Vor zehn Jahren zählte THQ noch zu den Großen. South Park: Der Stab der Wahrheit, Darksiders, Red Faction und die Saint's Row-Spiele sowie viele weitere Titel wurden von diesem Publisher einst vertrieben. Doch dann musste wegen einer finanziellen Notlage THQ zerschlagen werden. Während einige Studios den Besitzer wechselten, mussten andere Unternehmen geschlossen werden. Den größten Gewinn aus der Zerschlagung hatte aber der kleine Publisher Nordic Games, welcher unter Anderem die Rechte an Darksiders sowie Red Faction erwarb und seitdem diese Titel vertreiben. Letztes Jahr erfolgte die Umbenennung des Unternehmens in THQ Nordic. Dieser ist aber schon längst kein kleiner Fisch mehr, sondern hilft auch beispielsweise dem deutschen Entwickler Piranha Bytes bei der Veröffentlichung und Entwicklung von Elex.
THQ Nordic hat schon einige Spiele wie Legend of Kay: Anniversary Edition und Darksiders Warmastered Edition – welche übrigens vom deutschem Entwickler Kaiko Games portiert wurden – für die Wii U veröffentlicht. In den nächsten Wochen sollen dann Sine Mora EX und Battle Chasers: Nightwar für die Nintendo Switch folgen. In einem Interview mit GamesIndustry.biz erzählte Reinhard Pollice, Business and Product Development Director bei THQ Nordic, einiges zu der Namenswahl, den Herausforderungen der heutigen Zeit sowie die Beziehung des Publishers zu Nintendo. So habe sich Nordic Games in THQ Nordic umbenannt, um nicht etwa für den Fall eines großen Publishers sondern für dessen ehemaligen, herausragenden Ruf, vor allem in den USA, zu stehen. Und damit man nicht denkt, dass THQ tot sei (was es durch die Zerschlagung aber ist), hat man das Anhängsel Nordic gelassen.
Außerdem glaube Pollice, die ehemaligen Strukturen betrachtend, dass THQ hätte nicht fallen können. Doch leider gab es eine Reihe unglücklicher Zustände. THQ Nordic will den Markennamen THQ wieder erneuern, erweitern und die vielversprechenden Marken weiter ausbauen. Zurzeit untersuche man für jede Marke dessen Möglichkeiten zur Nutzung und dessen Ausbau. Diese sollen größer werden und den Weg zu mehr Leuten finden. Nach den Erwerb der Marken hat THQ Nordic zwei Entwicklerstudios aufgebaut, eins in München (Grimlore Games) und Rainbow Studios in Phoenix, Arizona, USA (2013 erworben). Ein Teil ihrer Strategie, "Content is king" (zu Deutsch: Inhalt steht an oberster Stelle) kann nur durch kreative und interne Entwickler wie die gerade Genannten umgesetzt werden. Der andere Teil der Strategie ist, wie man die 15 bis 20 Marken, die THQ Nordic derzeit besitzt, richtig einsetzt. Man könne nicht einfach die Spiele raushauen, sondern sie müssen es richtig tun.
Beispiel für den gerade beschriebenen zweiten Teil der Strategie sei Darksiders 3, welches man erst vor kurzem (nicht für die Nintendo Switch) angekündigt hat. Nachdem THQ Nordic die Rechte an der Marke erworben hatte, kamen viele Anfragen von zum Teil hochkarätigen Entwicklern, welche gerne einen dritten Teil der Reihe entwickeln wollten. Anstatt einfach das beste Studio zu nehmen, wägte THQ Nordic lieber ab und so kam es zur Ankündigung von Darksiders 3 im Mai, welches von einem Großteil der Schöpfer der ersten beiden Spiele entwickelt wird. Als es noch THQ in Kalifornien gab, wurde dort immer gesagt, dass man ein Call of Duty bräuchte. THQ Nordic habe keine Mittel, solch große Spiele zu entwickeln. Außerdem habe sich der Markt verändert. Die Zerschlagung THQs stehe für den Zerfall der Mitte in der Spielelandschaft, da viele Publisher nur noch auf A- statt auf AAA-Titel gehen, aber zu groß für Niche oder Indie seihen. Doch nun habe sich auch die Zeit verändert. Schwere Spiele wie Dark Souls hätten vor zehn jahren keine Chance, heute erfreut sich die Marke großer Beliebtheit, auch durch die vielen Möglichkeiten, an die man den Spieler an die Titel heranführen kann.
Doch laut Pollice gibt es auch heute noch das mittlere Feld in der Spieleindustrie. Man solle nur auf Focus Home Interactive und 505 Games schauen. Auch THQ Nordic sehe er in der Position eines mittelgroßen Publishers, welches derzeit einige Projekte im Wert von einigen Millionen produziert. Laut Pollice ist derzeit auch eine gute Zeit für solch mittelgroßen Publisher, denn die Großen kämen nicht mehr gut vorran und es gäbe zu viele Inhalte in der Industrie, sodass es ungewiss sei, was erfolgreich sein wird oder schnell wieder in der Masse untergeht. Es wäre zunehmend riskanter für die großen Marken wie Call of Duty, welches auch derzeit leichte Rückgange verzeichne. Und den Erfolg von Overwatch hätte niemand von einem fast eingestellten Projekt erwartet, was nur weiter entwickelt wurde, um etwas veröffentlichen zu können. THQ Nordic versuche stets mit ihren Titeln die Erwartungen zu übertreffen.
Doch, wie steht es um die Beziehung zu Nintendo? THQ war einst bekannt für ihr familienfreundliches Angebot auf der Wii und den Nintendo DS, doch habe sich das Unternehmen nach dem Misserfolg von uDraw (ein Zeichentablet für Wii, PlayStation 3 und Xbox 360) auf Spiele für Erwachsene fokussiert. THQ Nordic würde derzeit ebenfalls mehr ein Angebot für Erwachsene haben und dies würden laut dem Interviewer eher weniger zu Nintendo-Systemen passen. THQ Nordic selber glaube, dass der Nintendo 3DS über kurz oder lang von der Nintendo Switch ersetzt wird. Doch leider hat die Konsole nicht genug Leistung. So hätte man viele Anstrengungen unternommen Battle Chasers: Nightwar auf der Nintendo Switch zum Laufen zu bringen und Open World-Spiele wie Elex wären zu fordernd.
Laut Pollice stehe man schon seit mehr als einem Jahr mit Nintendo wegen der Nintendo Switch in Kontakt und man untersuche auch jeden Titel, ob dieser auf der Nintendo-Konsole möglich sei. Man findet es auch Schade, dass die Nintendo Switch nicht mehr Leistung hat, aber man mus nun mit diesen Produkt leben und damit arbeiten. Jedoch sei, in Bezug auf Nintendo, dies ein weiteres Beispiel dafür, wie THQ sich damals streckte, etwas, was THQ Nordic vermeiden möchte. So versuchte sich THQ an Spielen für Kinder, mobilen Titeln, Western-Spiele und Titel für die Kernspielerschaft. "Es sei schwer, auf mehreren Parties gleichzeitig zu sein" sagte Pollice. Abschließend sagte er, dass man im Videospielmarkt nicht einfach ein Produkt rauswerfen könne. Man muss es mit Leidenschaft entwickeln und sein ganzes Herzblut in das Projekt stecken.
Quelle: GamesIndustry.biz