Test zu: Dead Cells The Board Game

Wer mich kennt und auch meine vergangene Test-Historie bei ntower kennt, der weiß, dass das Genre der Rogue-lites (bloß keine -likes …) sowas wie mein Steckenpferd geworden ist. Während damals der Funken so richtig mit Binding of Isaac anfing überzuspringen, habe ich mittlerweile sicher schon über hundert Rogue-lite-Titel gespielt und der nächste ist bereits auf dem Steam Deck installiert (Dungeon Clawler klingt aber auch zu interessant …) aber um eben diesen Titel soll es gerade nicht gehen. Zu meinem eigenen Entzücken durfte ich nämlich in der jüngsten Vergangenheit feststellen, dass das Genre auch langsam seinen Weg in die analoge Brettspielwelt findet – und zwar ganz konkret in Form von Videospielumsetzungen. Hier bei uns liegen mittlerweile Darkest Dungeon, Slay the Spire und – seit neuestem – auch Dead Cells, um das es in diesem kleinen Brettspieltest gehen soll. Denn man mag sich natürlich die Frage stellen; handelt es sich hierbei um eine Lizenzgurke oder schafft es das Spiel, das Spielgefühl der Vorlage auch in Brettspielform umzusetzen? Die Antwort bereits vorab: Ja, kann es, wenn auch mit einem kleinen Twist.


Cover


Dead Cells an sich ist aus dem Genre der Rogue-lites eigentlich nicht mehr wegzudenken. Im Mai 2017 erschienen sorgte das 2D-Metroidvaniaartige Spiel mit seinem ziemlich knackigen Schwierigkeitsgrad für einiges Aufsehen und diverse DLCs, inklusive einem Crossover mit der Castelvania-Reihe, später spricht man zurecht von einem Titel, der das Genre geprägt hat. Dafür gesorgt hat vor allem der Umstand, dass man unzählige neue Gegenstände in Form von Blaupausen im Spiel finden und dann Stück für Stück freischalten konnte sowie die eigene Anpassbarkeit des Spielstils. Man wollte eher wuchtig mit einem Zweihänder auf die Gegner einprügeln? Kein Problem. Mit Pfeil und Bogen aus der Distanz agieren und dazu Fallen und selbstfeuernde Apparaturen als Unterstützung einsetzen? Go for it! All diese Kleinigkeiten, die in vielen Genrevertretern heute Selbstverständlichkeiten darstellen, ließen sich in Dead Cells finden … und nun auch in der Brettspielumsetzung. Ja, der Exkurs ist vorbei, Zeit, sich endlich mal dem eigentlichen Thema zu widmen!


Dead Cells ist ein Brettspiel mit Deckbuilder-Elementen, das man entweder kooperativ mit bis zu vier Spielern oder in einem Einzelspieler-Modus gegen das Spiel selbst spielt. Ihr wählt zu Beginn einen „Geköpften“ (das sind die netten Herrschaften aus dem Videospiel mit dem flammenden Kopf), von denen jeder seine eigenen Stärken und Schwächen aufweist. Die Variation reicht hier vom defensiven Tank, über den Pyromanen, der mit Statuseffekten um sich wirft, bis zum aggressiven Vergifter oder dem versatilen Jack-of-All-Trade, der von allem ein bisschen kann. Je nach Geköpften stehen euch unterschiedliche Deck-Karten zur Verfügung, die ihr vor allem im Kampf benötigt. Die Variation macht sich spielerisch deutlich bemerkbar und wenn man sein Team halbwegs gut aufeinander abstimmt, können gute Synergien entstehen. Zudem ist die Balance auch gut gelungen, sodass keiner der Geköpften übermächtig oder überflüssig wirkt.


