Nintendo Switch: Wie nachhaltig ist das Spielen auf der Konsole? Kommentar
Geschrieben von Dennis Gröschke am 26.02.2022
Mit der Einführung der Nintendo Switch in den Konsolenmarkt brachte die Firma aus Japan auch den Nintendo eShop als attraktive Alternative für den Erwerb von Spielen in das Blickfeld der Gamer. Erste vorsichtige Schritte Richtung digitalem Marktplatz unternahm Nintendo bereits mit der Wii, seitdem wird das Angebot nach und nach ausgebaut und erweitert. So profitierten auch die Wii U und vor allem die Geräte der 3DS-Familie vom digitalen Angebot und als Spieler fand man dort sowohl Spiele, Demos als auch anderen neuen Content wie Trailer oder Kurzfilme. Heute ist eine aktuelle Hardware im Konsolenbereich ohne digitalen Shop nicht mehr denkbar. Dennoch finden sich viele Spiele noch immer auch im Einzelhandel und werden als verpackte Alternative zum rein digitalen Angebot verkauft. Doch sind diese plastikumhüllten kleinen Software-Karten im Jahr 2022 nicht längst eine aussterbende Spezies? Kann man noch mit gutem Gewissen verpackte Spiele kaufen? Das möchte ich mir mit diesem Kommentar näher anschauen.
Für mich war es bis vor Kurzem immer ganz klar: Physische Spiele sind einer digitalen Variante vorzuziehen. Nur in Ausnahmen griff ich zu der rein digitalen Variante; entweder weil das Spiel nicht in einer physischen Form erschienen ist oder weil der Preisunterschied so hoch war, dass es ökonomisch keinen Sinn machte, die Retail-Version zu kaufen. Auch vom Standpunkt eines Sammlers aus geht selbstverständlich nichts über ein verpacktes Spiel mit Hülle, Anleitung und eventuell einigen Goodies. Insbesondere mit dem Boom des Retro-Sammler-Marktes vor 10, 15 Jahren wurde der Wert einer Verpackung, also CiB (Complete in Box), umso höher und alte Spiele sind und waren umso teurer auf dem Gebrauchtmarkt zu bekommen. Denn das ist auch heute noch ein Argument für Spiele mit Hülle: Wenn mir das Spiel nicht mehr gefällt, kann ich es einfach weiterverkaufen.
Doch früher waren die Verpackungen noch aus Papier und Pappe, zumindest bei vielen NES- und SNES-Spielen von Nintendo. Erst mit dem GameCube wechselte auch Nintendo zu der standardisierten „DVD-Verpackung“, so wie sie bei PlayStation 2 und Xbox bereits Standard war. Heute finden sich in den Regalen der Einzelhändler fast ausschließlich Kunststoffhüllen. Seien es PlayStation-, Xbox-, Blu-ray-, DVD- oder auch Nintendo Switch-Datenträger: Alles wird von einem mehr oder minder einheitlichen Plastikcase umhüllt.
Während bei den Mitbewerbern von Nintendo noch Discs dazukommen, die ebenfalls keine gute Umweltbilanz aufweisen und aus Polycarbonat mit Aluminiumbeschichtung bestehen, befinden sich in den Hüllen von Nintendo derzeit nur die kleinen Softwarekarten. Dennoch werden auch bei der Herstellung der Hülle, des beschichteten Papiereinlegers und der Softwarekarte Treibhausgase freigesetzt, die sich in der Atmosphäre unseres Planeten festsetzen. Sollte es irgendwann einmal passieren, dass die Hülle weggeschmissen wird, stehen wir erneut vor einem Problem, weil sich Kunststoffe derzeit nur schwer recyceln lassen.
Aktuell werden diese Kunststoffe, nachdem sie im Müllkreislauf gelandet sind, zu einem großen Teil mit mechanischen Verfahren sortiert, gewaschen, eingeschmolzen und zu sogenannten Rezyklaten aufbereitet. Mit diesen können neue kunststoffhaltige Produkte hergestellt werden, wodurch wir Neumaterial einsparen. Eine Alternative ist die chemische Aufbereitung, die aber derzeit noch unwirtschaftlich ist und ebenfalls große Mengen an Ressourcen verbraucht.
