Pokémon GO – Spielt das eigentlich noch wer? Spezial
Geschrieben von Tim Czerwinski am 04.11.2018
Knapp 28 Monate ist Pokémon GO nun in den digitalen Stores von Google und Apple erhältlich. In dieser Zeit hat es einige Veränderungen gegeben, die frischen Wind in Niantics Outdoor-Applikation gebracht haben. Bereits nach einem Jahr habe ich ein Resümee über die Veränderungen geschrieben, sodass ich in diesem Spezial auf die Entwicklungen seit diesem Spezial eingehen werde. Daher lege ich euch ans Herz, zunächst den vergangenen Text zu lesen, falls ihr dies nicht schon getan habt. Finden könnt ihr diesen hier.
Zum Abschluss meines vergangenen Spezials erhielten gerade legendäre Pokémon im Rahmen von Raid-Kämpfen Einzug in das Spiel aus dem Hause Niantic. Auch das Ex-Raid-System wurde bereits angekündigt, wie das Ganze dann aussehen sollte, war jedoch noch nicht bekannt. Die zweite Generation war bereits fest verankert und eine Ankündigung der dritten Generation stand noch aus. Ich hatte aus der Sicht eines Spielers über Updates gesprochen, die manchen Spieler verärgert aber auch erfreut haben und dass Niantic noch einige Hausaufgaben zu erledigen hat. Wollen wir doch mal schauen, ob Niantic diese Hausaufgaben gemacht hat oder ob ein Eintrag ins Klassenbuch ansteht.
So möchte ich zunächst auf die Raids zurückkommen. Was hat sich hier getan? Auf jeden Fall gab es eine anständige Rotation. So wurden die Raid-Bosse mehrfach getauscht, sodass meist ein Anreiz besteht, immer ein Auge auf die Raids zu haben. Am Interessantesten dürfte die Rotation der Legendären Pokémon sein. Diese wurden oft im Monatsturnus getauscht und so ist nach der ersten Generation chronologisch folgerichtig die zweite Generation Legendärer Pokémon in das Spiel implementiert worden. Aber auch die Ex-Raids fanden ihren Platz im Spiel. Um einen Raid-Pass für einen solchen Raid zu bekommen, musste man natürlich raiden. Die Ex-Raids sollten schließlich eine Belohnung für die aktiven Spieler sein. Zunächst konnten diese Raids an nahezu jeder Arena auftauchen. Voraussetzung war lediglich, dass in einem bestimmten Zeitraum eine gewisse Anzahl an Raids an der Arena stattgefunden hat. Habt ihr in dieser Zeit dort geraidet, konntet ihr mit etwas Glück eine Einladung bekommen, mit der ihr zu einer vorgegebenen Zeit bei dieser Arena einen Raid gegen Mewtu bestreiten konntet. Zwischenzeitlich hat man bei Niantic aber reagiert und die Ex-Raids auf bestimmte Arenen eingegrenzt. Diese liegen hauptsächlich in Parks und werden im Spiel auch mit dem Vermerk „Ex-Raid-Arena“ versehen. Eine Einladung dazu gibt es in der Regel jede Woche, sofern in dem vorgegebenen Zeitraum eine gewisse Anzahl an Personen bei dieser Arena geraidet haben. Inzwischen trifft man in den Ex-Raids auch Deoxys an, das der dritten Generation entstammt.
