Gran Turismo 7 für PlayStation 5 im Test – Zum 25. Jubiläum kehrt die legendäre Reihe zurück
Geschrieben von Dennis Gröschke am 10.03.2022
Mit Gran Turismo 7 erschien Anfang März endlich der neue Eintrag der populären Rennspielserie für die aktuellen Konsolen aus dem Hause Sony. Das Spiel ist dabei eine der Veröffentlichungen, die generationenübergreifend auf PlayStation 4 und PlayStation 5 erscheint, wir haben uns die Next-Gen-Fassung auf der PlayStation 5 näher angesehen. Nur so viel vorab, wer damals bereits die ersten Einträge auf der PlayStation 1 genossen hat, kann auch hier bedenkenlos zugreifen. Für alle unentschlossenen Leser gehe ich in meinem Test ein wenig mehr ins Detail. Bereits hier sei aber angemerkt, dass ich kein Hardcore-Rennspieler bin, sondern alle paar Jahre mal ein Rennspiel spiele und teste. Ihr werdet hier also von mir hauptsächlich den Einblick eines Casual-Gamers ohne passendes Lenkrad erhalten. Doch worum geht es denn genau beim „Real Driving Simulator“?
Die Gran Turismo-Spiele legen ihren Fokus nicht auf Arcade-Action sondern bieten den Spielern eine möglichst authentische Abbildung vom Fahren der unterschiedlichsten Automobile. Schon von Beginn der Reihe an lag der Fokus auf realen Fahrzeugen, die ihr hier auf Rennstrecken ausfahren, testen, anpassen und in die Leitplanken setzen könnt. Sei es ein Fiat 500, ein Suzuki Swift oder ein Ford Focus, zu Beginn des Spieles lernt ihr die Fahrweisen und Eigenschaften der Fahrzeuge kennen, mit denen ihr vielleicht in der Realität auch mal Kontakt hattet. Über 400 Fahrzeuge stehen euch im Verlauf von Gran Turismo 7 zur Verfügung, im Lauf der nächsten Monate sollen noch einige dazukommen. Bereits jetzt belegt das Spiel in seiner rein digitalen Form aus dem PlayStation Store knapp über 100 GB auf eurer SSD, da solltet ihr also vorher vielleicht ein wenig Platz schaffen.
Nach dem letzten Ableger namens Gran Turismo Sport, der seinen Fokus eher auf den Online-Multiplayer-Aspekt legte, starten wir dieses Mal mit einer Neuerung ins Spiel. Direkt nach dem knapp 8 Minuten langen Intro werdet ihr in ein Fahrzeug gesetzt und müsst euch in einer neuen Herausforderung namens Music Rally beweisen. Hier zählt ein Countdown während der Fahrt herunter, der sich am Beat der jeweiligen Musik orientiert, die im Hintergrund abgespielt wird. Für jeden Beat nähert sich der Countdown der Zahl Null, es wird also knapp, wenn das Tempo des Liedes ansteigt. Jedes Mal, wenn ihr auf der Strecke einen Checkpoint passiert, erhaltet ihr wieder eine Anzahl an Punkten obendrauf und könnt weiterfahren. Sinkt der Countdown auf null, ist das Rennen vorbei. Ziel ist es also, so weit wie möglich zu kommen, bevor der Countdown abgelaufen ist. Ein sehr netter Einstieg, der Spaß macht und später im Spiel auch extra ein Menüpunkt ist, den ihr separat anwählen könnt und wo sich spezielle Tracks und Strecken befinden.
Habt ihr euren Beat gefunden, landet ihr in einem Ressort, in dem ihr verschiedene Gebäude und Pavillons aus der Vogelperspektive seht. Diese Gebäude stellen eure Fixpunkte im gesamten Spiel dar und sind quasi ein übergeordnetes Menü. Wählt ihr eines der Gebäude aus, gelangt ihr direkt zur entsprechenden Funktion. Zu Beginn stehen euch beispielsweise die sogenannten Weltstrecken zur Verfügung, dort findet ihr auf unterschiedlichen Kontinenten in den jeweiligen Ländern eure ersten Rennen, Cups oder weitere Veranstaltungen. Jeder Cup und jedes Rennen hat dabei bestimmte Voraussetzungen, die für eine Teilnahme festgelegt sind. Das ist insofern für Anfänger hilfreich, weil ihr dort dann sofort einen passenden Cup für euch findet, an dem ihr mit euren Boliden teilnehmen könnt. Überhaupt nimmt euch Gran Turismo 7 zu Beginn gut an die Hand, sodass auch Neulinge und Einsteiger gute Chancen haben. Anfangs sind nämlich noch nicht alle möglichen Pavillons im Ressort freigeschaltet, dies geschieht nach und nach mit eurem Fortschritt.
