchse der Pandora Aufsehen erregte. Der Inhalt dieser besonderen Version steckt nämlich in besagter mystischer Büchse, die entsprechend groß ausfällt und ein echter Blickfang ist. Zum Release von GTA IV konnten sich Zocker eine Special Edition nach Hause holen, die sogar einen praktischen Mehrwert hatte: Sie enthält nämlich eine Sporttasche.
Wer aufgepasst hat wird feststellen, dass Limited Editions je nach Spiel und Publisher anders bezeichnet werden. Sie haben aber ihre exklusiven Inhalte und Goodies gemeinsam, die einen Kauf zu einem besonderen Erlebnis machen. Raubkopierer können vielleicht umsonst spielen, werden aber keinen Blick in Artbooks werfen, ihr Zockerzimmer nicht mit Reliquien verschönern und keine besonders hübschen Controller benutzen können. Komplette Limited Editions wird man auch eher selten im Gebrauchtspielehandel finden und am Beispiel von The Legend of Zelda: Skyward Sword kann man sehen, dass diese auch durchaus eine Wertsteigerung erfahren können, sodass die eigene LE nicht nur ideellen Wert hat. Doch das ist für Spieler immer noch der wichtigste Grund, sich eine Limited Edition anzuschaffen: Man will seine Freude, manchmal auch seine Liebe, zu einem bestimmten Spiel oder einer bestimmten Reihe ausdrücken und zeigen können. Mit diesem emotionalen Touch und coolen Goodies schaffen es die Publisher, Sehnsüchte zu erwecken und die Verkäufe anzukurbeln. Ich finde das toll und wünsche mir in Zukunft für viele weitere Spiele auf Nintendo-Konsolen und -Handhelds Limited, Special, Prestige oder Whatever Editions. Oder, um im Bild zu bleiben: Ich will Zuckerbrote! Und Zuckerguss.
Autor: Pascal Hartmann