Von einer Rettungsmission zur Massenevakuierung
UPDATE: Aufgrund der Neuveröffentlichung im Rahmen der Crysis Remastered Trilogy geben wir in diesem Update-Absatz eine kurze Info über technische Verbesserungen, die seit der Veröffentlichung im Juli 2020 vorgenommen wurden: So wurde die Auflösung des Spiels im TV-Modus erhöht und liegt jetzt bei 900p. Ebenso wurden Verbesserungen an den Texturen vorgenommen sowie die allgemeine Leistung des Titels stabilisiert. Abseits davon gab es ebenfalls einige Fehlerbehebungen. Nun aber weiter mit dem Originaltext.
"Kann der hier auch Crysis?" – Es gleichte einem Wettrüsten in der PC-Technik, als Electronic Arts und das deutsche Entwicklerstudio Crytek im Jahr 2007 Crysis veröffentlichten. Wenn man sagt, dass zum Beispiel Halo und Half-Life 2 das Genre des First-Person-Shooters in Sachen Gameplay und Physik revolutionierten, so kann man auch behaupten, dass Crysis die Messlatte der Optik und Offenheit neu definierte. Es war auch mein erster Ego-Shooter, in dem ich meinen eigenen Schatten sehen konnte. Wow. Jedenfalls waren nicht wenige Spieler zu einem Upgrade ihrer Hardware aufgefordert, um diesen Titel spielen zu können. Und heute? Heute spielt man dieses Spiel auf tragbaren Konsolen. Ein Wunder der Technik ...
Im Jahr 2020 macht sich das Raptor-Team der U.S. Special Forces auf, um dem Notruf eines Archäologenteams, das auf den von den nordkoreanischen Soldaten (KVA) besetzen Lingshan-Inseln festsitzt, nachzugehen. Schon frühzeitig macht eine mysteriöse dritte Fraktion auf sich aufmerksam, während die Forscher noch realisieren müssen, was sie da eigentlich ausgegraben haben. Eure Mission: Holt die Archäologen aus dieser Falle! Eure Geheimwaffe: Der Nanosuit.
Kommen wir zu ein paar allgemeinen Fakten über Crysis Remastered. Es ist in satten zehn Sprachen verfübar, darunter auch Deutsch. Auch die deutsche Vertonung ist wieder am Start. Eine duale Sprachauswahl gibt es nicht, somit ist die Audiosprache an die Anzeigesprache gebunden. Als Controller dienen alle Typen, die eine Dual-Stick-Steuerung erlauben. Ebenfalls ist eine optionale Bewegungssteuerung dabei, sodass ihr per Gyrosensor beim Zielen nachjustieren könnt. Der Mehrspielermodus fällt weg, damit ist Crysis Remastered auf der Nintendo Switch ein reiner Einzelspieler-Genuss. Die Kampagne wird wieder in vier Schwierigkeitsgraden angeboten. Diese beeinflussen nicht nur die Gesundheit oder Zielfähigkeit der Gegner, sondern auch ihr Verhalten und eure eigene Ausrüstung. Die Videofunktion der Nintendo Switch wird unterstützt.
Beim Haupt-Augenmerk des Gameplays von Crysis handelt es sich um den sogenannten Nanosuit. Dieser ist eine geheime Entwicklung der Special Forces und verschafft dem Träger mittels Nanotechnologie zuvor ungeahnte Vorteile, welche sich in vier verschiedenen Anzugmodi, zwischen denen ihr nach Taktik und gegebener Situation wechselt, präsentieren. Der Kraftmodus verstärkt Nahkampfangriffe, Sprünge, die Wurfkraft und erlaubt das Greifen und Werfen von Gegnern. Der Geschwindigkeitsmodus lässt euch rasch vorstoßen oder zurückziehen, wenn es hart auf hart kommt. Der Panzermodus steckt Kugeln ein, um eure Gesundheit zu schonen und das Tarnfeld erlaubt euch das An- oder Vorbeischleichen, oder auch eine Möglichkeit, die Position zu wechseln, falls ihr festgenagelt werdet. Jedes mal, wenn die Anzugsfunktionen aktiv verwendet werden, zehren sie von der Anzugsenergie – einem Parameter, der parallel zu eurer Gesundheit existiert.

Das Spiel erlaubt einen freien Umgang mit Gegnern. Hier wäre es beispielsweise ratsam, sie per Fernglas auszuspähen.
