6 Gründe warum die Virtual Console schlechter ist als ihr Ruf

Die Virtual Console ist Geschichte. Stattdessen hat Nintendo seine Klassiker-Bibliothek an das kostenpflichtige Abo ihres Online-Services gekoppelt. Die Kritik daran ist groß und zum großen Teil berechtigt. Wenn es darum geht, dass nur so wenige Spiele und unterschiedliche Plattformen im Angebot sind, als auch dass man die Spiele nicht durch einen Einmalkauf dauerhaft spielen kann, dann wird oft erwähnt, wie viel besser das alte Modell der Virtual Console doch war. Generell wird diese dann gelobt und als positives Beispiel dargestellt. Das stimmt auch an vielen Stellen. Jedoch war auch die Virtual Console alles andere als perfekt.


Ich selbst sehe all die Kritikpunkte der aktuellen Variante durchaus als gerechtfertigt an. Daher geht es mir hier und generell auch nicht darum, diese zu verteidigen. Mein Standpunkt ist der, dass die Virtual Console im Nachhinein mehr Lob bekommt, als sie es verdient hat und dass es auch an ihr einiges zu kritisieren gab.


Daher möchte ich nun die meiner Meinung nach größten Kritikpunkte der Virtual Console erläutern und am Schluss noch ein Alternativmodell entwerfen.


1. Keine Migration auf die nächste Plattform

Man konnte die VC-Spiele der Wii im Wii-Modus der Wii U nutzen. Abseits davon musste man die Spiele jedoch auf dem neuen Gerät erneut kaufen. Auf der Wii U gab es zwar einen Rabatt, wenn man die Spiele schon auf der Wii gekauft hat, aber selbst das ist meines Erachtens immer noch unverschämt. Die Virtual Console ist Emulation. Das heißt es werden Roms abgespielt, welche sich nicht verändern. Dass Nintendo mehrmals Geld für die gleiche ROM verlangt, ist nicht kundenfreundlich. Dass man Geld für Ports von Spielen auf die neue Konsole Geld verlangt ist klar, aber hier ist es das gleiche Spiel 1:1. Das ist als würde man bei Steam nochmal neu zahlen müssen, um auf dem neuen PC zu spielen. Wenn ich 2016 auf meiner Wii U und meinem 3DS Super Mario Bros. 3 spielen wollte, musste ich es zweimal kaufen. Das wurde viel zu wenig kritisiert.


2. Kein Crossplay/Cross-Saving

Wii U und 3DS hatten eine sich teilweise überschneidende Spielbibliothek. Hat man sich zum Beispiel Super Mario Bros. 3 nun zweimal gekauft, gab es keine Möglichkeit das Spiel Zuhause am Fernseher zu spielen und den Spielstand unterwegs am 3DS fortzusetzen. Technisch wäre es einfach umzusetzen gewesen, dennoch funktionierte es nicht. Gleiches galt auch für die Mini-Konsolen. Auch diese hatten kein Crossplay/Saving mit 3DS oder Wii U.


3. Feature-Armut

Auch abseits des mangelnden Crossplay/Cross-Saving strotze die Emulation der Virtual Console nie mit Features. Auf der Wii gab es nicht mal Savegames. Diese wurden zwar mit der Wii U nachgeliefert, aber das war es auch schon. Nintendo hat später selbst mit den Mini-Konsolen zumindest ein paar Optionen bei Auflösung/Seitenverhältnis gegeben. Bei der Switch kam Online-Multiplayer hinzu. Nicht nur fehlten diese Features bei der Virtual Console, auch da hätte es (wie bei der Switch nun auch) auch mal die Möglichkeit gegeben, gängige Features einzusetzen, die in der Emulationsszene oder bei Retro-Releases von anderen Publishern gängig sind. Filter und Scanlines, Achievements, Bonus-Material...


4. Schlechte Emulation

Gerade bei der Wii U sah die Virtual Console verwaschen aus. Auch hatte das Bild einen gräulichen Filter, weswegen alle Spiele viel zu dunkel waren. Sprich, die Emulation war einfach nicht sauber. Bei vielen N64-Spielen auf der Wii fehlte die Speicherfunktion. Man konnte nicht auswählen, ob man PAL oder NTSC-Versionen wollte und hatte somit oft die schlechteren PAL-Versionen. Sprich, es gab keinen einheitlichen Qualitätsstandard.


