Ja, wo laufen Sie denn?
Mit der Einführung der Tablet-Devices im vergangenen Jahrzehnt folgte auch eine Wiederkehr von Wimmelbild-Spielen auf diesen Geräten. Insbesondere für Kinder geeignet, ließen diese Applikationen doch eine Menge Entdeckungen zu und begeisterten sowohl den Nachwuchs als auch die Eltern, die ihr Kind nun beschäftigt wussten. Knappe 10 Jahre später locken die Wimmelbild-Spiele den Core-Gamer natürlich nicht mehr hinter dem Ofen hervor. Doch insbesondere durch den Erfolg der Nintendo Switch machten sich viele App-Entwickler daran, auch auf der neuesten Konsole aus dem Hause Nintendo ihr Glück zu versuchen. Hidden Folks ist ein solches Beispiel, bereits auf etlichen Plattformen erschienen, macht sich das Spiel nun auf, sich auch auf der Nintendo Switch zu „verstecken“.
Aber mal Hand aufs Herz, wer drückt nicht gerne auf Touchscreens herum? Wir machen das jeden Tag auf unseren Tablets und Smartphones und wer davon nicht genug bekommen kann, der findet bei Hidden Folks ein tolles Spiel, um seiner Leidenschaft zu frönen. Gleich zu Beginn werdet ihr in ein Dschungel-Szenario geworfen und sollt einen Forscher, eine Schlange, einen Affen und seine Banane finden. Das abzusuchende Areal ist dabei noch sehr übersichtlich und klein, das stellt euch also vor keine allzu große Herausforderung. Doch ziemlich schnell wird klar, es geht in Hidden Folks nicht nur darum, die versteckten Gegenstände oder Lebewesen mit dem Auge ausfindig zu machen, sondern auch durch Berührung mit dem Finger zu finden. Dabei ist es gut möglich, dass ihr erst einen anderen Gegenstand beiseite, nach oben, nach unten schieben oder generell entfernen müsst, bevor ihr das Gesuchte entdecken und aufdecken könnt.
Hidden Folks teilt sich in verschiedene Kategorien auf, die ihr wie es euch beliebt besuchen könnt. Zunächst bekommt ihr es mit Wald-Levels zu tun, danach verschlägt es euch ins Ödland, bevor ihr euch in der Stadt ansiedelt. Doch auch Level mit dem Thema Fabrik findet ihr hier wieder, schließlich möchte die vielfältige Arbeitswelt auch abgebildet werden. Habt ihr vom Großraumbüro die Schnauze voll, könnt ihr im Urlaub in den Schnee oder an den Strand fahren, fast wie im richtigen Leben, oder?
In den einzelnen Kategorien startet ihr immer mit einem sehr leichten, kleinen Level. Dort sind in der Regel nur bis zu vier Gegenstände oder Lebewesen zu suchen und aufzudecken. Findet ihr eines, erklingt ein entsprechendes akustisches Signal und das Gesuchte wird abgehakt. Doch woher wisst ihr, was ihr suchen sollt? Am unteren Bildschirmrand seht ihr jeweils eine animierte Abbildung des Gegenstandes oder Lebewesens, deren genaue Entsprechung ihr im Level finden sollt. Zu jeder Abbildung gibt es aber auch noch einen kleinen Text, damit ihr einen weiteren Hinweis darauf bekommt, welche Figur genau gemeint ist. Spätestens im zweiten Level der jeweiligen Kategorie fährt Hidden Folks nämlich so richtig auf und das abzusuchende Areal wird riesig groß, mit dutzenden Figuren, Tieren, Gegenständen, Bäumen, Sträuchern und so weiter. Dabei ähneln sich einige Lebewesen, die dort zu sehen sind, sehr und bewegen sich auch so wie das gesuchte Lebewesen vom unteren Bildschirmrand. Von daher macht es Sinn, den Hinweis zu lesen und genau zu schauen, wer genau gesucht wird.
Ein Beispiel zur besseren Verdeutlichung: Auf einem großen Campinggelände mit etlichen Zelten, Wohnwagen und Wohnmobilen wird eine liegende Person gesucht. Die Beschreibung lautet: „Ivan ist als blinder Passagier mitgefahren und weiß nun keinen Ausweg“. Nun liegen auf dem Gelände etliche Personen auf dem Boden oder in Zelten, bei denen ihr zunächst die Plane hochrollen müsst, um zu sehen, wer im Zelt liegt. Bei knapp 40 Zelten ist das eine ganze Menge zum Absuchen, nur um dann festzustellen: Ivan ist nicht auffindbar. Also lesen wir den Text noch einmal und nun fällt uns der Passus „blinder Passagier“ ins Auge. Ivan scheint sich also noch in einem Fahrzeug zu befinden, die wir daraufhin ebenfalls absuchen. Etliche Wohnmobile später können wir Ivan immer noch nicht finden, doch da gibt es ja noch die normalen PKW. Einige von ihnen haben eine Dachbox oben auf dem Dach und schließlich finden wir Ivan in einer solchen Box. Mensch Ivan, da bist du ja!
Ihr seht, es ist nicht immer so einfach wie es scheint. Schließlich werden die abzusuchenden Areale mit der Zeit immer größer. Startet ihr in der Kategorie Schnee im ersten Level noch sehr klein, steigern sich die Level innerhalb einer Kategorie nach und nach in Größe und Umfang. Da ist es schnell notwendig, den Bildausschnitt mit dem Finger zu verändern, um sich einen Überblick zu verschaffen. Im zweiten Schneelevel habt ihr dann auch gleich einen ganzen winterlichen Berg abzusuchen, komplett mit Seilbahn, Hütte oben auf dem Berg, mehreren Ski-Abfahrts-Loipen, Waldbereichen, Schneemobilen und weiteren Gebäuden sowie Fahrzeugen unten im Tal.
Dabei ist vieles in Bewegung, seien es Menschen, die gerade die Abfahrt heruntersausen, eine Schneeballschlacht im Wald, Menschen in einer Wandergruppe, Menschen vor den Gebäuden, jede Menge Tiere und auch weitere Geheimnisse, die sich erst nach mehrmaliger Berührung mit dem Finger offenbaren und ein neues Ereignis freigeben. Sträucher müssen durch mehrmaliges Tippen kurzgeschnitten, Türen geöffnet und Löcher ausgehoben werden, weil sich dahinter oder darunter noch Objekte verstecken können. Dadurch ändert sich manchmal auch die unmittelbare Umgebung oder es werden neue Animationen freigegeben, die vorher nicht sichtbar waren. Genauso gut kann es sein, dass ihr erst etwas wachsen lassen müsst, um zum Ziel zu kommen. Vogelscheuchen erscheinen beispielsweise erst, wenn ihr das Getreidefeld um sie herum richtig hochwachsen lasst.
Es wuselt also überall herum, was es notwendig macht, hier und dort auch heranzuzoomen. Dies erfolgt natürlich mittels Touchscreen und dem Zwei-Finger-Prinzip, so wie wir das mittlerweile gewohnt sind. Dadurch könnt ihr den Bildausschnitt stark vergrößern und verkleinern, was sich immer mal wieder anbietet, um sich über die unterschiedlichen abgebildeten Situationen und Szenarien einen Überblick zu verschaffen. Doch auch dann ist nicht gesagt, dass ihr die gesuchten Objekte schnell und präzise findet, aber das macht ja auch den Reiz des Genres aus.
Wenn ihr weiter herauszoomt, bekommt ihr zwar einen Überblick, gescheit suchen lässt sich so aber nicht.
Kommen wir nun zu einem der Alleinstellungsmerkmale des Spieles, der Akustik. Hidden Folks gibt euch nämlich jedes Mal eine akustische Untermalung, wenn ihr mit dem Finger auf eine Stelle drückt. Der Clou ist, alle Geräusche wurden durch menschliche Laute „eingesprochen“, was das Ganze sehr schön lebendig wirken lässt. Da wird geblubbert, gepiept, geknarzt, gepfiffen und gepustet was das Zeug hält, immer passend zu der Stelle oder dem Objekt, auf das ihr soeben draufgedrückt habt, Bing! Beim Scrollen über den Bildschirm passt sich die Geräuschkulisse auch der Umgebung an, also auch wenn ihr nichts drückt, sind immer Nebengeräusche zu hören.
Hier geratet ihr schnell ins Schmunzeln und lockt unter Umständen die Menschen in eurer Umgebung an, die wissen wollen, was es mit den Geräuschen auf sich hat. Dennoch solltet ihr euch damit abfinden, dass ihr die meiste Zeit lediglich mit diesen Geräuschen belohnt werdet. Denn auch wenn ständig Geräusche ertönen, helfen sie euch bei eurem Ziel nicht weiter, dieses eine Objekt der Begierde zu finden. Das kann auch schon zu Frustration führen und die mundgemachte akustische Untermalung dann schnell nerven.
In den Levels sind schon mal bis zu 20 Objekte versteckt, die ihr aber nicht alle aufdecken müsst. So ist in den Levels eine bestimmte Anzahl an Objekten vorgegeben, die ihr finden müsst, bevor ihr das nächste Level einer Kategorie besuchen dürft. Ihr könnt aber jederzeit aus einem Level wieder ins Hauptmenü wechseln und ein anderes Level öffnen, wenn ihr mal nicht weiterkommt. Das Spiel speichert auch euren Spielstand regelmäßig in den Levels ab, merkt sich also für jedes Level separat, welche Objekte ihr aufgedeckt und gefunden hattet. Allerdings befinden sich alle versteckten Objekte dann wieder an ihrem Ursprungsplatz, jedes aufgeklappte Zelt oder jede geöffnete Türe ist dann wieder geschlossen.
Visuell lässt sich Hidden Folks in den über 25 Levels am ehesten als „handgezeichnete Tintenwelt“ bezeichnen. In Comics werden die Zeichnungen ja auch erst mit Tusche vorgezeichnet, bevor sie dann später koloriert werden und endgültig ihre finale Optik erhalten. Die Kolorierung wurde sich in Hidden Folks gespart, alles bleibt in schwarz und weiß sowie bei einer sehr vereinfachten Darstellung der Lebewesen oder Objekte. Dies mag auch den einen oder anderen Spieler abschrecken, denn viel Liebe zum Detail wurde in die einzelnen Objekte nicht gesteckt. Es geht vielmehr um das große Ganze, auf dem die Figuren sich bewegen und agieren. Gefällt euch die schwarz-weiße Optik nicht, könnt ihr sie wahlweise auch in sepia oder in einem Nachtmodus anzeigen lassen, wo sich die Figuren vor einem schwarzen Hintergrund absetzen, anstatt eines weißen.
Auf Wunsch könnt ihr die Hintergrundfarbe verstellen, wenn es euch so lieber ist oder ihr dort besser suchen könnt.
Hidden Folks ist ganz klar ein Spiel für den kleinen Hunger zwischendurch. Wer sich nicht im Handheld-Modus mit der Touchscreen-Steuerung abmühen will, kann auch gut mit den Analog-Sticks agieren. Dann wird ein Mauszeiger eingeblendet, der euch anzeigt, wo ihr euch für eine Interaktion gerade auf dem Bildschirm befindet. Mit dem linken Stick scrollt ihr dann über das Level, mit dem rechten Stick scrollt ihr durch die Hinweise unten auf dem Bildschirm. Die Schultertasten dienen euch dann zum Zoomen der Umgebung und mittels A-Taste könnt ihr den Bildschirm durch permanentes Drücken absuchen. Stört euch die Einblendung der Hinweise auf die gesuchten Objekte am unteren Bildschirmrand, könnt ihr diese auch an die Bildschirmseite oder nach oben verlagern.
Das wäre auch mein größter Kritikpunkt, das Absuchen. Klar, es ist Teil des Reizes, es liegt also in der Natur des Genres begründet, aber knapp 80 Prozent jedes Levels stoßt ihr lediglich eine Animation oder ein passendes Geräusch an, ohne das gesuchte Objekt zu finden. Das sollte euch klar sein, auch wenn die dargebotenen Areale mit Sicherheit immer mal wieder zum Schmunzeln einladen und mit Liebe zum Detail kreiert wurden. Deutsche Texte sind sowohl im Menü als auch im Spiel selbst verfügbar, wenn auch nicht immer grammatikalisch einwandfrei. Aber da das Spiel von einem sehr kleinen Team kreiert wurde und die Übersetzungen zum Teil durch eine Fan-Community erfolgten, geht das schon in Ordnung. Wie bereits eingangs beschrieben, gibt es das Spiel auch für einen geringeren Preis auf anderen Plattformen zu kaufen, wurde jedoch sehr schön an die Begebenheiten der Nintendo Switch, sei es für den Touchscreen oder die Joy-Con, angepasst und lässt sich auch mit dem Nintendo Switch Pro Controller auf dem TV-Bildschirm ordentlich steuern.
Unser Fazit
6
Überzeugend