Nintendo Arcade Games – Teil 6: Nintendo geht seinen Weg Spezial Historie

Nicht viele wissen, dass Nintendo neben SEGA, Taito und Namco einer der Pioniere und Vorreiter in der Entwicklung von Arcade-Automaten in Japan und später, neben Bally Midway, ein Weltmarktführer in diesem Bereich war. Doch bei der Frage nach den Namen dieser Automaten dürfte vielen nur ein Titel einfallen: Donkey Kong. Zugegeben war dies der größte Erfolg für Nintendo in diesem Segment – doch nicht der einzige. Daher möchte ich mit euch in meiner mehrteiligen Reihe einen Blick zurück auf die Geschichte dieser überwiegend vergessenen Gerätschaften aus dem Hause Nintendo werfen.


Nintendo geht seinen eigenen Weg


Yamauchi erkannte, dass man mit dem reinen Kopieren von Automaten anderer Hersteller kein Geld verdienen konnte. Wie Atari mit Pong und Breakout und Taito mit Space Invaders, musste Nintendo selbst ein Original liefern. Kreative Impulse waren gefragt. Und diese wurden auch geliefert – unter anderem dank zweier junger Männer namens Shigeru Miyamoto und Genyo Takeda. So stellte Nintendo im Herbst 1979 zwei Automaten vor, bei dem zumindest ersterer auf einem eigens erdachten Spielkonzept basierte.


Sheriff

Im Oktober 1979 gelangte Nintendos Eigenproduktion mit dem Namen Sheriff in die Spielcenter. Wie der Name vermuten lässt, übernimmt man die Rolle eines Sheriffs. Dessen geliebte Frau wurde während er seiner Arbeit nachging von Gangstern aus dem eigenen Haus entführt und verschleppt. Natürlich lässt sich ein Sheriff so etwas nicht bieten und stürmt den Bösewichten sofort hinterher. Eine törichte und unüberlegte Tat. Denn damit läuft der Sheriff genau in eine Falle und ist plötzlich von den 16 schlimmsten Halunken der Gegend umstellt. Und so wird es Zeit die Waffen sprechen zu lassen – doch ob das gut ausgeht? Das liegt in den Händen des Spielers. Mit einem Joystick in der linken Hand bewegt dieser den Sheriff innerhalb seiner umzäunten Falle. Mit einem drückbaren 8-Wege-Drehschalter in der rechten Hand bestimmt er die Schussrichtung und schiesst. Die Gegner bewegen sich außerhalb des Zauns, dessen Pfosten ihnen als Deckung dienen, um den Gesetzeshüter herum und versuchen, diesen auszuschalten. Gelegentlich springt auch einer der Gangster über die Barrikade und versucht den Sheriff aus der Nähe zu erwischen.


Sheriff

Obwohl die Western-Kulisse von dem früheren Automaten Gun Fight aus dem eigenen Haus inspiriert wurde, war alles andere in Sheriff überaus innovativ. Neben der Steuerung, die eine Art Vorläufer des Dual-Stick-Controllers darstellt, war auch das Spielkonzept neuartig. Es war einer der ersten Run & Gun-Shooter und gilt als Urahne der bekannten Spielereihen Contra oder Bionic Commando, bei denen man sich gegen mehrere Gegner behaupten muss, ohne von den zahlreichen feindlichen Projektilen getroffen zu werden. Zusätzlich war es einer der ersten Automaten, der ein Bonuspunkte-System beinhaltete. Neben der Steuerung besaß der Automat auf technischer Seite weitere Neuerungen. So gilt Sheriff z.B. als der erste Automat, der eine durchgehende Hintergrundmusik besaß. Dazu kommen noch die 12 verschiedenen Soundeffekte, die damals einen Rekord darstellten, das Beinhalten von Cutscenes und das langfristige Speichern des Highscores.


Nebenbei zeigte Sheriff schon einige Elemente auf, bei denen man Shigeru Miyamotos Mitarbeit bemerkt. So greift das Spiel noch vor Donkey Kong und Super Mario ein romantisches Thema auf: Ein Mann, der einem normalem Beruf nachgeht, muss die Dame seines Herzen aus den Fängen von Bösewichten befreien. Auch die Zahl 8, die heute in vielen von Nintendos Spielen eine Rolle spielt (z.b in den 8 Welten eines Super Mario-Abenteuers), taucht erstmals bewusst auf. Denn Sheriff besaß 8 Level, die jeweils an Schwierigkeit zunahmen.


Produktionstechnisch war Sheriff der erste Videospielautomat aus dem Hause Nintendo, der neben der Cocktail-Tisch-Variante auch als Standgerät (im englischen Up-Right genannt) hergestellt wurde. Und es war der erste Videospielautomat aus dem Hause Nintendo, der es auch über die Ozeane nach Amerika und Europa schaffte und sogar von anderen Herstellern in Lizenz nachproduziert wurde. Doch wurden diese vielen ersten Male auch belohnt? – Ja. Der Automat wurde ein großer Erfolg für Nintendo, auch wenn es nicht an den Erfolg von Taitos Hit Space Invaders herankam. Doch Nintendo konnte zufrieden sein. Später folgte noch eine etwas überarbeitete Fassung des Automaten unter dem Namen Sheriff 2 in Japan. In Zusammenhang mit meinem vorangegangenen Teil dieser Artikelreihe will ich eine ironische Wendung an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen: Nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung von Sheriff erschienen Klone des Automaten von anderen Herstellern - darunter auch einer von Taito.


