Survivors-Like Special

"Vampire Survivors" war eine der großen Indie-Sensationen jüngerer Zeit und vereinte zwei ziemlich unkomplizierte Subgenres: Man nehme einen herkömmlichen Twinstick Shooter, füge diesem Auto-Aim und Auto-Fire hinzu, addiere etwas Meta-Progression und die Runs aus dem Roguelike-Genre - fertig ist der ultrakurzweilige Auto-Shooter. Ergänzt man dieses Spielprinzip um einhändige Bedienung und ein schlichtes grafisches Erscheinungsbild, das auf jedem Taschenrechner lauffähig ist, ist die Menge potenzieller Spieler*innen entsprechend groß - und die der ähnlich gestrickten Folgeprojekte natürlich auch. Deswegen widme ich mich heute den Survivors-Likes, die für eine kleine Runde zwischendurch ohne Konkurrenz dastehen und mittlerweile auch auf der Switch so ziemlich angekommen sind.



Neuro-Voider (2017)


Den Auftakt macht mit Neuro-Voider ein Spiel, das genau betrachtet eher ein Vorläufer des Genres ist. Hier wird in bester Twinstick-Manier noch selbst gezielt, während Meta-Progression durch Abwesenheit glänzt - das schadet den einzelnen Runs durch zufallsgenerierte Levels aber nur marginal. Ziel des Spiels ist es, sich mit einem ausbaufähigen Roboter durch ebenfalls maschinelle Gegnerhorden zu ballern und zu schnetzeln. Dabei helfen zwei Waffen nach Wahl (eine je Arm) und diverse Spezialfähigkeiten, die insbesondere bei den Zwischenbossen überlegt eingesetzt werden wollen.

Es gilt zudem in jeder Stage diverse Batteriestationen zu zerstören und so ein Portal zu öffnen, dass den Ausgang markiert - nach einer kurzen Upgrade-Session mit erbeuteten Teilen setzt sich der Metallsturm dann im nächsten Level etwas besser ausgerüstet fort.


Neuro-Voider ist beileibe keine Doktorarbeit, aber das smoothe Gunplay und die zahlreichen Mods für Grundwerte und Waffen motivieren immer wieder zu längeren Sessions. Dazu kommen zwei Faktoren, die das Spiel auf ein komplett anderes Level hieven: Die unglaublich geschmackvolle Pixelgrafik, die ihre SNES-Liebe gar nicht verbergen möchte, und ein Banger von einem Soundtrack. Die Macher des Spiels konnten mit Dan Terminus eine der absoluten Darksynth-Ikonen gewinnen, deren dunkel treibende Soundwände dem dystopisch-maschinellen Setting den letzten Schliff geben und dafür sorgen, dass Adrenalin nur in großen Kannen ausgeschenkt wird. Ein Traum.



Brotato (2023)


Brotato erschien zwar erst im Fahrwasser des OG Vampire Survivors, stellt für mich allerdings eine Zwischenstufe dar: Wie Neuro-Voider baut der knüppelschwere Kartoffelsalat auf abgeschlossene Levels bzw. Wellen mit einem überschaubarem Umfang von maximal 2 Minuten. Danach gibt's eine kurze Shoppingtour, bevor man sich mit neuen Upgrades in die nächsthärtere Runde stürzt. Durch das Erreichen verschiedener Goals werden nach und nach zahlreiche Charaktere freigeschalten, die allesamt eine eigene Mischung aus Perks und Nachteilen bieten - dauerhafte, run-übergreifende Upgrades für Waffen oder Stats gibt es darüber hinaus jedoch nicht.


Ein Alleinstellungsmerkmal von Brotato ist sicher das nicht endlos scrollende und mit etwa 4 Bildschirmen sehr überschaubare Spielfeld: Gegner und Hilfsmittel erscheinen aus dem Nichts an kurz zuvor markierten Stellen, wodurch der Fokus auf mehr oder weniger strategischem Ausweichen und Umrunden liegt. Glücklicherweise hat man durch Auto-Aim und Auto-Fire die Augen frei - zu den anspruchsvolleren Survivors-Likes würde ich das grafisch wenig beeindruckende Spiel aber dennoch zählen. Musik übrigens sehr gut, mit 4 Tracks allerdings ausbaufähig.



Army Of Ruin (2023)


Gewissermaßen mein Einstand im Genre, zumindest was die Switch betrifft. Army Of Ruin ist nicht weniger als ein Paradebeispiel für gut gemachtes copy-and-paste: Es nimmt das Vorbild und versieht dessen Mechaniken mit subtilen Änderungen, ohne dabei den Gameplay-Loop per se zu zerstören. Dem entsprechend gibt es hier vergleichsweise lange Runs mit zahllosen Upgrades on the fly, Endlos-Scrolling auf mindestens einer Achse und ein wahres Effektgewitter, wenn zehntausende aus dem Off heranbrandende Feinde ihr Leben lassen.


Dazu kommen permanente Upgrades und abwechslungsreiche Charaktere, eine angenehme Balance zwischen Herausforderung und Power Fantasy, sowie die enorm gut getunte Suchtschleife, ohne die im Subgenre quasi gar nichts geht. Das alles in glattgebügelter Mobile-Ästhetik der erträglichen Sorte und mit einer nie störenden musikalischen Untermalung - Army Of Ruin macht schlicht keine Fehler und ist daher von allen hier aufgeführten Games das rundeste und uneingeschränkt empfehlenswerteste.


Spirit Hunters: Infinite Horde (2023)


Auf dem Papier ganz ähnlich kommt das fast gleichzeitig erschienene Spirit Hunters daher: Comicgrafik mit Mobile-Appeal, haufenweise Freischaltbares in einem riesigen Talentbaum, quasi Army of Ruin am Anschlag and then some. Leider spielt sich das Game auf der Switch reichlich träge - beinahe indirekt - und wirkt auch in künstlerischer Hinsicht nicht ganz stimmig. So können Charaktere und die Storybildschirme durchaus überzeugen, während es in den Levels mitunter arg generisch zugeht. Und das hat dann nicht den DIY-Charme eines Vampire Survivors, sondern wirkt (auch mit Blick auf den Preis) ziemlich schnell ein wenig billig. Schade eigentlich.


20 Minutes Till Dawn (2023)


Mein zuletzt gespielter Titel war das eher klassisch aufgestellte 20 Minutes, bei dem es mir vor allem der cleane Pixel-Look angetan hat. Soloentwickler Flanne hat zudem eine wunderschöne Farbpalette zusammengeschraubt und erweckt so mit simplen Zutaten ein Lovecraft-Universum zum Leben, in dem man gern ein paar Runden zubringt.


Ziel des Spiels ist Überleben, und zwar die namengebenden 20 Minuten, die mit allerlei Feindeswellen und ein paar besonderen Gegnern aufwarten. Das Zielen und Schießen erfolgt manuell, was dank eingeschränkter Sichtweite und etwas chaotischer Progression für wahrnehmbare Spikes in den Runs sorgt - ab Minute 10 beißt man sich gerade anfangs häufig die Zähne aus, während der Countdown wie festgenagelt scheint. Dazu gibt es aufgrund des Projektil- und Effektgewitters durchaus Probleme mit der Lesbarkeit des Geschehens, was dem reduzierten Stil geschuldet sein mag.


Für das Spiel spricht in meinem Fall, dass ich trotzdem dran bleibe, aber das könnte bei euch je nach persönlicher Leidensfähigkeit auch anders sein. Im Vergleich zum mechanisch ganz ähnlich gelagerten Neuro-Voider zieht 20 Minutes daher ganz klar den Kürzeren. Schlimmste Designsünde des Spiels übrigens: Optisch gleiche Gegner tauchen in unterschiedlichen Phasen mit unterschiedlichen Lebenspunkten auf - quasi skalierende Schwierigkeit, die jeglichem Aufkommen von Power Fantasy einen Riegel vorschiebt. Macht man einfach nicht.


Welche Survivors haben euch am meisten überzeugt und sollten hier unbedingt noch auftauchen? - Schreibt's in die comments und happy gaming.