Nintendo Arcade Games – Teil 5: Der Angriff der Klone Spezial Historie

Nicht viele wissen, dass Nintendo neben SEGA, Taito und Namco einer der Pioniere und Vorreiter in der Entwicklung von Arcade-Automaten in Japan und später, neben Bally Midway, ein Weltmarktführer in diesem Bereich war. Doch bei der Frage nach den Namen dieser Automaten dürfte vielen nur ein Titel einfallen: Donkey Kong. Zugegeben war dies der größte Erfolg für Nintendo in diesem Segment – doch nicht der Einzige. Daher möchte ich mit euch in meiner mehrteiligen Reihe einen Blick zurück auf die Geschichte dieser überwiegend vergessenen Gerätschaften aus dem Hause Nintendo werfen.


Besser gut kopiert als schlecht selbst gemacht


BreakOut-Werbeflyer

Nachdem Yamauchi beschlossen hatte in die Welt der Videospiele-Automaten einzusteigen, waren nun Ideen gefordert. Doch die Videospiele-Branche war sehr jung. Es gab noch nicht viele fähige Entwickler auf diesem Gebiet. Und neue Spielkonzepte zu kreieren, war auf Grund der technischen Limitierung zu jener Zeit ein aufwendiges und teures Unterfangen. So war es damals üblich, dass ein erfolgreiches Spielprinzip eines Herstellers von den Konkurrenten kopiert und in ähnlicher Form unter eigenem Namen veröffentlicht wurde. Yamauchi schloss sich mit seiner Firma diesem System an. Und so wurde der zweite Videospiele-Automat aus dem Hause Nintendo ein Klon von Ataris zweitem großen Arcadehit (nach Pong): Breakout.


Block Fever
Auf Grund der erfolgreichen Zusammenarbeit mit Mitsubishi Electric bei der EVR-Serie und bei Computer Othello, entschied Nintendo auch den zweiten Videospiele-Automaten mit deren Hilfe zu produzieren. Dieser kam im November 1978 unter dem Namen Block Fever heraus und unterschied sich nur sehr geringfügig von seiner Inspiration Breakout. Wie auch im Original ging es darum, mit einem Paddle (Drehknopf) einen Schläger am unteren Bildschirmrand nach links und rechts zu bewegen. Mit diesem musste man einen Ball im Spiel halten – und mit diesem wiederum eine Wand aus Blöcken zerstören, um zu gewinnen. Wenn der Ball allerdings vorher 3 mal ins Aus geriet, war das Spiel verloren. Wie schon bei Computer Othello entschied sich Nintendo für die Herstellung des Automaten als Cocktail-Tisch und man bot, wie bereits bei Breakout, einen 2-Spieler-Modus an, der abwechselndes Spielen ermöglichte.


Block Fever

Immerhin brachte Nintendo mit dem Einfügen von 3 Modi etwas mehr Abwechslung ins Spiel. Während Mode C praktisch eine 1:1 Kopie von Breakout darstellte, hatte man beim Mode B eine seitliche Bewegung der Steine programmiert. Dabei bewegten sich die Steine alle paar Sekunden von links nach rechts. Die Steine, die rechts aus dem Bildschirm verschwanden, wurden links wieder eingefügt. Der Mode A bot für Spieler die größte Herausforderung und war nur für Profis zu empfehlen. Denn inmitten der Wand befanden sich vier dunklere Steine (sogenannte Handy Blocks), die man unbedingt meiden sollte. Denn sobald man einen dieser Blöcke traf, wanderte die gesamte Wand näher zum unteren Bildschirmrand, was es deutlich schwerer machte den Ball nicht ins Aus rollen zu lassen.


Wirtschaftlich gesehen war Block Fever kein Erfolg. Breakout war bereits 1976 erschienen und es gab schon wesentlich kreativere Interpretationen von anderen Herstellern. Dazu kam selbstverständlich noch die Dominanz von Space Invaders im Jahr 1978, neben dem es jeder neue Automat schwer hatte. Da war ein nahezu identischer Klon eines zwei Jahre alten Spieles kein verlockendes Angebot. Dennoch hatte Block Fever für Nintendo einen großen Nutzen. Die Entwicklung diente der Firma und vor allen seinen Angestellten als Lehrveranstaltung. Denn nach der Fertigstellung von Block Fever war man nicht mehr auf die Unterstützung von Mitsubishi Electric angewiesen. Nintendo wusste nun genug über den Entstehungsprozess, die Technologien und die Produktion eines Videospiele-Automaten, um die Arbeit in Zukunft selbst stemmen zu können. Und sogleich machte man sich auch an die Arbeit. Dieses Mal wählte man den aktuellen Erfolgsträger Space Invaders als "Inspiration".


Space Fever
Der dreiste Space Invaders-Klon kam Anfang 1979 unter dem Namen Space Fever in die Spielcenter. Man steuerte mit einem Joystick einen kleinen Raumjäger, der sich am unteren Bildschirmrand horizontal bewegen ließ und schoss mit einem Knopf Lasersalven auf eine Gruppe von heranrückenden Aliens. Je mehr Invasoren man beseitigte, desto schneller bewegten sich diese auf das Raumschiff zu. Außerdem erwiderten die Aliens sporadisch das Feuer. Um dem gegnerischen Beschuss zu entgehen, konnte der Spieler einfach ausweichen oder hinter vier Festungsanlagen Schutz suchen. Hatte man alle Invasoren auf dem Bildschirm abgeschossen, wurde eine neue Runde gestartet, bei der sich die Aliens schneller bewegten und häufiger feuerten. Wurde der eigene Raumjäger dreimal getroffen oder die Außerirdischen erreichten den unteren Bildschirmrand, hatte man verloren und es hieß Game Over. Wie beim Vorbild und bei Block Fever war es auch möglich, sich abwechselnd mit einem anderen Spieler zu messen. Bei der Bauform setzte man erneut auf den gewohnten Cocktail-Tisch.