5. Die Spieleauswahl

Ja die Spieleauswahl war im Vergleich zur Switch sehr groß und vor allem auf der Wii total vielfältig. Dennoch habe ich auch hier Kritik. Dass das Angebot an Third Party geschwunden ist, ist noch mit Lizenzproblemen zu erklären. Jedoch ist es zu kritisieren, dass es auf der VC der Wii gar keine Handheld-Spiele gab. Auch auf der Wii U fehlten GB und GBC.

Durch die Virtual Console wurde zum ersten Mal des NES-Prequel zu Earthbound veröffentlicht. Jedoch nur für die Wii U. Nicht retro-aktiv für die Wii oder für den 3DS. Beim SNES Classic-Mini gab es Star Fox 2. Das hätte man nach dem Release der Konsole auch in die VC setzen können, zunindest mit zeitlichem Abstand. Gerade das sind die seltenen Spiele, die nicht jeder 1000 Mal gespielt hat und da ist es ja mit am wichtigsten diese zugänglich zu machen. Ist leider nicht passiert.


6. Die Controller

Während die Virtual Console aktiv war, gab es Gamecube-Controller, NES-Controller (durch NES Classic) und SNES-Controller (durch den Sternekatalog zu kaufen). Keine dieser Controller hatten USB-Anschluss oder Bluetooth. Das heißt, man musste sie bei der Wii über die Wii-Momte bzw. den GC-Port verbinden. Auf der Wii U musste einen extra Adapter kaufen oder die Wii-Mote dazukaufen, wenn man keine hatte. Selbst wenn man eine hat, ist es umständlich extra den Controller der Vorgänger-Konsole verwenden zu müssen. Ab der Generation PS3/360 sind Microsoft und Sony dazu übergegangen nur noch Wireless und USB zu verwenden. Nintendo hat an proprietären Ports festgehalten. Sie haben sich geweigert den Branchenstandard anzunehmen und damit die dauerhafte Kompatibilität versaut.


Die beste Variante der Virtual Console

  • Ab der Wii baut man so viele Features in die Virtual Console ein wie möglich. Das heißt Savegames, Filter/Bildoptionen, Achievements, Onlinegaming und und und. Jede neue Version der Virtual Console wird um Features erweitert, es werden jedoch keine gestrichen.
  • Nintendo stellt alle eigenen Spiele in die Virtual Console. Also auch GB, GBC, Virtual Boy... auf der Wii. Spiele werden nur gestrichen, wenn es aufgrund von Verträgen und Lizenzen nicht geht. Ansonsten wird das Angebot nur erweitert.
  • Nintendo garantiert, dass man jedes Spiel nur einmal kaufen muss. Somit kann man sich dauerhaft eine Bibliothek aufbauen.
  • Spielstände werden in er Cloud gespeichert und können von Konsole, zu Handheld und Mini-Konsole mitgenommen werden.
  • Hat man die Mini-Konsolen gekauft, hat man die Spiele automatisch in seiner Virtual Console freigeschaltet. Die Mini-Konsolen haben einen Modulschacht für Miniatur-Module. Auf diesen kann man dann weitere Packs an Spielen kaufen, welche ebenfalls in der VC freigeschaltet werden.
  • Nintendo bringt zum Release der VC Controller seiner alten Geräte heraus. Entweder Wireless und/oder mit langem USB-Kabel, sodass man die Controller langfristig mit zukünftigen Nintendo-Geräten nutzen kann, um dauerhaft einen authentischen Controller zu haben.
  • Zur Einführung des Switch-Online-Abos besteht die Möglichkeit parallel zum Abo weiterhin die Virtual Console zu nutzen.

Fazit:
Ich verstehe was Leute in der Virtual Console im Vergleich zur aktuellen Variante lieber mochten. Jedoch gab es dennoch einige Dinge, die gefehlt haben oder im Sinne der Kundenfreundlichkeit hätten implementiert werden können. Dabei handelt es sich an vielen Stellen nicht um unrealistische Fanwünsche, sondern um Dinge, die bei anderen Plattformen Gang und gäbe sind. Bei aller Kritik an dem Spieleangebot innerhalb des Switch Online-Katalogs sollte man daher nicht außer Acht lassen, dass Nintendo auch schon vorher konstant viel zu Wünschen übrig ließ.



Wie seht ihr die Virtual Console? Sind meine Kritikpunkte gerecht oder überzogen? Habt ihr noch weitere?

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ – Bob der Baumeister

Kommentare 4

  • Sehr schöner Text.