Ein Fortschritt stellt auch das Fahrgefühl dar, was sich nun mit den DualSense-Controllern besser denn je anfühlt. Die Haptik und das Feedback in den Controllern lässt euch noch feiner und besser auf die Bedingungen der Straße reagieren. Ihr merkt am haptischen Feedback, wann euch das Fahrzeug in einer Kurve entgleitet und ihr entweder bremsen oder nachsteuern müsst. Weiterhin fühlen sich die Bodenbeschaffenheiten unterschiedlich an und ihr merkt, wenn ihr in Tokyo über die Straßen brettert, wo sich die Dehnungsfugen der Betonelemente befinden, weil es dann alle paar Meter klackert. Gran Turismo hat sich am Controller noch nie besser angefühlt.

In den Replays könnt ihr das gesamte Rennen nochmals analysieren.
© Sony Interactive Entertainment Inc.
Falls ihr bereits einmal ein Spiel aus der Gran Turismo-Reihe gespielt habt, werdet ihr wissen, dass sich die unterschiedlichen Fahrzeuge auch entsprechend anders steuern. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ihr euch in einem Fiat 500 F den Berg hochquält oder ob ihr mit einem Ford Mustang auf den weiten Strecken in den USA unterwegs seid. Hinzu kommt, dass ihr mit entsprechendem Tuning Änderungen an euren Fahrzeugen vornehmt und diese auf neue Herausforderungen und Cups anpasst. Das Gute daran ist, ihr merkt diese Anpassungen dann auch direkt im Anschluss im Spiel. Das kommt euch oftmals zugute, mir ist es aber auch passiert, dass ich ein Fahrzeug getunt habe und es danach zwar kraftvoller und schneller unterwegs war, aber sich die Steuerung zum Negativen gewandelt hatte. In den Kurven reichte ein kurzer Tipper auf die Bremse und das Fahrzeug brach sofort aus. Da hatte ich wohl zu viel auf einmal geändert und die Balance durcheinander gebracht. Geht hier also mit Bedacht vor.
Eure erworbenen Fahrzeuge findet ihr im Garagen-Gebäude, wo ihr die schier unendliche Auswahl an Fahrzeugen noch blanko hinterlegt seht. Erst wenn ihr ein bestimmtes Fahrzeug erworben oder gewonnen habt, erscheint dieses dann auch in voller Pracht in eurer Garage und kann von euch in Rennen eingesetzt werden. Dazu solltet ihr zunächst den Weg zum Gebrauchtwagenhändler nehmen, der ein paar tolle Fahrzeuge für euch parat hält. Denn es muss ja nicht immer gleich ein Neuwagen sein, oder? Erst recht nicht, wenn man gar nicht weiß, ob man das Fahrzeug am Ende des Rennens unbeschadet wieder mitbringt. Doch keine Angst, wer bereits schon mal ein Spiel der Reihe gespielt hat, weiß, dass die Fahrzeuge kein umfassendes Schadensmodell haben. Optisch werdet ihr also an euren Fahrzeugen kaum bis gar nichts sehen, jedoch wirken sich Unfälle sehr wohl auf die Fahreigenschaften aus, das merkt ihr unmittelbar.
Wenn ihr jetzt dachtet, Gran Turismo 7 dümpelt so dahin, dann seien euch mal ein paar Fakten und Zahlen um die Ohren gehauen. Von den über 400 Fahrzeugen habe ich euch bereits berichtet, weiterhin gibt es über 100 Veranstaltungen, an denen ihr teilnehmen könnt, 34 Kurse stehen zur Verfügung und diese sind in 97 Varianten im Spiel abgelegt. Bei den Kursen gibt es erneut einige neue Strecken, die von den Machern erdacht wurden, aber auch Klassiker wie Trial Mountain, Deep Forest oder der High Speed Ring finden sich im Portfolio wieder. Gran Turismo war noch nie für seine große Auswahl an Strecken bekannt, so fahrt ihr auf einigen bereits bekannten Strecken diese dann entweder gespiegelt oder startet in die entgegengesetzte Richtung. Bei Gran Turismo 7 findet ihr aber nun auch Strecken, auf denen es regnet oder wo sich im Verlauf der Fahrzeit die Tageszeit ändert und ihr auf einmal in der Nacht unterwegs seid.
Gran Turismo 7 kleckert auch mit den unterschiedlichen Modi nicht. So stehen euch anfangs weder die Multiplayer-Modi noch die Tuning-Werkstatt zur Verfügung, damit Neulinge nicht überfordert werden. Um euch eine Vorstellung davon zu geben, wie ein Gameplay-Loop bei Gran Turismo 7 bei mir aussieht, erkläre ich es euch an einem Beispiel:
Habt ihr zu Beginn eure ersten Rennen absolviert, solltet ihr euch an die sogenannten Lizenzen wagen. Dieser klassische Modus erfordert von euch unterschiedliche Fahrkünste ab. Für eine Lizenz müsst ihr euch in mehreren kleinen Abschnitten beweisen, die euch vorgegeben werden. Beispielsweise lernt ihr dort, wie ihr am besten eine enge Kurve nehmt. Das Spiel zeigt euch, wie es gemacht werden soll und ihr müsst diese Aufgabe dann mit einem vorgegebenen Fahrzeug nachfahren. Je nachdem wie erfolgreich ihr diese Aufgabe meistert, erlangt ihr einen bronzenen, silbernen oder goldenen Pokal. In der Regel besteht eine Lizenz aus 8-10 dieser kleinen Aufgaben, die euch schon eine Weile beschäftigen, weil sich in der Regel der Ehrgeiz meldet, es noch besser hinzubekommen als vorher. Habt ihr alle Aufgaben einer Lizenz erfolgreich absolviert, eröffnen sich euch neue Fahrzeuge und Strecken sowie Cups. Ihr schreitet im Spiel also weiter voran, erhaltet mehr Credits, euer Fahrerlevel steigt an und neue Möglichkeiten stehen zur Verfügung.
Ergänzend zu den Lizenzen gibt es in Gran Turismo nun eine neue Location namens Café. Hier trefft ihr auf Experten, die euch mit weiteren Aufgaben versorgen. Einmal müsst ihr in drei vorgegebenen Rennen mindestens einen der ersten drei Plätze belegen, ein anderes Mal sollt ihr euer erstes Auto tunen. Häufig sollt ihr beispielsweise drei italienische Kleinwagen oder amerikanische Klassiker sammeln und danach wieder zum Café zurückkehren, um dort eure Belohnung einzusammeln. Diese Belohnungen bestehen dann aus weiteren Autos oder neuen freigeschalteten Events auf der Weltkarte. Es gibt also jede Menge zu tun, auch wenn die optische Präsentation der Menüs und Locations eher nüchtern präsentiert wird.
Gran Turismo 7 wirkt zeitweise wie aus einem anderen Jahrzehnt. Während euch bei den Mitbewerbern auf anderen Konsolen ständig die Sprachausgabe und eine energetische Musik um die Ohren ballert, beschränkt sich die akustische Untermalung bei Gran Turismo gerne auf Jazz oder klassische Musik in den Menüs und Übergängen. Sprachausgabe findet so gut wie gar nicht statt, stattdessen gibt es viel auf Deutsch zu lesen. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass es bei Gran Turismo 7 keine Open World gibt, keine Rückspulfunktion in den Rennen, um Fehler auszumerzen und eben auch kein Schadensmodell bei den Fahrzeugen. Dafür bietet euch das Spiel auf der PlayStation 5 aber auch Raytracing in den Wiederholungen und Menüs, nicht aber während des Gameplays. Zudem könnt ihr wählen, ob ihr eure Rennen lieber mit 60 FPS und einer niedrigeren Auflösung absolvieren wollt oder die volle Pracht in 4K-Auflösung bei 30 Bildern die Sekunde genießt.
Zwei kleinere Stolpersteine möchte ich euch noch mit auf den Weg geben, zum einen benötigt Gran Turismo aktuell eine dauerhafte Online-Verbindung, um es starten und spielen zu können, zum anderen werdet ihr von Anfang an umschmeichelt, ob ihr nicht auch echtes Geld für Ingame-Credits ausgeben möchtet. Während ihr den ersten Part nicht umgehen könnt, braucht ihr auf keinen Fall echtes Geld investieren, um in Gran Turismo Fortschritt zu erreichen, der kommt von ganz allein. Klar dauert es dann länger, aber das macht in meinen Augen auch den Reiz des Spieles aus. Schließlich wächst mit dem Fortschritt auch euer Erfahrungswert im Umgang mit den Fahrzeugen.
Alles das, was ich euch bisher aufgezählt habe, spielt sich in der Kampagne und im Singleplayer-Modus ab. Nach ein paar Stunden schaltet ihr automatisch den Multiplayer-Modus frei, der im Grunde so umfangreich ist, wie das komplette Gran Turismo Sport auf der PlayStation 4. Hier könnt ihr Online in selbst erstellten Lobbys und Rennen gegen andere Fahrerinnen und Fahrer auf der ganzen Welt antreten. Eine große Auswahl an Modi und Möglichkeiten erwartet euch hier. Weiterhin besteht die Möglichkeit, mit einem Kumpel gemeinsam im Splitscreen auf der Couch ein paar Runden zu drehen.
Abschließen möchte ich mit der Tatsache, dass ich mit diesem Review bisher nur an der Oberfläche des Spiels gekratzt habe, alles andere würde den Rahmen sprengen. Nur so viel: Ihr könnt euch noch stundenlang mit den Wiederholungen eurer Rennen beschäftigen, diese selbst gestalten, indem ihr die Kameras wählt und diese auch speichern. Dann könnt ihr eure Boliden von vorne bis hinten dekorieren, neu lackieren oder mit Spoilern und anderem Schnickschnack ausstatten. Oder ihr belegt einen kleinen Fotografie-Kurs, indem ihr eure Fahrzeuge in realen Hintergründen mit veränderbarer Blende und Belichtung fotografiert und mit der Welt teilt. Gran Turismo 7 kann euch locker über 100 Stunden beschäftigen, wenn ihr voll in den Real Driving Simulator einsteigen wollt.