
Film-Kritik: Sonic the Hedgehog
Geschrieben von Martin Graupner am 26.02.2020
Sonic the Hedgehog steht schon seit ich denken kann für die Marke SEGA und hat mich bis zum heutigen Zeitpunkt begleitet. Ich habe bei jedem Spiel Anpassungen, Innovationen und neue Freunde des stacheligen Adrenalinbündels verfolgt. Auch als es über die Jahre eher bergab ging, hoffte ich stets, dass mich die nächste Neuerscheinung positiv überraschen würde. Mit dem neu erschienenen Film ist SEGA ein kurzweiliger Spaß gelungen, an dem sich die gesamte Familie erfreuen kann, was jedoch vermutlich nicht lange in Erinnerung bleibt. Woran das liegt, möchte ich euch in den kommenden Zeilen erklären.
Der Film zu Sonic wurde nicht direkt von SEGA produziert, sondern von Paramount Pictures, was an und für sich erst einmal nichts Schlimmes zu heißen hat. Man merkte jedoch im ersten Trailer schnell, dass hier die Liebe zum Charakter gefehlt hat, denn was auch immer dort präsentiert wurde, es war nicht Sonic. Nach starker Kritik an der Charaktergestaltung von Sonic ruderte Paramount Pictures von der ursprünglichen Veröffentlichung im November 2019 zurück und versprach, sich das Design noch einmal anzuschauen. Wie sich kurze Zeit später herausstellte, hielten sie ihr Wort und präsentierten uns einen Sonic, der dem Original sehr nahekommt.
Die Geschichte des Films ist relativ schnell erzählt: Sonic muss in seinen Kindertagen von zu Hause fliehen, da er mit außergewöhnlichen Kräften geboren wurde und gierige Mächte hinter ihm her sind. Dies gelingt ihm mithilfe von Ringen, die im Film die Funktion von Teleportern innehaben. Mit ihnen beamt er sich auf die Erde, wo er von nun an ungesehen von den Menschen in der Kleinstadt Green Hills aufwächst. Jahre später wird er aufgrund seiner bis dahin schlummernden Kraft Ziel von Doktor Robotnik, welcher ihn als Energiequelle für seine Roboter missbrauchen will. Auf seiner Flucht vor dem Doktor läuft einiges schief, weshalb er seine Tasche mit den Ringen nach einem missglückten Teleportationsversuch verliert und beinahe gefangengenommen wird. Gerettet wird er von dem gutmütigen Polizisten Tom, welcher sich dazu bereit erklärt, Sonic bei der Suche nach den Ringen zu unterstützen. Der Weg dorthin ist jedoch nicht so einfach wie anfangs gedacht und beide erleben das ein oder andere ungewollte Abenteuer.
Wer offen und ohne Erwartungen auf eine typische Welt im Sonic-Stil in den Film geht, wird meines Erachtens sehr positiv überrascht! Auch wenn der Film aufgrund seiner kinderfreundlichen Gestaltung viele Klischees bedient, wartet er immer wieder mit spaßigen Sprüchen, Referenzen und Szenen auf, die hauptsächlich dem erwachsenen Publikum ein Lachen entlocken kann. Mich haben der konstante Fluss an humorvollen Gesprächen und der lineare Fortschritt der Geschichte sehr überrascht. Ich hatte nie das Gefühl, dass eine Szene unnötig in die Länge gezogen wurde, um den Film mit Material auszufüllen. Auch wenn ich hier und da ein Schmunzeln unterdrücken musste (beispielsweise bei einer Tanzeinlage von Dr. Robotnik), so trägt ziemlich jede Handlung zur Hauptgeschichte bei, ohne groß abzuschweifen. Warum das so gut funktioniert, ist meines Erachtens im Verhalten von Sonic begründet, da er sich den ganzen Film über aufführt wie ein Teenager in der Pubertät. Da wir keine genauen Zeitdaten erhalten, wie lange Sonic schon auf der Erde wohnt, können wir davon ausgehen, dass er sich zum Zeitpunkt des Films tatsächlich in seiner Teenager-Phase befindet, was sein Verhalten und seinen Charakter erklären würde.
Die Hauptdarsteller Jim Carrey (Dr. Robotnik) und James Marsden (Tom Wachowski) überzeugen in ihren Rollen als verrückter Wissenschaftler und hilfsbereiter Sheriff auf ganzer Linie. Auch wenn ich der Meinung bin, dass die Rolle des Dr. Robotnik etwas zu überzogen wirkt, so setzt Jim Carrey diese genial um. James Marsden passt ideal in die Rolle des Sheriffs mit dem goldenen Herz, der auch gerne mal handgreiflich wird, falls es sein muss. Auch die Nebendarsteller passen hier super ins Bild und lockern die Situation immer wieder auf! Ich meine, wer kennt nicht die schrullige Schwester, die einem andauernd einreden will, dass man den falschen Mann geheiratet hat und sich endlich scheiden lassen soll?
