Test zu Glyph - Nintendo Switch

The Floor is Lava ... or mostly Sand!

Man nehme Samus' Morph Ball, füge diesem ein Paar Flügel hinzu und schicke diese Schöpfung in die Überreste einer antiken Welt, die von einer korrumpierten Maschine zerstört wurde. Aus dieser zunächst etwas willkürlich klingenden Mischung erschufen die Entwickler von Bolverk Games einen 3D-Platformer, der euch als Glyph, einen zum Leben erweckten, mechanischen Skarabäus, in zahlreiche Welten eintauchen lässt, um dabei nicht nur euer Platforming-Geschick auf die Probe zu stellen, sondern auch Gegenstände zu sammeln, um nach und nach weitere Welten freizuschalten. Kann sich Glyph von der breiten Masse an 3D-Platformern absetzen oder trifft diese goldene Kugel nicht ins Schwarze?


Eine einst mächtige Zivilisation schuf eine gewaltige Maschine, die sie beschützen und ihnen Sicherheit bringen sollte. Doch etwas lief fürchterlich schief und die Maschine wurde korrupt. Nicht nur richtete sie große Zerstörung an, sondern korrumpierte auch alle anderen mechanischen Lebewesen, die sich ihr in den Weg stellten. Nach der großen Zerstörung macht sich Anobi auf die Suche nach einem Weg, die verwüstete Tempelstadt Aaru wieder aufblühen zu lassen und erweckt dabei Glyph, um die Korruption zu läutern.


Die Tempelstadt Aaru dient als Hub-Welt, von der aus ihr die einzelnen Level erreicht.

© Bolverk Games

Doch bevor das eigentliche Abenteuer beginnt, erlernt ihr zunächst in einem ausgiebigen Tutorial, welche Fähigkeiten es Glyph erlauben, sich durch die 3D-Umgebungen zu bewegen. Mit dem linken Stick lässt sich die kleine, goldene Kugel durch die Gegend rollen, während der rechte Stick die Kamera kontrolliert. Mit B oder ZR kann Glyph springen; wenn man sich zuvor über oder durch ein hellgrün schimmerndes Objekt bewegt hat, lädt sich ein Doppelsprung auf, der es euch erlaubt, in der Luft ein weiteres Mal zu springen. Die Fähigkeit ist dann aufgebraucht, so lange bis Glyph erneut Kontakt mit einer hellgrün leuchtenden Energiequelle hat. In der Luft kann Glyph seine eigentliche Skarabäus-Form annehmen und durch Gedrückthalten von ZL für kurze Zeit mit den Flügeln schlagen und dadurch durch die Luft gleiten. Außerdem könnt ihr in der Luft Y oder R drücken, um rasant gerade nach unten zu stampfen. Springt ihr nach einem Stampfer, lässt sich eine größere Sprunghöhe erreichen. Des Weiteren kann Glyph wiederholt an Wänden hochspringen, um diese zu erklimmen und dabei auch noch ordentlich Schwung zu holen und Momentum aufzubauen.


Dieses Momentum ist wichtig, um weite Distanzen mit einem Sprung zurücklegen zu können. Die sandigen Welten haben nämlich alle eines gemeinsam: Jede Berührung mit dem Boden ist tödlich. Glyph darf sich also nur auf Plattformen, Säulen, Statuen oder ähnlichen Gebilden bewegen, die zwar zahlreich, aber mit ordentlich Abstand dazwischen in den Welten verteilt sind. Außerdem geht große Gefahr von rot-orange leuchtenden Objekten und Flächen aus, die im Gegensatz zu den hellgrünen Energiequellen ebenfalls den sofortigen Tod bedeuten. Es gilt also im Grunde genommen: grün ist gut, rot ist böse. Als weitere Gefahr halten ein paar wenige Level noch Gegner bereit – korrupte Maschinen, die in der Regel mit Energiegeschossen angreifen, die Glyph weit durch die Luft schleudern und so ganz schnell zum Tod führen, wenn man sich nicht mehr auf eine sichere Plattform retten kann. Jeder Tod setzt euch zur Startplattform des Levels zurück, weshalb ihr alles daran setzen solltet, keine gefährlichen Objekte zu berühren.


