
Bravely Default: Flying Fairy HD Remaster – Unser Interview mit den Entwicklern Interview
Geschrieben von Niels Uphaus am 03.07.2025
Wir hatten im Zuge der Veröffentlichung von Bravely Default: Flying Fairy HD Remaster die Möglichkeit, Tomoya Asano (Bravely Series General Producer) und Naofumi Matsushita (Producer) von Square Enix zu interviewen. In diesem Interview könnt ihr unter anderem erfahren, warum der Titel für die Nintendo Switch 2 erschienen ist und wie die Zukunft der Reihe aussehen könnte. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!
ntower: Wann kam die Idee auf, Bravely Default neu aufzulegen, und war die Nintendo Switch 2 von Anfang an als Zielplattform vorgesehen – oder wurde auch die ursprüngliche Nintendo Switch in Betracht gezogen?
Asano-san: Etwa im Frühjahr 2022 haben wir im Team über das bevorstehende zehnjährige Jubiläum der Serie gesprochen und überlegt, was wir tun könnten, um unseren treuen Fans eine Freude zu machen. Masashi Takahashi, der Assistenzproduzent des Originalspiels, wurde dabei besonders emotional und sagte: „Kommt schon, es ist das 10. Jubiläum!“ (lacht). Wir haben viele Richtungen in Betracht gezogen – ein neues Spiel, ein Remake oder ein Remaster –, haben uns aber letztlich dafür entschieden, „den ersten Titel in einer heutigen, komfortableren Spielumgebung spielbar zu machen“. Also fragte ich Matsushita-san: „In sechs Monaten ist das 10. Jubiläum – denkst du, das ist machbar?“ Aber natürlich war es das nicht (lacht). Während wir den Entwicklungszeitplan anpassten, fiel die Veröffentlichung zufällig mit dem Start der Nintendo Switch 2 zusammen – ein glücklicher Zufall für uns.
Matsushita-san: Etwa zu der Zeit wurde angekündigt, dass der Nintendo eShop des Nintendo 3DS im März 2023 geschlossen wird. Ich war mit diesem Thema betraut, und es gab viele Reaktionen – sowohl von japanischen als auch westlichen Fans –, die den Online-Dienst weiterhin nutzen wollten. Ich war wirklich gerührt davon, wie viele leidenschaftliche Fans das Spiel noch immer spielen wollen, und dachte mir, wie toll es wäre, ein neues Spiel für sie zu veröffentlichen. Auch wenn wir es nicht pünktlich zum Jubiläum geschafft haben (lacht), habe ich mir fest vorgenommen, das Remaster zu entwickeln.
ntower: Die Nintendo Switch 2 ist wesentlich leistungsstärker als der Nintendo 3DS. Welche Vorteile – und Herausforderungen – brachte das für die Entwicklung mit sich?
Matsushita-san: Unser Ziel war es, das Spiel durchgehend mit stabilen 60 FPS laufen zu lassen. Die gestiegene Leistung war dabei eine große Hilfe, besonders um dieses Ziel zu erreichen, und trug erheblich zur besseren Spielbarkeit bei. Auch grafisch waren die ursprünglichen Ressourcen in relativ hoher Auflösung erstellt, sodass wir nach dem Hochskalieren für die Nintendo Switch 2 schon ziemlich zufrieden waren. Ich denke, das ist auch der Leistung der neuen Konsole zu verdanken.
Aber mit der höheren Auflösung mussten wir auch besonders auf die Optik achten. Obwohl das Spiel insgesamt gut aussah, gab es einige Bereiche, bei denen man bei genauem Hinsehen das Alter der Assets erkennen konnte – sie wirkten etwas grob. Darüber haben wir dann mit den technischen Artists und dem Art Director beraten, was wir überarbeiten sollten.
Unser Qualitätsmaßstab war: „Entspricht das dem Standard moderner Spiele?“ Wir konzentrierten unsere Anstrengungen auf Stellen, von denen wir glaubten, sie entsprächen nicht diesem Standard, sowie Stellen, die eine besondere emotionale Bedeutung für das Team, welches am Originalspiel arbeitete, hatten.
