Eine einsame Wüste und ich…
Ein Hack & Slash-Dungeon Crawler mit Flipperelementen, kann das funktionieren? Ja und wie! In Creature in the Well werden diese Gegensätze miteinander kombiniert und liefern ein Abenteuer, welches mich nicht nur von der ersten Sekunde an begeisterte, sondern zugleich auch mit spannenden Ideen, tollen Grafiken und einer geheimnisvollen Atmosphäre überzeugte. An welchen Stellen meines Tests jedoch große Frustmomente entstanden sind und warum ich trotzdem am Ball blieb, werdet ihr im Folgenden erfahren.
Bei Creature in the Well übernehmt ihr die Kontrolle über die letzte verbleibende RBT-K-Einheit, welche das Ziel hat, eine alte Anlage mit Energie zu versorgen und wieder zum Laufen zu bringen. So soll das einst blühende Dorf Mirage wieder florieren und ihm neues Leben eingehaucht werden. Das Spiel wirft euch hierzu in eine unscheinbare Wüste mit alten, verfallenen Gebäuden und einem Berg, welchen es zu erkunden gilt. In diesem befinden sich nicht nur alte Technologien, sondern auch ein unbekanntes und zugleich riesiges Wesen, welches eure weiteren Schritte verhindern möchte. Begleitet wird die Story hierbei von einzelnen Charakteren, welche euch ein paar wenige Hintergrundinformationen liefern. Tiefergehendes Verständnis über die Vorkommnisse erlangt ihr nur über unterschiedlichste Schaltzentralen, welche sich versteckt im Berg befinden. Der Weg dorthin ist jedoch mit allerlei Fallen gespickt, welche es zuvor zu überwinden gilt.
Kern des Spiels ist jedoch nicht die Geschichte, sondern die verrückte Mischung aus Hack & Slash und Flippermechaniken. Eurem Helden stehen hierbei zweierlei Fähigkeiten zur Verfügung: Das Aufladen von Energiekugeln und das Schlagen von selbigen. Diese beiden Mechaniken müssen immer wieder miteinander kombiniert werden, um die einzelnen Bereiche erfolgreich zu absolvieren. Doch wie genau funktioniert das jetzt eigentlich in der Praxis? In fast jedem Raum, den ihr betretet, trefft ihr auf kleine Flächen, welche Energiekugeln bereitstellen. Diese müssen dann gegen Ziele, die sich im Raum befinden, geschlagen werden, bis sie letztlich im Boden verschwinden. Die Ziele unterscheiden sich hierbei sowohl in ihrer Größe als auch in der Menge an Energiekugeln, die gegen sie geschlagen werden müssen, und erinnern an die typischen Flipperelemente, welche eure Kugeln quer durch den Raum feuern. Schleudert ihr nur einzelne Kugeln gegen die Ziele, kann dies bisweilen sehr mühselig sein. Daher empfiehlt es sich, mit Hilfe der Ladefunktion gleich mehrere Kugeln zu sammeln, sie mit Energie zu versorgen und anschließend in Richtung der Ziele loszulassen. Auf diese Weise spart ihr Zeit und schon nach wenigen Schlägen ist ein Raum absolviert. So übersteht ihr nicht nur die einzelnen Fallen, die Creature in the Well für euch bereithält, sondern sammelt zugleich auch Energie, die ihr dringend benötigt.
Die einzelnen Bereiche der insgesamt 8 Dungeons können nämlich nur mit ausreichender Menge Energie geöffnet werden. Praktisch: Wart ihr zuvor sehr fleißig beim Sammeln, könnt ihr schwierige Bereiche auch skippen, indem ihr die nächste Tür direkt mit eurem Energievorrat öffnet. Die bereits erwähnten 8 Dungeons sind toll aufgebaut und sehr abwechslungsreich. Jeder von ihnen wirft sein Hauptaugenmerk auf eine neue Spielmechanik, wie zum Beispiel neue Fallen, welche euren Energiebalken durch gezielte Schüsse in die Knie zwingen wollen.
