Test zu Alien: Isolation - Nintendo Switch
Willkommen auf der Sevastopol
Nach dem eher enttäuschenden Aliens: Colonial Marines, dessen Handlung eher am zweiten Film der Sci-Fi-Horrorreihe ansetzt, kam 2014 Alien: Isolation auf den Markt, welches sich am Erstling der Filme orientiert. Statt gut bewaffneter Muskelmänner mit harten Sprüchen schlüpft man in diesem Spiel in die Rolle des Opfers, welches sich dem Schicksal ausgeliefert sieht, auf einer riesengroßen Raumstation mit einer meuternden Crew, rücksichtslosen Androiden und einer hochentwickelten, höchst feindseligen außerirdischen Lebensform gefangen zu sein. Ursprünglich erschien das Spiel für PlayStation 3, PlayStation 4, Xbox 360, Xbox One und PC. Nun, Ende des Jahres 2019, dürfen sich auch Spieler der Nintendo Switch auf die Raumstation Sevastopol begeben und dort ums Überleben kämpfen. Inwiefern der Zahn der Zeit am Spielprinzip genagt hat und ob das Spiel immer noch Spaß macht, sollen euch die nachfolgenden Zeilen verraten.
Bevor ihr euch ins Spiel stürzt, habt ihr die Wahl zwischen fünf Schwierigkeitsgraden, wobei "Schwer" empfohlen wird. Allerdings sollte man dafür eine hohe Frusttoleranz mitbringen, denn um eines schon mal vorwegzunehmen: Alien: Isolation ist kein Spiel für jedermann. Während menschliche Gegner und Androiden noch durch eure Hand erledigt werden können, um so den Weg frei zu machen, könnt ihr das Alien nur temporär vertreiben. Auch sonst lässt das Alien nur wenige Fehler zu – werdet ihr erwischt, seid ihr tot. Das macht im Kontext des Universums schon Sinn. Ash ist im ersten Film nicht umsonst von der konzeptionellen Reinheit des sogenannten Xenomorphs fasziniert. Ihr habt es hier mit einem Wesen zu tun, dessen allgemeine Resistenz und rasiermesserscharfe Sinne es an die Spitze der Nahrungskette befördert haben. Die künstliche Intelligenz des Aliens ist dementsprechend hoch. Umso besser, dass es fünf unterschiedliche Schwierigkeitsstufen gibt, denn so kann auch der Film-Nerd, der nur gelegentlich zockt, die Geschichte rund um Ripleys Tochter genießen, während sich der passionierte Gamer einer ordentlichen Herausforderung stellen kann, wenn er möchte. Vor seltenen unfairen Situationen ist man jedoch niemals gefeit, zum Beispiel wenn das Alien direkt vor eurer Nase aus dem Lüftungsschacht fällt. Sterben gehört einfach zum Spielen von Alien: Isolation dazu. Wichtig ist, dass ihr daraus lernt, so unvorhersehbar das Verhalten des Aliens auch sein mag.
Ihr übernehmt die Rolle von Amanda Ripley, der Tochter von Filmheldin Ellen Ripley. Der Vorfall auf dem Raumfrachter Nostromo, also die Handlung des ersten "Alien"-Films, ist 15 Jahre her und von Ellen Ripley fehlt jede Spur. Dies hält Amanda jedoch nicht davon ab, weiterhin nach ihrer Mutter zu suchen und sich an deren mögliche Aufenthaltsorte stationieren zu lassen. Eines Tages erhält sie von Android Samuels die Botschaft, dass man den Flugschreiber der Nostromo geborgen habe, welcher Hinweise über den Verbleib der Crew, darunter Ellen Ripley, enthalten könnte, und sich dieser nun auf der Raumstation Sevastopol befindet. Ihr werdet dazu angehalten, Samuels und Weyland-Yutani-Vertreterin Nina Taylor zu ebendieser Station zu begleiten, um die Daten auszuwerten. Dort angekommen stellt sich schnell heraus, dass auf der Sevastopol etwas passiert sein muss. Auf die Anfrage nach Landeerlaubnis antwortet niemand. Zudem können Schäden an der Station ausgemacht werden. Ihr versucht also, über Umwege ins Innere der Station zu gelangen, werdet allerdings aufgrund unglücklicher Umstände dabei voneinander getrennt. Relativ zügig stellt ihr fest, dass die Raumstation sicherlich schon bessere Tage erlebt hat. Überall herrscht Chaos und Leichen haben sich als gewöhnliches Rauminventar etabliert. Keine Viertelstunde vergeht und ihr trefft auf den ersten Überlebenden. Dessen Name ist Axel und er scheint angsterfüllt und sehr nervös zu sein. Nachdem ihr dessen Vertrauen für euch gewinnen konntet, indem ihr ihm einen Platz auf eurem Schiff und somit eine Fluchtmöglichkeit anbietet, hilft er euch, die ersten Begegnungen mit der meuternden, euch feindlich gesinnten Crew zu überstehen. Darüber hinaus verrät er auch, dass ein Monster auf der Station sein Unwesen treibt, welchem er wenig später zum Opfer fällt. Im Kampf ums Überleben seid ihr fortan auf euch allein gestellt.
Optisch kann man Alien: Isolation kaum etwas ankreiden. Das Spiel präsentiert sich als wahrer Augenschmaus auf Nintendos Hybridkonsole. © SEGA
Die Geschichte von Alien: Isolation erzählt sich über knapp 15 Stunden und weiß durchaus zu unterhalten, hätte allerdings hier und da etwas Zeit einsparen können, da es sich stellenweise etwas zieht. Fans der Filme werden in der Länge kein Problem sehen, denn was ihnen geboten wird, ist pausenloser Fanservice. Atmosphäre und Sound fühlen sich an wie im ersten Film, was nicht zuletzt daran liegt, dass man sich bei der Entwicklung beim alten Archivmaterial bedienen konnte, was darin resultierte, dass sich das Design des Spiels nahezu 1:1 mit dem des Filmerstlings deckt. Das ist pure Science-Fiction der späten Siebzigerjahre: eine Menge Lederverkleidung, monochromatische Röhrenmonitore, kratzige Lautsprecheranlagen, Filmkörnung, Nebel, Dampf und steriles Licht. Auch bei der Musik hat man sich an unveröffentlichtem Soundtrack-Material des Films orientiert und nach dessen Vorbild komponiert. Insgesamt wirkt die Spielwelt und deren Geräuschkulisse einfach stimmig und homogen. Polternde Lüftungsschächte, quietschendes Metall, das Knistern defekter elektronischer Leitungen – all das vermittelt euch ein Gefühl der permanenten Bedrohung und schürt auch ohne deren physische Anwesenheit ein herrlich ekelhaftes Gefühl der Paranoia. Zwar spielt sich ein Großteil des Spiels in den Räumlichkeiten der Sevastopol ab, diese unterscheiden sich jedoch genug, um einen abwechslungsreichen Eindruck zu vermitteln. Zudem finden manche Abschnitte auch außerhalb des Weltraumriesen statt.
Entgegen anderer ähnlicher Titel wie Outlast und Amnesia setzt Alien: Isolation nicht ausschließlich auf das Versteckspiel. Spielerisch gestaltet sich der Titel abwechslungsreicher als die Konkurrenz. So bleibt ihr beispielsweise nicht komplett wehrlos. Schon früh erhaltet ihr einen schweren Schraubenschlüssel, mit dem ihr menschliche Widersacher niederstrecken könnt. Doch Obacht, eure Lebensenergie erlaubt es euch, gerade mal drei Schüsse einzustecken. Dementsprechend ist es nicht ratsam, sich unüberlegt auf eine Gruppe Gegner zu stürzen. Apropos Schüsse, auch ihr werdet im Laufe des Abenteuers mit Schießeisen ausgestattet, deren Munition jedoch rares Gut ist und daher jeder Schuss eurerseits sitzen sollte. Zudem sammelt ihr im Spielverlauf unterschiedliche Blaupausen ein, um aus in der Spielwelt verstreuten Crafting-Materialien und Schrott Bomben zur Ablenkung und zum Angriff zu fertigen. So baut ihr Rohr- und Rauchbomben, um euch der menschlichen Widersacher zu erwehren, EMP-Granaten gegen die umherstreifenden Androiden und Molotow-Cocktails zur Vertreibung des Aliens. Es lohnt sich also, auch mal abseits des direkten Pfades nach Materialien Ausschau zu halten. Natürlich erhaltet ihr auch den ikonischen Bewegungsscanner, mit dem sich herannahende Feinde ausmachen lassen. Doch solltet ihr dessen Einsatz nicht übertreiben. Eure Feinde sind nicht taub und reagieren in eurer Nähe auf jedes kleinste Geräusch. Das kann beim Alien sehr schnell tödlich enden, genauso wie der unüberlegte Gebrauch eures Werkzeuges zum Öffnen elektronisch verschlossener Türen. Die kurzen Hacking-Minispiele weisen ein simples und stimmiges Design auf, es verstreichen allerdings ein paar Sekunden bis zu deren Lösung. In dieser Zeit seid ihr Angriffen schutzlos ausgeliefert. Ähnlich verhält sich das bei den vielen unterschiedlichen Terminals, die ihr auf eurem Weg findet, die zumeist optionale Informationen zur Geschichte zutage fördern. Abschließend steht euch eine Karte zur Verfügung. Da die Zielmarkierung darauf jedoch stellenweise etwas dezent ausfällt und die anderen Symbole groß dargestellt werden, ist die Übersicht nicht immer ideal.
Wenn das Alien neben euch aus dem Lüftungsschacht fällt, rutscht euch schon mal das Herz in die Hose. Im Schacht selbst könnt ihr dem Xenomorph allerdings nicht begegnen – schade. © SEGA
Die Geschichte führt euch in alle Bereiche der Raumstation und lässt euch zudem auf andere, euch friedlich gesinnte Überlebende treffen. Letztere helfen euch allerdings verhältnismäßig wenig und weisen euch zumeist nur an, welche für eure Flucht benötigten Systeme ihr wieder instand setzen müsst. Da Amanda aufgrund ihres Jobs eine hohe Technikaffinität aufweist, ist sie natürlich immer die Frau der Wahl. Ihr werdet also meist von einem Ort zum anderen geschickt. Was sich zunächst monoton anhört, fühlt sich dank des Aliens als chaotische Komponente und den unterschiedlichen Herangehensweisen nicht so an. Meist stehen euch mehrere Wege zur Verfügung, um euer Ziel zu erreichen. Je nachdem, wo sich das Alien oder andere Gegner gerade rumtreiben, ist es vielleicht ratsam, einen Umweg zu gehen. Darüber hinaus könnt ihr Teile der Strecke über Luft- und Bodenschächte zurücklegen. Kommt euch der Feind doch mal gefährlich nahe, habt ihr die Möglichkeit, euch unter Tischen und in Schränken zu verstecken. Letztere haben den Vorteil, dass sie euch nahezu unsichtbar machen. Hin und wieder müsst ihr allerdings die Luft anhalten, kommen eure Gegner dem Möbelstück etwas zu nahe, was auf Kosten eurer Gesundheit geschieht. Regelmäßiges Speichern ist Pflicht, um Alien: Isolation möglichst frustfrei genießen zu können. Nach jeder erfüllten Aufgabe empfiehlt es sich, den Spielstand zu sichern – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Dies könnt ihr an sporadisch verteilten Speicherstationen erledigen. Damit ihr diese nicht als Rettungsanker missbrauchen könnt, wurden sie mit einem Cooldown versehen. Ihr könnt also nicht zweimal innerhalb kürzester Zeit speichern. Zudem müsst ihr jedes Mal einen kleinen Countdown abwarten, bevor ihr euch und euren Fortschritt in Sicherheit wiegen könnt. Wartet also, bis sich das Alien oder andere Widersacher weit von euch entfernt haben, und initiiert dann den Speichervorgang. An der Steuerung lässt sich nichts aussetzen. Eure Gegenstände wählt ihr via Ringmenü aus; meist orientiert man sich am typischen Steuerungsschema von First-Person-Shootern, wenn die Bewegungen auch etwas langsamer und schwerfälliger ausfallen. Amanda ist zudem nicht geschult im Umgang mit Waffen, weshalb ihr keine zielgenauen Schüsse aus der Hüfte verteilen könnt.
Optisch stellt das Spiel eine positive Überraschung dar. Detailarmut ist hier ein absolutes Fremdwort. Überall liegen und hängen Sachen herum, deren Beschriftung man sogar lesen kann. Die Licht-, Schatten- und Raucheffekte sorgen dafür, dass selbst ein dunkler Korridor oder ein einfacher Lüftungsschacht richtig gut aussehen. Und das alles sowohl im Handheld- also auch im TV-Modus der Nintendo Switch, wobei in Letzterem die Umgebungsschatten besser aufgelöst werden. Insgesamt schlägt sich der Handheldmodus aber sehr gut. Zudem läuft das Spiel stets flüssig. Wenn es Einbrüche in der konstant wirkenden Bildrate gibt, sind diese kaum wahrnehmbar und beeinträchtigen das Spielgeschehen nicht im Geringsten. Es ist wirklich ein schönes Spiel, welches dennoch nicht frei von kleineren Schönheitsfehlern ist. So wirken Gesichter und Bewegungen von menschlichen Charakteren heutzutage etwas hölzern und können mit der sonstigen Optik nicht mithalten. Auch das Alien windet sich nicht so schön und grazil, wie man es vielleicht erwarten würde, allerdings ist es dem Alien aus dem ersten Film um Längen voraus.
Selten findet ihr euch auch außerhalb der Raumstation wieder. "Alien"-Liebhaber kommen voll auf ihre Kosten. © SEGA
Was den Sound anbelangt, leistet sich das Spiel keinen einzigen Fehltritt. Vor allem mit Kopfhörern sind Musik und Geräusche ein Hochgenuss und tragen ungemein zur allgemeinen Stimmung bei. Die deutsche Vertonung der Figuren kann sich auf jeden Fall hören lassen und passt gut zur Atmosphäre. Wenn ihr wollt, könnt ihr das Spiel auch auf Englisch umstellen. Dies benötigt keinen zusätzlichen Download eines weiteren Sprachpakets, sondern nur einen Neustart der Software.
Abschließend sollte noch Erwähnung finden, dass es sich hierbei um ein Komplettpaket handelt. Die für das Spiel erhältlichen Zusatzinhalte werden alle mit heruntergeladen. Diese bestehen aus mehreren Überlebensszenarien, in denen ihr eure gelernten Fähigkeiten noch mal unter Beweis stellen könnt, und optionalen Story-Kapiteln. Letztere präsentieren sich als purer Fanservice. So seid ihr in diesen nicht etwa auf der Sevastopol unterwegs, sondern auf der Nostromo und spielt Abschnitte aus dem ersten "Alien"-Film in der Rolle von Ellen Ripley nach. Die Besatzungsmitglieder sind hierbei im Englischen vom Original-Cast synchronisiert.
Unser Fazit
8
Ein Spiele-Hit