Besonders viel Arbeit floss in die Oberwelt. Wir haben z. B. eine sichtbare Horizontlinie eingeführt, um die Weite der Welt besser darzustellen. Auch die Blumen rund um Florem wurden visuell aufgewertet, ohne ihren ursprünglichen Eindruck zu verlieren. Dinge wie das Aussehen des Feuers beim Einsatz des „Brave“-Kommandos oder wie das Licht durch die Flügel der Feen fällt – das waren alles Punkte, die Asano-san als Schöpfer des Originals sehr wichtig waren. Wir haben ihn gefragt, welche Bildsprache er im Original anstrebte, und haben die Darstellung entsprechend verbessert.
ntower: Eine große Neuerung sind die zwei Minispiele, die den Mausmodus der Joy-Con 2-Controller nutzen. Wie kam es dazu, diese einzubauen?

Ringabels Panikfahrt, eines der neuen Minispiele, das den Maus-Modus der Nintendo Switch 2 verwendet
© Square Enix
Matsushita-san: Ein besonderes Merkmal von Bravely Default war immer, dass es die jeweiligen Konsolenfunktionen ausreizte. Wenn wir es also auf einer neuen Konsole veröffentlichen, wollten wir auch exklusive Features einbauen. Das Entwicklerstudio Cattle Call war sehr enthusiastisch, also beschlossen wir, etwas mit der Maussteuerung zu versuchen.
Asano-san: Als Entwickler macht es Spaß, neue Hardwarefeatures auszuprobieren. Ich denke, alle sind neugierig, wie es sich anfühlt, ein Spiel mit einer Maus in jeder Hand zu spielen – deshalb bin ich froh, dass wir gleich zum Start der Konsole solche Minispiele einbauen konnten.
Matsuno-san: Wir haben mit Cattle Call viele Vorschläge für Minispiele erarbeitet, uns aber letztlich darauf geeinigt, lieber zwei gut ausgearbeitete Spiele zu integrieren. Licht des Ansporns entstand sehr schnell – ein Rhythmusspiel mit zwei „Mäusen“ als Steuerung war etwas ganz Neues. Und bei Ringabels Panikfahrt war unser Ansatz: „Lasst uns etwas entwickeln, das es so noch nirgends gibt – mit Doppelmauseingabe!“
ntower: Das Original nutzte alle Funktionen des Nintendo 3DS – 3D-Effekt, StreetPass, SpotPass. Wie wichtig war es, diese Features in der Neuauflage zu erhalten oder modern zu interpretieren?
Matsushita-san: Zwei Leitprinzipien gab es von Anfang an: „Das Kernerlebnis nicht verändern“ und „die Spielbarkeit verbessern“. Ein großes Thema war der Ersatz von StreetPass – das haben wir durch „Wanderseelen“ ersetzt, womit man Fähigkeiten durch das Vorbeigehen an NPCs in Städten erhält. Diese Konzepte haben wir schon früh im Entwicklungsprozess überarbeitet.
Da die Nintendo Switch 2 keine AR-Funktion hat, haben wir diese durch eine freie Kamerasteuerung ersetzt. So wollten wir den Geist des Originals bewahren, indem wir seine Features möglichst beibehalten oder sinnvoll ersetzen.
ntower: Bravely Default erschien 2012 in Japan, 2013 dann als erweiterte Version „For the Sequel“ – inklusive „Bravely Second“-Mechanik und einem Teaser für die Fortsetzung. Warum fehlen diese Elemente im Remaster?
Matsushita-san: For the Sequel diente – wie der Titel schon sagt – als Brücke zu Bravely Second. Unsere Remaster-Version soll die Geschichte von Bravely Default für sich allein stehen lassen – daher haben wir den „Bravely Second“-Befehl und den Teaser entfernt.
Aber: Bei der Modernisierung wollten wir einige Features aus Bravely Second und Bravely Default II übernehmen. Dabei mussten wir aber gut auswählen. Zum Beispiel haben wir den Schadenslimit-Brecher aus Bravely Second als Teil der Spezialkommandos übernommen – vielleicht findet ihr ihn ja selbst!
ntower: Im Remaster gibt es neue Einträge aus „D’s Tagebuch“, die die Hintergrundgeschichten der Figuren erweitern. Wie schwer war es, diese neuen Inhalte stilistisch ans Original anzupassen?
Matsushita-san: Die neuen Tagebucheinträge, die man als Belohnung in den Minispielen erhält, wurden von Keiichi Ajiro geschrieben, der auch das Original-Szenario verfasst hat. Damit waren unsere Sorgen sofort beseitigt. Er hatte schon für andere Projekte wie Bravely Default: Brilliant Lights riesige Story-Dokumente mit ungenutzten Szenen geschrieben.
Von dem Moment an, als ich die ersten Entwürfe sah, war ich sofort begeistert, wie er die Geschichte erweitern wollte. Es gab so viel Material und es war sehr fesselnd, dies zu lesen. Ich war schockiert darüber, wie unglaublich das Team, welches am Originalspiel arbeitete, wirklich war.
Die größte Herausforderung war, seine Entwürfe zu kürzen – sie waren sehr lang. Für Ajiro-san war das nicht leicht: „Wie soll ich das noch kürzen?!“ (lacht). Aber so konnten wir den Stil und die Atmosphäre des Originals bewahren. (Alle anderen Einträge aus D’s Tagebuch sind im Originalzustand enthalten.)
ntower: Welcher Charakter und welche Jobklasse sind Ihre persönlichen Favoriten – und warum?
Matsushita-san: Mein Lieblingscharakter ist Ringabel. Sobald er zur Gruppe stößt, wird die Stimmung lockerer und es gibt mehr lustige Szenen. Trotzdem trägt er seine eigene Last – das macht ihn sehr menschlich und sympathisch. In diesem Remaster zeigen wir mit dem Luftschiff-Minispiel ein wenig mehr von seinem schweren Schicksal.
Mein Lieblingsjob ist der Schwertmeister. Ich wurde damals gebeten, ihn im Nintendo 3DS-Spiel zu implementieren und das Balancing zu prüfen – seither ist er mein Favorit. Ich mag den riskanten Stil: Angriffe empfangen und kontern.
Asano-san: Mein Lieblingsjob ist der Ninja. Ich liebe die Fähigkeit „Utsusemi“.
ntower: Ist die Geschichte der Nintendo 3DS-Spiele abgeschlossen – oder können Sie sich vorstellen, nach Luxendarc zurückzukehren?
Matsushita-san: Wenn die Fans uns tatkräftig unterstützen, würde ich so etwas in Zukunft nicht ausschließen. Ich hoffe, dass die Fans unsere Arbeit weiterhin begleiten.
ntower: Wie sieht die Zukunft der Bravely-Serie aus? Können wir ein Remaster von Bravely Second erwarten – oder ein ganz neues Spiel für die Nintendo Switch 2?
Matsushita-san: Wie bereits gesagt – aktuell habe ich dazu leider nichts anzukündigen.
ntower: Möchtet ihr unseren Lesern sonst noch etwas mitteilen?
Matsushita-san: An alle, die die Bravely-Serie unterstützt haben: Dank eures Zuspruchs konnten wir dieses Projekt verwirklichen. Unser ganzes Team hatte nur ein Ziel: Etwas zu schaffen, das die Fans glücklich macht. Wenn ihr das Spiel noch nicht ausprobiert habt – tut es bitte!
Und wenn ihr zum ersten Mal Bravely Default spielt: Auch wenn wir im Zeitalter des Internets leben, würde ich euch bitten, das Spiel möglichst ohne Online-Guides zu erleben. Wir haben große Mühe darauf verwendet, Verwirrung zu vermeiden. Es gibt Tutorials und Hilfen im Spiel. Wenn ihr dann doch einmal nicht weiterkommt – glaubt uns: Dahinter warten Musik, Geschichten und Wendungen, die euch tief berühren werden. Genießt die Leistung der Nintendo Switch 2, wenn ihr das Spiel erlebt.
ntower: Vielen Dank für das Interview!
Das Interview wurde auf Englisch geführt. Den Originaltext könnt ihr hier finden!