Nintendo und die DLCs Kommentar
Geschrieben von Florian McHugh am 27.10.2019
DLC – Downloadable content. Es gibt nur wenig Begriffe, die in unserer heutigen Videospiel-Szene so viele gemischte Reaktionen hervorrufen. War die Thematik eine lange Zeit nur für PC Spieler von Relevanz, schlichen sich die bezahlbaren Zusatzinhalte Stück für Stück auf die Konsolen von Microsoft und Sony – aber Nintendo? Der japanische Konzern würde niemals auf diesen Zug aufspringen, dessen war man sich damals noch absolut sicher. Heute wissen wir es besser und es werden für die verschiedensten Spiele Zusatzinhalte in Form von einzelnen DLCs oder Season Passes angeboten, die mal mehr, mal weniger gut bei der Spielerschaft ankommen. Im Folgenden möchte ich ein wenig auf die Geschichte des Downloadable content an sich eingehen, ehe wir einen Schwenk zu Nintendo wagen und die Situation von „damals“ bis heute betrachten. Bitte bedenkt, dass es sich hierbei auch um meine subjektive Sicht der Dinge handelt und ich natürlich keinen Anspruch auf die absolute Wahrheit erhebe.
Wo genau die Ursprünge der käuflichen Zusatzinhalte liegen, kann man heute gar nicht so genau sagen und um dieser Frage an sich nachzugehen, muss erst einmal der Sachverhalt geklärt werden, was wir unter einem DLC verstehen. Fassen wir das Thema möglichst grob und inkludieren jegliche herunterladbare Zusätze oder beginnen wir an dem Punkt, an dem für Extrainhalte Geld gezahlt werden musste?
Zumindest auf dem PC müssen wir gar nicht so weit zurückreisen, wenn es um die Jahreszahlen geht. Nach meiner bisherigen Recherche war der allererste Inhalt, den man umsonst aus dem Internet herunterladen konnte, das sogenannte „Unit Pack“ für das Spiel „Total Annihilation“, ein Echtzeit-Strategiespiel von 1997. Ein Jahr später durfte man zum allerersten Mal für das „Cuss Pack“ des Spiels „Redneck Rampage“ bezahlen. Doch was ist dann mit den sogenannten Expansion Packs oder Erweiterungen bzw. Add-Ons, wie sie hierzulande genannt wurden, die man zwar auch im Handel kaufen konnte, die Spiele aber nachträglich um neue Inhalte erweiterten ganz so wie es heute unsere DLCs tun? Hier können wir noch weiter zurück gehen, nämlich ins Jahr 1989 als die Erweiterung „The Promised Lands“ für den Aufbauspiele-Klassiker Popolus erschien.
Ihr seht also, selbst eine so vermeintlich einfache Frage, wie die nach dem Ursprung einer Geschäftspraktik, lässt sich nicht so einfach beantworten. Doch um eine klare Linie zu ziehen, möchte ich mich tatsächlich auf die bezahlbaren Zusatzinhalte beschränken, die aus dem Internet bezogen werden müssen. Der Siegeszug der kaufbaren Extras begann zweifelsohne mit den digitalen Vertriebsplattformen wie z.B. Steam. War es früher noch undenkbar, dass man sich ein Spiel ausschließlich in digitaler Form kaufen würde, schreiten die physischen Medien heutzutage mehr und mehr auf ihre Bedeutungslosigkeit zu. Der Einzelhandel muss Umsatzeinbußen hinnehmen und die Zeiten von großen Spieleboxen, die in den heimischen Regalen stehen, sind langsam aber sicher vorbei, sofern man kein Sammler ist.
In dieser Zeit etablierten sich immer mehr Zusatzinhalte, die jedoch noch größtenteils umsonst waren und von den Entwicklern in ihre Spiele gepatcht wurden. Der erste große Aufschrei in Sachen bezahlbarer Inhalte, an den ich mich aktiv erinnern kann und der auch traurige Berühmtheit erlangte, war ein DLC zum Spiel The Elder Scrolls: Oblivion aus dem Hause Bethesda und Vorgänger des heute sehr beliebten Skyrims. Während alle bisherigen Elder Scrolls-Teile ihre gängigen Erweiterungen erhielten, die das Hauptspiel um neue Inhalte ergänzten, wollte Bethesda mit Oblivion einen zusätzlichen Pfad einschlagen, um mit den eigenen Spielen an frisches Geld zu kommen. Und so passierte es, dass am 03.04.2006 ein DLC in Form einer Pferderüstung zu einem Preis von 2,50 $ veröffentlicht wurde. Dieses schmucke Rüstungsteil hatte jedoch einen ganz großen Haken: Es handelte sich hier um ein rein kosmetisches Item, das keinerlei spielerischen Nutzen hatte. Was heute in Spielen wie Fortnite, Overwatch oder diversen anderen Konkurrenzprodukten völlig normal ist, hat damals einen förmlichen Shitstorm ausgelöst. Die Fans liefen Sturm gegen Bethesda und der Publisher durfte sich einiges an negativer Presse gefallen lassen, was ebenfalls ein Novum war. Der Rest ist Geschichte und wir wissen, dass die schlechte PR dem Thema DLC nachhaltig nicht geschadet hat. Heute sind Spiele, für die es keine DLCs gibt, eher die Ausnahme als die Regel und die „Causa Pferderüstung“ hat damals etwas bewiesen, was auch heute noch gilt: Es gibt sinnvolle und weniger sinnvolle DLCs.
Doch bevor wir uns nun den Zusatzinhalten auf den Nintendo-Konsolen widmen, muss eine weitere Frage geklärt werden: Was sind denn nun sinnvolle und was sind schlechte DLCs? Hier wird man keine einheitliche Antwort finden, denn die Antwort ist von sehr subjektiver Natur. Für die einen ist ein DLC erst dann gelungen, wenn er das Spiel nach hinten heraus erweitert und zum Beispiel eine weitere Kampagne anbietet oder auf Handlungsstränge eingeht, die nach der eigentlichen Story spielen. Anderen wiederum reicht es, wenn das eigentliche Hauptspiel um zusätzliche Items oder einzelne Quests ergänzt oder ein zusätzlicher Schwierigkeitsgrad oder ein neuer Charakter hinzugefügt wird. Zu guter Letzt gibt es auch noch die Sorte Spieler, die mit einem DLC glücklich sind, der dem Protagonisten mehr Anpassungsmöglichkeiten verleiht, zum Beispiel in Form neuer Outfits oder Accessoires. Die Antwort auf diese Frage richtet sich dabei auch ein wenig nach dem Genre. Während viele Spieler von einem Rollenspiel-DLC einen deutlich größeren Umfang erwarten, sind Fans von Prügelspielen schon froh, wenn sie einen neuen Charakter bekommen, mit dem sie sich in den Kampf stürzen können. Die Pferderüstung wurde damals von einem Gorßteil der Spielerschaft als absolutes No-Go empfunden, ein paar Jahre später war es aber zum Beispiel vollkommen in Ordnung, für einen neuen Charakter Geld zu bezahlen.
In einer Hinsicht sind sich aber die meisten Spieler einig: Ein schlechter DLC liegt dann vor, wenn man das Gefühl nicht loswird, dass ein bereits bestehender Inhalt aus dem Hauptspiel herausgeschnitten wurde, nur um diesen dann extra zu verkaufen. Ein solches Beispiel findet sich auch hier wieder bei einem beliebten Rollenspiel-Hit. 2009 erschien das Dark-Fantasy RPG „Dragon Age Origins“, welches auch von Anfang an Mikrotransaktionen bzw. DLCs anbot. Ein solcher erwerbbarer Inhalt war der Golem Shale, den Vorbesteller des Spiels als Bonus geschenkt bekamen. Alle anderen hatten die Möglichkeit, den Charakter nachträglich gegen eine kleine Summe zu erwerben. Was den Fans jedoch ganz besonders bitter aufstieß, war die Tatsache, dass Shale anscheinend bereits komplett im Hauptspiel integriert war und man den Charakter und seine Dialoge und Quests absichtlich als bezahlbaren Content anbieten wollte. Der Entwickler BioWare begründete diese Vorgehensweise damals noch damit, dass man den Vorbestellern einen exklusiven Bonus gewähren wollte, doch der Schaden war bereits geschehen – von nun an herrschte bei vielen Spielen aus der Spieleschmiede BioWare eine grundlegende Skepsis, ob die DLCs tatsächlich erst nachträglich entwickelt wurden oder ob man nicht einfach Inhalte aus dem fertigen Spiel entfernt hatte und dann als gesonderten Download anbot. Gelernt hat BioWare übrigens nicht aus der Sache: Zum Release von Mass Effect 3 wiederholte sich das Spiel von Neuem und ein Begleiter, der für die Haupthandlung relativ wichtig war, wurde aus dem Spiel herausgetrennt und umsonst für Vorbesteller angeboten, alle anderen wurden zur Kasse gebeten.
