Mit der sofortigen Veröffentlichung des Action-Puzzle-Indies Good Job! überraschte Nintendo nicht wenige Fans während der letzten Nintendo Direct Mini am 26. März. Das sympathische Büro-Chaos wurde dabei sowohl von Paladin Studios als auch von Nintendo selbst entwickelt. Im Interview mit Nintendo Everything verraten nun Masataka Takemoto (Nintendo Co., Ltd.), Takao Nakano (Nintendo of America) sowie Paladin Studios Producer Robert Abercrombie und Director Coen Neessen, wie es zur Zusammenarbeit kam, welche Ideen es gab und wie man einen einheitlichen Stil fand.
ZitatAlles anzeigenWie kamen Sie zur Idee für Good Job! und was war Ihre Inspiration?
Neessen: Roy, der das ursprüngliche Konzept kreiert hat, wollte schon immer ein Spiel mit einem Büro-Setting machen. Ein Büro war für uns ansprechend, da es strenge Regeln gibt, aber man gleichzeitig auch gerne mal was anstellen würde. Einfach mal etwas machen, was man sich in der Realität nicht trauen würde. Ich glaube, dass viele dieses Gefühl kennen.
Außerdem wollten wir ein Spiel entwickeln, das für jeden geeignet ist. Ein Spiel, das wir mit unseren jüngsten Kindern, aber auch mit unseren Eltern spielen können, die noch nie einen Controller in der Hand hatten. Das Büro als Setting schien dafür passend zu sein, da jeder irgendwie einen Bezug dazu herstellen kann.
Wie lang war das Spiel in der Entwicklung?
Abercrombie: Alle Phasen mit eingerechnet, ungefähr zwei Jahre.
Good Job! hat einen simplen, aber farbenfrohen und einprägsamen Stil. Weshalb haben Sie sich für diesen Stil entschieden?
Neessen: Vielen Dank. Wir hatten direkt von Beginn an Interesse an einem minimalistischen Stil. Unser Charakterdesign war sehr simpel und dem fertigen Produkt bereits ziemlich ähnlich. Es erinnerte uns an die Männchen von Warn- oder Straßenschildern und das empfanden wir als sehr passend, wenn man sich das Thema des Spiels anschaut. Es bedurfte noch einiger Verfeinerungen, aber die generelle Richtung war bereits da.
Den farbenfrohen Stil zu finden, hat uns hingegen mehr Zeit gekostet. Wir probierten einiges aus, aber es war sehr schwer, etwas Verspieltes zu finden, das auch eine Büroatmosphäre erzeugt. Frühere Entwürfe waren weit weniger bunt, außer vielleicht die Umgebung außerhalb der Level. Erst als wir auch die Level selbst dynamischer gestalten wollten, kamen wir zu dem Stil, wie er jetzt zu sehen ist.
Takemoto: Der erste Prototyp den ich sah, bestand noch aus Strichmännchen und alle Objekte waren nur schwarzweiß. Natürlich sah alles so einfach aus, weil es ein Prototyp war, aber dieser simple Ansatz gefiel mir sehr gut. Für die weitere Entwicklung wollten wir also, dass Paladin diesen einfachen Look beibehält, ohne das Ganze zu flach wirken zu lassen. Wir wussten, dass das eine schwierige Aufgabe ist.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Nintendo?
Abercrombie: Der Gründer von Paladin, Derk de Geus, versuchte seit über zehn Jahren den Fuß in die Tür zu bekommen. Glücklicherweise hatte auch Nintendo Interesse an einem Gespräch und so entstand dann die Entwicklung von Good Job!
Nakano: Es ist schon lange her, seit wir Paladin zum ersten Mal auf einem Videospiel-Event trafen. Ich hatte zuvor einige ihrer Mobile-Titel gespielt und alle erzeugten eine sehr heitere Atmosphäre. Ich hatte das Gefühl, dass sie ihre Spiele mit großer Sorgfalt angehen. Außerdem hörte ich, dass sie bereits Erfahrung in Bezug auf die Arbeit mit japanischen Videospielproduzenten hätten. Ich war daher sehr an Paladin als Studio interessiert. Seither haben wir nach einer Möglichkeit zur Zusammenarbeit gesucht.
2017 bot sich unserem Team dann die Chance, Paladin Studios zu besuchen und wir nutzten die Zeit, um weiter über gemeinsame Pläne zu sprechen. Wir baten Paladin an einer experimentellen Idee zu arbeiten und daraus entstand letztlich die Basis für Good Job! Nach weiteren Besprechungen entschieden wir uns, diesen „rohen Edelstein“ in ein vollwertiges Produkt zu verwandeln. Damit begann dann die Entwicklung.
Gab es Inhalte, die Sie gerne im Spiel gesehen hätten, die es aber nicht geschafft haben? Blieben einige Ihrer Ideen auf der Strecke?
Neessen: Die Entwicklung von Good Job! lief sehr iterativ ab und wir haben alles ausprobiert, was uns in den Sinn kam. Oft haben wir neue Features innerhalb eines Tages erstellt und getestet, ob der Funke überspringt. Wenn das der Fall war, haben wir weiter an dem Feature gearbeitet.
Also ja, wir haben sehr viele witzige Ideen eingefügt, waren aber nicht in der Lage, alle im Spiel zu behalten. Manches kam uns wie ein sehr gutes Konzept vor, passte dann aber nicht mehr zum Ton des Spiels. Anfangs war das Büro im Spiel sehr unrealistisch. Wir hatten Drucker, die zu Bomben wurden und sogar die Möglichkeit, die Zeit einzufrieren. Letztlich kamen wir aber zu dem Schluss, dass realistische, alltägliche Büroarbeit besser zum Humor des Spiels passt.
Wir hatten beispielsweise ein Level, das auch als Rennstrecke für Stuhlrennen und Feuerlöscher diente. Leider gestaltete sich die Kombination mit einem Puzzle-Level schwierig und wir mussten den Abschnitt wieder entfernen.
Können Sie etwas zur Erstellung der Level und Objekte sagen?
Neessen: Zuerst haben wir uns das Hauptziel des jeweiligen Levels angeschaut. Das konnte beispielsweise sowas wie „wässere die Pflanzen“ sein. Dann haben wir Mechaniken und kurze Szenarien entwickelt, die die Aufgabe spaßig gestalten sollten. Wir fragten uns selbst, wie wir etwas wie das Gießen von Pflanzen unterhaltsam gestalten könnten.
Waren wir mit dem Ergebnis zufrieden, kümmerten wir uns als nächstes um das Puzzle – oder „Problem“, wie wir es nennen würden. Das half bei der Erstellung der Herausforderung mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Erst designten wir die unzerstörbaren Objekte des Levels, was der schwierigere Teil war. Danach fügten wir die zerstörbaren Objekte für Abkürzungen hinzu. Diese Abkürzungen sorgen dann für Momente, in denen der Spieler scheinbar das Puzzle auf unterhaltsame Art umgehen kann. Nintendo leistete hier einen fantastischen Job als Berater und Unterstützer und half uns dabei, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Takemoto: Während des Brainstormings war es sehr schwer die generelle Struktur und Richtung beizubehalten. Irgendwann hatten wir dann das Konzept von „Spaß bei der Arbeit“, weil wir beim Spielen immer wieder laut loslachen mussten. Seitdem verlief der Entwicklungsprozess der Level und Objekte viel flüssiger. Wann immer wir eine neue Idee hatten, stellten wir uns die Frage: „Macht das die Arbeit spaßig?“ Das hat Entscheidungen sehr viel leichter gemacht.
Wie konnten Sie das Spiel sowohl für Einzelspieler als auch Mehrspieler optimieren?
Neessen: Hauptsächlich fokussierten wir uns auf den Einzelspieler-Modus und die Art des Spiels erlaubte uns in der Hinsicht einen recht lockeren Prozess. In dem Spiel geht es um das Brechen von Regeln und das eigenständige Lösen von Problemen, deshalb wollten wir den Spielern keine Regeln vorschreiben. Wenn die Spieler also gemeinsam eine clevere Lösung für ein Level finden würden, müssten wir sie nicht davon abhalten. Jede Lösung ist eine gute Lösung.
Für den Mehrspieler-Modus wollten wir das Zusammenspielen von Eltern und jungen Kinder ermöglichen. Während die Eltern das Problem lösen, können die Kinder ungehindert das Büro zerstören. Man kann definitiv zusammenarbeiten, um das Puzzle zu lösen, es wird aber nicht vorausgesetzt.
Takemoto: Bei Nintendo haben wir die Vorstellung, dass ein Spiel auch allein Spaß machen muss. Mehrere Spieler sollten keine Voraussetzung sein. Daher war uns eine gute Einzelspielererfahrung sehr wichtig. […] Ich war mir sicher, dass der Mehrspieler-Modus solide werden würde, denke aber auch, dass Paladin einen guten Job beim Balancing geleistet hat.
Zum Abschluss: Was für eine Erfahrung war die Entwicklung des Spiels? Haben sie besonders interessante Geschichten aus der Zeit?
Abercrombie: Um uns alle etwas besser kennenzulernen, haben beide Teams kurze Biographien zu sich verfasst. Wenn ich meinen Text neuen Leuten aus dem Projekt zeigte, wurde mir erst richtig bewusst, dass ich mit den Leuten arbeite, die die Spiele meiner Kindheit entwickelt hatten. Es war fantastisch zu hören, dass sie trotz ihrer langjährigen Erfahrung an jedes Projekt ganz neu herangehen.
Meine bisherige Erfahrung mit anderen Plattformen und Kunden fokussierten sich oftmals auf Performance und Grafik, daher war es während der Zusammenarbeit mit Nintendo sehr erfrischend den Fokus auf das Gameplay zu legen. Der Rest musste sich dann daran anpassen.
Neessen: Der Entwicklungsprozess war sehr hart, dafür aber auch unglaublich belohnend. Wir haben unsere Ideen möglichst schnell umgesetzt und die Vielversprechenden weiterentwickelt. Diese Arbeitsweise kann sehr stressig sein, da man nicht immer weiß, wo die Reise hinführt, doch letztlich fühlt es sich sehr belohnend an, wenn man sein Ziel durch Experimentierfreude erreicht. Die Arbeit mit Nintendo war unglaublich. Sie haben so viel Erfahrung und diese erstaunliche Mentalität, das Spaß an erster Stelle steht. Alles andere bleibt erstmal außen vor. Das klingt erstmal selbstverständlich, ist aber gar nicht so leicht, da während der Entwicklung so viel passiert.
Takemoto: Wir besuchten Paladin Studios während der Entwicklung und ihr Büro sah wirklich wie das in Good Job! aus. Ich denke ich weiß, woher ihre Inspiration kam.
Außerdem konnte man Regen auf ihrem Dach sehr deutlich hören. Während Videokonferenzen hörte sich dann selbst leichter Regen wie ein Gewitter an und wir hatten manches Mal Schwierigkeiten Coen und Robert zu vestehen. Das ist eine tolle Erinnerung!
Hättet ihr gedacht, dass die Zusammenarbeit zwischen dem niederländischen Entwickler und Nintendo so harmonisch abläuft?
Quelle: Nintendo Everything – Newsbild: © Nintendo