Aus der Sicht eines Komponisten – Soundtracks in Videospielen Spezial
Geschrieben von Tim Czerwinski am 28.05.2017
Als Musiker und Komponist ist der Soundtrack ein aus meiner Sicht maßgeblicher Faktor für den Erfolg eines Videospiels. Dabei ist es im Grunde wichtig, dass die Melodien und Themen die Situation innerhalb der Szenerie gut untermalen. Hier ist mal mehr und mal weniger bis gar keine Musik vonnöten. Im aktuellsten The Legend of Zelda Teil wäre ein andauerndes, sich wiederholendes Thema im Hintergrund vermutlich genauso fehlplatziert, wie der Song der Verlorenen Wälder beim Auffinden von Mikau an der Schädelküste. Die Komponisten haben also eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, aber warum ist die Musik so wichtig?
Musik schafft bereits seit Jahrtausenden eine Verbindung zwischen Menschen. Vor allem das gemeinsame Musizieren sorgt dafür, dass das Hormon Oxytocin ausgeschüttet wird, das auch als das Liebeshormon bekannt ist. Allein zusammen zu singen führt dazu, dass sich zwischen den Menschen eine chemische Verbindung einstellt. Jetzt werden sich einige denken „Ja klar Tim, wenn ich jetzt anfange zu singen, gehe ich mit niemandem eine Verbindung ein.“, jedoch ist es in der Tat so, dass verschiedene Studien herausgefunden haben, dass die Qualität des eigenen Gesangs hierbei nicht entscheidend ist. Wie wichtig Musik tatsächlich ist, zeigt die Tatsache, dass jede bekannte menschliche Kultur und sei es jeder noch so kleine Stamm in den Regenwäldern, musiziert. Noch deutlicher wird das Ganze, wenn man bedenkt, dass die Funde der ersten Musikinstrumente bis zu 50.000 Jahre zurückliegen. Aus diesen Anfängen sind inzwischen hunderte, gar tausende von Instrumenten entstanden, die zum Teil bis heute bestehen.
Natürlich gibt es seit jeher Unterschiede in der Komplexität der Kompositionen. Während wir selten von Wunderkindern aus den Regenwäldern Südamerikas hörten, gab es im Laufe der Jahrhunderte einige Pioniere, die die Musik prägten und dahin führten, wo sie heute steht. Beispielhaft seien an dieser Stelle mal Mozart und Beethoven genannt. Die damalige instrumentale Vielfalt, die die beiden in ihren Werken erklingen ließen, bilden heute den Grundstein in der Film- und Videospielindustrie. Nicht umsonst werden heutzutage ganze Orchester für die Aufnahme von Videospielsoundtracks beschäftigt.
Da zu Beginn der Videospielära die Möglichkeiten und vermutlich auch der Bedarf nach anspruchsvoller Musik eher begrenzt waren, spielte im Hintergrund oft monotones Gedudel, das entweder nicht lang im Kopf blieb oder aber schnell auf die Nerven gehen konnte. Natürlich gibt es auch positive Beispiele, die uns auch heute noch im Kopf sind, wie das Super Mario Theme. Allerdings hat sich seitdem einiges geändert: Die Datenträger, auf denen die Spiele erhältlich sind, haben ein deutlich größeres Speichervolumen und die Entwicklung und Implementierung des mp3-Formats ermöglichte in den späten 90ern durchaus auch Videospielentwicklern eine nahezu verlustfreie Komprimierung der Datengröße ihrer Soundtracks. So konnte man umfangreichere, qualitativ hochwertigere und auch deutlich mehr Musikstücke einem Videospiel hinzufügen. Dieser glücklichen Wendung haben wir es zu verdanken, dass für Blockbusterspiele wie The Legend of Zelda, Xenoblade Chronicles oder auch Final Fantasy ganze Orchester den Soundtrack liefern. Man könnte sogar soweit gehen zu sagen, dass die heutigen Komponisten in der Film- und Videospielindustrie die geistigen Nachfolger zu den vorstehend erwähnten Künstlern Beethoven und Mozart sind. Wer weiß, in welchem Umfang Orchester heutzutage existieren würden, wenn wir in unseren Filmen und Videospielen eine Komponistin wie Miley Cyrus hören dürften. Ein Glück hat Hans Zimmer da immer noch ein Wort mitzureden.
