Wie wir einen Knast bauen
Mit The Escapist 2 erschien erst kürzlich ein Spiel für die Nintendo Switch, wo ihr aus einem Knast ausbrechen müsst. Nun erscheint mit Prison Architect ein Spiel, wo ihr auf der anderen Seite seid, denn diesmal müsst ihr ein Gefängnis aufbauen und verwalten. Aber nicht nur das Setting ist sich etwas ähnlich. Wenn der Spieler es nicht besser wüsste, dann denkt er tatsächlich, dass das wohl die gleichen Entwickler waren. Doch dem ist definitiv nicht so und im Detail fallen dann auch stilistisch einige Unterschiede auf.
Mit solchen Fotos wird die Geschichte vorangetrieben. Was hier aussieht wie ein normaler Mord, entpuppt sich als etwas Größeres.
Bei Prison Architect haben wir es mit einem richtigen Aufbauspiel für die Nintendo Switch zu tun. Sicher kennt ihr die Klassiker wie Theme Hospital, Space Colony oder auch Theme Park. Mit Prison Architect bekommt ihr genau das auch geboten. Solche Aufbauspiele findet der Genrefan leider nur noch im Indie-Bereich, allerdings ist es schön, dass solche Titel jetzt auch für die Konsole erscheinen. Für viele ist natürlich dann die Sorge groß, dass die Steuerung zu ungenau ist und die einzelnen Menü-Punkte zu verschachtelt. Doch weil das Spiel allgemein sehr komplex ist und viel von euch abverlangen wird, gibt es auch ein Tutorial, was ich unbedingt empfehle zu spielen. Das Tutorial ist natürlich relativ lang, aber wer jetzt mit langweiligen Textpassagen rechnet, kann beruhigt sein. Das Ganze ist nämlich in eine richtig interessante Geschichte verpackt, die zudem im Subtext auch etwas Kritik am Gefängnis-System in den USA übt.
So habt ihr also im ersten Level einen Insassen, der auf seine Todesstrafe wartet. Nur hat euer Gefängnis noch gar keinen elektrischen Stuhl. Also müsst ihr zuerst ein neues Gebäude bauen und dies wird euch schön erklärt. Einfach über das Steuerkreuz das entsprechende Menü auswählen und dann könnt ihr schon die Gebäudemauern errichten. Dort müsst ihr dann einen Warteraum und einen Vorraum einrichten. Dafür müsst ihr den Menü-Punkt „Räume“ auswählen. Meistens erscheint dann ein Warndreieck, was euch darüber informiert, was in diesem Raum noch fehlt. So geht ihr dann in den Menü-Punkt „Objekte“ und wählt zum Beispiel mehrere Stühle aus, um den Warteraum zu bestücken. Der Raum mit dem elektrischen Stuhl braucht natürlich, wer hätte damit gerechnet, einen elektrischen Stuhl. Jetzt ist dieser aber auch noch ohne Strom und so wechselt ihr die Ansicht und verlegt das entsprechende Stromkabel. Ein Testlauf zeigt aber, dass der Stuhl zu viel Strom zieht und so werden wir aufgefordert noch weitere Stromquellen zu installieren. Jetzt geht der lange Weg für den Insassen los, begleitet von einem Pfarrer und einem erbarmungslosen Offizier, die über den Sinn und Unsinn der Todesstrafe philosophieren. Dabei bekommen wir auch noch die Hintergründe dieser Tragödie mit. Dies ist der Anfang einer viel größeren Geschichte, wo Fans der Mafia voll auf ihre Kosten kommen. Bedrückend und politisch aktuell ist das Spiel so oder so.
Denn in den USA werden Gefängnisse von Firmen geleitet und hier regiert weder Vernunft noch die Justiz, sondern das Geld. Das bekommt ihr auch, wenn ihr eine regelrechte Festung aufbaut und die Insassen zum Beispiel arbeiten lasst. Ihr legt nämlich nicht nur fest, wie euer Gefängnis aussehen soll, sondern verwaltet auch das Personal, den Tagesablauf und auch diverse Strukturen. Wenn ihr euch zum Beispiel um die Insassen richtig kümmern wollt, dann könnt ihr Rehabilitierungsprogramme starten, Suchtberatung oder auch mehr Freizeitmöglichkeiten einführen. Dies kostet allerdings auch mehr Personal, mehr Objekte, mehr Arbeit und damit auch mehr Geld. Aber ihr könnt so ein Gefängnis auch mit harter Hand regieren und die Häftlinge gar arbeiten lassen. Der Weg zur Sklaverei ist damit nicht mehr weit! Ihr müsst euch also entscheiden, seid ihr ein liberaler Leiter, der wirtschaftlich stabil bleibt oder holt ihr mit einer sehr harten Führung jeden Cent heraus? Dann müsst ihr aber auch genügend Wachen und Wachposten aufstellen, kluge Patrouillen festlegen damit euch kein Häftling entwischt und immer wieder eine Razzia starten.
Natürlich kommt auch noch dazu, dass es hin und wieder sprichwörtlich einmal brennt oder die Insassen eine große Revolte anzetteln. Dazu habt ihr auch ein Menü für den Notfall und könnt Feuerwehrleute anordnen oder schwer bewaffnete Spezialeinheiten, die dann das Gefängnis säubern. Aber Vorsicht! Tode sind damit inbegriffen und so braucht ihr neben einer Krankenstation auch eine Leichenhalle. Ihr seht also, ihr müsst wirklich an alles denken! Auch an eure Mitarbeiter oder ob die Zellen sauber bleiben. Vieles steht euch auch am Anfang noch nicht frei, da ihr manche Funktionen noch erforschen müsst.
Nun hat die Nintendo Switch keine Maus und das ursprüngliche PC-Spiel muss mit dem Controller gespielt werden. Dies geht aber sehr gut. Wie bereits erwähnt, könnt ihr mit dem Steuerkreuz einzelne Baumenüs oder Organisations-Tools anwählen und dann könnt ihr weiter über ein Untermenü die Objekte auswählen. Das Bauen selbst läuft natürlich über den linken Stick. Richtig clever ist dabei, dass ihr sogenannte Schnellräume habt. Wenn ihr zum Beispiel den Plan von einer Zelle habt, sind der Grundriss und die Objekte schon mit dabei und ihr müsst nicht jede einzelne Zelle selbst gestalten. Solche Pläne könnt ihr auch selbst erstellen und speichern.
Inhaltlich hat Prison Architect ebenfalls einiges zu bieten. Neben der kurzen Einzelspieler-Kampagne, die auch mehr als Tutorial dient, könnt ihr natürlich frei ein eigenes Gefängnis aufbauen. Bevor ihr aber startet, könnt ihr auch Einstellungen vornehmen, wie groß die Map zum Beispiel sein soll sowie euer Startkapital und den Schwierigkeitsgrad festlegen. Den Direktor könnt ihr ebenfalls wählen und dieser hat auch einzelne Werte. So sind die Insassen bei einem Hippie zum Beispiel schneller zufrieden oder bei einem ehemaligen Soldaten haben die Polizisten mehr Erfahrung mit Schusswaffen. Aber auch bereits vorhandene Gefängnisse könnt ihr anwählen und müsst diese dann nur verwalten. Besonders gut: Ihr könnt auch euren Knast hochladen und von anderen Spielern herunterladen. Zudem sind beide DLC-Pakete enthalten und das dritte, wo ihr aus dem Knast ausbrechen müsst, soll ebenfalls noch kommen, dann allerdings kostenpflichtig.
Ja, wie bei The Escapist 2 müsst ihr in dem neuen DLC ebenfalls ausbrechen. Dies soll aber auch nicht die einzige Ähnlichkeit bleiben. So sind beide Spiele auch stilistisch kaum zu unterscheiden. Beide nutzen eine Mischung aus Pixel- und Zeichenlook. Durch das Setting sind die Ähnlichkeiten natürlich noch auffälliger, allerdings auch die Unterschiede. So versprüht Prison Architect nicht so viel Liebe und Charme im Detail und wirkt insgesamt etwas leerer. Zudem verzichten die Entwickler bei den Figuren auf den Pixelstil und so haben wir einen Kegel mit einem Kopf. Der Kegel verkörpert dabei immer, ob diese Figur zum Beispiel ein Insasse ist oder ein Polizist. Ich will ehrlich sein, richtig toll sieht das nicht aus. Der Soundtrack dagegen ist stimmungsvoll und ruhig. Eine Sprachausgabe gibt es leider nicht. Das Spiel läuft zudem im Handheld-Modus wie aber auch auf dem Fernseher stets flüssig. Nur wenn ihr die Spielgeschwindigkeit stark anhebt und gerade wirklich extrem viel los ist, kann es zu kleineren Rucklern kommen.
Was dieses Spiel besonders stark macht ist die ausgewogene Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit. Wenn sich so kleine Figuren kloppen, Ärzte einen sarkastischen Spruch bringen oder wir die eine oder andere bekannte Szene aus einem Film sehen, dann vergessen wir schon fast, dass die Thematik nicht ernster sein könnte. Doch das Spiel geht eben auch respektvoll mit dem Thema um und legt schonungslos dar, wie so ein Knastbetrieb genau läuft und dass Politik, wie auch die Wirtschaft diese Anstalten lenken und die Menschen teils ausgebeutet werden und nur noch als Ware behandelt werden. Auch der Irrsinn einer Todesstrafe wird zur Schau gestellt, als der Priester in der ersten Mission dem Wärter sagt, dass er, wenn er die Straftat nur ein paar Meter weiter verübt hätte, nicht auf dem Todesstuhl sitzen würde. Solche kleinen Botschaften verstecken sich nicht nur in den Dialogen, sondern finden sich immer wieder im Spiel und auch der Spieler muss gucken, wie er die Ordnung aber auch der eigenen Ethik entsprechen kann. Die Entwickler haben wirklich an alles gedacht und damit wird das Wort Simulation auch wirklich ausgereizt.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit