Test zu Two Point Hospital - Nintendo Switch
Keine Krankheit bleibt unbehandelt
„Im Krankenhaus von Two Point stimmen 52 % der Patienten der Aussage zu, dass sie hier gesünder wurden.“ Mit diesen nicht gerade zuverlässigen Worten begrüßt euch der Chefarzt in die Welt von Two Point Hospital und macht in der Eröffnungssequenz schnell klar, worauf ihr euch einstellen könnt. Natürliche Krankheiten, wie eingezogene Menschenköpfe oder narzisstische Clowns heilen sich nicht von selbst und müssen unter der Aufsicht von ausgebildeten Ärzten oder Schwarzwaldklinik-Fans genauestens beobachtet werden. Wem das alles womöglich bekannt vorkommt, erinnert sich sicherlich an das vor mehr als 20 Jahren erschienene Theme Hospital, welches nun mit einem geistigen Nachfolger und den gleichen kreativen Köpfen eine Rückkehr feiert. Wie sich das Gameplay entwickelt hat und ob die Krankenhaus-Simulation noch immer funktioniert, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.
Simulationen laufen Gefahr, Spieler mit komplizierten Mechaniken vor allem zu Beginn schnell zu überfordern. Glücklicherweise startet das Spiel aber mehr als behutsam und gibt sich stets Mühe, bestimmte Szenarien anhand von Beispielen vorzustellen. So fängt das Tutorial mit dem fundamentalen Ablauf des Gameplays an: Ein Patient trifft ein, lässt sich auf seine Krankheit untersuchen und wird im Idealfall behandelt, um die Klinik zufrieden zu verlassen, wodurch sich euer Ansehen erhöht und sich der Zyklus wiederholt. Was jetzt unheimlich simpel klingt, ist nur ein Bruchteil eines gesamten Systems, wo jede Einheit seinen Teil zum Großen und Ganzen beiträgt. Um ein Krankenhaus unter Kontrolle zu halten, muss das Zusammenspiel aus Patienten, Fachkräften und Räumen stets zusammenwirken. Wird eine Toilette nicht vom Hausmeister regelmäßig gewartet, traut sich kein Gast mehr in das Pissoir und verlässt das Gebäude unbehandelt. Dies ist nur ein einfaches Beispiel, natürlich hängen mit der Zeit immer mehr Elemente miteinander zusammen und müssen unterschiedlich stark versorgt werden.
Das Personal benötigt beispielsweise neben der richtigen Zimmerausstattung einen eigenen Privatraum, wo sie sich ausruhen oder ihre Sachen unterbringen können. Damit verbunden verlässt diese Fachkraft zu diesem Zeitpunkt ihren Arbeitsplatz und lässt ungeduldige Patienten im Flur stehen. Hier ergeben sich mehrere Möglichkeiten, die Situation zu lösen. Entweder baut ihr ein paar Bänke in die Gänge, um Gästen Sitzgelegenheiten zu geben oder stellt einen weiteren Arzt ein, der während der Abstinenz seines Kollegen Patienten untersucht. Alternativ lässt sich das Personal in bestimmten Attributen ausbilden. Ob es nun die Physis in Form von Ausdauer oder besserer emotionaler Intelligenz ist oder das Fachwissen, das zu weiteren Tätigkeitsfeldern führen kann – die Qualitäten eurer Mitarbeiter sind ein wesentlicher Faktor, wenn es um den Erfolg eurer Infrastruktur geht. Sollten Fachkräfte letztendlich nicht nach euren Vorstellungen handeln, lassen sie sich problemlos entlassen. Bevor es allerdings dazu kommt, ist es ratsam, immer einen Blick auf ihre Bewerbungen zu werfen. Ihr erhaltet nicht nur einen Überblick über die fachlichen Kompetenzen, sondern könnt ebenso Charakterschwächen begutachten, die meistens amüsant ausgelegt sind. Ob ein möglicher Mitarbeiter nun Brausepulver für Gift hält oder gerne mit Geistern spricht, für seine Arbeit sind solche Eigenschaften nicht wirklich ausschlaggebend und sorgen immer wieder für kurze Lacher.
Anders sieht es jedoch bei den Patienten aus, die stets ernstgenommen werden sollten. Zugegeben, dies kann bei so manchen irrwitzigen Leiden mehr als schwierig sein, wenn sich Menschen für die größten Rockstars der Welt halten oder ihren Kopf nicht mehr aus ihrem Körper bekommen. So amüsant manche Krankheiten auch sein können, verzichtet das Spiel erfreulicherweise auf eine einseitige humoristische Auslegung und zeigt gleichermaßen normale Leiden. Humor ist geschmacksabhängig und verleitet Spieler im schlimmsten Fall dazu genervt unlustige Texte zu ignorieren, was gerade bei Krankheiten schwere Folgen haben kann. Wird ein Patient nicht geheilt, kann es nämlich passieren, dass er noch im Hospital stirbt und fortan als Geist das Gebäude unsicher macht und Gäste verscheucht. Spezielle Hausmeister schaffen hier Abhilfe und saugen mit Staubsaugern die ungebetenen Besucher schnell ein. Wer sich also nicht um seine Patienten sorgt, geht nicht nur die Gefahr ein, Menschenleben zu verlieren, sondern muss sich gleichermaßen mit weiteren Störfaktoren herumschlagen, die sich schlussendlich nur in erhöhten Ausgaben zeigen.
