Test zu Cyber Shadow - Nintendo Switch
Nah an der 8-Bit-Perfektion
8-Bit-Platformer, die bewusst im Stil der NES- oder SNES-Ära gehalten sind, gibt es mittlerweile viele. Die Wiederentdeckung des Retro-Platformers ist nicht zuletzt dem Entwickler und Publisher Yacht Club Games zu verdanken, der mit der sehr beliebten Shovel Knight-Serie vormachte, wie man eine moderne Umsetzung des Genres mit klassischen Spielideen verbinden kann. Der neueste Titel aus dem Hause Yacht Club Games stammt diesmal nicht von den Shovel Knight-Entwicklern, sondern vom finnischen Ein-Man-Entwicklerstudio Mechanical Head Games. Cyber Shadow ist wie Shovel Knight eine Hommage an vergangene Klassiker, orientiert sich aber eher an Vertretern wie Ninja Gaiden. Neben einem stilsicheren 8-Bit-Stil erwartet euch daher massig Gegner und anspruchsvolle Sprungsequenzen, in denen ihr euer Geschick beweisen müsst.
Wie der Name schon vermuten lässt, kombiniert die Welt von Cyber Shadow Motive klassischer Ninja-Geschichten mit einem futuristischen Setting. Als Angehöriger eines Clans von auserwählten Wächtern bewacht ihr Mekacity, eine Stadt, die immer weiter ins Technologie-Zeitalter rückt. Als Teil dieser Entwicklung werden schrittweise auch Roboter erschaffen, die den Menschen Aufgaben abnehmen und mit der Zeit immer fortschrittlicher werden. Wie in vielen anderen Sci-Fi-Szenarien kommt auch in Cyber Shadow der Punkt, an dem sich die Maschinen unter Führung des wahnsinnig gewordenen Wissenschaftlers Dr. Progen gegen die Menschen erheben und eure Heimatstadt zerstören. Die Angehörigen eures Clans werden schrittweise aufgespürt und zu lebenden Batterien umfunktioniert, da ihre Essenzen als Energiequellen genutzt werden können. Diese Energie ist wiederum auf eine Verbindung mit dem Ethos zurückzuführen, einer spirituellen Welt, zu der nur Angehörige eures Clans Zugang haben.
In dieser Ausgangssituation erwacht ihr als kybernetisch veränderter Ninja Shadow, dem die Aufgabe zuteilwird, die Angehörigen des Clans zu befreien und die mysteriöse Meisterin zu retten, die von Dr. Progen gefangen gehalten wird. Dafür müsst ihr nicht nur die Fähigkeiten zurückerlangen, die euch in der langen Stasis zuvor abhanden gekommen sind, sondern auch versuchen, euch an euer altes Leben zu erinnern und die Wege eures Clans neu zu entdecken. Die Geschichte des Spiels bedient sich im Großen und Ganzen bekannter Muster, überrascht aber auch an der ein oder anderen Stelle mit interessanten Ideen. Insgesamt ist die Welt von Cyber Shadow spannend genug, um den Spieler motiviert zu halten. Vor allem die recht einzigartige Kombination aus Ninja-Mythologie und Sci-Fi-Elementen trägt dazu bei, ein Interesse an der Welt zu entwickeln.
Der Fokus des Spiels liegt aber eindeutig auf dem Gameplay. Wie bereits erwähnt, ist Cyber Shadow ein klassischer 8-Bit-Action-Platformer. Der Entwickler Aarne Hunziker hatte bereits im Vorfeld immer wieder betont, sich eng an den Möglichkeiten des NES zu orientieren. Konkret bedeutet das, dass ihr das gesamte Spiel im Wesentlichen mit dem Steuerkreuz oder wahlweise dem Analogstick sowie einer Sprung- und einer Angriffstaste bestreitet. Zu Beginn des Spiels ist euer Bewegungs- und Angriffsrepertoire entsprechend eingeschränkt. Ihr springt durch die weitgehend linearen 2D-Welten und schlagt mit eurer Klinge auf Gegner ein, die sich euch in den Weg stellen. Alle weiteren Fähigkeiten, die ihr im Verlauf freischaltet, sind als Kombination einer Richtungseingabe und der Angriffstaste konzipiert. Angriff und eine Bewegung nach unten lösen so beispielsweise einen magisch verstärkten Sprungangriff aus, wenn ihr genügend Seelenpunkte habt, die als Manavorrat dienen. Im Verlauf des Spiels könnt ihr unter anderem in versteckten Abschnitten Gegenstände finden, die eure Treffer- und Seelenpunkte erhöhen. Dadurch gibt es im Spielverlauf einen zusätzlichen Anreiz, in die Ecken der detailreich gestalteten Level zu schauen und nach Eingängen zu suchen.
Besonders viel Spaß macht aber die Bewegung durch das Spiel an sich. Shadow steuert sich präzise durch die anspruchsvollen Level. Insbesondere das Aufeinandertreffen mit Gegnern kann schnell zum Bildschirmtod führen, wenn ihr sie nicht rechtzeitig ausschaltet oder sie euch in einen Abgrund werfen. Ein netter Kniff: Ein Großteil der Gegner ist deutlich anfälliger für Angriffe von hinten, was eher zu einem ausweichenden Spielstil animiert, der dem Kampfstil eines Ninjas entspricht. Es empfiehlt sich daher, über Gegner hinweg zu springen oder zu warten, bis sie sich wegdrehen, um sie schnell auszuschalten. Auch mit dieser Vorgehensweise ist Cyber Shadow im Übrigen ein sehr anspruchsvolles Spiel. Oft werdet ihr mehr als einen Anlauf benötigen, um eventuelle Tücken einer Passage wie versteckte Fallen oder den Rhythmus von Geschossen zu verinnerlichen. Gleiches gilt für die Bossgegner, denen ihr im Verlauf des Spiels begegnet. Ihr müsst die Bewegungsmuster lernen und entsprechend reagieren, um Erfolg zu haben. Hier zeigt sich, dass Cyber Shadow wenig auf den Zufallseffekt setzt. Die Dauer eines Kampfs richtet sich allein danach, wie gut ihr die Vorgehensweise eures Gegenübers verstanden habt. Brauchte ich am Anfang noch mehrere Anläufe für ein anspruchsvolles Gefecht, ging derselbe Kampf nach etwas Übung deutlich besser und schneller von der Hand.
Neben den dauerhaften Verbesserungen, die ihr durch die Rettung anderer Ninjas freischaltet, und der Steigerung von Treffer- und Seelenpunkten gibt es auch temporäre Upgrades, die ihr an Speicherpunkten gegen die eingesammelte Spielwährung eintauschen könnt. Hierzu zählt beispielsweise ein Blaster, der parallel zu euren Schlägen Schüsse abfeuert und euch so eine zusätzliche Fernkampfattacke an die Hand gibt. Die Upgrades sind ein adäquates Mittel, um den Schwierigkeitsgrad des Spiels, der ansonsten fix ist, etwas anzupassen. Die Items sind meistens so gesetzt, dass sie genau für den vor euch liegenden Abschnitt Vorteile bringen. Wer also viel erkundet und so Geld einsammelt, kann sich das Spiel vereinfachen. Wer aber die Herausforderung sucht, kann die optionalen Hilfen genau so gut komplett umgehen. Cyber Shadow bietet so eine gute Balance zwischen Anspruch und Zugänglichkeit, die motiviert, sich in die Spielmechaniken einzuarbeiten und Shadows Bewegung mit der Zeit zu meistern. Aufgrund dieser Mechanik sind Einschätzungen zur Spielzeit relativ schwierig, die meisten Spieler werden aber wohl zwischen fünf und zehn Stunden brauchen, um das Spiel zu meistern.
Der große Star von Cyber Shadow ist während der gesamten Spielzeit aber zweifelsohne die Präsentation. Man merkt, dass Aarne Hunziker viele Jahre in dieses Projekt gesteckt und das Design sowie die Pixelkunst des Titels immer weiter verfeinert hat. Cyber Shadow zeigt mit seiner stilsicheren Welt, den Charakter- sowie Gegnerdesigns und den Animationen, was im Rahmen einer 8-Bit-Begrenzung möglich ist. Das Spiel trotzt nur so vor Details und Ideen wie einer spielbaren Sequenz in einem Sicherheitsterminal, in der das Geschehen vollständig in Neonfarben dargestellt wird. Absolut fantastisch ist darüber hinaus der Chip-Soundtrack, der das spielerische Geschehen perfekt untermalt und selbst beim Scheitern Lust auf den nächsten Versuch macht. Enthusiasten können auch klassische CRT-Filter nutzen und so das Bild klassischer Röhrenfernseher nachahmen. Besonders charmant: Auch eine Option für ein CRT-Signal mit schlechten Anschlusskabeln ist gegeben und lässt das Bild zusätzlich verschwommen aussehen. In technischer wie inszenatorischer Hinsicht ist Cyber Shadow sehr nahe an der 8-Bit-Perfektion.
Unser Fazit
9
Geniales Spiel