Solche Negativbeispiele haben letztendlich ihren ganz eigenen Rattenschwanz hinter sich hergezogen: Das Misstrauen gegenüber dem Thema DLC wuchs immer mehr und selbst heute wird von Seiten der Spielerschaft gerne einmal der Vorwurf laut, dass manche sogenannte Day-One DLCs aus dem bereits fertigen Hauptspiel entnommen wären. Das Problem daran ist jedoch, dass diese Wahrnehmung oftmals rein subjektiver Natur und völlig unbegründet ist. Es entwickelte sich in manchen Kreisen eine wahre Verschwörer-Mentalität, bei der hinter jedem käuflichen Zusatzinhalt ein Betrug am Spieler gewittert wurde. Letztendlich haben die Erfahrungen der letzten Jahre dafür gesorgt, dass der Begriff „DLC“ oft mit einem faden Beigeschmack daherkommt und nicht immer für rein positive Reaktionen sorgt.
Nun haben wir uns allerdings genug mit der Thematik an sich beschäftigt und wollen den Blick auf Nintendo richten. Denn die Titel des Konzerns aus Kyoto haben sich lange dem Trend rund um die DLCs erwehrt, so scheint es jedenfalls. Wirft man jedoch einen ganz nüchternen Blick in die Vergangenheit, so lässt sich der allererste Bezahlinhalt auf einer Nintendo-Konsole bereits im Jahre 2012 finden. Im März wurde nämlich für die japanische Version von „Fire Emblem“ auf dem Nintendo 3DS ein DLC angeboten, der das Spiel um weitere Zusatzinhalte ergänzte. Doch selbst, wenn wir dieses Beispiel als einen der ersten wenigen Versuche ansehen, mit bezahlbaren Inhalten zu experimentieren, folgten kurze Zeit später weitere Titel, diesmal auch im Westen, diesem Beispiel. So veröffentlichte Nintendo u.a für „New Super Mario Bros 2“ zwischen Oktober und Dezember 2012 mehrere DLCs, die das Spiel um mehrere Inhalte, wie z.B neue Level, Herausforderungen oder auch Items, die den Spielfluss erleichtern sollten, erweiterte. Jedes dieser Packs schlug damals mit 2,50 € zu Buche und stellte eine mehr oder weniger sinnvolle Erweiterung des eigentlichen Spiels dar. Gleiches galt für den Titel „Fire Emblem Awakening“, das auch DLC-Pakete anbot, die neue Charaktere, Karten, Waffen und Weiteres beinhalteten.
Mittlerweile ist Nintendo vollends auf den DLC-Zug aufgesprungen und kann dabei auf gute wie auch schlechte Erweiterungen und Zusatzinhalte zurückblicken. Ich persönlich bemerkte diesen Umstand erst mit Mario Kart 8 und den zusätzlichen Strecken und Fahrern – allen voran der damals recht dreiste Marketing-DLC mit und um Mercedes. Doch wie schlägt sich Nintendo mit seinen Zusatzinhalten? Haben wir es hier, wie im Falle BioWare oder Bethesda, mit DLCs zu tun, die im Preis-Leistungsverhältnis einfach nicht überzeugen können oder hat Nintendo sein Augenmerk doch mehr auf die Qualität der zusätzlichen Spielinhalte gelegt? Die Antwort auf diese Frage ist, wie so oft im Leben, nicht so eindeutig zu beantworten, denn besagte Qualität schwankt teilweise enorm. Meiner Meinung nach kann man bei den DLCs des kyotoer Konzerns zwischen folgenden Inhalten unterscheiden:
Neben lauter kleiner Ergänzungen bekam auch Mario + Rabbids Kingdom Battle einen zusätzlichen Handlungsstrang spendiert. © Ubisoft
Bezahlbare Zusatzinhalte, welche dem Spiel einen komplett neuen Fokus geben und bisher nicht veröffentlichten Inhalt hinzufügen. Als Beispiele wären hier Xenoblade Chronicles 2: Torna ~ The Golden Country, Splatoon 2: Octo Expansion oder Die Zelda Breath of the Wild Erweiterung „Die Ballade der Recken“ zu nennen. Hier wurde neben der eigentlichen Haupthandlung weitere Arbeit in neue Geschichten und Charaktere gesteckt, die den Spielspaß noch einmal erweitern.
Inhalte, die die eigentliche Kampagne oder Haupthandlung erweitern und ergänzen, indem sie vielleicht vereinzelt neue Quests einfügen, neue Herausforderungen, Gegenstände und Charaktere implementieren, ohne jedoch das eigentliche Spiel in seiner Gänze zu erweitern. Als Beispiele lassen sich hier die „Prüfung des Schwertes“ aus Breath of the Wild, der Erweiterungspass für Firem Emblem: Three Houses oder Mario + Rabids Kingdom Battle nennen.
Zu guter Letzt folgen die DLCs, die den Fokus einzig und allein auf neue Strecken oder Charaktere aus Rennspielen oder Brawler setzen, wie zum Beispiel die Season Passes von Super Smash Bros. oder Mario Kart 8 (bzw. Mario Kart 8 Deluxe, wo die Zusatzinhalte bereits inklusive waren). Diese habe ich deswegen von der zweiten Kategorie herausgelöst, da sie das Spiel zwar ebenfalls nur um ein paar wenige Inhalte erweitern, damit aber teils die ganze Spiel-Balance verändern und durcheinander bringen können.
Wenn wir uns nun die vorher gestellte Frage bezüglich „guten“ und „schlechten“ DLCs vor Augen führen, kann man sicher sagen, dass Nintendo in diesem Fall zwar oft eine gute aber nicht durchgängig ideale Figur macht. Für mich persönlich kam zumindest niemals das Gefühl auf, dass irgendwelche Inhalte aus einem bereits fertiggestellten Spiel geschnitten worden wären. Auf der anderen Seite kann man auch nicht leugnen, dass Nintendo sich teilweise durchaus bemüht, mit manchen Zusatzinhalten durchaus an schnelles Geld zu kommen. So gab es nicht gerade wenige Fans, die z.B. von den ersten Inhalten des Season Passes von Breath of the Wild eher enttäuscht waren. Der Master-Modus und die neuen Prüfungen des Schwertes waren letztendlich zwar ein Anlass, das Spiel noch einmal zu spielen, doch hatte man sich damals mehr erwartet und sehnte sich deutlich nach storylastigeren Inhalten. Ein weiteres Negativbeispiel nach dem Motto „Mehr vom Gleichen“ waren unter anderem die DLC-Pakete von Fire Emblem Warriors, von denen es drei Stück gab und die allesamt jeweils „nur“ drei Charaktere, neue Kostüme, Karten und Waffen mit sich brachten und dabei mit jeweils 8,99 € zu Buche schlugen.
Ein Beispiel für einen guten Zusatzinhalt auf der Nintendo Switch: Torna ~ The Golden Country. © Nintendo
Dem gegenüber stehen diverse Zusatzinhalte, die zweifelsohne so manches Herz haben höher schlagen lassen. Am häufigsten fiel bei meinen Recherchen die Erweiterung von Xenoblade Chronicles 2: Torna ~ The Golden Country, die zeitgleich auch als Standalone-Version spielbar war und als Vorzeigebeispiel eines guten DLCs gilt – dabei ist es dann umso ärgerlicher, dass die restlichen Zusatzinhalte des Season Passes von XC2 eher in die Kerbe „mehr ist besser“ schlugen und hauptsächlich Items und Nebenhandlungen mit sich brachten. Doch auch die zusätzlichen Strecken und Fahrer aus Mario Kart 8 wurden des Öfteren positiv erwähnt und selbst ein Splatoon 2: Octo Expansion wurde von vielen sehr wohlwollend aufgenommen, da es den Multiplayer-Shooter um eine weitere Singleplayer-Erfahrung und kosmetische Extras erweiterte, ohne dass sich die Besitzer des Basisspiels zu einem Kauf genötigt sahen.
Und dann gibt es eben noch jene DLCs, welche die komplette Balance eines Spieles mehr oder weniger drastisch verändern können – die prominentesten Beispiele hierfür sind wohl die Super Smash Bros. Charaktere, die man im aktuellsten Ableger im Rahmen eines Season Passes erwerben kann. Die Beliebtheit der einzelnen Charaktere und Stages variiert hierbei jedoch extrem. So kann es sein, dass ein neuer Kämpfer das Spiel um einige sinnvolle Elemente erweitern oder – wie zuletzt beim Helden aus Dragon Quest XI geschehen – einen wahren Shitstorm auslösen kann.
Abschließend kann man wohl sagen, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, bis Nintendo die DLC-Mechaniken endgültig für sich entdeckt hat. Und wir können wahrscheinlich froh darüber sein, dass es bisher noch zu keinen Totalausfällen gekommen ist oder dass fertige Inhalte aus Spielen herausgeschnitten und neu verkauft wurden – auch wenn man das natürlich niemals gänzlich ausschließen kann. Zum Schluss würde mich persönlich noch interessieren, wie ihr zum Thema DLC und Season Pass in Nintendo-Spielen steht und was eure persönlichen Highlights und / oder Enttäuschungen waren.