Wie in der Vorlage geht es darum, sich in einem „Run“ durch ein bis drei Level, sogenannte Biome, zu kämpfen, um am Ende einen Boss zu erledigen. Hier macht sich der erste Unterschied zum Videospiel bemerkbar, denn anstatt dass ihr bis zum letzten Boss überleben müsst, ist hier nach dem ersten Endgegner bereits Schluss und ihr schaltet ein neues Start-Biom, von dem ihr zukünftig starten und euch an anderen Herausforderungen messen könnt. Das war auch eine gute Entscheidung, denn so dauert ein einzelner Run im Normalfall nicht länger als eine Stunde und ein zähes Durchringen wird vermieden. Für mich und meine Frau mit unserer neunmonatigen Tochter war dieses Spielprinzip ein Segen, weil man so abends locker einen Run spielen kann (wir sind immer noch nicht durch…)


Dead Cells Brettspiel 4


Die Biome kommen jeweils in Form eines eigenen Spielbretts daher, auf dem verdeckte Plättchen verteilt werden, die entweder Kämpfe, Gegenstände oder kleine Ereignisse bereithalten. Ziel ist es, vom Startpunkt bis zum Ausgang des Bioms zu kommen. Die Prozession verläuft dabei anfangs ziemlich linear, vereinzelt habt ihr die Möglichkeit, an einer Abzweigung zwischen zwei Routen zu unterscheiden aber das wars. Erst wenn ihr Fortschritte im Gesamtspiel erreicht (dazu gleich mehr …), schaltet ihr Stück für Stück neue Möglichkeiten frei, alternative Wege und sogar Biome erkunden zu können. Das Spiel wechselt dabei auch immer wieder den Startspieler, der Entscheidungen treffen oder auch Kartenchecks durchführen muss – Letztere sind kleine „Skillchecks“, bei denen ihr auf eurem Kartendeck ein bestimmtes Symbol haben müsst, um zu bestehen.


Früher oder später kommt es dann zum Kampf und hier geht Dead Cells einen etwas ungewohnten, aber spannenden Weg. Auf einem extra Kampfbrett werden Gegnerkarten links und rechts von eurer Spielfigur, die sich alle Spieler teilen, aufgestellt.Der Kampf ist dabei in drei Runden gegliedert, in denen sowohl Spieler als auch Gegner Aktionen ausführen, je nachdem welche Aktionskarten sie ausspielen. Nun kann der Startspieler zwei, alle anderen jeweils eine Karte ausspielen und als aktive Kampfkarte in den Kampf einbringen. Das Besondere daran: Jeder kann eben nur diese eine bzw. zwei Karten ausspielen und das wars. Ein Beispiel:


Zitat

Mein Geköpfter ist kein Startspieler und kann daher nur eine Karte ausspielen. Auf einer meiner Handkarten sind folgende Aktionen: In Runde 1 kann ich einem beliebigen Gegner 1 Schaden zufügen, in Runde 2 passiert nichts und in Runde drei kann ich mich oder einen Mitspieler heilen.


Jede nun abgeworfene Karte wird dann von Anfang bis Ende ausgespielt. Um das Ganze noch etwas spannender zu gestalten, gibt dass Spiel als Regel vor, dass man sich nicht über Details auf den eigenen Karten absprechen darf. Das war anfangs sowohl für mich als auch meine Frau sehr ungewohnt und wir haben dadurch nicht immer effizient gespielt, doch je mehr Routine wir bekommen haben, desto besser konnten wir unsere Fertigkeiten letztendlich aufeinander abstimmen und abschätzen, was für den jeweiligen Kampf angebracht war. Gleichzeitig führt diese Art von Kampfsystem dazu, dass manche Kämpfe nicht gewonnen werden konnten – was aber nicht schlimm ist. Solange die Gruppe überlebt, bedeutet ein gescheiteter Kampf nur, dass man keine Beute für die jeweiligen Gegner erhält. Und so wird aus dem Ganzen ein taktisches Spielchen, bei dem man möglichst viele Gegner bezwingen will, ohne selbst zu viel Schaden zu nehmen – denn wenn nur ein Mitspieler stirbt, heißt es Game Over.


Dead Cells Brettspiel 5


Aber ein verlorener Run ist nicht unbedingt schlimm. Wie auch schon in der Videospielvorlage, könnt ihr im Laufe eines jeden Runs sogenannte Zellen erhalten. Entweder als Belohnung für bekämpfte Gegner oder in Form von Beute, die ihr aus Schatzkisten zieht. Sowohl bei einem erfolgreichen wie auch gescheiterten Run verliert ihr am Ende all eure erbeuteten Gegenstände, euer Gold und, und, und …. Außer eure Zellen. Diese könnt ihr nun nutzen, um permanent neue Waffen, neue Starthilfen oder spezielle Feats freizuschalten, die euch zukünftige Runs erleichtern können. Und so entsteht ein durch und durch motivierendes System, in dem man zum einen versucht, möglichst viele Zellen zu erhalten (und dadurch vielleicht auch mal etwas riskanter zu spielen) und zum anderen den Biom-Boss zu erreichen und sich so Stück für Stück an den Endboss heranzuarbeiten. Und für den Fall, dass man auch dies geschafft hat, gibt es auch hier einen Legacy-Modus, bei dem stetig neue Herausforderungen hinzukommen. Da wir aber noch nicht so weit gekommen sind, kann ich diesbezüglich noch nichts dazu sagen.


Dead Cells ist ein sehr motivierendes Brettspiel, das sehr kurzweilig und doch herausfordernd ausfällt und uns immer noch bei der Stange hält. Gerade wenn mal keine Zeit für eine abendfüllende Brettspielrunde da ist, sind solche Kleinode Gold wert. Zu der von mir gespielten Spielversion sei gesagt, dass es sich hierbei um die Kickstarter-Deluxe Version handelt, bei der als Spielfigur eine wirklich schöne und detaillierte Miniatur (unbemalt) beilag und die Spiele-Tokens, also die Zellen, das Gold, die Lebenspunkte etc, auis Plastik und nicht aus Pappe bestanden. Alle Materialien haben eine sehr gute Wertigkeit, hier wurde mit Liebe zum detail gearbeitet. Die Anleitung erklärt das Spiel sehr gut und anschaulich, bei Detailfragen haben wir jedoch einen ausführlicheren Index vermisst. Aktuell gibt es das Spiel anscheinend noch nicht im Handel, das soll sich aber noch ändern. Wir haben die englische Version gespielt, das Spiel wurde jedoch zumindest für Kickstarter ins Deutsche lokalisiert.


Habt ihr weitere Fragen zu dem Spiel? Hat euch eine Brettspiel-Rezension zur Abwechslung gefallen? Habt ihr selbst Videospiel-Umsetzungen in analoger Form zuhause und könnt mir etwas empfehlen? Lasst mir gerne einen Kommentar da.

Kommentare 3

  • Vielen Dank für den Test, der direkt mein Interesse an dem Brettspiel geweckt hat. Nach kurzer recherch freue ich mich, dass das Spiel auch nächstes Jahr über Frosted Games auf deutsch erscheinen wird Fang:

    https://frostedgames.de/drei-n…gungen-fuer-2025/2024/11/


    Ich werde mich also noch etwas gedulden und hier dann zugreifen.


    Als Brettspiel habe wir bisher nur Dorfromantik; Was ich sehr empfehlen kann.

    Yeah! 1 Herz 1
  • Schön mal einen Brettspiel-Test zu lesen. Bei Boardgamegeek steht es bei 8,2 was sehr gut ist. Wenn es regulär auf deutsch erscheint wäre das was für mich.


    Als Brettspielumsetzung habe ich Through the Ages, was Civilization imho sehr gut simuliert. Hat allerdings eine sehr lange Spielzeit.

    Yeah! 1
  • Toller Test, so ein Test wäre wars für die Rubrik Nerdkultur hier bei ntower :thumbup: .

    Hört sich als gutes Brettspiel an, und scheint echt spaß zu machen.

    Muss aber sagen, das Brettspiele nicht mehr so das meine sind; und ich daher mir auch dieses nicht holen werde. – Weis nicht wieso ich hierauf die Lust verloren hab.

    Yeah! 1