Soviel zu den Grundlagen, doch was halten die Spieler davon? Als ich den ersten Ex-Raid in unserer Stadt angetreten bin, war ich überwältigt von der Anzahl an Spielern, die eingeladen waren und an einem Freitag um 12 Uhr Zeit haben, an einem Raid teilzunehmen. Wie ich im vorangegangenen Spezial schrieb, war ich Mitglied in einer Messenger-Gruppe und es waren weitaus mehr Leute anwesend als sich angekündigt hatten. Es waren zeitgleich zwei Raids in der Stadt und es waren jeweils mindestens 100 Leute anwesend – von den Leuten, die ihren Account abgegeben hatten, weil sie selbst nicht konnten, ganz zu schweigen. Die Raids liefen zu Beginn noch relativ unorganisiert ab, wurden dann aber organisierter und man hat sich teamweise aufgeteilt, um möglichst viele Bälle zu bekommen und so die Fangchance zu erhöhen. Schnell wurden auch weitere Fangtricks unter den Spielern ausgetauscht. So kann man den Kreis für einen Fang auf einen gewünschten Radius einstellen und den Angriff eines Pokémon abwarten, um möglichst einen großartigen oder fabelhaften Wurf zu landen. Doch die Ex-Raids ließen auch einige Spieler verständnislos zurück. So wurde ich beispielsweise zu einem Ex-Raid nicht eingeladen, obwohl ein Kumpel, mit dem ich genau an dieser Arena einen Raid gemacht hatte, für ebendiesen eingeladen wurde. Und so ging es nicht nur mir: Einige Spieler warteten Monate auf ihre erste Einladung.
Schon bald nach meinem Spezial wurde indes die dritte Generation angekündigt. Diese wurde zunächst schrittweise im Rahmen eines Halloween-Events ins Spiel eingebracht. So konnte man als erstes die Geist-Pokémon Shuppet und Zwirrlicht fangen. Schon bald folgten die restlichen Pokémon und man sah wieder öfter bekannte Gesichter auf der Straße. Und auch dieses Jahr hat man sich gedacht, dass der Oktober eine gute Zeit ist, um neuen Inhalt in das Spiel zu implementieren, denn seit diesem Monat hat man die Möglichkeit, Pokémon aus der Sinnoh-Region zu fangen. Dies betrifft zwar noch nicht alle, aber insbesondere zu Halloween passend hat man Girantina als legendären Raidboss sowie andere Geist- oder Unlicht-Pokémon ins Spiel gebracht. Natürlich sind auch weitere Pokémon bereits fangbar, aber man erkennt einen Rhythmus in der Veröffentlichungspolitik von Niantic. So ist davon auszugehen, dass die nächste Generation im vierten Quartal des kommenden Jahres veröffentlicht werden wird.
Eine weitere Neuerung brachten die Forschungsaufträge mit sich. Diese unterscheiden sich bekanntermaßen in Spezialforschung und Feldforschung. Während ihr bei der Spezialforschung Professor Willow dabei helft, diversen Mysteriösen Pokémon wie Mew, Celebi oder zuletzt auch Kryppuk auf die Schliche zu kommen, erfüllt ihr bei der Feldforschung Aufträge, die ihr an Pokéstops bekommt. Habt ihr sieben Feldforschungsstempel erhalten (max. einer pro Tag), erzielt ihr einen Forschungsdurchbruch und könnt besondere Pokémon fangen. So konnte man auch ohne Raids einige Legendäre Pokémon bekommen oder aktuell das Käfer/Geist-Pokémon Ninjatom. Ich finde vor allem die Spezialforschungen sehr gelungen und ich hätte gerne mehr davon, da die Quests schon einige Zeit erfordern. Wenn ich bedenke, wie lange ich für Mew nach einem Ditto gesucht habe… Die Feldforschungen waren bis zum Ninjatom für mich eher ein nettes Gimmick, da ich die anderen Pokémon bereits in Raids gefangen hatte. Lediglich die Aussicht auf Pokémon mit einem guten IV-Wert hat das Interesse daran noch hoch gehalten.