Hier könnt ihr den Sheriff-Automaten in Aktion sehen:

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Monkey Magic

Der zweite Automat, den man neben Sheriff entwickelte, war Monkey Magic. Im Gegensatz zu Sheriff griff man hier aber ein bestehendes Konzept auf und erschuf einen weiteren sogenannten Wallbreaker nach dem Vorbild von Breakout. Doch wer nun glaubt, Nintendo hätte aus dem Fehler von Block Fever nichts gelernt und einen weiteren Breakout-Klon vermutet, irrt sich gewaltig. Man lenkt zwar wie gewohnt einen Ball mit Hilfe eines Schlägers über den Bildschirm – das war es dann aber im Großen und Ganzen schon an Gemeinsamkeiten.


Nintendo war es diesmal wichtig, dem bekannten Spielprinzip einen deutlichen eigenen Stempel aufzudrücken. Und dieses Vorhaben gelang mit viel Liebe zum Detail, wofür Nintendo im Laufe der Zeit bekannt geworden ist. Bei diesem Automaten geht es nicht darum, eine langweilige Wand zu zerstören, sondern sich mit einem Affen namens Taimu anzulegen.


Monkey Magic

Auf der oberen Bildschirmhälfte wird ein Affenkopf mit einem roten Bandana dargestellt. Zu Beginn des Spiels ist der Mund geschlossen und der Ball richtet keinerlei Schäden an. Um den Mund zu öffnen, muss der Spieler drei Pfeile mit dem Ball Richtung Affenkopf befördern. Erreicht ein Pfeil das Kinn, öffnet sich der Mund. Nun muss man die Zähne des Affen nach alter Breakout-Manier zerstören, bevor man sein Gesicht malträtiert. Dieses wird aber nicht zerstört, sondern es ändert sich nur an den Stellen die Gesichtsfarbe, die der Ball "überrollt". Ist das gesamte Gesicht eingefärbt, kann das rote Bandana zerstört werden und das Spiel ist sozusagen beendet. Allerdings erscheint dann einfach ein neuer Affenkopf und das Spiel beginnt von vorne – in Endlosschleife. Denn ein wirkliches Spielende gibt es nicht. Es geht nur darum, solange wie möglich durchzuhalten und den höchsten Highscore zu erzielen.


Doch nun zu einigen Details, die dem Automaten einen ganz eigenen Charme verpassen: Die Augen ändern sich von einem Kreis zu einem X, wenn der Ball über sie rollt. Berührt der Ball die Nase, ändert sich dessen Geschwindigkeit kurzzeitig, was das Ein- und Ausatmen des Affen suggerieren soll. Erleidet der Spieler ein Game Over, lacht der Affe ihn aus. Diese und weitere kleine Details machen den Automaten zu etwas Besonderem. Dennoch fand Monkey Magic, der sowohl als Cocktail-Tisch als auch als Standgerät hergestellt wurde, nicht viele Abnehmer und gelang im Gegensatz zu Sheriff auch nicht nach Übersee. Unter anderem ist dieser Automat daher heute bei Sammlern ein sehr beliebtes und schwer zu findendes Exemplar.


Arcade-Automaten von Drittherstellern


Aufgrund der eigenen frühen Fehlschläge von Block Fever und Space Fever und um seinen Produktkatalog an Videospieleautomaten zu erweitern, suchte Nintendo Ende der 70er-Jahre nach Partnern. Denn man wollte sich den immer lukrativer werdenden Markt in keinem Fall entgehen lassen und sich einen Namen machen. Doch Nintendo schaute sich nicht nach jedem x-beliebigen Hersteller um, sondern ging auf den großen und weltweit agierenden Automatenhersteller SEGA zu, der bereits seit Mitte der 60er-Jahre groß im Markt der Casino- und Pinball-Automaten vertreten war und im Laufe der 70er auch schon einige Videospielautomaten produziert hatte.


Nintendo und SEGA einigten sich auf eine Vertriebspartnerschaft. Nintendo übernahm den japanischen Vertrieb des in Amerika entwickelten Automaten Head On, während SEGA einige Automaten von Nintendo in Amerika vermarkten würde. Nintendo passte Head On, das einen Vorläufer von Pac-Man darstellt, für seine eigene Hardware und Cocktail Tisch-Gehäuse an und verkaufte diesen in Japan unter dem Namen Head On-N. Wobei das N für Nintendo stehen soll.


In Lizenz gebaute Automaten von Nintendo

Auf der Suche nach weiteren Partnern wurde man auf den jungen Hersteller Namco aufmerksam. Dieser hatte 1978 mit seinem Debütautomaten Gee Bee, ein unterhaltsamer Mix aus Pinball und Breakout, für Aufsehen gesorgt. Nintendo erwarb eine Lizenz zur Produktion und dem Verkauf des Nachfolgers. Namco selbst verfügte zu diesem Zeitpunkt nämlich noch nicht über große Produktionskapazitäten und konnte die Nachfrage nach diesem Automaten mit dem Namen Bomb Bee nicht alleine decken. Dabei ging man den selben Weg wie bei Head On und verkaufte den Automaten mit dem Anhängsel -N. Die Zusammenarbeit war für beide Seiten zufriedenstellend, so dass Nintendo noch eine weitere Lizenz für den dritten Automaten von Namco erhielt: Cuttie Q – ebenfalls ein Breakout-Pinball-Mix.


Danach endete die Kooperation von Nintendo und Namco in dieser Form. Warum fragt ihr? Namco veröffentlichte 1979 Pac-Man und Galaxian. Zumindest der erste Name sollte wohl jedem Videospieler ein Begriff sein und einem verdeutlichen, dass Namco von diesen Automaten keine Lizenzen mehr vergab, da dies die eigenen Gewinne nur gemindert hätte. Allerdings arbeitete man weiterhin im Bezug auf die Arcade-Hardware zusammen, die zum Teil in den kommenden Automaten von Nintendo zum Einsatz kam.


Fortsetzung folgt...

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