Jüngst veröffentlichte die Metroid-Fanseite “Shinesparkers“ ein Interview mit dem Technical Lead Engineer der Metroid Prime-Trilogie bei Retro Studios, Jack Mathews. Dieser arbeitet dort zwar seit einigen Jahren nicht mehr, plauderte angesichts der vielen spannenden Fragen allerdings aus dem Nähkästchen und ging auf einige Aspekte des Entwicklungsprozesses der Metroid Prime-Trilogie ein. Zuletzt kam er sogar auf das im vergangenen Jahr angekündigte Metroid Prime 4 zu sprechen und offenbarte, wie er als ehemaliger Entwickler der originalen Prime-Spiele zu dem neuen Projekt steht.
Die gehaltvollsten Punkte des Interviews haben wir im Folgenden für euch übersetzt, falls ihr allerdings des Englischen mächtig und Metroid-begeistert seid, so empfiehlt es sich, einmal einen Blick auf das originale Interview bei Shinesparkers zu werfen.
Über die Probleme während der Entwicklung von Metroid Prime...
Zitat von Jack MathewsWährend der Entwicklung des Spiels wurde die Mitarbeiterschaft von Retro halbiert, bevor das Team nochmals halbiert wurde. Zwischen diesen Ereignissen und all den Leaks, über die damals berichtet wurde, versuchten wir uns nur zusammenzureißen und jedem zu zeigen, dass wir als Team ein großartiges Spiel entwickeln konnten. Es war eine Art “Scheiß auf die Hater“-Mentalität.
Über die größten Schwierigkeiten des Entwicklungsprozesses...
Zitat von Jack MathewsFür mich persönlich war das schwierigste, stabile 60 Bilder pro Sekunde zu gewährleisten. Hierbei ging es nicht nur ums Programmieren, sondern es ging um Disziplin, sowohl von Seiten der Programmierer, als auch der Artists. Es war eine ständige Balance zwischen den 60 FPS und der optischen Pracht des Spiels. So musste das Spiel bei jedem Artist über die Konsole laufen, die QA hatte Tools, um potenzielle Framerate-Probleme feststellen zu können und ich war natürlich die ganze Zeit erpicht darauf, dass jeder die FPS-Zahlen hielt.
Am schwierigsten war dies mit SkyTown aus Metroid Prime 3. Ich erinnere mich daran, dass ich versucht hatte, das Gebiet aus dem Spiel zu streichen, als man mir erstmalig eine Konzeptzeichnung präsentierte. Wir mussten eine Menge Tools schreiben, um dieses Gebiet in dieser Form darstellen zu können und die Artists mussten sich ganz schön verbiegen. Doch auch heute erstarre ich noch in Ehrfurcht, wenn ich SkyTown erreiche, und bin unheimlich stolz auf das, was wir vollbracht haben.
Über die Entwicklung der Nachfolger, nachdem Metroid Prime in der Spielewelt gefeiert wurde...
Zitat von Jack MathewsWir versuchten, die Hardware so gut wie möglich auszureizen. In Metroid Prime 2 wollten wir viele verrückte Ideen bezüglich Dark Aether umsetzen, mussten aufgrund von technischen und spielerischen Gründen allerdings an einigen Stellen wieder zurückrudern. In Metroid Prime 3 fokussierten wir uns auf ein moderneres Lightning Model, auf größere Umgebungen und auf die Umsetzung der Wii-Steuerung.
Darüber, ob die Nintendo-Exklusivität der Reichweite und Beliebtheit von Metroid schaden könnte...
Zitat von Jack MathewsIch glaube mit mehr Zeit hätten wir auf anderen Konsolen ein cooler aussehendes Spiel kreieren können. Ob es sich auf mehreren Plattformen allerdings bedeutend öfter verkauft hätte? Ich bin mir da nicht mehr so sicher.
Bei Nintendo dreht sich vieles um Nostalgie. So ungefähr jeder meiner Generation hört gespannt auf, sobald man über Mario oder Zelda spricht. Wenn man allerdings über Metroid spricht, ist es vielmehr ein verwirrtes “oh, ja, ich glaube ich erinnere mich“. Natürlich hat auch Metroid seine Liebhaber und Fans, allerdings glaube ich, dass der Reihe die Nostalgie des Massenmarkts fehlt, der die Verkäufe ankurbelt. Es wäre ein leichtes sich die Beliebtheit von Metroid bei den Kritikern anzuschauen, daraufhin die geringen Verkaufszahlen zu sehen und dafür die Plattform zur Rechenschaft zu ziehen, aber ich denke, dass das nur eine Ausrede wäre. Ich glaube Metroid ist eine Nischen-IP und das ist auch nicht schlimm – wir könnten mehr große Spiele gebrauchen, die sich nicht an 90% des Marktes richten. Doch ob eine Veröffentlichung auf allen Plattformen ein Multiplikator für die Verkaufszahlen darstellen würde? Ich bezweifle es.
Über die Kritik, dass Metroid Prime 2 zu schwer und Metroid Prime 3 zu simpel sei...
Zitat von Jack MathewsMeine persönliche Meinung? Metroid Prime 2 war zu schwierig, wodurch allerdings viele andere Probleme des Spiels verdeckt wurden. Sich in der Schattenwelt aufzuhalten war ein konstanter Stressfaktor, das Munitionssystem war ein konstanter Stressfaktor, die Farbpalette der Schattenwelt war sehr eintönig, was zu Verwirrungen bei der Orientierung führte – ein Stressfaktor. Beim Spielen von Metroid Prime 2 macht sich schlicht ein unwohles Gefühl breit. Es war sehr schwierig, das Spiel zu entwickeln, da es viele Stimmen gab, wie man an den ersten Teil anknüpfen könnte.
