Test zu art of rally - Nintendo Switch
Die hohe Kunst des Rallye-Sports
Rallye ist die wohl waghalsigste und brachialste Form des Motorsports. Mit Höchstgeschwindigkeit wird auf Pfaden und Wegen gebrettert, auf die sich andere nicht einmal zu Fuß trauen. Schon die kleinste Lenkbewegung kann wortwörtlich über Tod oder Leben entscheiden. Und obwohl dieser Sport so gefährlich ist, wirkt er auf viele Menschen eine gewisse Faszination aus. Der Titel art of rally geht nun sogar so weit und versucht, die kunstvolle Seite des Rallye-Sports einzufangen.
Neben seinen waghalsigen Strecken zeichnet sich Rallye vor allem dadurch aus, dass man nur indirekt gegen andere Fahrer antritt. Statt auf einem Rundkurs um Platzierungen zu kämpfen, feilt man auf Strecken, die von Startpunkt A zu Zielpunkt B führen, um Perfektion, damit am Ende eine möglichst geringe Zeit auf dem Tableau steht. Dasselbe Prinzip wird auch vollumfänglich in art of rally umgesetzt. So erwarten euch mit dem Karriere-Modus, diversen Solo-Partien sowie einer Online-Herausforderung diverse Modi, hinter denen aber stets die Fahrt gegen die Zeit steckt. Dabei werdet ihr einmal um die halbe Welt geschickt. So könnt ihr Strecken beispielsweise in Deutschland, Skandinavien oder Afrika entdecken – zumindest, wenn ihr eine gesunde Portion Fantasie mitbringt.
Denn art of rally besticht in seiner Aufmachung vor allem durch eines: Minimalismus. Es erwartet euch keine detailreiche Umwelt und auch keine vollständig modellierten Karosserien; vielmehr soll eine einfache Optik mit wenigen Details dazu beitragen, dass ihr euch ganz auf das Renngeschehen konzentrieren könnt. Was aber beispielsweise bei einem Titel wie Absolute Drift durchaus funktioniert und stilvoll wirkt, scheint bis diesem Spiel eher in die Hose zu gehen. Die Umgebung erscheint eher plump als stilvoll und man fragt sich, ob man es vorliegend nicht eher mit einem Titel aus den frühen 2000er-Jahren zu tun hat.
Dabei besteht ein gravierender Unterschied zwischen der veröffentlichten Version des Spiels für die Nintendo Switch und den Varianten für die anderen Konsolen sowie den PC. Während in den letztgenannten Versionen der besagte Stil dank eines höheren Detailreichtums und ansprechenden Lichteffekten durchaus erreicht wird, gerät der Port für die Hybridkonsole unter die Räder: Völlig blanke Landschaften, die durch gelegentlich aufploppende Baum- und Tier-Modelle aus dem DIY-Baukasten nicht sonderlich aufgehübscht werden, prägen das Geschehen. Das ist schade, denn die ungewöhnlich weitläufigen und in der Theorie vollständig befahrbaren Umgebungen könnten andernfalls zum Erkunden einladen. So wird das Performance-Chaos aber letztlich durch auffallend lange Ladezeiten in negativer Weise abgerundet.
Im Kern ist die Fahrphysik ziemlich ausgeklügelt und wartet mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten auf.
© Funselektor
Sofern ihr über diese offensichtlichen Macken hinwegsehen könnt, erwartet euch überraschenderweise eine ausgeklügelte Fahrphysik mit zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten. Ganz dem ausgerufenen Minimalismus zum Trotz, bietet das Gameplay-Menü viele sehr kleinschrittige Optionen, um das Verhalten des Fahrzeugs ganz individuell auf euren Fahrstil anpassen zu können. Eine gewisse Vorkenntnis wird diesbezüglich allerdings vorausgesetzt, denn hier wird mit so einigen Fachbegriffen um sich geworfen. Ebenfalls positiv hervorheben lassen sich die geschichtlichen Informationen, die euch vor allem während das Karriere-Modus beispielsweise über den Rallye-Sport selbst oder über die Rennboliden nähergebracht werden. Gut, ob die historischen Einordnung auch wahrheitsgetreu wiedergegeben wurden, lässt sich nicht immer zweifelsfrei annehmen. Und da das Spiel über keine Lizenzen verfügt, bekommt ihr nicht etwa etwas über den legendären Porsche 911, sondern über den „das 119-i“ erzählt, aber geschenkt – charmant sind die durchweg auf Großschreibung verzichtenden Texte allemal.
Letztlich hinkt es auch ein wenig im Detail. So ist die Online-Herausforderung, bei der aus dem fest zur Verfügung stehenden Fundus an Strecken eine täglich wechselnde Etappe auserkoren wird, grundsätzlich eine gute Idee und bietet in der Theorie einen gewissen Wiederspielwert. Auf der ausgewählten Etappe gilt es – wie in allen anderen Modi – die Bestzeit aufzustellen. In einer Rangliste könnt ihr dann schließlich euer Abschneiden mit Spielern aus der ganzen Welt vergleichen. Dieses System ist allerdings auch nur dann sinnvoll, wenn es von anderen Fahrern genutzt wird. Der Titel ist zwar schon vor einer Weile erschienen, die Spielerschaft hält sich der täglichen Ranglisten nach zu urteilen aber noch relativ stark in Grenzen.
Ein weiteres Beispiel für „gut gedacht, aber verhalten umgesetzt“ findet sich bei den freischaltbaren Inhalten. So könnt ihr durch gutes Abschneiden und dem grundsätzlichen Vorankommen im Karriere-Modus sowohl Fahrzeuge als auch Fahrzeuglackierungen freischalten. Im Grunde eine gute Sache, bei der auch einige witzige Skins enthalten sind, nur an der Präsentation des freigeschalteten Inhalts mangelt es ein wenig. Beendet ihr nämlich eine Etappe, werden euch diverse Ranglisten angezeigt, die euer Abschneiden in der Etappe und der gesamten Rennserie zusammenfassen. Diese Anzeigen lassen sich allerdings ebenso wenig überspringen wie die gegebenenfalls daran anschließende Information über den freigeschalteten Inhalt. Auf diese Weise entwickelt sich die eigentlich positive Belohnung zu einem Nervfaktor, da dadurch die Zeit, die beansprucht wird, um ins nächste Rennen starten zu können, unüberwindbar in die Länge gezogen wird – gepaart mit den bereits erwähnten, ohnehin schon langen Ladezeiten eine gefährliche, Spielspaß-trübende Kombination.
Unser Fazit
4
Erträglich