Anobi versorgt euch in jedem Level mit einem Tipp, wo ihr einen geheimnisvollen Schalter finden könnt.

© Bolverk Games

Das Spiel bietet grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Welten: Erkundung und Zeitangriff. In den Erkundungsleveln besteht das Ziel darin, eine variable Anzahl verschiedener Objekte zu sammeln und danach in das Zielportal zu springen. Dieses öffnet sich jedoch erst, wenn sämtliche Schlüssel der Welt eingesammelt wurden. Die Anzahl der Schlüssel liegt hierbei zwischen einem bis maximal drei Schlüsseln, die es zu finden gilt. Außerdem erwarten euch Münzen und Edelsteine. Sammelt ihr alle Münzen in einem Erkundungslevel, erscheint ein mystisches Artefakt in Skarabäusform, das ebenfalls eingesammelt werden will. Zu guter Letzt verbirgt jedes Erkundungslevel noch einen geheimen Schalter, der eine Avatarkapsel und einen dorthin führenden, meistens äußerst gefährlichen und viel Geschick abverlangenden Pfad erscheinen lässt. Die Gegenstände sammelt ihr jedoch nicht nur als Beschäftigungstherapie, sondern sie werden gebraucht, um weitere Teile der Hub-Welt zugänglich zu machen und weitere Welten freizuschalten. Münzen öffnen Erkundungslevel, Artefakte öffnen Zeitangriffs-Level und Edelsteine erheben weitere Teile der Hub-Welt, der gewaltigen Tempelstadt Aaru, aus dem Sand. Die Avatarkapseln dienen als besondere Belohnung, denn sie lassen euch das Aussehen von Glyph verändern. So kann er nicht nur wie ein Skarabäus aussehen, sondern beispielsweise auch wie eine Libelle, ein Phönix, eine geflügelte Schildkröte oder sogar ein Spielzeugflugzeug. Mehr als 50 verschiedene Skins können sich besonders geschickte Spieler auf diese Weise freischalten.


Die Zeitangriffs-Level haben es besonders in sich. Hier müsst ihr euch einem Parcours stellen, in dem es gilt, drei Schlüssel zu sammeln und danach das Zielportal zu erreichen. Klingt einfacher als es ist. Nicht nur ist das Zeitlimit allgemein schon recht knapp; wer das Ziel nur gerade so erreicht, bekommt als Bronze-Belohnung nur einen läppischen Edelstein. Durchaus mehr Geschick und vor allem genaues Überlegen und Ausprobieren sind vonnöten, um die verlangte Zeit für den Gold-Rang zu knacken, der als Belohnung neben drei Edelsteinen auch noch eine "Spur" herausrückt. Neben den Avataren sind Spuren eine zweite Möglichkeit, Glyph kosmetisch zu verändern. Die kleine Kugel stößt nach Hinten nämlich stets eine leuchtende Spur aus, die ein wenig an einen Schweif erinnert. Zwar gibt es hiervon nur ca. halb so viele wie Avatare, jedoch sind neben coolen Optionen wie Goldglitzer oder Galaxienstaub auch verrückte Anpassungsmöglichkeiten wie ein bunter Regenbogen, der besonders lange in der Luft zurückbleibt, oder die Spur "Make it Rain", die Glyph die ganze Zeit über fröhlich Münzen und Geldscheine ausscheiden lässt, verfügbar.


Zeitangriff: Wer nicht nur drei Edelsteine, sondern auch eine besondere Belohnung will, muss ganz schön Gas geben.

© Bolverk Games

Je weiter ihr im Spiel vorankommt, desto fordernder werden die Welten. Dies erzielen die Entwickler durch mehrere simple, aber effektive Methoden. Plattformen werden kleiner, die Entfernungen dazwischen werden größer. Schwebende Plattformen wackeln, wenn Glyph sich auf ihnen befindet, manche Plattformen explodieren sogar, wenn man mit ihnen in Berührung kommt, sodass man von diesen nur blitzschnell wieder abspringen kann, aber keine Rast möglich ist. Schiefe Oberflächen machen das Verhalten von Glyph, wenn man gegen diese fliegt und von ihnen weiter springen möchte, deutlich unberechenbarer. Rotierende Plattformen, plötzlich aus dem Boden ausfahrende Stacheln und Gegner, die Schockwellen auslösen, die Glyph weit durch die Gegend schleudern, sind weitere Gefahren, die sich im Laufe der Zeit hinzugesellen. Die Schwierigkeitskurve steigt gegen Ende des Spiels ganz schön an, weshalb es auch hilfreich ist, dass vor dem Betreten der Schwierigkeitsgrad in Form von maximal fünf Totenköpfen dargestellt wird. So können auch unerfahrene Spieler gut überlegen, welche Welten sie mit ihren Münzen und Artefakten als nächstes öffnen wollen. Ganz zum Schluss des Spiels wartet dann natürlich auch noch die heiß ersehnte Konfrontation mit dem korrupten Wächter, die es ebenfalls in sich hat.


Da es in jedem Level entweder einen Avatar oder eine Spur freizuschalten gibt, lässt sich leicht zusammenrechnen, dass Glyph rund 80 Level bereithält. Erstaunlicherweise haben die Entwickler hierbei bis zum Schluss immer wieder interessante Ideen umgesetzt, die nahezu jede Welt einzigartig macht und lange im Gedächtnis bleiben lässt. Dazu bei trägt auch der zwar nicht sonderlich anspruchsvolle, aber dennoch stimmige Look des Spiels, der jedem Level einen einzigartigen Flair verpasst. Der elektronische Soundtrack wirkt zugleich mystisch und geheimnisvoll, erweckt aber auch ein wenig den Eindruck, als würde man auf fremden Planeten in entfernten Galaxien herumspringen.


Ein kleiner weißer Kreis am Boden zeigt, wo sich Glyph gerade befindet. Je kleiner die Plattformen, desto präziser müssen die Sprünge sitzen.

© Bolverk Games

Besonders überraschend für mich ist, dass mich dieses Spiel niemals frustriert hat. Das ist ganz schön außergewöhnlich, denn an einigen Leveln saß ich wirklich lange, um alle Gegenstände einzusammeln. Doch nie brachten mich die zahlreichen Tode an den Rand der Verzweiflung, nie hatte ich das dringende Verlangen, das Spiel auszuschalten oder gar meinen Controller gegen die Wand zu werfen. Dies liegt einerseits daran, dass die Entwickler euch beim Tod nicht sämtlichen Fortschritt eines Levels verlieren lassen. In den Erkundungsleveln werden nämlich alle Münzen und Edelsteine sowie der gedrückte Geheimnis-Schalter zwischengespeichert, sodass man nur die Schlüssel, das Artefakt und die Avatarkapsel neu sammeln muss. Andererseits hatte das Spiel, unter anderem durch den atmosphärischen Soundtrack, einen regelrecht meditativen Effekt auf mich, der mich während des gesamten Spieldurchlaufs nie verzweifeln lies. Zu guter Letzt kommen dann noch die unglaubliche Bewegungsfreiheit und -geschwindigkeit von Glyph hinzu, die es einem selbst beim Respawn auf der Startplattform erlauben, den vorherigen Ort im Level in Windeseile wieder zu erreichen. Und je öfter ich die Kugel in den Sand oder gegen eine rot-orangene Fläche gefahren habe, desto waghalsiger spielte ich. So wird der Spieler auf ganz natürliche Art und Weise dazu animiert, mehr Risiken einzugehen, waghalsigere Manöver auszuführen und lernt dabei die goldene Kugel immer besser zu kontrollieren. Es ist ein wirklich unbeschreibliches Gefühl, wenn man zu Beginn noch übervorsichtig durch die Level eiert, nur um später dann in fast schon filmreifen Sprüngen quer durch die Welt zu fliegen.