Für diesen Song wurden neun Stimmen komponiert und aufeinander abgestimmt, was insgesamt etwa fünf Stunden gedauert hat.
Aber wie entstehen die Lieder, die uns begleiten während wir durch scheinbar endlose, digitale Welten streifen? Was ist die Grundlage, die den Komponisten dazu bringt, uns unvergessliche musikalische Werke zu liefern? Hier gibt es aus meiner Sicht mehrere Ansätze, die ich im folgenden näher erläutern möchte.
Dem Komponisten wird eine Situation beschrieben, die er passend untermalen soll.
Hier hat der Komponist die Aufgabe, zum Beispiel einen Verlust oder einen Erfolg zu untermalen. Als direktes Beispiel fällt mir da das Erreichen der Zielfahne in Super Mario ein, was in der Regel zwar nur ein Jingle ist, aber dennoch komponiert werden will. Ein gutes Beispiel ist auch das Lied „Memories“ aus Xenoblade Chronicles.
Der Komponist hat bereits ein Lied komponiert, von dem er glaubt, dass es das jeweilige Szenario gut erfasst.
Ja auch das kommt vor. Komponisten sind in der Regel selbst Musiker und mit dem Musikerdasein hört man nicht auf Knopfdruck auf. Man spielt in seiner Freizeit eine Melodie vor sich hin und ergänzt mehrere Stimmen, die das Musikstück komplettieren. So entstehen viele Musikfetzen, die darauf warten in einem Lied einen Platz zu finden. Aus einiger Erfahrung kann ich sagen, dass das auch gern mal mehrere Jahre dauern kann oder auch nie der Fall sein wird.
Dem Komponisten wird ein Ort oder eine Umgebung beschrieben, die er passend untermalen soll.
In einem solchen Fall wird dem Komponisten eine Beschreibung der Umgebung oder auch ein Bild des jeweiligen Ortes an die Hand gegeben, mithilfe dessen er ein Musikstück komponieren soll. Hierbei achtet der Musiker darauf, Instrumente, Tempi oder Taktarten zu nutzen, die man in einer solchen Situation erwarten würde. Das könnte zum Beispiel eine Harfe oder ein Fagott sein, das im Wald spielt. Hierfür habe ich euch beispielhaft einen kleinen Ausschnitt erstellt, damit ihr wisst, was ich meine.
Des Weiteren könnten Beispiele sein, dass man einen Hafen gezeigt bekommt und dabei auf typische Instrumente, wie das Akkordeon zurückgreift. Oder man zeigt einen verlassenen Rummelplatz, der eher gruselig wirkt, als dass er den Spaß verbreitet, den er ursprünglich verbreiten wollte. Auch für diesen Ort, für den ein Dreivierteltakt aus meiner Sicht perfekt ist, habe ich einen kurzen Ausschnitt komponiert.
Sicherlich gibt es auch noch mehr Möglichkeiten, wie ein Komponist zu seinen Liedern kommt, aber ich denke, diese drei sind die gängigsten. Bitte erwartet von mir keine Meisterwerke, sie sollen lediglich meine Ausführungen als Beispiele unterstützen. Findet ihr, dass ich die jeweiligen Bilder mit meinen Musikstücken getroffen habe oder lag ich vollkommen daneben? Wählt eure Antwort in der Umfrage der News!
Und damit endet mein Spezial zum Thema Musik in Videospielen auch schon. Ich bedanke mich für eure Zeit und da jeder Mensch ein anderes Musikempfinden hat, schreibt doch in die Kommentare, wie wichtig euch Musik in Videospielen ist oder auch, was euer liebster Soundtrack ist.
Findet ihr die Stücke passen zu den jeweiligen Situationen? 25
Das Ergebnis ist nur für Teilnehmer sichtbar.