Bei Metroid Prime 3 habe ich das Gefühl, die Kritik bezieht sich vor allem auf den Beginn des Spiels, speziell wegen der Linearität und den Zwischensequenzen. So fühlte es sich mehr wie ein Halo-artiger Shooter anstatt eines Metroids an. Sobald man allerdings in Bryyo ankommt, wird das Spiel wahrlich zu einem Metroid Prime. Und wenn man in SkyTown ankommt... Ich meine, verdammte Axt, dieses Gebiet ist einfach unglaublich, sowohl spielerisch als auch optisch.
Über potenzielle Verbesserungen in Metroid Prime 2...
Zitat von Jack MathewsAlles anzeigenViele gute Dinge basieren auf vorausgehendem Scheitern. Und Scheitern ist oftmals das Ergebnis von strikten Limitierungen. Beispielsweise hätte ich gerne größere Unterschiede zwischen der hellen und dunklen Seite von Aether gesehen, dafür mangelte es allerdings an Geld und Zeit. Wir entschieden uns die Gebiete wiederzuverwenden, weil der Zeitplan auf diese Weise machbar war.
Wir konnten keine technische Lösung finden, um die Schattenwelt so weit abzuändern, dass sie wirklich spannend wäre, und es stellte sich heraus, dass komplett dunkle Gebiete schlicht keinen Spaß machten – in ersten Konzeptzeichnungen lief Samus mit einem Scheinwerfer umher, der von ihr ausging, doch dies war unspielbar.
So mussten die Artists viel Arbeit investieren, um die Schattenwelt-Varianten der Gebiete abzuändern und es war weit mehr Arbeit als geplant. Tatsächlich war Sanctuary Fortress das einzige Gebiet, das mit diesem Plan im Hinterkopf entworfen wurde, weshalb beide Varianten dieses Gebiets sowohl großartig, als auch unterschiedlich aussehen. Die Zeit, alle Gebiete auf diese Art umzubauen, hatten wir allerdings nicht. Was wäre die Lösung? Besser zu planen? Weniger Spielinhalt zu liefern? Schlauer zu sein? Mit den Informationen, die wir damals hatten, wäre es schwierig, wirklich zu sagen, was wir anders hätten machen können.
Eine Verbesserung hätte ich allerdings parat – den Metroid Prime 2-Multiplayer. Das hätte niemals passieren dürfen.
Über die Probleme des Multiplayers...
Zitat von Jack MathewsNun, ich glaube einfach, dass das Spiel entweder das eine oder das andere hätte sein sollen. Metroid Prime Hunters ist dafür ein gutes Beispiel – es ist sich seiner Identität als Multiplayer-Spiel bewusst und setzt dort all seine Akzente. Als die Entwicklung von Metroid Prime 2 begann, stand der Multiplayer sogar im Fokus. Ich meine mich zu erinnern, dass das Projekt intern auch als “Metroid Prime 1.5“ gehandhabt wurde. Es hätte sogar die Möglichkeit gegeben, als Weltraumpirat zu spielen oder spezielle Fähigkeiten zu nutzen.
Als wir dann zum Singleplayer-Fokus zurückkehrten, hätten wir den Multiplayer direkt komplett streichen sollen. Es wurde großer Aufwand betrieben, um diesen zu ermöglichen. Wir mussten Third Person-Animationen für Samus kreieren, mehrere Spieler in einer Umgebung unterstützen, neue Effekte geringerer Qualität erstellen, Spielmodi entwerfen und so weiter und so fort. Alles Arbeit, die dem Singleplayer abhandengekommen war.
Darüber hinaus denke ich, als ein Metroid-Fan, dass die IP weiterhin eine Einzelspielererfahrung sein sollte. Mehrere Leute als Samus herumrennen zu sehen fühlte sich nie richtig an.
Über verworfene Gegner in den Prime-Spielen...
Zitat von Jack MathewsIch kann mich zwar an keinen Code erinnern, aber es gab eine lächerliche Anzahl an Konzeptzeichnungen zum Spiel. Der größte Wegfall, an den ich mich erinnere, dürfte Kraid gewesen sein. Es gab bereits einige Prototypen, allerdings war es ziemlich offensichtlich, dass unsere Zeit nicht ausreichen würde, um ihn fertigzustellen. Ich erinnere mich nur noch daran, dass er riesig war und dass es viele Plattformen gab. Ich glaube der Omega Pirat hatte seinen Platz eingenommen, und damit bin ich eigentlich auch zufrieden. Ich denke, dass dieser letztlich ein ziemlich cooler Boss war.
Über Nintendos Ankündigung von Metroid Prime 4 und dessen Entstehung bei einem neuen Team...
Zitat von Jack MathewsMeine erste Reaktion war eine seltsame, kleine Form von Wut. Wut, weil Nintendo die Frechheit besaß, Metroid Prime einem anderen Studio anzuvertrauen. Ich hatte das Gefühl, Metroid Prime sei Retro, weshalb ich das Ganze instinktiv als Schlag ins Gesicht wahrnahm, auch wenn ich seit acht Jahren kein Teil von Retro mehr war.
Kurz darauf dämmerte mir, dass meine Einstellung total kindisch war und dass Retro selbst zum damaligen Zeitpunkt auch nur ein unbekannter und zusammengeworfener Haufen war, als wir Metroid bekamen. Es könnte also spannend sein, was ein frisches Team mit einem frischen Blickwinkel damit anstellt. Aktuell bin ich nur im “abwarten und Tee trinken“-Modus. Wie auch immer es kommen mag, ich weiß, sobald es erscheint, werde ich meine gute, alte Switch entstauben und mächtig loslegen.
Quelle: Shinesparkers