Space Fever und Color Space Fever im Vergleich

Die Unterschiede zu Space Invaders waren marginal. Während Space Invaders eine Gruppe von 5 Reihen á 11 Außerirdische aufbot, waren es bei Space Fever 5 Reihen á 12 Aliens. Und auch am Design wurde natürlich gefeilt, um nicht als Plagiat zu gelten. Das Lasergeschütz wurde zu einem Raumjäger, die Bunker zu Festungen und auch bei den Außerirdischen wurden ein paar Pixel verschoben. Daneben bot man den Spielern, wie schon bei Block Fever, erneut drei Spielmodi an. Aber im Grunde boten diese nur verschiedene Bewegungsvarianten der Invasoren. Der größte Unterschied zum Original war, dass die besten 3 High-Scores gespeichert werden konnten. Diese blieben allerdings nur solange erhalten, wie der Automat eingeschaltet blieb.


Ungeachtet dessen wurde Space Fever von Spielcenter-Betreibern und Spielern größtenteils ignoriert. Zum einen weil es daneben zahlreiche Space Invaders-Klone von anderen Herstellern gab und zum anderen weil Nintendos Kopie einfach kein Alleinstellungsmerkmal besaß. Auch die Neuveröffentlichung als Color Space Fever (in Farbe und bunt) änderte daran nichts. Also setzte man sich bei Nintendo hin und überlegte sich, wie man den Automaten richtig überarbeiten konnte, um ihn für die Massen attraktiver zu gestalten.


SF-Hisplitter

SF-Hisplitter

Die Überarbeitung von Space Fever dauerte ein paar Wochen. Das Ergebnis nannte man SF-Hisplitter. Im Grunde handelte es sich lediglich um einen neuen Spielmodus. Aus den 12 Außerirdischen wurden schlicht 6 größere Außerirdische gemacht. Also musste man sich nun 5 Reihen á 6 Invasoren erwehren, die nun leichter zu treffen waren. Allerdings war ein kleiner Kniff eingebaut. Traf man die größeren Aliens nicht genau in der Mitte, teilten sich diese in zwei kleine auf. Zusätzlich überarbeitete man nun die Festungen. Diese wurden optisch zu Bunkern umgestaltet, die in der Mitte jedoch einen Spalt besaßen, durch die ein geübter Spieler feuern konnte, was bei Space Invaders und Space Fever zuvor nicht möglich gewesen war, solange diese nicht zerstört waren. Trotz dieser Abwandlungen war dieser Automat ebenfalls nicht erfolgreich.


Taito vs. Nintendo


Taito fühlte sich wenig geehrt durch seine Nachahmer und entschied rechtlich gegen die Firmen der Space Invaders-Kopien vorzugehen. Auf diese Weise landete auch Nintendo wegen unlauteren Wettbewerbs vor Gericht. Doch das geistige Eigentum von Videospielen war in dieser jungen Branche damals noch nicht rechtlich festgehalten. Und so wurden alle Anklagen gegen die Konkurrenten abgewiesen. Zufrieden mit dem Ergebnis gab Yamauchi bei dem japanischen Fernsehsender NHK ein interessantes Statement ab:


"Was den Fall Taito betrifft, so denke ich, dass es im Bereich der Unterhaltung nicht wünschenswert ist, das sich Hersteller eine Exklusivität für die Nutzung neuer Spielkonzepte sichern können. Was sollte Unternehmen denn daran hindern, das Konzept eines Spieles zu kopieren, wenn sie es wollen? Es gibt nichts, was man dagegen tun kann. Und das ist eine gute Sache für unsere Branche. Es ist für alle Hersteller dieser Industrie sehr vorteilhaft, sich gegenseitig kopieren zu dürfen und sich von den Spielen der Konkurrenz inspirieren zu lassen. Dies ermöglicht es uns alle gemeinsam diese Branche schneller voranzubringen und zu wachsen. Space Invaders mag im Einzelnen vielleicht darunter gelitten haben, aber dies trägt zur besseren Entwicklung der gesamten Computer-Branche bei. Anstatt Spiele abseits jeglichen Wettbewerbs im Geheimen zu entwickeln, finde ich, dass es sehr wichtig ist, miteinander zu kommunizieren und das alle Hersteller untereinander die Fortschritte in der Programmierung und Entwicklung von Videospielen offen zeigen."


Doch schon kurze Zeit später (im Laufe der 80er) sollte Yamauchi mit seiner Firma eine ganz gegensätzliche Meinung vertreten und einer der Spielehersteller mit der strengsten Geheimhaltung bei der Erschaffung von Videospielen werden. Und so klingen diese Worte heute im Zusammenhang mit dem Namen Nintendo doch sehr befremdlich.


Unabhängig vom Verfahren erkannte Yamauchi aber, dass er mit der Klonstrategie keinen Erfolg haben würde. Und so schlug Nintendo einen neuen Weg ein.


Fortsetzung folgt...


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