Der nächste JRPG-Hit von Square Enix
Es gibt Spielereihen, die schon seit unzähligen Jahren keinen neuen Teil erhalten haben, aber früher oder später zurückkehren. So ähnlich verhält es sich auch mit The World Ends with You. Vor etwa 14 Jahren ist der erste Teil für den Nintendo DS erschienen. Viele Jahre später wurde eine Smartphone-Version sowie 2018 die Final Remix-Version für die Nintendo Switch veröffentlicht. Seitdem arbeitete Square Enix am neuesten Teil namens NEO: The World Ends with You, welcher am 27. Juli für die Nintendo Switch und PlayStation 4 sowie im Sommer noch für den PC im Epic Games Store erscheint. Nachdem wir bereits in unserer Vorschau erste Eindrücke geschildert und mit den Entwicklern ein Interview geführt haben, können wir euch nun in unserem Test verraten, ob das Spiel einen gelungenen Nachfolger darstellt.
Hier möchte ich aber auch direkt einhaken: Wie die Entwickler bereits in der Vergangenheit bestätigt haben, benötigt ihr keinerlei Vorwissen, um das Spiel und die Geschichte genießen zu können. Als Kenner des Erstlings muss ich aber sagen, dass der Spielspaß aufgrund mancher bekannter Charaktere oder Referenzen etwas höher ausfällt, wenn man das erste Spiel bereits kennt. Daher empfehle ich, den Vorgänger zuerst zu spielen, falls ihr daran Interesse haben solltet – falls nicht, könnt ihr euch trotzdem auf ein vollwertiges und lohnenswertes Spielerlebnis einstellen.

Durch das Scannen der Umgebung könnt ihr zum Beispiel Noise aufspüren und bekämpfen – oder die Gedanken der Menschen lesen.
© Square Enix Co., Ltd.
Zum Beginn des Spiels trefft ihr als Rindo, der Hauptcharakter des Spiels, euren besten Freund Fret in Shibuya, Tokyo. Nachdem ihr in der Stadt etwas Zeit verbracht habt, tauchen auf einmal Noise – gegnerische Geschöpfe, welche allerlei Tiere darstellen – um euch herum auf, bis plötzlich ein herunterfallender Lastwagen auf Fret fällt. Rindo hatte kurz zuvor seine erste Vision, wodurch er realisiert, dass er wichtige Ereignisse aus der Zukunft vorhersehen kann. Leider kann er nicht rechtzeitig reagieren und muss den Tod seines Freundes miterleben. Kurz darauf erfährt er allerdings von einer weiteren Fähigkeit, die er besitzt – nämlich dem Zeitreisen. So kann er seinen Freund retten und der Gefahr entkommen. So beginnt das Spiel der Reaper für die beiden.
In diesem Spiel, das sieben Tage andauert, ist es euer Ziel, den ersten Platz zu erreichen. Dafür müsst ihr euch gegen andere Teams durchsetzen, indem ihr die täglichen Missionen als Erstes abschließt. Das Team mit den meisten Punkten gewinnt – und nur so könnt ihr dem Spiel letztendlich entkommen. Auf dem letzten Platz droht euch hingegen der endgültige Tod. Das Spiel findet im sogenannten Untergrund (UG) mit ganz eigenen Regeln statt, während die normale Welt als Realground bezeichnet wird. Spieler und Reaper – quasi die Veranstalter und Aufpasser des Spiels – können im Untergrund zwar miteinander interagieren, allerdings ist keinerlei Kontakt zum Realground möglich. Lediglich bestimmte, von Reapern ausgewiesene Läden haben für euch geöffnet. Abseits davon können alle Spieler zudem die Umgebung abscannen, woraufhin sie gegen die Noise kämpfen und die Gedanken mancher Personen aus dem Realground lesen können.

Eure Lebenspunkte im Kampf erhöht ihr durch das Leveln eures Teams. Andere Statuswerte könnt ihr durch stetige Restaurantbesuche steigern.
© Square Enix Co., Ltd.
