Baldur's Gate 3: Wie die Larian Studios mit alten Traditionen brechen und dabei vieles richtig machen

Es gab und gibt immer wieder Themen, die finden auf ntower nicht so ihren rechten Platz und selbst ein Tellerrand-Artikel scheint da nicht ganz so passend. Was macht man in solchen Fällen? Man schreibt das Ganze in einem Blog und schaut ganz neugierig und gespannt, wer sichso alles für die eigenen geistigen Ergüsse interessiert. In ziemlich unregelmäßigen Abständen (sprich: wenn ich gerade mal Lust und vor allem Zeit habe) wird an dieser Stelle also über diverse Themen der Videospielwelt geschrieben. Dabei ist bitte zu beachten, dass alles was hier drin steht meine eigene Meinung widerspiegelt und nicht unbedingt die der ntower Redaktion. So und nun genug des Disclaimers, kommen wir zum aktuellen Thema:



Baldurs Gate 3 oder auch: Wie die Larian Studios mit alten Traditionen brechen und dabei vieles richtig machen.


Im Jahre 1998 ist die Rollenspiel-Welt mal so gar nicht in Ordnung, das Genre wird als tot verschrien und sowieso, Rollenspiele mit einer allzu komplexen und mehrstündigen Handlung – danach kräht doch kein Hahn mehr. Das war jedenfalls die gängige Meinung bevor BioWare damals mit Baldur‘s Gate ein Rollenspiel ankündigte, dass bereits im Vorfeld mit vielen Vorschusslorbeeren versehen wurde und als Retter des RPG-Genres angepriesen wurde. Der Erfolg gab dem Spiel recht und Baldur‘s Gate sowie sein Nachfolger inklusive Addon können auch heute noch zumindest erzählerisch mehr als überzeugen, auch auf der Nintendo Switch (mal etwas Eigenwerbung)


Doch nach Baldur‘s Gate 2 wurde es relativ ruhig um die Serie. Es gab mit der Neverwinter Nights-Reihe zwar einen geistigen Nachfolger, doch vorerst sollte man nur noch auf der PlayStation in Baldur‘s Gate: Dark Alliance einen Fuß in die berühmte Stadt setzen. Bis dann plötzlich 2019 die Larian Studios (bekannt für ihre Divinity Spiele) die Bombe platzen lassen und Baldur‘s Gate 3 ankündigen. Und ohje, hatten viele anfangs damit so ihre Bauchschmerzen, meine Wenigkeit eingeschlossen. Denn wer die Reihe kennt, der weiß: Nach Baldur‘s Gate 2 war erzähltechnisch eigentlich Schluss, die Geschichte um das Bhaalkind war erzählt und jeder bisherige Versuch, an einem dritten Teil zu arbeiten, scheiterte bereits in der Konzeptionsphase. Dazu kam noch die Tatsache, dass vielen als erstes der Gedanke in den Kopf schoss, dass man es hier vielleicht mit einer lieblosen und halbgaren Umsetzung der Lizenz zu tun haben könnte – die Cashcow lässt grüßen. Dementsprechend konnte und wollte ich mich auch nicht allzu sehr darüber freuen, dass eines der RPGs schlechthin, mit dem ich meine Jugend verbracht hatte, nun einen weiteren Ableger erhalten sollte. Doch vor wenigen Tagen sind deutlich mehr Details ans Licht gekommen und mittlerweile muss ich gestehen: Ich bin vorsichtig optimistisch.


Da gehört zum einen die Ansage der Larian Studios, dass sie mit Baldur‘s Gate 3 nicht nur ihrem Divinity einen Forgotten Realms-Skin überstülpen wollen, sondern ganz den Geist der damaligen Spiele einfangen wollen. Handlungstechnisch wird das Ganze schon einmal geschickt gelöst, denn der dritte Teil der Reihe spielt gut 100 Jahre nach Baldur‘s Gate 2 – die Ereignisse der Vorgänger geht also mittlerweile eher ins Reich der Legenden über. Zudem nutzen die Entwickler mit den Illithiden, den sogenannten Gedankenschindern, eine mehr als interessante Rasse als Bösewichte, die auch schon in den Vorgängern ihren Auftritt hatten aber sich auch hervorragend als Antagonisten eignen. Viel ist zur Handlung noch nicht bekannt, nur dass ihr zu beginn von besagten Gedankenschindern entführt werdet und euch ein parasitähnliches Wesen eingepflanzt wird, welches euch nach sieben Tagen selbst in ein tentakelbewährtes Monstrum verwandeln soll. Natürlich gelingt euch die Flucht aus der Gefangenschaft, woraufhin es nach einem Weg zu forschen gilt, den Parasiten loszuwerden – aber dann hört ihr plötzlich auch noch Stimmen und alles wird nur noch verworrener. Die Prämisse an sich klingt also schon einmal erfrischend anders, vor allem wenn uns anfangs tatsächlich die Zeit im Nacken sitzen sollte – aber darüber lässt sich zu diesem Zeitpunkt nur spekulieren.


Womit die Macher aber im ersten Moment in ein Wespennest gestochen haben ist eher eine andere Sache und die greift ein fundamentales Spielprinzip der Reihe an: Baldur‘s Gate 3 wird ein rundenbasiertes RPG. WAAAAAAAS? Wie können sie nur?! Die ganze Serie wird verhunzt! Boykott! - das sind nur einige der Reaktionen die von alteingesessenen Fans kamen. Ich persönlich muss allerdings sagen, dass diese Entscheidung die absolut Richtige war, denn wenn man sich die Pen & Paper Vorlage Dungeons & Dragons ansieht, auf der die Baldur‘s Gate Reihe basiert, dann macht das absolut Sinn. Denn während einer Pen & Paper Sitzung wird nun einmal nicht zeitgleich agiert, sondern nacheinander, Zug um Zug. Diesen Umstand trugen die Vorgänger auch bereits insofern Rechnung, dass man das Spiel jederzeit pausieren und dann seinen Charakteren in Ruhe Befehle erteilen konnte. Nun wird das ganze Prinzip nun einmal konsequenter umgesetzt. Werte wie die Initiative - die im Pen & Paper enorm wichtig ist, aber in Baldur‘s Gate 1 und 2 absolut keine Rolle spielte – kommen nun endlich zum Tragen. Zudem wird lassen sich so die jeweiligen Stärken und Schwächen eurer Charaktere noch besser zur Geltung kommen. Natürlich bricht Larian hier mit einer uralten Tradition, allerdings bin ich recht optimistisch, dass diese Änderung mehr Positives mit sich bringen wird. Und mal Hand aufs Herz: Die Jung und Mädels haben bereits mit den Divinity Spielen bewiesen, dass sie rundenbasierte Rollenspiele mehr als gut können.


Eine weitere Abkehr von alten Traditionen stellt die Umstellung auf eine 3D-Engine dar. Das dürfte in der heutigen Zeit jedoch niemanden wirklich wundern, denn die Tage der handgemalten Hintergründe sind vorbei. Der bisherige Stand ist der, dass die Perspektive wieder isometrisch dargestellt werden soll, wir schauen also von schräg oben auf unsere Gruppe, während diese sich durch die gegnerischen Horden schnetzelt. Wie es sich auf den bisherigen Screenshots andeutet, erwartet uns dabei auch eine sehr ansehnliche Grafikengine, mit der selbst kleinere Details wie die Verzierungen eurer Rüstung schön anzusehen sind. Begleitend zum neuen Look soll auch das aus den Divinity bekannte Prinzip der „Mal schauen was ich alles anstellen kann“-Mechanik (ein besserer Name will mir gerade nicht einfallen) im Spiel Einzug halten. Konkret bedeutet das, dass wir als Spieler unsere Umwelt manipulieren und uns zu nutze machen können und sollen. Im Dungeon stehen ein paar Fässer mit Schmieröl für die Rüstungen rum? Zack, gleich einmal zerschlagen und jeder, der den nun öligen Untergrund überqueren will, muss erst einmal zusehen, dass er nicht ausrutscht oder hinfällt. Unsere Bogenschützin möchte den größtmöglichsten Vorteil aus ihrer Fernkampfwaffe ziehen? Dann lassen wir sie vor dem Abfeuern ihres Bogens eben noch auf einen Felsen klettern – die verschiedenen Höhenstufen sei dank. Die sind nur zwei mögliche Beispiele, doch die Entwickler versprechen unzählige Möglichkeiten und laden den Spieler auch ein, möglichst kreativ oder experimentell zu sein.


Doch es ist nicht nur alles neu. Das Grundgerüst von Dungeons & Dragons mit seinen Attributen, Fertigkeiten, Talenten und Würfelwürfen scheint immer noch dasselbe zu sein und auch wenn die Klassen etwas zusammengestutzt wurden (wieso nur gibt es meinen geliebten Hexer nicht mehr?!), sind alle wichtigen Vertreter inklusive Prestigeklassen dabei. Ihr sollt zudem, ähnlich wie in Dragon Age: Origins, die Möglichkeit erhalten, eurem Charakter eine eigene Herkunfts-Geschichte zu verpassen bzw. einen bereits vorgefertigten Charakter zu nehmen, die alle ihre jeweiligen Besonderheiten und Macken haben. Hier scheint sich Larian ganz an dem klassischen Spielgefühl zu orientieren, sodass sich Baldur‘s Gate 3 zumindets auf dem Papier noch sehr vertraut liest. Was ich als passionierter Schurkenspieler allerdings begrüße, ist die Tatsache, dass das Stealth-System allen Anschein nach überarbeitet wird und nun tatsächlich rein auf einem Line-of-Sight Prinzip basiert. Vorbei die Zeiten, in denen man sich erfolgreich getarnt hat, nur um zwei Schritte später von einem Ork, der drei Räume entfernt steht, erspäht zu werden.


Das sind nur einige der bisherigen Infos, die mittlerweile bekannt sind und ich muss ehrlich gestehen, dass ich mich sehr auf das Spiel freue. Mit eher gemischten Gefühlen sehe ich den Umstand, dass das Spiel bereits dieses Jahr im Early Access spielbar sein soll. Hier soll man die Geschichte bis zu einem festgelegten Punkt spielen und gleichzeitig das Spiel testen können. Normalerweise bin ich nämlich kein Freund des Early Access Prinzip aber hier könnt eich tatsächlich zum ersten Mal schwach werden. Doch bis dahin wird wohl noch eine ganze Weile vergehen, denn mit dem endgültigen Release von Baldur‘s Gate 3 werden wir wohl dieses Jahr nicht mehr rechnen dürfen. Doch wer weiß, vielleicht erwartet uns mit Teil 3 der Reihe ja wieder eine ähnliche Revolution wie damals 1998 – auch wenn das Genre diesmal nicht vom Sterbebett geholt werden muss.


Ich danke allen, die sich bis hierher durchgebissen haben. Wie sieht es bei euch aus? Hattet ihr Baldur‘s Gate 3 auf den Schirm? Freut ihr euch auf den Titel oder lässt euch die Wiederauferstehung des Klassikers eher kalt? Gebt mir einfach eure Meinung in den Kommentaren kund, über Feedback, Lob, Anregungen oder ähnliches freue ich mich ebenfalls.

Kommentare 4

  • Was mir halt als erstes auffällt: Es sieht viel mehr nach einem typischen Larian-Spiel denn wie ein Baldur's Gate aus. Das mag sinnvoll sein, kann aber auch daneben gehen, wenn alte Fans angesprochen werden sollen. Ich bin bisher noch skeptisch. Nicht, was das Spiel an sich angeht, denn das wird garantiert mindestens sehr gut, aber ob es den Namen Baldur's Gate "verdient"? Wir werden sehen.

  • Mit dem alten Kampfsystem würde mich das Spiel keinen Millimeter reizen.

  • Dankeschön für diesen sehr interessant Blog. Baldurs Gate hat mir bis zu der Stadia Präsentation gar nichts gesagt. Da ich aber auch kein RPG–Fan bin, ist hier die Interesse begrenzt. Auf jeden Fall ist es aber mutig von einer abgeschlossenen Serie einen neuen Teil zu machen. Hoffe das du uns dazu noch mehr Artikel schreibst, würde mich interessieren wie das Spiel bei dir so ankommt wenn es draußen ist.

    • Mal sehen, evtl werde ich ja schwach und schau dieses Jahr in den Early Access rein. Dann werde ich mal Bescheid geben ;)