Somit bietet das Spiel eine hohe Abwechslung und es entsteht eine Spannung, was einem im nächsten Dungeon Neues erwartet. Leider unterscheiden sich die Dungeons sehr in ihrem Schwierigkeitsgrad. Kommt ihr bei manchen locker durch, ohne auch nur einmal das Zeitliche zu segnen, sorgen andere wiederum für hohe Frustmomente, wenn der komplette Bildschirm mit einer Flut aus Fallen gefüllt ist, da man ihrem Respawn nicht nachkommt. Glücklicherweise können die Fähigkeiten des Roboters im Dorf verbessert werden, sodass ihr euch nach und nach für die größeren Gefahren wappnen könnt. Solltet ihr dennoch scheitern, könnt ihr jederzeit den Dungeon wechseln, da meist mehrere zur Verfügung stehen und der Spieler entscheidet, welchen er betritt.
Ein Highlight des Spiels sind außerdem die Bosskämpfe. So erwartet euch am Ende eines jeden Dungeons ein Raum, welcher nochmals die neuen Spielmechaniken aufgreift und vom Spieler ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und Präzision abverlangt. Eben diese Präzision ist jedoch neben dem unausgeglichenen Schwierigkeitsgrad ein weiterer Kritikpunkt, den Creature in the Well über sich ergehen lassen muss. Manche Ziele müssen so genau getroffen werden, dass es im Eifer des Gefechts reiner Zufall ist, wenn man sie wirklich trifft. Da an manchen Stellen auch noch ein Zeitlimit hinzukommt, bis zu welchem alle Ziele ausgeschaltet sein müssen, ziehen sich diese Phasen wie Kaugummi. Kommt dann auch noch ein unfaires Element wie der bereits erwähnte Respawn aller Fallen hinzu, seid ihr schnell der Verzweiflung nahe.
Für Langzeitmotivation sorgen die über 20 sammel- und aufwertbaren Gegenstände wie Waffen und Kleidungsstücke, welche nicht alle Einfluss auf die Spielmechanik nehmen, aber einfach toll an unserem Helden aussehen. Wem würde es etwa nicht Spaß machen, mit einem Kochlöffel bewaffnet eine Runde Pinball zu spielen? Diese Gegenstände sind teils nicht zu übersehen und teils auch in versteckten Räumen untergebracht. Dem erneutem Besuch in einem absolvierten Dungeon steht somit nichts im Wege und die Freude ist immer groß, eine neue Waffe oder ein neues Cape zum Umhängen zu finden. Gleichzeitig kann hierbei der Energievorrat nochmals aufgefüllt werden, was euch in manchen Dungeons den Hintern retten kann. Einen Multiplayer-Modus sowie Online-Funktionen sucht man leider vergebens, obwohl diese super zu Creature in the Well gepasst hätten. So wäre es zum Beispiel ein Segen für mich gewesen, an den teils schon unfairen Stellen im Spiel einen Joy-Con an meinen Sohn weiterzureichen, welcher mir die lästigen Widersacher vom Hals hält, während ich mich um die Präsizionsaufgaben kümmere. Alternativ wäre das Rufen eines Gehilfen per Online-Funktion eine gute Alternative gewesen, wenn einmal nicht der beste Freund oder Sohnemann zum gemeinsamen Spielen bereitsteht.
Technisch empfinde ich Creature in the Well als eine Augenweide. Die komplette Atmosphäre überzeugt von Beginn an. Die unterschiedlichen Dungeons in ihren ganz eigenen Farben, verwinkelten Gassen und gefährlichen Fallen sehen fantastisch aus. Besonders toll sind auch die kurzen Momente, in denen in eine 2D-Sidescroller-Ansicht gewechselt wird. Hier seht ihr nochmals die Detailverliebtheit der Entwickler und werdet euch selbst dabei ertappen, wie ihr keinen Schritt mehr vorwärts geht, um den Moment zu genießen. Der leicht melancholische Ton der Trostlosigkeit in der einsamen Wüste passt perfekt zur Gesamtstimmung und macht einfach Lust darauf, jeden Winkel zu erkunden und das Dorf Mirage wieder aufzubauen. Überzeugen kann das Spiel übrigens nicht nur am Fernseher, sondern auch im Handheld-Modus. Bugs, Einbrüche der Framerate oder sonstige Probleme traten nicht einmal in meiner Testphase auf. Somit ist Creature in die Well sowohl ein Titel für gemütliche Abende am TV, als auch für eine schnelle Runde in der S-Bahn.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit