The Last of Us Part 2 für PlayStation 4 im Test – Kein Erbarmen in dieser Welt Nerdkultur
Geschrieben von Dennis Meppiel am 30.06.2020
Naughty Dog hat während der PlayStation 3-Ära etwas geschafft, was zuvor wenige Entwickler für die PlayStation erreichen konnten: Unzählige hochqualitative Spiele herausbringen und das Finale der damaligen Konsolengeneration mit einem neuen Franchise zu Ende bringen. The Last of Us ist ein Action-Adventure-/Survival-Horror-Spiel, das zwar mit einem bekannten Setting (die Welt ist voller infizierter Mutanten!) daherkommt, aber dafür in Punkto Story und Atmosphäre sich in die Herzen der Fans bohren konnte. Uncharted 4 war das erste Spiel von Naughty Dog, wenn wir mal die Remastered-Editionen ignorieren, das uns schon einmal in Richtung Technik zeigen konnte, was die Entwickler wohl mit einem The Last of Us 2 erreichen können. Nun 7 Jahre nach dem ersten Teil haben wir endlich die Gelegenheit, The Last of Us Part 2 zu spielen und zu erfahren, wie es mit Ellie, Joel und der gesamten Menschheit weitergeht.
Das Spiel ist sehr Story-fokussiert und enthält bereits nach wenigen Stunden Spielzeit gravierende Spoiler, die wir in unserem Test hier zum größten Teil umgehen wollen. Wir nehmen uns vor nur die Story an sich zu bewerten und keine genauen Details zu erwähnen. Bereits in den ersten Minuten des Spiels wird uns wieder klar, die Probleme in der Welt von The Last of Us sind dieselben geblieben: Die Welt ist zerstört, die Menschen kämpfen um das Überleben und die Natur holt sich das zurück, was ihr doch so lange schon zustand. Noch nie sah eine postapokalyptische Welt so unfassbar realistisch und schön aus. Die Story setzt sich direkt fünf Jahre nach der Ankunft von Ellie und Joel in Jackson im Bundesstaat Wyoming fort. Ellie, das zum Teil sogar noch brave Mädchen aus dem ersten Teil, will unabhängiger werden und versucht sich aus der Rolle der Ziehtochter von Joel zu lösen. Gleichzeitig belastet die Protagonistin ein sehr wichtiges Thema, doch dies sorgt für Ärger zwischen den beiden. Im späteren Verlauf erkennen wir aber Ellie definitiv nicht mehr wieder: Frustriert, wütend und offensichtlich in ihren Gedanken versunken, verlassen wir Jackson und machen uns auf den Weg nach Seattle, um uns für schwere Taten zu rächen. Bereits zu Beginn bemerken wir, dass sie erwachsener, selbstbewusster, stärker und klüger geworden ist. Während wir von Infizierten überfallen werden, kann Ellie mittlerweile auch ohne Probleme einen Infizierten in die Mangel nehmen und ihm ein Messer in den Hals rammen, bis dieser verblutet. Besonders in den entscheidenden Details hat Naughty Dog sehr viel Wert darauf gelegt, die Brutalität mehr als genügend in den Vordergrund zu rücken. Viele mögen es zwar kritisieren, dass das Spiel im Endeffekt etwas zu brutal sei, doch hierbei handelt es sich schließlich um ein Survival-Horror-Spiel. Und diesen Faktor sehen wir nicht nur im üblichen Gameplay wieder, auch die Story beweist die eine oder andere sehr brutale Stelle, bei der wir selbst schon geschockt und verdutzt vor dem Bildschirm saßen. Wie ihr merkt, das Spiel ist überhaupt nichts für schwache Nerven.
Ellie ist aber nicht allein, ihre Partnerin und scheinbar große Liebe Dina begleitet Sie, um sich gegenseitig zu beschützen. Alles fing auf einer Party in Jackson an, als ein Kuss zwischen den beiden ihren gemeinsamen Weg besiegelt. Bereits im Vorfeld war das Detail über die Homosexualität von Ellie aus The Last of Us bekannt. Viele Spieler forderten von Naughty Dog dieses Detail in Ihrem Spiel zu ändern. Dabei ist es aber egal, ob der Protagonist homosexuell oder bisexuell ist oder gar eine andere sexuelle Orientierung hat. Naughty Dog hat mit diesem Schritt bewiesen, wie intolerant heutzutage viele Spieler noch sind und halten natürlich an dieser Entscheidung fest. Wem das nicht passt, der sollte das Spiel vielleicht einfach nicht unterstützen.