Also führt euch das mal vor Augen: Nicht nur werden bei der ersten Herstellung wahnsinnig viel Wasser und andere Rohstoffe benötigt, auch bei der eben beschriebenen Wiederaufbereitung fallen erneut Rohstoffe an, die verunreinigt oder zum Prozess der Wiederaufbereitung benötigt werden. Nur um dann ein weiteres Kunststoffprodukt hergestellt zu haben, was irgendwann erneut entsorgt werden muss. Ein erschreckender Kreislauf, findet ihr nicht? Doch wie hoch ist denn aktuell der Anteil an physischen Einheiten beim Verkauf von Videospielen? Diesbezüglich habe ich mir mal den aktuellen Bestseller und Evergreen auf der Nintendo Switch als Exempel ausgesucht: Mario Kart 8 Deluxe.
Derzeit ist das Spiel wieder in aller Munde, weil der Booster-Streckenpass angekündigt wurde, der uns Spielern bis zum Ende des Jahres 2023 mit alten Strecken erneut an die Konsole binden soll. Uns liegen keine ganz aktuellen Zahlen vor, aber bis zum 31. Dezember 2021 wurde Mario Kart 8 Deluxe insgesamt 43,25 Millionen Mal verkauft, ein Exemplar in physischer Form auch an mich. Nun stellt die Zahl aber die Gesamtverkäufe dar, wir wissen also nicht genau, wie hoch hier der Anteil an verpackten Einheiten ist. Allgemein entfallen knapp 22,7 Prozent der Gesamtverkäufe im Konsolenbereich auch heute noch auf die Retail-Version. Der Einfachheit halber gehe ich hier mal von 45 Millionen verkaufter Mario Kart 8 Deluxe-Einheiten insgesamt aus und erhöhe den Anteil von verpackten Verkäufen auf 25 Prozent. In Bezug auf Mario Kart 8 Deluxe wären demnach also ca. 11,25 Millionen Plastikhüllen weltweit nur für dieses eine Spiel im Umlauf. Tendenziell besitzen wir alle aber mehr als nur ein Spiel und auch mehr als nur eine Videospielkonsole – das gibt mir durchaus zu denken.
Ein weiteres Problem, was hier nur angerissen werden soll: Nicht alle Plastikhüllen gehen zurück in den Recycling-Kreislauf, etliche werden weltweit einfach weggeworfen und landen letztendlich in der freien Natur oder sogar im Ozean. Man kann sich natürlich fragen, warum eine Nintendo-Switch-Hülle einfach so achtlos ins Meer geworfen werden sollte, aber wie anderer Plastikmüll könnte sie dort früher oder später landen. Im Alltag verwenden wir generell in vielen Bereichen Kunststoffverpackungen. Vielleicht gehen wir Gamer mit unseren Videospielhüllen sorgsamer um, aber in der Mittagspause wird im Supermarkt nebenan dennoch ein Salat in der Plastikbox gekauft. Es geht mir exemplarisch um den unachtsamen Umgang mit Ressourcen im Alltag. Landen diese Kunststoffe im Meer, bedrohen sie die Flora und Fauna und gelangen über Mikroplastik, das nicht zersetzt wurde, letztendlich auch wieder auf unserem Esstisch. Das würde ich derzeit einfach nicht ausschließen.
Nun will ich hier aber nicht nur die verpackten Videospiele verteufeln, denn auch das rein digitale Kaufen von Videospielen ist nicht der Heilsbringer für unser Hobby. So fallen beim Download von Produkten ebenfalls CO₂-Emissionen an, weil wir unsere Konsole am Strom haben und aufladen müssen und auf der anderen Seite der Welt Server stehen, von denen wir die Spiele herunterladen. Wenn der Download eines Spiels beendet ist, endet auch der lokale CO₂-Ausstoß beim Nutzer des Services. Die Server vor Ort laufen weiter und halten die Daten 24 Stunden und 7 Tage die Woche verfügbar. Ergänzend dazu existiert das Cloud-Gaming, bei dem kontinuierlich schädliches CO₂ freigesetzt wird. Insbesondere durch die zurückliegende Pandemie sind die Emissionen durch digitale Verkäufe, Streaming, Videokonferenzen und so weiter in die Höhe geschossen.
Was mich schon seit Jahren nicht loslässt, ist Folgendes: Warum zum Teufel gibt es für die Nintendo Switch und andere Konsolen im Einzelhandel Hüllen, in denen sich lediglich ein Download-Code des entsprechenden Spieles befindet? Wessen umweltbelastende Idee war das denn? Da hab ich dann sowohl den Plastikmüll als auch die CO₂-Belastung durch den Download – schlimmer geht es eigentlich nicht mehr.