    Das man die Spiele nicht auf die nächste(n) Konsole(n) mitnehmen konnte und das man nicht sowohl auf Heimkonsole als auch auf Handheld die gekauften Spiele nutzen konnte sind die Punkte die mich am meisten gestört haben, es ist gut möglich das das in Zukunft anders sein wird aber solange das nicht gesichert ist würde ich wohl die Titel eh nicht (nochmal) kaufen.

    Bei den Mini Konsolen wurde leider viel Potenzial verschenkt - wenn schon nicht die Möglichkeit per Karte neue Spiele hinzuzufügen (legal) dann doch wenigstens online.... so schwer wäre das nicht gewesen. Ich bin trotzdem sehr zufrieden mit den Mini Konsolen und wünsche mir mehr davon aber das hätte man besser machen können und sogar Geld daran verdient.

    Das Nintendo die Virtual Console (derzeit) nicht zurückbringt liegt natürlich daran das sie die Titel in NSO anbieten, ist grundsätzlich auch ne gute Sache und freut mich da ich den Online Service (so selten ich ihn auch nutze) wohl eh holen würde.

    Yeah! 2
  • Danke dir für diesen Blog, dadurch bekommt man eine neue Sicht auf die Virtual Console. Da ich sie aber nicht genutzt habe kann ich hierzu nichts sagen!

    Intressant ist hier nur das die Games des (S)NES Online Services schon auf die Switch nativ angepasst sind und somit theoretisch auch einzeln im eShop angeboten werden könnten, z.B via Virtual Console. Nintendo setzt dies nur nicht um da es einfacher es ist die Games via Services anzubieten um auch ein Online Gaming Modus einzubauen. Daher sehe ich das Online Service Konzept in dieser Hinsicht auch nicht so schlecht wie immer dargestellt, dennoch hätte Nintendo gleich zu anbeginn (S)NES Games anbieten sollen.

    Yeah! 1
  • Spannender und guter Text!


    Es ist halt nicht alles Gold, was glänzt, und viele Negativpunkte blendet man über die Jahre erfolgreich aus.


    Ich glaube, dieses Ganze rundherum der VC ist den Leuten egal. Der Großteil will einfach nur die alten Games auf den neuen Konsolen zocken können.


    Ich denke auch, dass alle im eShop gekaufen Wii-, WiiU- und (3)DS-Games, sei es VC oder eben sonstige eShop-Games, mit dem Account verknüpft sein sollen, und so gut es geht auf der Switch und den kommenden Konsolen zukunftssicher verfügbar gemacht werden sollten.


    Die Ideen mit den Minikonsolen finde ich sehr gut! Ich denke jedoch, dass sowas eher unwahrscheinlich ist, weil man die Minikonsolen ja weiterverkaufen kann. [Andererseits könnte das ja den Gebrauchtmarkt für Minikonsolen unattraktiv machen]

    Ich habe auf der Wii und dem 3DS echt eine Menge geshoppt und würde mich freuen, diese auch auf der Switch zocken zu können, wäre da aber nicht bereit, diese Games auf der Switch erneut zu kaufen.

    Bleibt zu hoffen, dass Nintendo sich da einen Ruck gibt, umdenkt und endlich eine kundenfreundliche Lösung findet.

    Yeah! 1
    • Ich glaube, dass in Zukunft alle Käufe an den Account geknüpft sind und dann weiter genutzt werden können. Einerseits hat Nintendo ja jetzt endlich einen einheitlichen Account, was es vorher ja nicht gab. Andererseits ist es heutzutage ja auch im Interesse Nintendos das zu machen. Denn umso mehr Spiele ich bei meinem Account habe und auf die nächste Konsole mitnehme, desto eher bleibe ich bei Nintendo und gehe nicht zur Konkurrenz, denn da könnte ich die Spiele dann nicht wieder in der aktuellen Generation verwenden. Von daher glaube ich, Nintendo wird es machen. Nicht aus Kundenfreundlichkeit, sondern aus Eigeninteresse. Kann uns aber egal sein, Hauptsache es kommt. :) Jedoch wird es denke ich nur aktuelle Käufer im Switch-Ökosystem betreffen. Beim Rest sehe ich leider schwarz.


      Das mit den Minikonsolen war nur so eine Idee von mir. Im Nachhinein wird sowas wohl nicht mehr kommen. Man hätte aber bei jeder Konsole einen Downloadcode für die VC hinzulegen können. Das hätte es dann für den Markt unattraktiv gemacht. Aber ist leider nicht gekommen.

      Yeah! 3