Technisch habe ich an Glyph nicht viel auszusetzen. Sehr selten erlebte ich winzige Ruckler, die natürlich immer genau dann auftraten, als ich versuchte, präzise Sprünge auf kleine, wackelige Plattformen auszuführen. Ärgerlich! Außerdem kam es in zwei Welten vor, dass das Einsammeln aller Münzen das Artefakt nicht hat erscheinen lassen. Deshalb musste ich diese beiden Level dann noch einmal spielen – glücklicherweise musste ich die Münzen jedoch nicht erneut sammeln, da diese ja gespeichert bleiben. In einer Welt scheint den Entwicklern ein Fehler unterlaufen zu sein, jedenfalls sieht es stark danach aus. Im Level "Eerie Islands" sind nur 34 der verlangten 36 Münzen auffindbar, was bedeutet, dass man hier nicht nur nicht alle Münzen, sondern auch nicht das Artefakt sammeln kann. Zum Glück braucht man jedoch nicht jede einzelne Münze und jedes einzelne Artefakt, um alle Welten freizuschalten. Kameratechnisch ist es leider nicht besonders elegant gelöst, dass man ständig in den Boden oder in feste Objekte hineinschauen kann, worunter die Immersion in die fantasievollen Welten leidet. Auch eine Option, die Kamera automatisch in die Bewegungsrichtung von Glyph auszurichten, könnte dabei helfen, dass die Kamera nicht manchmal zu einem schlimmeren Feind als die gefährlichen Umgebungen wird.

Unser Fazit

8

Ein Spiele-Hit

Meinung von Philipp Pöhlmann

Mit Glyph erschufen die Entwickler von Bolverk Games einen 3D-Platformer, der neue Maßstäbe in den Bereichen Bewegungsfreiheit und -geschwindigkeit setzt. Als kleine, hüpfende Kugel, die in der Luft ihre Flügel ausfahren und kurze Zeit fliegen kann, springt man durch abwechslungsreiche 3D-Umgebungen, die sowohl optisch als auch vom grundlegenden Konzept her sehr einprägsam sind und allesamt einzigartig wirken. Die Prämisse, etwas so unberechenbares wie eine Kugel über teilweise sehr kleine Plattformen springen zu lassen, klingt zunächst nach großem Frustpotenzial. Dem ist jedoch nicht so, im Gegenteil – das Scheitern verleitet automatisch dazu, größere Wagnisse einzugehen und dadurch ein größeres Gefühl der Belohnung zu empfinden, wenn man riskante Sprünge nicht nur meistert, sondern im Laufe der Zeit die Kontrolle über die kleine goldene Kugel regelrecht perfektioniert. Von der Schwierigkeit her legt das Spiel vor allem gegen Ende ordentlich zu, so ordentlich, dass es nicht nur viel Geschick, sondern auch viel Geduld braucht, um wirklich alle Sammelgegenstände in allen Welten mitzunehmen. Kleine Fehlerchen, die mir bei meinem Spieldurchlauf untergekommen sind, lassen sich problemlos verschmerzen, lediglich die Option, die Kamera in die Bewegungsrichtung von Glyph auszurichten, fehlte mir an mancher Stelle und hätte das Spielerlebnis noch etwas besser gestaltet.
Mein persönliches Highlight: Der Soundtrack intensiviert sich in jeder Welt, sobald man alle Schlüssel aufgesammelt hat, um den Weg zum Ziel noch atmosphärischer zu gestalten.

Communitywertung

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Auszeichnungen

Spiele-Hit

Kommentare 1

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  • Eisblauer Wolf

    Wölfin des Nordens

    Hab es mir schon auf die Wunschliste gepackt und wie es hier beschrieben wird, gibt mir das Gefühl da richtig zu liegen. Mir gefällt es von der Aufmachung, den Farben und ich find den Skarabäus irgendwie symatisch/niedlich ;):).