Auch das von vielen erwartete Tausch-Feature sowie eine Freundesliste haben es endlich in das Spiel geschafft. Während unter meinem vergangenen Spezial noch einige Bedenken von euch genannt wurden, dass die Tauschfunktion die gesamte Sammelmechanik kaputt machen könnte, hat man sich sowas bei Niantic wohl auch gedacht. So hat man für Pokémon, die sich noch nicht im Pokédex befinden, Legendäre Pokémon sowie Schillernde Pokémon den sogenannten Spezialtausch eingeführt. Dieser ist nur einmal am Tag möglich und kostet Unmengen an Sternstaub, sofern das Freundschaftslevel der Trainer nicht halbwegs hoch ist. So habe ich damit erst begonnen, als ich mit meinen Freunden mindestens das „Hyperfreund“-Level erreicht hatte. Dafür muss man jedoch mindestens 30 Tage eine gemeinsame Aktivität vorweisen. Ob man Geschenke versendet, Pokémon tauscht oder gemeinsam Raids bestreitet, ist dabei irrelevant, Hauptsache man ist gemeinsam zu Gange. Um das Tauschen für diejenigen attraktiver zu machen, die den Pokédex bereits weitestgehend komplettiert haben, hat man zudem die Glücks-Pokémon eingeführt. Abhängig vom Fangdatum und dem Freundschaftslevel, erhielt man mit etwas Glück ein Pokémon, das gute IV haben konnte sowie nur die Hälfte der Bonbons für ein Level-up benötigt. So konnte ich mir ein Glücks-Latios ertauschen und habe einen Freund mit einem Glücks-Mewtu glücklich machen können.
Um das Tauschen nicht nur zur Komplettierung des Pokédex zu nutzen, hat man zudem eine Sperre zum Rücktausch eingebaut. So muss man sich schon sicher sein, dass man das Pokémon tauschen möchte. Darüber hinaus verändern sich beim Tausch des Pokémons die IV und WP, sodass das Pokémon unter Umständen sogar schlechter wird. Mit etwas Glück wird es aber auch besser. Ich finde die Tauschfunktion ist Niantic gelungen. Ich habe nicht den Eindruck, dass man dadurch irgendwie Schindluder betreibt oder ähnliches. Außerdem hat man so endlich die Möglichkeit, an regionsspezifische Pokémon heranzukommen. So konnte ich meinen Freunden von Gran Canaria zum Beispiel Tropius mitbringen, während ich von Freunden Tauros bekam. So wäscht eine Hand die andere und das Pokémon-Feeling kommt auch auf.
Im Vergleich zu den Event-Anfängen hat sich bei Pokémon GO einiges geändert. Hat man ursprünglich noch bestimmte Tage gehabt, an denen bestimmte Pokémon-Typen häufiger auftraten, hat man die Politik ein wenig geändert. Der monatlich stattfindende Community-Day bringt immer ein bestimmtes Pokémon, das vermehrt auftritt und die Möglichkeit besteht, dieses auch in der schillernden Variante zu fangen. Des Weiteren beherrscht es eine bestimmte Attacke, die es sonst nicht erlernen kann oder lernt diese bei der Entwicklung. In der Vergangenheit hat sich ein System eingespielt, dass in einem Monat ein Starter-Pokémon den Community-Day ziert oder aber ein Pokémon mit zwei Entwicklungen, das relativ weit hinten im jeweiligen Pokédex auftaucht und sonst eher selten ist. So hat man in einem Monat beispielsweise Bisasam und im nächsten Dratini. Darauf folgt Glumanda und dann zum Beispiel Larvitar. Nach dem vergangenen Community-Day mit Tanhel ist in der Folge Feurigel dran. Bleibt Niantic bei dem System, könnte uns im Dezember beispielsweise Kindwurm erwarten. Lediglich Evoli hat eine Ausnahme dargestellt, die vielleicht in Zusammenhang mit dem bald erscheinenden Pokémon Let’s Go: Evoli steht.
Neben den Community-Days hat Niantic auch einzelnen Legendären Pokémon Tage gewidmet. So gab es die sogenannten Arktos-, Zapdos- und Lavados-Days an denen die legendären Vögel der ersten Generation über drei Stunden an jeder Arena zu einem Raid herausgefordert werden konnten. Mit etwas Glück konnte man auch hier die schillernde Variante des jeweiligen Pokémons fangen. Beide Event-Arten zeigen immer wieder eindrucksvoll, wie viele Leute das Spiel tatsächlich noch regelmäßig spielen. Nach meinem Umzug ist mir dies sogar noch deutlicher bewusst geworden.