Während der Grundriss einer Klinik immer vorgegeben ist, könnt ihr die Räume ganz nach euren Vorstellungen verteilen und aufbauen. Eine Mindestgröße und bestimmte Möbel/Geräte mögen zwar vorgegeben sein, schränken eure kreativen Möglichkeiten aber niemals ein. Gerade die Feingestaltung kann die Atmosphäre und Effektivität eines Zimmers ausmachen, weswegen Detailverliebtheit stark belohnt wird. Two Point Hospital gibt nämlich absolut jedem Möbelstück und jeder Dekoration einen Stellenwert, der in irgendeiner Weise das Gemüt der Menschen beeinflusst. Pflanzen können beruhigen, Gemälde wecken das Interesse und verkürzen Wartezeiten und Waschbecken in einem WC erhöhen die allgemeine Hygiene des Krankenhauses. Viele Spiele geben Dekorationen oftmals nur einen ästhetischen Stellenwert, indem Kreativität und Individualität gefördert wird, welche sich aber niemals als Element auf das Gameplay auswirkt. Selbstverständlich ist der Effekt von Pflanzen oder Uhren nur minimal und wird nicht über Sieg oder Niederlage entscheiden, trotzdem ist es lobenswert, dass selbst die kleinste Trivialität in irgendeiner Weise Konsequenzen besitzt.
Zunächst als ausschließliches Computerspiel erschienen, musste die Steuerung an einen herkömmlichen Controller angepasst werden. Mit dem linken Stick bewegt ihr einen Cursor, der die Spielwelt beeinflusst und der rechte Stick manipuliert hauptsächlich die Kameraperspektive. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass eine Maus und die Tastatur hier sehr viel natürlicher von der Hand gehen, dennoch kam mir die Steuerung nie mühsam oder langsam vor. Knopfdrücke fungieren als Schnellkommandos und öffnen Optionen augenblicklich, ohne sich durch Menüseiten blättern zu müssen. Durch die eingeschränkte Spielwelt und den vorgegebenen Grundrissen der Krankenhäuser, ist es jedes Event dauerhaft schnell zugängig und prompt in eurem Sichtfeld.
Anstatt offene Flächen bereitzuhalten, stellt euch Two Point Hospital vor Level mit ausgewählten Geländen, was Vor- und Nachteile mit sich bringt. Zum einen haben die Entwickler dadurch die Möglichkeit gezielte Aufgaben zu konstruieren und das Gameplay kreativ zu gestalten. Findet ein Level nämlich in einer heißen Region statt, spielen Klimaanlagen eine wichtigere Rolle als zuvor und müssen großzügig verteilt werden. Gleichermaßen fällt das mögliche Personal in einer Universitätsstadt natürlicherweise unerfahren aus, wenn sich hauptsächlich Studenten bewerben und dementsprechend unerfahren sind. Auf der anderen Seite schränkt das Level-System eure Vorstellungskraft ein und gibt jederzeit gewissermaßen vor, wie ihr euer Hospital zu bauen habt. Dies wäre kein Problem, würde das Spiel einen freien Baukasten-Modus anbieten, wo ihr euren Ideen freien Lauf lassen könntet und selbst den Grundriss eines Gebäudes bestimmt. So besitzt Two Point Hospital sozusagen ein Ende, obwohl das Gameplay danach schreit immer wieder besucht zu werden.
Mit einem Sprung von über zwanzig Jahren ist zu erwarten, dass der Grafikstil nicht identisch bleibt. Anstelle eines Pixel-Looks präsentiert sich der Simulator nun in einer, mehr oder weniger, modernen 3D-Optik und lässt sich von jeder Perspektive betrachten. Ist das Budget nicht gegeben, erscheinen dreidimensionale Grafiken oftmals charakter- oder ausdruckslos und versprühen nicht denselben Charme wie ein klar definierter Stil. Leider ist auch Two Point Hospital von diesem Sprung nicht verschont geblieben und sieht, wie es ironischerweise Krankenhäuser so an sich haben, steril und fantasielos aus. Wer jetzt meint, dass dies doch eigentlich wunderbar zum Setting passt, hat vergessen, dass sich das Spiel fortwährend überspitzt darstellt und keinen Wert auf echten Realismus setzt. Unter anderem lässt sich dies bereits an den stark stilisierten Charaktermodellen und ihren übertriebenen Animationen beobachten. Mindestens genauso blass fällt der Soundtrack aus. Mir ist nicht ein einziges Musikstück im Ohr geblieben und obwohl Simulationen keinen Anspruch auf Ohrwürmer haben, hätten die Melodien wenigstens für ein wenig mehr Atmosphäre sorgen können.
Was es an der visuellen Darstellung und dem Soundtrack fehlt, lässt sich schnell im Text und der Vertonung wieder finden. Das Spiel strotzt vor humoristischen Beschreibungen, witzigen Vorschlägen oder ironischen Nachrichten, die allesamt niemals ihren Zenit überschreiten oder unnötig aufgebläht wirken. Die deutsche Synchronisation ist dabei fantastisch gelungen und erfüllt nicht nur einen atmosphärischen Zweck. Kleine Durchsagen im Krankenhaus erinnern immerzu daran, ob Besucher unzufrieden sind, es an Personal mangelt oder Hausmeister Geräte warten sollten. Manchmal meldet sich selbst der Chefarzt und spricht Dummheiten so überzeugend aus, dass er über eine Karriere als Politiker nachdenken sollte. Der britische Humor zeigt sich an jeder Ecke und hat selbst heute nicht seinen Reiz verloren.
Unser Fazit

7
Spaßgarant