Nintendo Direct: Mario und Zelda überraschen, Fire Emblem lässt Zweifel aufkommen Kommentar
Geschrieben von Daniel Kania am 15.02.2019
Eine lange Durststrecke von etwa fünf Monaten mussten Nintendo-Fans ertragen, bis sich der Konzern aus Kyoto schließlich doch erbarmt und eine neue Nintendo Direct-Präsentation veranstaltet hat. Auf eine groß angelegte Aktion hat man zu Beginn des Jahres verzichtet, nicht einmal eine „Mini“-Ausgabe wurde den hungrigen Zockern spendiert. Stattdessen aber eine Indie-Show, welche für viele zwar als Dessert, nicht aber als Hauptspeise durchgeht. Entsprechend schwierig war es vorauszusagen, mit welcher Intensität Nintendo in das neue Gaming-Jahr starten würde. Das letztendliche Line-up an vorgestellter Software kann sich aber durchaus sehen lassen.
Zu Beginn und zum Ende der Präsentation zeigte Nintendo seine beiden Hochkaräter des Abends. Eingeleitet wurde die Show von bekannten Szenen. Im Super Mario World-Stil hüpft unser Super-Klempner bei ikonischer Retro-Musik durch das Level eines Freigeistes. Überall sind Haufen an Gegnern wie stacheligen Panzern hingekleistert worden. Kein Wunder also, dass Mario schnell die Radieschen von unten sieht. Im Handumdrehen befinden wir uns aber auch schon im Baumodus und ändern das Terrain in eine schöne Schräge, die Mario hinunterrutschen kann. Spätestens hier wird auch den weniger hellen Kerzen auf der Torte gedämmert haben, dass es sich um den gefeierten Super Mario Maker handelt – und nicht bloß um irgendeinen, sondern um den zweiten.
Schrägen. Schrägen! Nintendo hat es wirklich getan. Und wie es sich gehört, bewirbt man diese Neuerung direkt als erstes und ganz ausführlich zu Beginn des Trailers.
Einerseits erwartet man es, andererseits kommt es doch überraschend, wenn Nintendo tatsächlich einmal auf die Fans hört. Als der Wii U-Titel Super Mario Maker im Herbst 2015 erschienen ist, wurde er schnell zum globalen Phänomen. Der Gedanke, seine eigenen Mario-Level basteln zu können, ist schon herrlich genug. Die vielen kreativen Einfälle von Spielern weltweit erleben zu dürfen, ist aber mindestens genauso klasse. Leider erreichte der Baukasten nur einen geringen Teil aller Nintendo-Fans. Nicht jeder ist auf den Wii U-Zug aufgesprungen, für viele hat es genügt, das Spektakel auf YouTube oder Twitch einfach mit anzusehen. Immerhin sorgte das Spiel auch für einen starken Zusammenhalt der Community: man tauschte sich aus, man spielte zusammen, YouTuber und Livestreamer machten das Spielen von Leveln ihrer Fans zu eigenen Formaten und Projekten. Der Hype war groß.
Doch Super Mario Maker hatte seine Limits. Nintendo half mit ein paar Ergänzungen hier und da nach, alles in allem war für einige Spieler aber nach einigen Stunden des kreativen Tüftelns erst einmal die Puste aus. Die Beschwerden lagen auf der Hand. Zu wenig Abwechslung bei den verfügbaren Level-Themen, man wollte mehr Auswahl bei Objekten, Gegnern und Items, man wollte einzigartigere, elegantere Level bauen – mit Schrägen! Es ist einfach nur herzerwärmend, dass Nintendo all diesen Rufen nachgekommen ist. Super Mario Maker 2 kommt nicht nur mit einer Überraschungstüte voller genialer Einfälle und Möglichkeiten daher, das Spiel ist auch gar nicht einmal so weit entfernt. In schon vier Monaten setzen wir wieder den Baumeisterhelm auf und kleben Block an Block. Nach dem Erscheinen von New Super Mario Bros. U Deluxe auf der Nintendo Switch vor gerade erst einem Monat hat sicherlich keiner damit gerechnet, dass wir uns so bald schon in ein gänzlich neues 2D-Mario-Spiel stürzen. Ich kann mich nicht glücklicher schätzen.
