Eine der Leitfiguren ist ohne Zweifel Shinya Takahashi, der die Position des Managers der Planungs- und Entwicklungsabteilung einnimmt. Dieser ist bereits seit fast 30 Jahren bei Nintendo und kennt die Strukturen sehr gut. Im Londoner "The Guardian" hat Shinya Takahashi einen umfangreichen Einblick in Nintendos Politik gegeben. Natürlich wurde dabei der Nintendo Switch-Erfolg reflektiert und auf die kreative Ader Nintendos mehrfach hingewiesen. Schauen wir uns doch das Interview genauer an.
Nintendo feiert schon seit dem Erscheinungstermin der Nintendo Switch im März des Jahres 2017 einen großen Erfolg. Denn die Konsole ist zur Überraschung vieler extrem populär geworden. Vor allem The Legend of Zelda: Breath of the Wild konnte sich absetzen und erhielt im Laufe des Jahres dutzende Awards. Shinya Takahashi hat aktiv an der Entwicklung der Nintendo Switch-Konsole mitgearbeitet und hatte selbstverständlich den Misserfolg der Wii U im Kopf. "Menschen fragen uns, ob wir absichtlich die Risiken eingehen. Doch unserer Meinung nach gehen wir keine Risiken ein, wir probieren einfach neue Dinge aus," so Takahashi gegenüber dem Londoner Tagesblatt. "Uns begleitet immer der Gedanke, wie wir die Spieler überraschen können. Es ist nicht so, dass wir uns zwingen Innovationen zu bringen, wir versuchen einfach Wege zu finden, wie die Leute glücklich werden können," sagte Takahashi mit einem warmen Lächeln. So ist Innovation ein Nebenprodukt von Nintendos Arbeitskultur. In einem kreativen Prozess eines Unternehmens fängt es zuerst mit Ideen an:
Zitat von Shinya TakahashiIn vielen Fällen weisen wir zuerst eine kleine Gruppe einem Projekt zu, nicht unbedingt erfahrene Mitarbeiter, aber Entwickler, die mit neuen Ideen daherkommen. Diese Ideen begleiten den Entwicklungsprozess bis hin zum Endprodukt. Super Mario Odyssey ist ein gutes Beispiel, um dieses zu erklären: Wir hatten mehrere kleine Gruppen gebildet und als Resultat bekamen wir viele unterschiedliche Ideen, welche wir in ein einzelnes Produkt verpackt haben. Normalerweise finden wir in der früheren Entwicklung die richtige Aufgabe für jedes Projekt. Ich glaube jedes Spiel hat eine andere Aufgabe. Mit dem Spiel 1-2-Switch hatten wir beispielsweise die Aufgabe ein Partyspiel zu entwickeln, in dem Spieler nicht den Bildschirm, sondern sich gegenseitig anschauen.
Um dies zu gewährleisten, ist ein kontinuierlicher Fluß an neuen Talenten vonnöten. Anfangs war noch Shigeru Miyamoto das kreative Gesicht von Nintendo, doch jetzt kommt eine neuere Generation von Spielentwicklern, so zum Beispiel der Splatoon-Direktor Tsubasa Sakaguchi, der dem Unternehmen seit 2004 angehört. Laut Takahashi ist die Erfahrung nicht die größte Priorität bei einer Anstellung, sondern eher der Fokus einer Person.
Zitat von Shinya TakahashiDer japanische Arbeitsmarkt ist anders als der in westlichen Unternehmen. In Japan stellen wir die Leute direkt nach dem College ein. Wir haben viele Kandidaten, die sich bei Nintendo bewerben und in vielen Fällen sind die, die wir anstellen die, die wirklich verstehen, was sie in den Lehrjahren erreicht haben. So sehen wir einen Künstler, der sehr fokussiert auf ein bestimmtes großes Projekt war, welches über mehrere Jahre erarbeitet wurde. Wenn wir eine Person sehen, die von Anfang bis Ende des Kurses an einem einzigen Film gearbeitet hat, braucht solch eine Person viel Verbissenheit und Erfahrung, um so eine Sache zu Ende zu bringen. So etwas suchen wir.
Die Sache ist die, dass die Qualität des Endprodukts mich nicht wirklich interessiert. Mich interessiert eher, wie sie sich so lange fokussieren konnten, was sie über diese Jahre gedacht haben und das ist genau das, was für mich wichtig ist. Wir möchten, dass unsere Mitarbeiter so kreativ wie möglich sind und kreative Leute sollten nicht stumpf ihren Vorgesetzten folgen. Ich möchte, dass sie sich selber Fragen, ob ihre Entscheidung richtig ist.
Nintendo hat viele ausgefallene Ideen. So gehörte Nintendo zu den ersten, die Touchscreens, virtuelle Realität, Analog-Sticks, Bewegungssteuerung, portable Spielekonsolen, zwei Bildschirme und drahtlose Controller in ihren Produkten verwendet haben. Dies war manchmal erfolgreich und manchmal auch nicht. Somit kommen durch die innovativen Hardwaremöglichkeiten auch einzigartige Softwareideen zustande. So arbeitet das Hardware- und Software-Team eng nebeneinander. Das Hardware-Team fragt immer das Software-Team, ob diese Idee für die Software des nächsten Systems von Vorteil werden könnte. Manchmal ist es auch andersrum, wenn das Software-Team zu dem Hardware-Team kommt und diese fragt, ob diese Idee technisch umsetzbar ist. Diese Struktur ist ein großer Vorteil, so Takahashi, denn Nintendos Organisationsstruktur arbeitet seit Jahren zusammen und alle Abteilungen entscheiden zusammen, was das Ziel ist.
Nintendo Labo ist ein sehr anschauliches Beispiel, welches zeigt welche Wege Nintendo gehen kann. So bemüht sich Nintendo weniger in stärkere Hardware zu investieren, wie zum Beispiel die Konkurrenz aus dem Hause Microsoft und Sony, sondern eher bestehende Hardware zu neuen Technologien zu verhelfen. Doch Nintendo schaut trotzdem immer auf die aktuelle Technologie, wenn es darum geht, neue und überraschende Sachen zu entwickeln. Parallel dazu versucht Nintendo mit älteren Technologien neue Wege zu gehen. Laut Takahashi sind neue Technologien etwas zu anspruchsvoll, weshalb man versucht Wege zu finden, die die Technologie anwendbarer machen.
So war dies ein sehr interessanter Eindruck in Nintendos aktueller Strategie. Findet ihr Nintendo sollte dem "Mainstream" folgen oder lieber eigene Wege gehen und weniger dem Trend entlangschwimmen?
Quelle: The Guardian