Cyberpunk trifft Horror
Das neue Jahr startete mit Sense – A Cyberpunk Ghost Story mit einem sehr spannenden Titel. Das Spiel versteht sich, und das suggeriert bereits der Name, als eine Mischung aus Cyberpunk-Titel mit Horror-Elementen. Trotzdem ich bislang nur wenig mit solchen Spielen zu tun hatte, bereiteten mir die Spielstunden eine Menge Spaß, auch wenn ich immer wieder auf technische Probleme gestoßen bin. Welche das waren und warum ich insgesamt nur eine eingeschränkte Empfehlung aussprechen kann, lest ihr in den folgenden Zeilen.
In der Rolle von Mei Lin Mak findet ihr euch im Neo Hongkong des Jahres 2083 wieder und seid eigentlich auf dem Weg zu einem Date. Da ihr euch jedoch nicht ganz wohl fühlt, besucht ihr das Badezimmer einer Bar, um anschließend festzustellen, dass ihr plötzlich in einem unheimlichen und zugleich zerstörten Gebäudekomplex gefangen seid. Eure Aufgabe ist es fortan, das Gebäude zu erkunden und einen Ausweg zu finden. Hierzu durchstreift ihr die vielen verschiedenen Wohnungen und Flure und stellt euch immer wieder übernatürlichen Gegebenheiten.
Erzählt wird die gesamte Story auf mehreren Ebenen. Zum einen könnt ihr immer wieder kleinere Zeichnungen bestaunen, die die aktuellen Geschehnisse zeigen. Zum anderen erfahrt ihr während eurer Erkundung durch Notizen, Tagebücher und Tonbänder immer mehr über die Geschehnisse und über die gespenstischen Erscheinungen, welche euch an den Kragen wollen. Insgesamt gefällt mir dieses Vorgehen sehr gut, jedoch musste ich enttäuscht feststellen, dass der Aspekt des Cyberpunk schnell in den Hintergrund gerückt wird und man sich mehr und mehr in einem Horror-Titel wieder findet.
Die gesamte Spielweise von Sense – A Cyberpunk Ghost Story erinnert am ehesten an ein klassisches Point-and-Click-Adventure. Während eures Abenteuers könnt ihr mit allerlei Gegenständen und Orten interagieren, Dinge wie Schnürsenkel, Bälle und Messer aufsammeln und sie an anderer Stelle erneut verwenden, um voranzukommen. Das Konzept funktioniert im Grunde wirklich gut, auch wenn nicht jede Handlung unserer Protagonistin wirklich nachvollziehbar ist. Größtes Problem hieran ist jedoch, dass manche Orte gleich mehrfach hintereinander untersucht werden müssen, um wesentliche Elemente zu entdecken. Dies ist für den Spieler jedoch nicht erkennbar, sodass man immer wieder mit Fragezeichen vor dem geistigen Auge zurückgelassen wird. Ein Weiterkommen ist dadurch oftmals sehr schwierig.
Neben diesen Rätseln gibt es auch allerlei Minispiele zu bewältigen. Diese reichen von kleineren Reaktionstests bis hin zu Geschicklichkeitsübungen. Zwar erfinden diese das Genre nicht neu, für eine angenehme Abwechslung sorgen sie trotzdem. Warum man sich jedoch dafür entschieden hat, eben solche Minispiele mit der Flucht vor den im Gebäude befindlichen Geistern zu paaren, bleibt mir schleierhaft. Der Horror der Geister geht durch diese aufgesetzten Varianten des Selbstschutzes nämlich verloren.
Neben all den Rätseln und Minispielen stoßt ihr während eurer Erkundungen, wie bereits erwähnt, auch immer wieder auf Geister, die im Gebäude gefangenen sind. Da diese euer Weiterkommen ebenfalls verhindern, gilt es, sie durch Rituale zu erlösen und ins Jenseits zu entlassen. Gekoppelt ist dies in den meisten Fällen auch mit dem Suchen und Finden von Utensilien, welche einst den Geistern gehörten. Überrascht und zugleich verwirrt wurde ich hierbei bei etwa der Hälfte der Spielzeit, als mir ein magisches Schwert überreicht wurde. Mit diesem bewaffnet muss man sich nämlich immer wieder kleineren Widersachern stellen und sie per Knopfdruck ausschalten. Diese Spielmechanik nimmt zwar keine Überhand, passt jedoch so ganz und gar nicht zum Setting, da die unheimliche Atmosphäre extrem unter dieser Action leidet. Für mich persönlich die schwerwiegendste Kritik am ganzen Spiel.
Erwähnen muss man jedoch auch die aktuelle Versionsnummer des Titels, da diese einen der Hauptkritikpunkte der PC-Version aufgegriffen hat: Das Speichern. Ursprünglich war es nämlich nur möglich, an bestimmten Stellen mittels Kassetten zu speichern. Dies wurde von PC-Spielern stark kritisiert, da man bei einem Bildschirmtod teilweise 20–30 Minuten Spielzeit erneut wiederholen musste, nur aufgrund einer kleinen Unachtsamkeit. Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit des Quicksave eingefügt. Dadurch kann man als Spieler jederzeit im Menü den aktuellen Fortschritt speichern. Zwar ist das nett gemeint, dies zerstört jedoch eine der grundlegenden Ideen des Titels, nämlich auf sich aufzupassen und Entscheidungen abzuwägen. Hier wurde meiner Meinung nach einfach eine schnelle Lösung gesucht, ohne diese wirklich zu hinterfragen.
Macht Sense – A Cyberpunk Ghost Story technisch auf den ersten Blick alles richtig, verschwimmt dieser Eindruck innerhalb der ersten Spielminuten. Grafisch wie auch zeichnerisch bekommt man nämlich einen super schönen Titel abgeliefert. Die Artworks, welche die Geschichte vorantreiben, sind toll gestaltet und greifen vor allem den Aspekt des Horrors wunderbar auf. Sobald man jedoch die Kontrolle über Protagonistin Mei erlangt, stellt sich Ernüchterung ein. Ihre Bewegungen sind teils sehr abgehakt und es kommt, je nach Umgebung, immer wieder zu großen Problemen in der Framerate. Hinzu kommt noch, dass bei jedem noch so kleinen Wechsel des Bildschirms Ladezeiten akzeptiert werden müssen. Zwar sind diese nur etwa zehn Sekunden lang, je nach Laufweg summieren sich diese aber ins Extreme und nehmen mehr Zeit ein, als man Kontrolle über Mei hat.
Zum Schluss sei noch gesagt, dass Sense – A Cyberpunk Ghost Story trotz seiner Schwächen ein durchaus motivierender Titel ist. Durch die tolle Inszenierung bereitet es eine Menge Spaß, sich den geisterhaften Erscheinungen zu stellen, Hintergründe über die Geschehnisse zu erfahren und jeden Winkel zu erkunden. Darüber hinaus lassen sich auch neue Kostüme für Mei freischalten, welche zwar nur kosmetischer Natur sind, aber trotzdem für Abwechslung sorgen. Die Spielzeit von etwa fünf bis sieben Stunden könnte zwar gerne etwas länger ausfallen, da ein Großteil für die etlichen Bildschirmwechsel und Ladezeiten drauf geht. Wer jedoch Spaß an dem Genre Cyberpunk und vor allem Horror hat, darf gerne einen Blick riskieren.
Unser Fazit

6
Überzeugend