Nachdem alles gesagt und gezeigt wurde, verlangte Herr Koizumi, der uns durch die Nintendo Direct-Präsentation geführt hat, ein letztes Mal unsere Aufmerksamkeit. Vor Beendigung der 35-minütigen, vollgepackten Ausgabe möchte man uns noch eine finale Ankündigung zeigen. Wir sehen Wasser, es ist eine stürmische Nacht auf hoher See. Im schicken Anime-Stil präsentieren sich tosende Wellen, inmitten ihnen ein kleines Holzboot, welches sich den Gewalten der Natur ausgesetzt sieht. Kenner werden dieses Szenario bereits bei Sichtung des Bootes erkannt haben, allen anderen wird aber beim Betrachten des Bootsinsassen ein Licht aufgegangen sein. Niemand Geringeres als Link versucht durch das weite Blau zu schippern. Im nächsten Moment schlägt der Blitz ein. War es das mit unserem Helden?
Nintendo ist ein wahrer Meister, wenn es darauf ankommt, seine großen Hits zu präsentieren. Animierte Sequenzen wie diese, die wir hier gesehen haben, kamen noch bei keinem The Legend of Zelda-Titel zum Einsatz, passen aber ungemein gut zum Stil der früheren Zelda-Spiele. Zumindest dann, wenn man sich einmal ansieht, wie man sich Link damals in Form von Artworks vorgestellt hat. Nach dieser Neuinterpretation der Opening-Sequenz werden wir auch schon vom wunderschönen „Key Art“ des neuen, alten Titels begrüßt. Imposant zeigt sich die Insel Cocolint, welche als Schauplatz des Abenteuers The Legend of Zelda: Link's Awakening dient. Schon kurz darauf bestätigt uns das Logo der neuen Spieleversion für die Nintendo Switch, dass man dem Originaltitel treu bleibt und das Remake des 26 Jahre alten Game Boy-Spiels auf denselben Namen hört.
Nachdem Spieler diesen „Schock“ verkraftet haben, schlägt das Zelda-Team gleich noch einmal zu. Link's Awakening zeigt sich wie kein Zelda-Spiel zuvor. Zwar könnte man sagen, der Stil sei eine Weiterentwicklung der Optik, wie man sie aus den beiden Nintendo 3DS-Teilen The Legend of Zelda: A Link Between Worlds und The Legend of Zelda: Tri Force Heroes kennt, jedoch würde man damit der Raffinesse des Designteams von diesem Remake nicht genug tun. Die Welt und Charaktere sehen fast so aus, als wären sie aus Plastik, wie kleine Figürchen, die in der Vorstellung eines Kindes zum Leben erweckt werden. Zuerst wusste ich nicht so recht, was ich davon halten sollte, mittlerweile bin ich aber hellauf begeistert. Selbst Link's Awakening-Kennern scheint es zu imponieren.
Während wir auf die Veröffentlichung des wiedererweckten Abenteuers irgendwann später in diesem Jahr warten, kann man ein wenig darüber grübeln, welche Änderungen das Zelda-Team rund um Eiji Aonuma vorgenommen hat. Wird man versuchen, die durch Breath of the Wild etablierte „Open Air“-Formel zu implementieren, oder geht es eher traditionell zur Sache? Darf man sich auf irgendwelche neue Inhalte einstellen, wie es einst bei der DX-Version des Spiels der Fall gewesen ist? Machte man sich vielleicht die Mühe, weitere animierte Sequenzen in den Spielverlauf zu integrieren? Fragen, auf die wir womöglich bis zur E3 in Los Angeles keine Antworten finden werden. Die Gewissheit, noch in diesem Jahr ein neues The Legend of Zelda-Spiel auf der Nintendo Switch zocken zu können, sorgt aber gewiss für große Vorfreude.