In Seattle angekommen wird der Spieler so gut wie in ein abgespecktes Open-World-Spiel hineingesteckt. Naughty Dog setzt hier nach dem ersten Teil viel mehr auf Freiheiten und diese Entscheidung überforderte mich sogar stellenweise, da ich wirklich alles ganz genau anschauen musste. Es gibt auch unglaublich viele Wege, die nicht in der Story berücksichtigt, sondern von euch entdeckt werden müssen. Als Beispiel: Wir fanden einen Musikladen mitten in Seattle und schalteten somit ein ganz besonderes Event frei, in dem Ellie uns einen Song auf der Gitarre gespielt und gesungen hat. Gänsehaut pur in diesen schwierigen Zeiten. Die Abwechslung der Gebiete ist in diesem Teil viel größer als im vorherigen Teil. Während wir uns am Anfang durch Schneelandschaften kämpfen mussten, ist Seattle ein Frühlingsspektakel schlechthin. Wie oben schon erwähnt, hat sich die Natur wieder das zurückgeholt, was ihr seit Langem wieder zusteht. Und dies wurde besonders auf der PlayStation 4 Pro in 4K sehr liebevoll und detailreich dargestellt. Doch nicht nur das: Die technische Basis des Spiels zum Ende der PlayStation 4-Ära ist ein Feuerwerk an Möglichkeiten, was die Entwickler aus der Kiste noch rausgeholt haben. Seattle sieht mit den zerstörten Gebäuden und Ruinen einfach so detailliert aus, dass man sich in dieser Welt verliert. Während ihr mit einem Pferd zwischen der Natur und den Hochhäusern galoppiert, wird euch klar, wie gleichzeitig entspannend aber zugleich aufregend diese Begegnung mit dieser Stadt wirkt.

Die Gesichtsanimationen geben euch bereits jetzt schon einen Hauch Next-Gen. © Sony Interactive Entertainment
Die Gesichtsanimationen und Details sind so unfassbar gut dargestellt, dass man sogar hier schon ein Stück vom Next-Generation-Kuchen erhält. In Seattle wird euch schnell bewusst, dass ihr es hier mit zwei Gruppierungen zu tun habt, mit denen ihr euch anlegen müsst. Zum einen ist es die Washington Liberation Front (WLF) und die Seraphiten, später auch Scars, genannt. Zwar herrschte zwischen den beiden Fronten eine Waffenruhe, doch dies änderte sich nach einem dramatischen Vorfall, so dass beide eher feindselig zueinander eingestellt sind. Auch wenn wir am Anfang es eher mit den Wolves (WLF) zu tun haben, sollten wir mit Ellie auf der Hut sein und versuchen die Gegner zum größten Teil zu umgehen oder Still auszuschalten. Wenn ihr mit bekannten Waffen, wie Pistolen und Shotguns, ausgestattet seid, ist es wichtig, die Patronen und die Magazine nicht einfach zu verballern. Umso höher ihr im Schwierigkeitsgrad spielt, desto weniger Patronen werdet ihr finden. Doch dies gestaltet sich besonders im späteren Verlauf als eher schwierig, da die Infizierten ebenfalls unter uns weilen. Es gibt viele taktische Varianten, die ihr auswählen könnt. Die Offensive ist hier aber keine gute Alternative, da diese euch früher oder später Probleme bereitet. Deshalb empfehlen wir ab und zu mit leeren Flaschen oder Ziegelsteinen zu werfen, um die Pilz-Zombies auf die feindlichen Menschen aufmerksam zu machen. Alle bekannten Infizierten sind wieder mit an Bord: Die Runner können wortwörtlich schnell auf euch zu rennen, Stalker lassen sich schwieriger im Lauschmodus finden, Clicker reagieren empfindlich auf Geräusche, können aber im Gegenzug nichts sehen, die Bloater sind einfach fett und ihr verbraucht jede Menge Munition, um diese zu erledigen und die Shambler sind neu an Bord. Diese ähneln den Bloatern, nur dass diese eine gefährliche Säure versprühen können.

Innerhalb der Infizierten erwarten euch viele verschiedene Typen. Auch eine neue Mutation ist mit dabei. © Sony Interactive Entertainment
Bleiben wir aber mal bei den Waffen: Zu Beginn startet ihr mit wenig Arsenal. Erst nach und nach habt ihr durch das Finden von neuen Waffen eine größere Auswahl. Wie auch im ersten Teil findet ihr in bestimmten Abschnitten Werkbänke, an denen ihr eure Waffen, dank gefundenen Schrottteilen, verbessern könnt. Doch das dauert meiner Meinung nach viel zu lange. Zwar wird eine nette Animation abgespielt, aber die Ungeduld direkt weiterzuspielen ist durchaus vorhanden. Da dürfen sich Animal Crossing-Spieler überhaupt nicht mehr beschweren. So bevorzugte ich zu Beginn die Magazine, dann die Feuerrate und irgendwann die Stabilität zu verbessern. Nicht nur Waffen lassen sich verbessern, auch die Charaktere können, dank gefundener Pillen, verbessert und erweitert werden. Dies kann entweder eure Gesundheit steigern oder ihr findet dank gefundener Guides in der Spielwelt Wege weitere Verbesserungszweige freizuschalten, um dann neue Gegenstände herstellen zu können. Das Herstellungsprinzip ist auch wieder mit dabei. Da empfehlen wir euch Gegenstände immer mitzunehmen und die Sachen erneut herzustellen, sofern noch Platz vorhanden ist. Soviel können wir aber euch schon verraten: Ellie ist nicht die einzige Figur, die ihr steuert, um Fähigkeiten und vieles mehr zu verbessern.
Apropos weitere Protagonistin: Die Story wird euch von verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Während ihr zu Beginn mit Ellie auf einen Rachefeldzug geht, versucht die zweite Spielfigur ihre Mitmenschen zu schützen und sich aus sämtlichen Gefahren zu retten. Dabei erlebt ihr die Geschichte von Ellie und Joel aus einer völlig anderen Perspektive. Die gesamte Charakterentwicklung der steuernden Personen ist sehr interessant gestaltet und gibt euch die Möglichkeit, euch selbst in die Personen hineinzuversetzen. Wenn ihr stark emotional veranlagt seid, werdet ihr merken, wie stellenweise gut durchdacht die Story zwar ist, auch wenn diese im mittleren Teil des Spiels einen gewissen Tiefpunkt aufzeigt. Erst wenn ihr die Geschichte komplett verschlungen habt, könnt ihr die Gefühlsebene der Charaktere vollständig verstehen. Nicht nur die Gegenwart ist wichtig zu betrachten, auch die stellenweise sehr gelungenen Rückblenden runden das komplette Erlebnis harmonisch ab.
Im ersten Teil wurden die audiovisuellen Effekte und der Soundtrack stark in den Vordergrund gesetzt. Auch in Part 2 macht Naughty Dog da weiter, wo sie aufgehört haben. Wenn ihr euch zum Beispiel durch eine Gruppe von Infizierten oder menschlichen Feinden herumschleicht, erkennt ihr anhand des Sounds, ob ihr vom Gegner gleich gesehen werdet. Zusätzlich ist auch Gustavo Santaolalla wieder mit an Bord und hat unbeschreiblich schöne Banjo-Tracks komponiert, die euch bereits zu Beginn ins Schwärmen bringen. Die Immersion ist hier sehr intensiv gestaltet. Meiner Meinung nach war die Musik auch hier wieder ein wichtiger Faktor dafür, dass die Spannung nach und nach aufgebaut werden kann.
The Last of Us Part 2 ist ohne Frage eines der größten, besten und schönsten Spiele des Jahres 2020. Das Spiel kommt meiner Meinung nach sogar in einer relativ passenden Zeit, in Zeiten des Coronavirus', heraus. Es wirkt wie eine Art Ironie, dass wir in einer Welt spielen, die an einem Pilz beziehungsweise einer Infektion zugrunde geht. Zwar sind wir in unserer realen Welt davon noch weit entfernt, doch sollte es uns zu denken geben, was passieren könnte, wenn wir solche Signale von unserem Planeten nicht erst nehmen. Naughty Dog hat mit der Fortsetzung keine Enttäuschung abgeliefert, sondern kann definitiv an alte Stärken anknüpfen. Die Story ist insgesamt, bis auf wenige Ausnahmen, besonders spannend, gut erzählt und bringt dank des Soundtracks eine herausragende Atmosphäre mit sich. Ellie ist Erwachsen geworden und das muss dem Spieler, der vielleicht kurz davor erst den ersten Teil beendet hat, klar werden. In den letzten Jahren hat das Entwicklerteam sehr viel Liebe und Zeit in dieses Herzensprojekt hineingesteckt, um es noch größer zu gestalten und dem Spieler damit auch mehr Freiheiten zu geben. Ich selber fand viele Storyentscheidungen von Naughty Dog sehr mutig und verstehe gleichzeitig auch etwas die Handlungsweisen von Ellie. Doch… hat sich diese Mühe und Kraft am Ende wirklich so sehr gelohnt?
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