Ungeeignet für Videospiele? - Kolumne Spezial

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Ich spiele für mein Leben gern. Ich liebe die Herausforderung, das Messen mit anderen und allgemein das Gefühl in einer fremden Welt zu versinken. Und das alles ohne auch nur mit einem einzigen Sonnenstrahl in Berührung zu kommen.
Jedoch habe ich manchmal das Gefühl, jemand dort oben hat etwas dagegen. Ich beherberge so einige Wesenszüge, die nicht im Einklang mit meinem Hobby stehen.

Ich habe keine Geduld
Jeder, der schon einmal Splinter Cell gespielt hat, wird mir zustimmen, dass Ungeduld tödlich sein kann. Ich finde: jede Sekunde nutzloses Herumstehen auf einem Fleck ist eine vergeudete Sekunde. Ihr könnt euch sicher denken dass ich es hasse auf den Bus zu warten. Warten allgemein ist ein Gräuel. Es kennt bestimmt jeder die Situation, während eines Endgegnerkampfes in einem RPG draufgegangen zu sein, um nach dem Laden des Spielstandes die komplette Zwischensequenz vor dem Kampf noch einmal ansehen zu dürfen. Es gab so einige Spiele, bei denen ich während des dritten Ablaufes dieser Sequenz mal schnell eine Pizza gegessen habe, nur um dann festzustellen dass ich noch Zeit für eine zweite hätte. Und bei der hätte ich sogar noch den Teig selbst kneten können.
Ich hasse es ebenso, den selben Spielabschnitt immer und immer wieder zu absolvieren, weil mein virtuelles Alter Ego kurz vor dem rettenden Speicherpunkt abkratzt. Einige dieser Stellen kann ich immer noch im Schlaf spielen. Das hilft mir allerdings nicht weiter, denn das Ableben läuft ebenso automatisiert ab.

Ich kann nicht verlieren
Ich spiele gerne mit Freunden. Solange ich gewinne.
Es ist nicht rational zu erklären, doch ich muss immer der Erste, der Beste sein. Zumindest beim Schwitzen bin ich das, dank der Dauer-Anspannung, unter der ich stehe. Ich knurre vor mich hin, wenn ich kurz vor Rennende noch von einem Flügelpanzer getroffen werde, oder brülle laut Flüche in Richtung des Fernsehers, wenn irgendein anderer Spieler zwei Sekunden vor Schluss noch ein Tor schießt. Zum Glück kann man viele Multiplayer-Spiele mittlerweile online spielen, so kriegen nur ich und meine Nachbarn etwas davon mit.
So sind einige Controller im Laufe meines Zockerlebens zu Bruch gegangen, und sei es nur, weil die Batterien leer waren. Schuld sind natürlich immer die anderen: die künstliche Intelligenz, die Entwickler, der Sch**ßkerl auf der anderen Seite der Internetleitung oder das blöde Leveldesign. Wer gräbt denn bitte schön genau dort ein Loch??? Was mich zu folgendem Grund bringt:

Ich hinterfrage
So ziemlich alles. Nehmen wir mal an, ich wäre ein oberböser Bösewicht, habe enorme Kräfte, und will die Herrschaft in dem Land, das ich mir gerade unter den Nagel gerissen habe, auch behalten. Und jetzt höre ich von einem Teenager, der große Sprüche klopft, und dabei ist an meinem Thron zu sägen. Ich würde hingehen und ihn zu einem Häufchen Asche verbrennen, ihm den Kopf abschlagen während er schläft oder ihm ein paar vergiftete Rubine in den Weg legen. Schon wäre das Problem gelöst. Doch nicht so in einem Videospiel. Warum bitte werden nach und nach die Lakaien verheizt, natürlich schön säuberlich der Reihe nach? Wenn der Obermotz weiß, dass er mit Hilfe dreier Steinchen besiegt werden kann, warum lässt er diese von inkompetenten Viechern bewachen, die noch dazu eine offensichtliche Schwachstelle haben?
Warum eigentlich hat Bowser sich bewegende Plattformen in seinem Schloss? Ich stelle mir das ziemlich unbequem vor, wenn man mal nachts pinkeln muss.

Ich habe kein Glück
Sehen wirs doch mal so, wie es ist. Ich bin ein vom Pech verfolgter Pechvogel. Ich bin so was wie Donald Duck im echten Leben. Nur dass es mir schlimmer ergeht. Der Erpel hat immerhin eine Freundin.
Ich werde garantiert von einer falsch geworfenen Granate erwischt, bekomme nur Bananenschalen und falle in das noch so kleinste Loch. Selbst wenn man denken würde, da passt der Charakter doch gar nicht durch. Doch in diesem Moment werden die Gesetze der Dichte der Masse ad absurdum geführt; die Spielfigur schrumpft zur kleinsten Anzahl an Pixeln zusammen, während sich das Loch um die selbe Menge vergrößert.
Das ist die einzige Erklärung, die ich mir eingestehe.

Ich bin nicht schlecht
Wer es bis hierher geschafft hat, wird sicherlich Mitleid mit mir haben. Doch ich kann dem Ganzen noch ein Sahnehäubchen aufsetzen. Denn auch wenn ich keine Geduld und kein Glück habe, so bin ich doch trotzdem GUT. Sehr gut sogar; ich würde mich sogar erdreisten zu behaupten, ich bin außerordentlich gut. Nur tue ich das nicht.
Und genau das ist ja das Schlimme: Ich weiß, dass ich es schaffen kann. Durch unglückliche Zufälle, egal warum, von wo oder wie auch immer, wird es mir jedoch entweder unmöglich gemacht oder zumindest deutlich erschwert, mein Ziel zu erreichen. Hierzu findet sich eine passende Parallele zum realen Leben, das ich hauptberuflich führe. Ich kann mir sicher sein, dass genau in dem Moment ein Auto die Straße entlang fährt, wenn ich hinüber will. Oder ein Lastwagenkonvoi.

Fazit:
Vielleicht sollte ich das Videospielen an sich aufgeben. Doch das wäre sehr schwer. Nach wahrscheinlich 2 Tagen würde mein linker Daumen unkontrolliert in der Luft herumwedeln, und mein rechtes Handgelenk würde es ihm gleichtun. Der Begriff Däumchen drehen würde eine ganz neue Bedeutung bekommen. Zusätzlich wäre ich sicherlich unerträglich. Es gibt ja nichts mehr, an dem ich meine Aggressionen auslassen kann. Obwohl ich diese ohne Videospiele eventuell gar nicht hätte.
Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als mich tagtäglich damit abzufinden, dass ich etwas tue, für das ich im Grunde gar nicht geschaffen bin. George W. Bush schafft das ja auch.

Ein kleiner Hinweis:
Das meiste hier Gelesene ist eine in allen Maßen übertriebene Übertreibung. Ich will und kann nicht verleugnen, dass die aufgeführten Punkte im Grunde auf mich zutreffen. Doch in wie weit sie das tun, soll bitte jeder für sich selbst entscheiden. Und da nur eine geringe Anzahl je in den Genuss kommen werden, mit mir zu zocken bzw. mir beim Spielen zusehen zu können, bleiben die Meisten in dieser Hinsicht unwissend. Und das ist mir auch ganz Recht so ;)

Autor: Pascal Hartmann

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