Nachdem man die Kooperation mit Unibail-Rodamco aufgegeben hatte, wurden auch die regionalen Events ein wenig zurückgeschraubt. Lediglich ein Safari Zone-Event hat in Dortmund stattgefunden, wo die Pokémon Corasonn sowie Icognito in verschiedenen Formen anzutreffen waren. Corasonn wurde daraufhin aber auch für eine begrenzte Zeit in ganz Deutschland freigeschaltet. Ausgehend von den beschränkten Kapazitäten vor Ort und der Benachteiligung von nicht so mobilen Spielern finde ich die Entwicklung gut, auch wenn ich selbst damals nach Oberhausen gefahren bin.
Wie ich bereits schrieb, ist man aktuell dabei die vierte Generation in das Spiel zu integrieren. Das wird kurzfristig passieren, sodass das wohl die nächsten Neuerungen sein werden. Des Weiteren können wir uns wohl auf ein Weihnachtsevent einstellen und die Rückkehr von Pikachu mit Weihnachtsmütze sowie Botogel feiern. Mal sehen, vielleicht lässt man sich ja auch noch etwas Besonderes einfallen, zum Beispiel die Möglichkeit, Letzteren auch in Shiny zu bekommen. Allerdings finde ich, dass man die Schillernden Pokémon fast schon zu inflationär verwendet. So kann man an Community-Days gern mal eine zweistellige Anzahl an Shinys ergattern.
Auch hat man mit Abenteuer-Sync eine Funktion eingefügt, die eure zurückgelegte Strecke auch ohne das Ausführen der Pokémon GO-App zählt. So benötigt ihr die App Google Fit aus dem Google Play Store oder das Pendant Health-App aus dem App Store von Apple. Eine ähnliche Möglichkeit bietet bislang nur das Pokémon GO Plus, wobei dieses ja mit der aktiven App verbunden werden muss und zusätzlich noch Pokémon fangen kann.
Nachdem man erst kürzlich mit Meltan ein Pokémon still und heimlich in Pokémon GO angekündigt hatte, kann ich mir durchaus vorstellen, dass Pokémon GO noch das ein oder andere Mal als Plattform für derartige Teaser dienen könnte. Meltan ist zudem das einzige Mysteriöse Pokémon, das bislang eine Entwicklung spendiert bekommen hat.
Was ich mir wünsche ist, dass man eine Rotation für die regionalen Pokémon einführt oder diese zumindest über Spezialforschungen für alle Spieler verfügbar macht. Wer kommt schon nach Neuseeland, um sich ein Relicanth zu sichern? Ich habe zwar extra Gran Canaria für meinen Urlaub gewählt, um Tropius zu bekommen, aber da kostet der Flug auch nicht über 2.000 €. Ich habe zwar schon viel Geld investiert, aber das ist auch für mich zu viel.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass Niantic seine Hausaufgaben gemacht hat und Pokémon GO regelmäßig um neue Inhalte und Features erweitert, die den Spieler bei Laune halten sollen. Auch wenn ich hin und wieder mal mehr oder weniger lange Pausen einlege, kehre ich doch immer wieder zu der App zurück und sei es auch nur, um das Pokémon GO Plus auf dem Weg zur Arbeit anzumachen. Rückblickend muss ich sagen, dass ich vermutlich schon weiter im Level wäre, wenn man einige Features bereits zu Beginn implementiert hätte. Viele glauben, dass Pokémon GO nicht mehr gespielt wird, aber die Erfolge geben dem Spiel recht und so kann ich nur noch müde über die Frage lächeln, ob Pokémon GO überhaupt noch gespielt werde…
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