Aber ich will hier nicht nur Negatives notieren. Wir sind in Deutschland leider noch lange nicht so weit wie in einigen anderen Ländern, aber der Strom bei uns wird zumindest in Teilen bereits möglichst nachhaltig zur Verfügung gestellt. Das ist zwar bei Weitem noch nicht genug, aber wir sind immerhin auf einem guten Weg. Generell verbraucht eine Konsole Strom, egal ob mit digitalen Spielen oder Retail. Aber immerhin hat sich der sogenannte Emissionsfaktor für den Strommix in Deutschland auf 366 Gramm pro Kilowattstunde gesenkt. 30 Jahre früher lag dieser noch bei 764 Gramm pro Kilowattstunde, also ungefähr doppelt so hoch.
Man muss auch festhalten, dass mit der Nintendo Switch derzeit noch die sparsamste Konsole mit knapp 11 Watt bei uns zu Hause steht. Weiterhin lässt sich die Konsole im Handheld-Modus auch mit Akku betreiben. Da können Konsolen von Sony und Microsoft bei Weitem nicht mithalten, wie Zahlen zu den Konsolen der letzten Generation belegen. Pro Stunde erzeugt der Gebrauch der PlayStation 4 dabei ungefähr 47,71 Gramm Kohlendioxid, während die Xbox One für ungefähr 56,14 Gramm Kohlendioxid sorgt. Um das mal in Relation zu setzen: Ein Pkw erzeugt pro zurückgelegtem Kilometer pro Person im Schnitt 147 Gramm Kohlendioxid. Für einen Kilometer mit dem Auto könnt ihr also knapp drei Stunden zocken. Etwas umweltfreundlicher verhält es sich dabei mit der Nintendo Switch, sie erzeugt stündlich etwa nur 4,41 Gramm CO2, also nur knapp ein Zehntel.

Die Hüllen für Nintendo-Switch-Spiele sind klein und handlich, dennoch so wie bei den Mitbewerbern aus Kunststoff hergestellt.
© Microids, Bildmontage: © ntower
Dafür liefern die Konsolen der Mitbewerber insgesamt eine bessere Performance, was Grafik und flüssiges Gameplay angeht. Bei den Mitbewerbern gut zu beobachten ist auch, dass beide mit der PlayStation 5 Digital-Edition sowie der Xbox Series S rein digital ausgelegte Konsolen ohne Laufwerk direkt von Beginn des Lebenszyklus angeboten haben. Insbesondere der vielgepriesene GamePass bei Microsoft feiert seit Jahren große Erfolge; ich nutze diesen selbst auf meiner Xbox Series S.
Doch was tun? Vielleicht könnte man sich zur Angewohnheit machen, freiwillige CO₂-Kompensation zu betreiben und damit zielgerichtet CO₂-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten zu erwerben und zu unterstützen. Mir ist klar, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss ist und sein kann, aber was wäre denn, wenn für jeden Download direkt solche Projekte gekoppelt unterstützt würden? Pro Download vielleicht 10–30 Cent mehr veranschlagen und dadurch zumindest teilweise für Kompensation sorgen. Am einfachsten wäre es dabei, wenn die großen Anbieter wie Xbox, Sony oder auch Nintendo diese direkt mit einpreisen und für Ausgleich sorgen. Denn wir Gamer sind nicht immer so engagiert und schnell, wenn es darum geht, sich ergänzend um weitere Maßnahmen wie CO₂-Kompensation zu kümmern. Ich würde es mit Sicherheit oft vergessen.
Bei den verpackten Spielen könnte man als Gamer überlegen, ob man sich vielleicht das eine oder andere Spiel mit Freunden zusammen kauft. Es wäre auch denkbar, sich Spiele in der Bibliothek auszuleihen oder diese bei einem der zahlreichen Re-Commerce-Anbieter zu erwerben. Das ist auch eine gute Möglichkeit, um Ressourcen und Geld zu sparen, wenn es nicht immer in der ersten Woche nach Release sein muss.
Aber was denkt ihr denn zum Thema umweltfreundliches Gaming? Sammelt ihr auch Hüllen oder habt ihr euch wie die PC-Gamer bereits mit dem rein digitalen Angebot angefreundet und ladet euch die Micro-SD-Karten mit den neuesten Spielen voll? Fändet ihr eine gleichzeitige Kompensation für Downloads direkt vom Hersteller sinnvoll oder habt gar eine andere Idee? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen.