
Hallo lieber Leser oder liebe Leserin,
Auf Grund einer neuen Mode (zu der ich in meinem abschließenden 5. Teil noch kommen werde), habe ich mich etwas in den Online-Auktionshäusern herumgetrieben und war fassungslos. Diese Fassungslosigkeit hat mich dazu bewegt einmal über das Kaufverhalten eines Videospielers (zu denen ich natürlich auch zähle) nachzudenken und meine eigene Meinung und meine Erfahrungen dazu hier im Blog frei kundzutun.
Wilkommen beim 4. Teil meiner Blogserie DVDVDW: DV.
Zunächst möchte ich mit einer kleinen Berufsinformation zur Tätigkeit eines Spieletesters beginnen:
Das Hobby zum Beruf machen, als Spieletester ist es möglich. Sie unterstützen die Computer- und Videospielentwickler durch umfangreiche Programmtests. In der Regel arbeiten sie nebenberuflich. Wird ein neues Computerspiel programmiert, beginnen die Tests meist schon in der Entwicklungsphase. Spieletester prüfen regelmäßig die Navigation, beurteilen die grafische Umsetzung und die Animationen, suchen nach Programmier- und Systemfehlern oder prüfen Sprache und Text, insbesondere bei fremdsprachlichen Versionen. Über die technische Fehlersuche hinaus begutachten sie auch das Spiel- bzw. Handlungskonzept. Spiele sollen Spaß machen, herausfordern und zum
weiterspielen animieren. Eine schlecht erzählte Geschichte, ein nicht stringenter Aufbau oder ein zu hoher Schwierigkeitsgrad frustriert die Kunden und das Produkt wird sich nicht verkaufen. Nicht nur während der Entwicklungs- bzw. Abschlussphase, sondern auch noch nach der Markteinführung werden Spiele regelmäßig getestet, denn viele Ungereimtheiten zeigen sich erst im Dauereinsatz. Spieletester geben hier wichtige Hinweise auf notwendige Programmerweiterungen oder -änderungen.
Dieses Berufsbild hört sich doch ganz gut an. Allerdings muss man erwähnen, dass dieser Beruf nicht sonderlich gut bezahlt wird. Außerdem sind es meist nur sogenannte Mini-Jobs, die nur nebenberuflich ausgeübt werden. Aber man bekommt dennoch Geld dafür! Und man hat eine gewisse Aussicht auf eine weitere berufliche Laufbahn in dieser Branche.
Dafür möchte ich euch ein Beispiel nennen: Michael Kelbaugh
Für diejenigen, denen dieser Name nichts sagt: Er ist seit 2003 der Präsident des Retro Studios. Doch 15 Jahre vor seinem Amtsantritt bei Retro Studios begann seine Berufslaufbahn 1988 als kleiner Spieletester bei Nintendo of America. Im Laufe der Jahre stieg er jedoch zum leitenden Direktor der Testabteilung von NoA auf und wurde daraufhin von Nintendo - wie schon gesagt - zum Präsidenten des Retro Studios ernannt.
Nun fragen sich vermutlich wieder einige hier, worauf ich eigentlich hinaus will. Ich möchte darauf hinweisen, dass den Entwicklern aufgefallen ist, dass man gar Niemanden mehr für diese Tätigkeit einstellen oder gar bezahlen muss. Denn der Spieler von heute leistet gerne seinen Beitrag und (Geld-)Betrag um genau diese Tätigkeiten (Suche nach Fehlern, Feedback zum Spielkonzept, Vorschläge zu Inhalten) durchführen zu dürfen. Und dieses Konzept hat so marketingträchtige Namen wie Early Access oder Crowdfunding.
Early Access:
Wenn mir vor 10 Jahren einer erzählt hätte, dass ich, wenn ich an einem Beta-Test teilnehmen will, etwas bezahlen soll, hätte ich nur laut gelacht. Warum bitte sollte ich für ein fehlerhaftes und unvollständiges Produkt bezahlen? Ich gehe schließlich auch nicht zum Autohersteller und kaufe ein Auto, von dem bisher nur das Fahrwerk vorhanden ist und bei diesem noch nicht einmal die Bremsen richtig funktionieren. Aber wir sind nunmal in der Spieleindustrie - und hier ist nichts unmöglich. Der Videospieler gibt sich bereitwillig her für diese "Ehre" auch noch etwas zu bezahlen. Der "arme" Entwickler spart sich auf diese Weise nicht nur eine eigene Qualitätssicherungs- bzw. Testabteilung, sondern verdient auch noch Geld ohne eine wirkliche Leistung erbracht oder gar ein Produkt fertiggestellt zu haben. Das nenne ich einfallsreich.
Crowdfunding:
An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass ich selbständig bin und eine kleine Firma leite und Teilhaber einer weiteren Firma bin. Daher kenne ich die Mühen und Anstrengungen, die eine Firma zu gründen und zu erhalten mit sich bringen. Aber heutzutage ist das zumindest für Spiele-Entwickler kein Problem mehr. Statt einfach ein Darlehen bei einer Bank zu nehmen und mit seinem eigenen Besitz und Geld zu haften, lässt der kluge Spiele-Entwickler heutzutage einfach die dummen Videospieler dafür haften. Wenn das Spiel nachher nichts wird, kann der Entwickler weiterhin gemütlich in seinem Liegestuhl zu Hause entspannen, während manch anderer vielleicht mehrere tausende Euros für digitalen Müll rausgeworfen hat, nur um nachher vielleicht mit anders geformten Polygonen durch die Weiten des virtuellen Weltraums fliegen zu dürfen. Was für eine verrückte Welt!
Manch einer mag nun behaupten, dass diese beiden Abzockmethoden Erfindungen für z.B. Indie-Entwickler die einzige Chance ist ein Spiel erfolgreich zu entwickeln und fertigzustellen. Doch Spiele wie Minecraft von Mojang oder World of Goo von 2D Boy beweisen eindrucksvoll, dass man mehrere Millionen auch ohne diese Methoden erwirtschaften kann. Man muss nur ökonomische Grundlagen beherrschen und über eine gute und kreative Idee für ein Spiel verfügen. Ein gelber Lamborghini vor einem neuen Glaspalast hilft bei der Entwicklung des Spiels nicht weiter.
Der Schlusspfiff ertönt. Kommen wir daher nun zum endgültigen Ergebnis der Partie zwischen Spieleindustrie und Spieler:
Ergebnis: Team Spieleindustrie 4 - Team Spieler 0
Mein abschließendes Fazit:
Die Spieleindustrie schafft es immer wieder völlig absurde Geschäftspraktiken zu erfinden, die immer wieder zu großen Protesten führen oder gar freudig vom vermutlich dümmste Verbraucher der Welt - dem Videospieler - angenommen werden. Doch egal ob diese fragwürdigen und kundenfeindlichen Geschäftspraktiken negativen oder positiven Anklang fanden - sie haben sich seltsamerweise immer durchgesetzt. Auch die neueste Idee von Ubisoft, Maikrotransaktionen in ein Vollpreisspiel wie Assassin's Creed Unity einzubauen, stieß auf große Kritik. Aber so wie ich meine lemminghafte Mitspieler mittlerweile kenne, wird das am Ende kein Hindernisgrund gewesen sein, Ubsioft für diesen Einfallsreichtum mit baren Münzen zu belohnen. Ich bin jedenfalls gespannt, womit die Spieleindustrie den Verbraucher seiner Spiele noch weiter missbrauchen kann und ob es jemals eine Schwelle geben wird, die der Videospieler nicht bereit ist zu überschreiten - ich persönlich glaube nicht mehr daran.
Außerdem frage ich mich, wann endlich auch die Musik- und Filmindustrie auf solche Ideen kommt. Bis heute kann ich z.B. eine DVD/CD ohne Internetaktivierung oder Always-Online-Zwang anschauen. Und ich musste bei Film- und Musikportalen (bisher) auch nie für das Ende eines Films oder für einen zusätzlichen Vers in einem Lied nochmal extra bezahlen. Mich würde wirklich interessieren, ob diese Geschäftspraktiken hier ebenfalls funktionieren würden.
Kommentare 2
megasega
Solange die Marktfüherer es so handhaben,w ird es sich nicht ändern, da niemand auf deren Spiele verzichten will. Wenn EA, Ubisoft und Activison etwas vorgeben, dann wird es in der Regel auch zum Standart, wie früher halt Nintendo, Sega und noch früher Atari. Das wird sich wohl auch nie wieder ändern, dazu ist das Medium Videospiele schon zu sehr Mainstream und abhängig vom "jeden Tag mehr Gewinn" System.
Akira
Es gibt keine Schwellen mehr, wenn man dem Pöbel alle Dinge häppchenweise unangenehmer gestaltet, ist ja mit dem Abbau von Rechten auch nicht anders und man hat begriffen, dass jeder Mist durchgesetzt werden kann, wenn man es möglichst schneckenlangsam tut.
Du kannst dem Gras beim Wachsen ewig zusehen, bis du den Unterschied realisiert hast stehst du eingeschlossen zwischen meterhohen Halmen.