© Crytek
Spieler des Originals sollten wissen, dass sich die Formel der Anzugsfunktionen verändert hat. Im Normalfall befindet ihr euch immer im Kraftmodus. Bei Feindkontakt ist es ratsam, in den Panzer- oder Tarnmodus zu wechseln. Neben dem Tarnfeld, dessen Verbrauch von der Bewegungsgeschwindigkeit abhängt, benötigt auch der Panzermodus kontinuierlich Energie, selbst wenn ihr nicht getroffen werdet. Sucht euch gelegentlich Deckung, um die Energie zu regenerieren. Außerhalb des Panzermodus gehen Treffer verständlicherweise direkt auf eure Gesundheit. Auch diese regeneriert automatisch, wenn ihr eine Zeit lang keinen weiteren Schaden nehmt. Der Geschwindigkeitsmodus wird aus dem Kraftmodus heraus automatisch aktiviert, wenn ihr in einen Sprint übergeht und ist sonst nicht manuell wählbar. Aktionen des Kraftmodus könnt ihr auch im Panzermodus durchführen, dafür müsst ihr die jeweiligen Aktionstasten (Springen und Werfen) einfach kurz gedrückt halten.
Crysis hat sich außerdem als eine Art Sandbox-Shooter einen Namen gemacht. Spaziert ihr genüsslich über den Strand? Donnert ihr mit einem Transporter über die Straße? Schnappt ihr euch ein Boot, weil es damit viel schneller geht? Solange ihr ankommt, ist es euch überlassen, wie ihr einen Zielort erreicht. Die Spielwelt ist voll von dynamischen Objekten. Landet eine Splittergranate in der nächstgelegenen Hütte, solltet ihr damit rechnen, dass davon nicht viel übrig bleibt. Macht euch bei Gegnern herumstehende Tanks oder Ölfässer für ein Feuerwerk zunutze. Doch passt auf, dass ihr euch nicht selber zwischen Kisten einquetscht, von Trümmerteilen eines Kampfhubschraubers getroffen oder von einer abgeschossenen Palme erschlagen werdet (letzteres war mein erster Tod in der Demo damals...). Auch das direkte Feuergefecht gibt euch Spielraum, damit ihr auf eure Art kämpfen könnt. Die meisten Feuerwaffen sind mit Aufsatzschienen bestückt, die euch verschiedene Kombinationen aus Aufsätzen erlauben. Mündung, Visier, Unterlauf und Seite können bestückt werden, gegebenenfalls kann sogar der Munitionstyp geändert werden. Ihr könnt jedoch nur zwei Primärwaffen tragen, ansonsten müsst ihr sie austauschen.
Das "Gungame" kann sich auch heute noch sehen lassen. Die Waffen haben ein realistisches Verhalten. Es gibt bei den meisten Waffen keinen Hitscan (unverzügliches Treffen beim Feuern; Projektile sind in diesem Fall also kurzzeitig unterwegs), die Munitionsverwaltung bezieht Patronen im Lauf ein und einen Trefferindikator gibt es nur in akustischer Form. Was mich nur überrascht, ist die manchmal willkürliche Widerstandskraft der Gegner. Stellt also sicher, dass sie auch tatsächlich liegen bleiben und nicht einfach nur stolpern und wieder aufstehen.
Die Spielwelt ist ein idyllischer, sehr lebendiger Ort. Wasser, Strände, Palmen, Sümpfe und kleinere Tiere lassen euch vergessen, dass es sich hierbei eigentlich um ein Schlachtfeld handelt. Zugegeben, ihr werdet euch eh noch umgewöhnen müssen. Das Klima könnte sich schneller ändern als euch lieb ist. Crysis versetzt euch gerne in neue Situationen. So werdet ihr in ein paar Missionen vorrangig in gepanzerten Fahrzeugen unterwegs sein, während eine andere Mission, sagen wir, die physikalischen Eigenschaften des Gameplays ein wenig auf den Kopf stellt. Steigt die Spannung an oder ändert sich die Szene, werden diese Momente musikalisch untermalt. Fast alle Titel des Soundtracks stützen sich auf die Titelmelodie, kommen aber immer wieder in neuen Variationen daher. Die Präsentation wird hier jedoch manchmal durch technische Mängel getrübt. Eigentlich gibt es dynamische Übergänge, doch gelegentlich bricht die Musik in der Hektik abrupt ab.
Die KVA hat ein relativ lebensechtes Verhalten. Die Truppen müssen auf euch aufmerksam werden. Hören sie etwas, sehen sie nach. Eine Anzeige am Radar informiert euch über deren Alarmbereitschaft. Im Gefecht orientieren sie sich an eurer zuletzt bekannten Position und werfen manchmal Granaten oder halten diese Stelle unter Sperrfeuer (Stichwort: Position im Tarnmodus wechseln). Doch manchmal zeigt die KI ihre Schwächen bis hin zu Aussetzern. So kann es vorkommen, dass sie es nicht schaffen, an Geschütze zu gehen, in engen Lücken regungslos verharren oder Beifahrer nicht aussteigen können. Im Vergleich zu Crysis scheint Crysis Remastered mit Gegnern anders umzugehen. Meiner Beobachtung nach reagieren sie schneller, wenn ihr innerhalb ihres Sichtfeldes das Tarnfeld deaktiviert. Teilweise wurden Feinde entfernt oder Standorte geändert, ein paar bestimmte Gegnertypen scheinen auch geschwächt oder gestärkt worden zu sein – möglicherweise aus Balancing-Gründen als Reaktion auf die geänderte Nanosuit-Mechanik oder wegen der Controller-Steuerung. Bezüglich der Steuerung solltet ihr auf jeden Fall einen Blick in die Einstellungen werfen und die Empfindlichkeit anpassen. Mir persönlich hat die Steuerung anfangs ein paar Probleme bereitet. Allgemeine Zielhilfen sind aber verfügbar, wenn die Einstellungen und der Schwierigkeitsgrad sie zulassen.
Zum Schluss noch eine kleine technische Analyse. Crysis Remastered hält auf der Nintendo Switch dem bekannten Material nach eine solide Bildrate, eine gute Auflösung und sehr ansehnliche Details. Klingt das nicht etwas zu schön, um wahr zu sein? Ehrlich gesagt, ein wenig. Das Spiel peilt eine Bildrate von 30 FPS an, in der Regel sind die auch drin. Betretet ihr bebaute Gebiete, kommt die Leistung nach Anzahl der Gegner und Komplexität des Gebietes eventuell ins Schwanken. Im Dorf der Mission "Erhohlung" fällt dies im vollen Gefecht so immens aus (geschätzt 15-20 Bilder pro Sekunde), dass sogar Soundeffekte asynchron werden können (Anzugansagen verspäten sich zum Beispiel). An Orten mit begrenzter Sichtweite, wie in der Mission "Kern", habe ich keine Einschränkungen festgestellt. Dafür ist der Detailgrad so hoch, dass ich behaupten würde, in Kombination mit Auflösung, Bildrate und der dynamischen Spielwelt eines der beeindruckendsten Spiele für die Nintendo Switch vorliegen zu haben. Ein Titel, der richtig optimiert die Kapazitäten der Konsole wirklich aufzeigt. Ein paar Mal hat mich die Technik leider auch aus dem Spiel geworfen. Beim ersten Mal ist das Spiel durch zufälligen Beschuss eingefroren, beim zweiten Mal war es ein Crash mitsamt Fehlermeldung der Konsole. Auch ist mir ein überarbeitetes Sounddesign aufgefallen, so wurden einige Soundeffekte ausgetauscht.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit
Meinung von Maik Dallherm
Das leicht futuristische Setting (auch wenn es heute eigentlich der Gegenwart entspricht), die urlaubsreife Umgebung, das Szenario und die offenen Areale machen Crysis einfach einzigartig. Crysis Remastered sieht auf der Nintendo Switch letzten Endes eher wie ein Balancing-Update mit teils überarbeitetem Sounddesign aus, doch die gesamte Präsentation stellt klar, zu was die tragbare Konsole fähig sein kann. Das Spiel liefert ständig eine neue Atmosphäre sowie Situationen mit neuen Bedrohungen und gestaltet mit den Fahrzeugen, die teilweise auch im Fokus bestimmter Missionen stehen, eine eigene Art von Abwechslung. Je nach Schwierigkeitsgrad sollte die Kampagne euch für 15 Stunden oder mehr unterhalten. Der Knackpunkt ist die auffälligste Stärke, die gleichzeitig zur Schwäche wird: Die Technik. Crysis Remastered sieht auf der Nintendo Switch mit den Details und der dynamischen Umwelt großartig aus. Allerdings wird dies für die sonst stabile Bildrate durchaus zu einem Problem, wenn euch in den Gefechten die Hölle heiß gemacht wird.Bestelle dir jetzt Crysis Remastered über unsere Onlineshop-Partner
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