Auf eurem doch sehr verrückten Abenteuer begegnet ihr zahlreichen Charakteren – sei es alt oder neu. So kehrt beispielsweise der Mathe-affine Minamimoto aus dem Vorgänger zurück und ist dieses Mal kein Reaper, sondern Teil eures Teams, den Wicked Twisters. Außerdem schließt sich recht schnell Nagi an, welche sich sofort in Minamimoto verguckt, da er einem bestimmten Charakter aus EleStra (Elegant Strategy) – ein beliebtes Videospiel in der Welt von NEO: The World Ends with You – ähnelt. Mit dem eher nachdenklichen und ruhigen Rindo sowie Fret, welcher meist fröhlich sowie sehr offen ist, bildet sich ein Team, das ihr schnell ins Herz schließt. Auch die Charaktere aus anderen Teams haben alle ihre eigenen Persönlichkeiten und bringen ihren ganz speziellen Charme mit sich. So gibt es beispielsweise Motoi von den Purehearts, welcher in fast jedem Satz spanische oder italienische Wörter verwendet. Bei den Ruinbringers sticht Susukichi heraus, der eher draufgängerisch ist und dank seiner enormen Stärke das Spiel dominiert. Sie alle haben ihre eigenen Motive innerhalb des Spiels der Reaper und letzten Endes natürlich auch das Ziel, zu gewinnen. Insgesamt erwecken alle Charaktere einen glaubwürdigen Eindruck und durch ihre verschiedenen Eigenarten freut man sich darauf, sie immer wieder anzutreffen.
Die Zwischensequenzen des Spiels sind nur selten in 3D animiert – stattdessen erwarten euch viele Dialoge mit den liebenswerten Charakteren, welche euch in einem stylischen Manga- oder Comic-ähnlichen Aufbau präsentiert werden. Die Textpassagen glänzen hierbei durch hochauflösende Charakter-Artworks mitsamt verschiedener Posen und Gesichtsausdrücken sowie einer gelungenen Sprachausgabe auf Englisch oder Japanisch. Insgesamt lässt sich erkennen, dass die Entwickler hier mit Herzblut dabei waren. Auch die deutschen Texte sind insgesamt lobenswert und für viele der Worte wurden passende Pendants in der deutschen Sprache gefunden. Allerdings lässt sich hier und da auch einmal ein Rechtschreibfehler oder verfrühtes Zeilenende entdecken.

Manchmal texten euch die Charakter per Chat zu – so auch Susukichi, dem das Tippen mit seinen großen Fingern eher schwer fällt.
© Square Enix Co., Ltd.
Nachdem ich nun viel auf die Geschichte, Charaktere und die Präsentation eingegangen bin, wird es Zeit, das Gameplay näher zu beleuchten. Grundsätzlich erkundet ihr die verschiedenen Stadtteile von Tokyo und erledigt dabei eure täglichen Missionsziele für das Spiel der Reaper. Entweder im Rahmen der Geschichte oder beim Erkunden stoßt ihr auf die bereits zuvor genannten Noise-Gegner oder Spieler anderer Teams, welche ihr innerhalb eines actionbasierten Kampfsystems besiegen müsst. Hier steuert ihr bis zu vier Charaktere gleichzeitig, deren Attacken von den ausgerüsteten Pins abhängen – die ihr entweder in den Läden kaufen könnt oder am Ende eines Kampfes erhaltet. Jeder Pin belegt hierbei einen bestimmten Knopf, sodass ihr im Kampf bis zu vier Angriffe gleichzeitig ausführen könnt. Außerdem könnt ihr den Gegnern ausweichen und bei richtigem Angriffstiming eure Groove-Leiste aufladen. Ist diese aufgefüllt, könnt ihr eine besonders starke Attacke ausführen – welche genau, ist davon abhängig, welchen Charakter ihr steuert und welchen Pin dieser ausgerüstet hat.
Eure Pins und eure Charaktere könnt ihr durch das Besiegen von Gegnern stetig aufleveln. Allerdings steigen durch euer Teamlevel nur die Lebenspunkte im Kampf. Für die anderen Werte wie Verteidigung und Angriff habt ihr zwei Möglichkeiten: Entweder ihr kauft für teilweise viel Geld neue Klamotten ein oder ihr genießt die abwechslungsreichen Mahlzeiten in den Restaurants von Tokyo. Durch Letzteres könnt ihr auch den Style-Wert eurer Charaktere erhöhen. Ist dieser hoch genug, aktivieren sich bei den Kleidungsstücken zusätzliche Fähigkeiten, die euch im Kampf weiterhelfen. Falls ihr euch damit nicht groß auseinandersetzen wollt, könnt ihr auch einfach automatisch passende Kleidungsstücke ausrüsten lassen. Dabei könnt ihr auswählen, worauf das Spiel den Fokus legen soll, seien es zum Beispiel Lebenspunkte oder Fähigkeiten.
Im Großen und Ganzen war es das auch schon mit dem Kampfsystem. Insgesamt hört sich das Ganze sehr simpel an, was es prinzipiell auch ist. Aber gerade auf höheren Schwierigkeitsgraden und mit fortschreitendem Spielverlauf wird es immer wichtiger, die Attacken gut zu beherrschen, den Gegnern gezielt auszuweichen und die Groove-Leiste schnell aufzuladen. Auch die Werte oder Fähigkeiten eurer Kleidungen spielen eine immer wichtigere Rolle. Durch die hunderten Pins, von denen aber viele grundsätzlich die selbe Attacke – auch Psych genannt – ermöglichen, wird das Kämpfen nicht so schnell langweilig. Die Pins können zudem aufgelevelt und teilweise entwickelt werden, wodurch ihr einen Anreiz habt, auch andere Kombinationen auszuprobieren.
Eine weitere Eigenart des Kampfsystems ist übrigens, dass ihr belohnt werdet, solltet ihr ein höheres Risiko eingehen. Ihr könnt jederzeit den Schwierigkeitsgrad und euer Teamlevel ändern, wodurch ihr stärkere Pins und davon dann auch eine größere Anzahl erhaltet. Zudem zählt eure Leistung im Kampf – also wie schnell ihr seid und wie viel Schaden euer Team erleidet. Solltet ihr viele Noise hintereinander bekämpfen, anfangs sind es maximal fünf, steigt erneut die Chance auf mehr Pins. Dieses „Risk-and-Reward“-System ist unheimlich motivierend und ich kannte so etwas in dieser Form bislang nur aus dem Vorgängerspiel.

Durch das Erfüllen bestimmter Bedingungen schaltet ihr Graffitis frei, mit denen ihr eine Wand in Tokyo schmücken könnt.
© Square Enix Co., Ltd.
Solltet ihr mal nicht in Kämpfe verwickelt sein, erwartet euch im Spiel der Reaper das ein oder andere Rätsel. Hierfür müsst ihr oft die Umgebungen genau absuchen, um zum Beispiel einen bestimmten Code zu knacken. Manche Stadtteile sind zudem von Reapern abgeschnitten, welche euch eine kleine Mission stellen, die ihr zum Passieren erfüllen müsst. Manchmal wollen sie zum Beispiel, dass ihr bestimmte Kleidungsstücke tragt, ihnen diverse Informationen zukommen lasst oder einige Noise besiegt.
Immer wieder benötigt ihr die einzigartigen Fähigkeiten von Nagi und Fret. Dazu gehört zum Beispiel, dass Fret Personen an eine bestimmte Sache erinnern kann, wofür ihr ein Bild zusammensetzen müsst. Nagi hingegen kann in die Gedanken anderer Menschen eindringen, wenn sie von Noise geplagt werden und sie so wieder zu Vernunft bringen. Hier kämpft ihr mehrmals hintereinander gegen Noise, welche zusätzliche Effekte mit sich bringen – je nach Gemütsstatus der Person verliert ihr beispielsweise konstant Leben oder die Gegner richten mehr Schaden an.
Auch die anfangs erwähnte Zeitreisefähigkeit von Rindo ist nicht nur Teil der Geschichte, sondern kommt auch im eigentlichen Gameplay immer mal wieder zum Einsatz. So könnt ihr jederzeit zu früheren Zeitpunkten des Spiels zurückspringen, um verpasste Inhalte – wie Nebenquests – nachzuholen. Manchmal verläuft die Geschichte allerdings nicht in eurem Sinne und ihr steht kurz davor, das Spiel der Reaper zu verlieren. In diesen Momenten könnt ihr zu verschiedenen Stationen in der Vergangenheit reisen, um mit neuen Informationen euer Schicksal zu verändern. In einem Kapitel müsst ihr so zum Beispiel einen Hinterhalt der Deep Rivers Society – ein Gegnerteam, das eine unbegreifliche Vorliebe für Gewässer hat – verhindern, indem ihr die Teammitglieder ablenkt, sodass sie beim Hinterhalt keine Unterstützung leisten können. Zwar ist das Zeitreisen in erster Linie nichts Originelles und ein Thema, das in Videospielen nicht neu ist, allerdings wird sie hier gut eingebunden und erweitert die Geschichte tatsächlich um eine substanzielle Komponente.

Manche Rätsel fallen relativ schwer aus. Falls ihr nicht von selbst auf die Lösung kommt, werdet ihr manchmal mit Tipps unterstützt.
© Square Enix Co., Ltd.
In diversen Nebenmissionen, in denen ihr der ein oder anderen Person helft, seid ihr ebenfalls auf die Fähigkeiten eurer Charaktere angewiesen. Nach erfolgreichem Abschluss erhaltet ihr eine entsprechende Belohnung in Form von Freundespunkten. Diese könnt ihr in einer Art Skilltree, welcher als eigener Reiter namens „Soziales Netzwerk“ im Menü vorzufinden ist, einlösen. Jede Person, die ihr im Spiel antrefft und kein namenloser NPC ist, wird dort mit Hintergrundinfos vermerkt. Solltet ihr bestimmte Bedingungen erfüllen – wie zum Beispiel in diversen Läden einzukaufen oder in der Geschichte voranzuschreiten – könnt ihr mithilfe eurer Freundespunkten neue Fähigkeiten oder Gegenstände freischalten. Somit kann es quasi als Skilltree angesehen werden, welcher mit diversen Infos und Freischaltbedingungen teilweise origineller verpackt ist als in manch anderen Spielen.
Gegen Ende möchte ich nun nochmal auf den generellen Stil des Spiels eingehen, da dieser wie bereits beim Vorgänger originell ausfällt. Kenner des Erstlings dürften hier unter anderem an die Musik denken, die allerlei Genres wie Rap oder Rock abdeckt und zugleich im Videospielbereich ziemlich einzigartig ist. Bei den NEO-Mix Versionen könnt ihr euch auf alte Musikstücke freuen, die neu aufgelegt wurden. Aber auch allerlei neue Songs motivieren euch im Kampf oder untermalen die Stimmung in den Zwischensequenzen. Hier kann ich nur ein uneingeschränktes Lob aussprechen, besonders da die Musik sehr gut mit dem Artstyle des Spiels und dem schnellen Gameplay der Kämpfe harmoniert. Wer von den Songs nicht genug bekommt, kann sie sich für etwas Geld innerhalb des Spiels kaufen und jederzeit auf Knopfdruck anhören sowie die Musik des Menüs verändern.
Grafisch fällt die Umgebung etwas detailarm aus, was aufgrund des Anime-ähnlichen Artstyles allerdings nicht allzu stark auffällt. Störend hingegen sind immer wieder auftretende Framedrops, die ihr sehr oft beim Scannen der Umgebung zu spüren bekommt, wodurch die Bildrate teilweise deutlich unter 30 FPS absackt. Immerhin laufen die Kämpfe meistens flüssig. Hier schwankt die Bildrate zwischen 30 und 40 FPS wie bereits Analysevideos der Demoversion zeigten. Zwar hält sich das Ruckeln insgesamt im Rahmen, sodass euer Spielerlebnis nicht groß gestört wird, allerdings fällt es schon deutlich auf und kann aufgrund der kleineren und detailärmeren Umgebungen nicht entschuldigt werden.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit
Meinung von Thomas Steidle
Nach langer Wartezeit ist mit NEO: The World Ends with You der Nachfolger des Nintendo DS-Klassikers nun endlich hier. Wer den Vorgänger bereits kennt, darf mit einem mehr als soliden Nachfolger rechnen, der eine gute Weiterentwicklung des ersten Teils darstellt. Aber auch Neueinsteiger können dank des ausgeklügelten Kampfsystems, den interessanten Charakteren, der neugierig machenden Geschichte und der einprägsamen Musik ein in Erinnerung bleibendes Abenteuer erwarten. Leider kann die Nintendo Switch-Version technisch nicht komplett überzeugen und kommt mit den ein oder anderen Rucklern einher. Wer sich daran nicht stört, kann mit dutzenden Stunden Spielspaß im virtuellen Tokyo rechnen.Bestelle dir jetzt NEO: The World Ends with You über unsere Onlineshop-Partner
Online kaufenAwards