Ein Kritikpunkt ist einzig der etwas seltsam anmutende Umgang mit der Zeit bzw. der Geschwindigkeit. Wie allen bekannt ist (oder relativ schnell im Film gezeigt wird), ist Sonic mit seinen circa 300 Miles per Hour (ungefähr 483 km/h) der schnellste Igel der Welt. Auch wenn diese Geschwindigkeit beachtlich ist, wirkt es doch etwas seltsam, wenn er quasi die Zeit anhält, um Kugeln auszuweichen oder Unfug bei einer Kneipenschlägerei anzustellen. Mir ist durchaus bewusst, dass dies rein dazu beiträgt, seine Geschwindigkeit hervorzuheben, bei manchen Szenen ist es jedoch etwas zu überzogen.
Optisch ist Sonic the Hedgehog kein Ausreißer. Die Animationen sind auf einem Niveau, das man heutzutage bei einen Animationsfilm voraussetzt und bergen kaum Innovationen oder Wow-Effekte. Nichtsdestotrotz fühlt sich das Gesamtbild nie überzeichnet an und auch Sonic bzw. die Roboter wirken zu keinem Zeitpunkt fehl am Platz. Besonders gut gefallen hat mir die Darstellung von Sonics „Fell“, was sehr detailreich gestaltet wurde und durch seine vereinzelten Stacheln trotzdem den Igel erkennen lässt. Der innovativste Teil der Animationen war der erste Teil des Abspanns, in dem sich Sonic in klassischer 2D-Manier durch die einzelnen Etappen des Films kämpft. Hier bekam ich direkt Lust auf einen Spieleableger des Films, da es einfach zu gut aussah.
Musiktechnisch hat der Film meiner Meinung nach wenig zu bieten. Die Hintergrundmusik ist sehr generisch, hin und wieder wird mal ein bekannter Song aus dem Radio mit eingebunden, da dieser gerade in einer Bar gespielt wird. Auch sonst besteht kaum eine Verbindung zu bekannten Sonic-Themes. Einmal wird kurz die Melodie der Green Hills Zone eingespielt (was sich auf dem Klavier sogar richtig gut anhört), dieser Moment ist aber schnell wieder vorbei. Hier hätte ich mir mehr Referenzen zu Sonic-Leveln gewünscht! Eine enorme Enttäuschung war für mich darüber hinaus der Titelsong des Films. Dieser wurde bereits vor dem offiziellen Filmstart präsentiert und hat mir dort schon nicht gefallen. Im Film selbst wirkte der Song am Ende des Films allerdings noch abschreckender. Ein rockiges Stück von Crash 40, die bisher viele Lieder für Sonic-Spiele eingespielt haben, hätte dem Ganzen noch einen befriedigenden Abschluss eingebracht.
Die Synchronstimmen der Schauspieler und von Sonic geben eine überzeugende Vorstellung ab, mit der man sehr zufrieden sein kann. Vor allem bei Sonic (Ben Schwartz) habe ich meine Bedenken gehabt, da ich kein großer Fan seiner deutschen Stimme (Marc Stachel) in den Spielen bin und diese lieber auf Englisch umstelle. In der deutschen Fassung des Films erhält der blaue Igel die Stimme allerdings von Julien Bam, welche trotz vorangegangener Skepsis hervorragend zu einem heranwachsenden Sonic passt und auch etwas von seiner sonst so prägnanten Spitzfindigkeit mitbringt.
Ich bin mit geringen Erwartungen in den Film gegangen, da mich die erste Umsetzung von Sonic im Trailer schon daran zweifeln ließ, ob Paramount Pictures überhaupt die Kernessenz verstanden hat, die Sonic ausmacht. Auch wenn die Story keine großen Überraschungen mit sich gebracht hat, so kann ich nur von einem positiven Erlebnis reden. Das Niveau des Humors bleibt stets auf einem Level, bricht selten ein und brachte mich konstant zum Lachen. Es gab viele gute Referenzen zu anderen Filmen, zu Situationen, die Eltern nur allzu gut kennen, und allgemein viel zu lachen! Falls es eine Fortsetzung geben sollte, werde ich mir diese mit ein wenig höheren Erwartungen als beim Vorgänger anschauen. Paramount Pictures hat hier einen soliden Familienspaß erschaffen, der sowohl Neulinge als auch alteingesessene Fans unterhalten kann!
Berichtsbild: © Paramount Pictures