Das erste Mal, als wir von offizieller Seite davon hörten, dass sich ein neuer Fire Emblem-Ableger für die Nintendo Switch in Entwicklung befindet, liegt nun bereits über zwei Jahre zurück. Im Januar 2017 bestätigte Nintendo, dass man zusammen mit Intelligent Systems hart daran arbeitet, die jüngst aufgestiegene Strategie-RPG-Marke auf sein neues Zugpferd zu bringen. 2018 sollte es erscheinen, doch daraus wurde bekanntlich nichts. Die Wochen und Monate vergingen und nie gab man auch nur einen Mucks von sich, was das Spiel angeht. Zur E3 2018 stand dann fest, dass sich Fans bis Frühling 2019 gedulden müssen. Immerhin einen Trailer gab es und der konnte ordentlich Eindruck hinterlassen. Aufwendig animierte Sequenzen, überzeugend synchronisierte Spielefiguren, ein Song, der äußerst moderne Züge aufweist. Die Zeichen standen gut.
Das ist Sothis, ein mysteriöses Mädchen, welches dem Protagonisten erscheint. Es ist die gleiche junge Dame, welche wir am Ende des ersten Trailers schlafen sahen. Da musste sie bis jetzt aber lange schlafen!
Seit der frisch erschienenen Präsentation des Spiels sind wir endlich im Klaren. Fans sollten sich den 26. Juli rot im Kalender markieren, dann nämlich erscheint Fire Emblem: Three Houses endlich. Eine Limited Edition mit einigen netten Extras gibt es obendrauf. Was man von der aktuellen Vorschau zum Spiel aber besonders mitnehmen sollte, sind die vielen, neu vorgestellten Änderungen, welche Gameplay und Spielablauf betreffen.
Der Spieler übernimmt die Rolle eines Lehrers an einem Kloster im Zentrum des Kontinents von Fódlan. Angrenzend befinden sich die drei Länder, welche den Kontinent regieren. Junge Leute aus ganz Fódlan versammeln sich im Kloster, um ihre Fähigkeiten zu verbessern. Ob der Umgang mit Magie oder das Reiten eines Pegasus, wenn es hart auf hart kommt, muss sich die junge Generation gegen Banditen und Invasoren verteidigen können. Als Lehrer für Kriegsführung sollte der Spieler sich am besten damit auskennen, welche Kampfstile erstrebenswert sind und mit welcher Strategie sich die Frischlinge aufs Schlachtfeld stürzen.
Schon Fire Emblem: Awakening spielte mit der Idee, dem Spieler eine passende Rolle für seine Funktion zu geben. Er sollte nicht nur Lord sein, nicht nur irgendein Held, irgendein Auserwählter von blauem Blut, sondern allen voran ein kluger Stratege. Fire Emblem: Three Houses scheint dieses Konzept deutlich tiefgreifender und authentischer umsetzen zu wollen. Nicht nur spielt man den Lehrer, man ist auch wirklich einer. Fähigkeiten werden durch Hausaufgaben und Gruppenarbeit verbessert, wenn eine Person die Klasse wechseln möchte, muss sie die Voraussetzungen dafür mitbringen und einen Test bestehen. Intelligent Systems hat alles darauf gesetzt, das Schulleben möglichst glaubwürdig zu gestalten – und das scheint thematisch und visuell gut zu gelingen.
Es darf aber bezweifelt werden, wie vielen Personen ein solcher „Stilbruch“ zusagt. Noch ist es zu früh, ein endgültiges Urteil abzugeben, aber basierend allein auf dieser Präsentation hat man das Spiel in kein allzu gutes Licht gerückt. Systeme und Funktionen wirken überladen, von der spannenden Geschichte, auf die man noch während der E3 2018 getippt hat, ist hier noch nicht viel zu sehen gewesen. Später erfuhr man, dass auch Entwicklerstudio Koei Tecmo am Titel mithilft, was manche bereits an den matschigen Umgebungen erkannt haben wollen. Autsch! Für meinen Geschmack hat man uns schlichtweg zu wenig echtes Gameplay gezeigt. Während Fire Emblem Fates große Mühe darin investierte, die Gameplay-Formel zu verfeinern und zuvor eingeführte Spielsysteme zu verbessern, sehen wir bei Fire Emblem: Three Houses nur kleine Anzeichen. Einfach gesagt: Man hat hier zu wenig „Spiel“ und zu viel Drumherum beworben. Nach einer solch langen Warterei erwartet man mehr als das.
Es stellt sich auch die Frage, wer von dieser Präsentation überzeugt werden sollte. Die neu hinzugekommenen Fans werden sich das Spiel allein durch das neu entfachte Interesse einmal genauer ansehen. Langjährige Fans interessieren sich für das Kern-Gameplay und die Geschichte – beides nur marginal thematisiert. Und was ist mit den Nicht-Fans? Wenn man minutenlang nur über „umbenannte“ Spielefunktionen spricht, die Werbetrommel rührt, aber nichts großartig Neues oder Spannendes zeigt, dann hat man da nichts zu gewinnen. Es ist fraglich, wie viele Spieler man mit dem neuen Teil ansprechen wird.
Rückt man die gesunde Skepsis beiseite, lässt sich zumindest positiv vermerken, dass Nintendo nicht den Weg von Fire Emblem Fates eingeschlagen hat und mehrere Spieleversion anbietet. Zumindest nicht nach aktuellem Stand. Im Spiel selbst wird zwar wieder einmal eine große Entscheidung getroffen, diese ist aber nicht vom Kauf einer bestimmten Spieleversion beeinflusst. Stattdessen ... ja, was genau? Auch hier lässt man uns im Dunkeln tappen. Wir wissen nichts über das Ausmaß der Konsequenzen, welche die Wahl des Hauses im Spiel mit sich bringt. Hier bleibt nur zu hoffen, dass eine zukünftige Vorstellung für mehr Auskunft sorgt. Diese Informationen ist man den Fans wahrlich schuldig.
Abseits der drei großen First-Party-Ankündigungen bot die Nintendo Direct-Präsentation eine Vielzahl an interessanten Titeln, welche sehr bald für die Nintendo Switch erscheinen werden. Für Freude sorgen konnte dabei unter anderem die Ankündigung von BOXBOY! + BOXGIRL!, dem vierten Teil der Puzzle-Platformer-Reihe von Nintendo-Partner HAL Laboratory. Koop-Modus, an die 270 Level, neue Fähigkeiten und Puzzle-Lösungen. Es gibt alles, was man sich als BOXBOY!-Fan wünschen kann. Endlich wird der Nintendo eShop auch einmal wieder mit einem Spiel gesegnet, das nicht das x-te Indie-Spiel ist. Damit kann man punkten.
Überraschend waren die vielen Sofort-Veröffentlichungen. Final Fantasy IX etwa oder Demo-Versionen zu zwei kommenden großen Titeln. Zum einen Yoshi's Crafted World, zum anderen Daemon X Machina. Es ist selten, dass Nintendo uns einfach so vorab die Möglichkeit gibt, größere Spiele anzutesten, also sind solche Demos immer gerne gesehen. Wie man über die Spiele selbst urteilt, fällt ziemlich individuell aus. Durch die Yoshi-Demo konnte ich mir zumindest ein weitaus klareres Bild vom Spiel machen. Ob ich es kaufe? Schwierig. Es steht noch auf der Kippe, sagen wir es so.
Einen deutlich cooleren Eindruck macht Tetris 99. Dieses kleine Spiel wurde aus dem Nichts als exklusiver Download für Nintendo Switch Online-Abonnenten angekündigt und ist praktisch eine Battle Royale-Version des legendären Geschicklichkeitsspiels. Zuvor kam es mir gar nicht in den Sinn, Spiele exklusiv an den Nintendo Switch Online-Service zu binden. Nun frage ich mich, wieso Nintendo da nicht schon früher drauf gekommen ist. Tetris 99 macht teuflisch viel Spaß, von solchen kleinen Überraschungen sehe ich gerne mehr in der Zukunft.
Abschließend dann noch ein paar Worte zu Astral Chain, dem neuen Action-Spiel von PlatinumGames. Wenn ich das Spiel mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es „cool“. Diese Produktion strahlt von A bis Z eine solche Coolness aus. Das fängt beim düsteren Sci-Fi-Setting an und hört beim actiongeladenen Kampfsystem auf. Für lange Zeit war ich der Annahme, hinter diesem futuristischen Abenteuer müsse Monolith Soft stecken, aber nein. Unter den wachenden Augen von Hideki Kamiya wird diese brandneue IP Nintendo Switch-Besitzer schon am 30. August beglücken. Verdammt bald, wenn man bedenkt, dass wir zuvor auch nicht die geringste Ahnung von diesem Projekt hatten. Ich denke, da kann etwas ziemlich Spannendes auf uns zukommen.