Von der Arcadehalle ins eigene Wohnzimmer
Wenn man nach Nintendo-Marken gefragt wird, so denkt man an Super Mario, The Legend of Zelda, Pokémon oder Animal Crossing, wohl aber kaum an Cruis'n. Tatsächlich zählt die vor allem in Arcadehallen ansässige Rennspielserie jedoch zum breitgefächerten Portfolio des Videospielriesen. Ihren Anfang nahm die Reihe mit Cruis'n USA, welches 1994 als Arcadeautomat und 1996 als Nintendo 64-Spiel umgesetzt wurde. Midway Games, das dahinterstehende Entwicklerstudio, produzierte auch eine Handvoll an Nachfolgern, bis es 2009 schließlich Insolvenz anmelden musste.

Die Optik des Spiels mag nicht die beste sein, manche Szenerien machen aber dennoch einiges her.
© Nintendo / Raw Thrills
Rund ein Jahrzehnt nach dem letzten Serienteil ist die Marke dann von den Toten wiederauferstanden: Mit Cruis'n Blast wurde 2017 ein moderner Ableger für Arcadehallen herausgebracht. Für das Serien-Reboot war Raw Thrills verantwortlich, ein 2001 gegründetes Studio bestehend aus ehemaligen Mitgliedern von Midway Games, darunter auch Serienschöpfer Eugene Jarvis, der für den neuesten Teil ebenfalls als Director fungierte. 2021 letztlich schaffte Cruis'n Blast mit Hilfe von Nintendo den Sprung auf die Nintendo Switch und wurde dabei im Vergleich zur Vorlage mit zahlreichen Inhalten erweitert.
Was die neueren Cruis'n-Titel von anderen Rennspielen unterscheidet, ist die verrückte Inszenierung seiner Rennstrecken. So kommt es, dass ihr im freien Fall an der ikonischen Cristo-Redentor-Statue von Rio de Janeiro vorbeidüst; in eisigen Gefilden dem Yeti auf der Spur seid; einem Alien-Angriff in der britischen Hauptstadt beiwohnt oder euch ein Erdriss ins verborgene Reich der Dinosaurier schickt. Absolut durchgeknallt? Aber ja doch! Das ist die besondere Würze von Cruis'n – und der neueste Serienteil macht da keine Ausnahme. Dank heutiger Technik wirken die ausgefallenen Szenarien so lebendig und farbenprächtig wie noch nie.
Wohl gerade wegen seiner Arcade-Wurzeln setzt Cruis'n Blast auf unkomplizierten Rennspielspaß. Es geht nicht darum, die Kurven möglichst scharf zu nehmen, sein Tempo im Blick zu behalten, oder Kontrahenten durch geschickte Manöver hinter sich zu lassen. Man opfert den Realismus, um stattdessen die Freude am (schnellen) Fahren in den Vordergrund zu stellen. Die Kurse sind mit zahlreichen Boost-Felder gespickt; das Drift-System ist einfach und intuitiv; dank eingebautem Nitro wird keine Gerade langweilig. Noch dazu läuft das Spiel mit 60 FPS über weite Strecken sehr geschmeidig und ansehnlich. Das lädt immer wieder zu kurzen Spielrunden ein.

„Und nun gehen wir über zur Stauschau: Laut unserem neuesten Tipp befinden sich wohl Dinosaurier auf der Fahrbahn ...“
© Nintendo / Raw Thrills
Hauptmotivation, zum Spiel zurückzukehren, ist das Freischalten von neuen Fahrzeugen. Dafür müsst ihr nicht nur Touren abschließen – das Äquivalent zu Cups aus Mario Kart –, sondern auch Geld und Schlüssel sammeln. Geld erhaltet ihr basierend auf eurer Platzierung in einem Rennen, während Schlüssel in jedem der 24 Kurse versteckt sind. Um sie alle zu finden, wird es nötig sein, vom regulären Weg abzukommen und ein wenig zu erforschen. Manche erfordern sogar den Einsatz von Tricksprüngen mit dem richtigen Timing. Durch das Spielen könnt ihr eure Lieblingsautos dann aufleveln und sie so aufmotzen oder ihr Aussehen verändern.
Während der Spielinhalt vollständig als Einzelspieler erlebt werden kann, bietet Cruis'n Blast auch einen Mehrspielermodus für bis zu vier Spieler an. Hierbei könnt ihr im geteilten Bildschirm Einzelrennen fahren, in Touren gegeneinander wetteifern, die klassischen Arcade-Kurse ausprobieren sowie einen „Erster mit drei Siegen“-Modus spielen. Je höher die Spieleranzahl, desto mehr gerät die Performance des Spiels ins Straucheln. Beim kurzweiligen Rennspaß dürfte das aber zu verschmerzen sein. Alternativ könnt ihr zusammen spielen, indem mehrere Nintendo Switch-Systeme eine lokale Verbindung aufbauen – dann jedoch mit eingeschränkter Modi-Wahl.
Auf einen Online-Modus werdet ihr hier vorerst gänzlich verzichten müssen und ich habe lange darüber gegrübelt, ob das wirklich ein großes Problem darstellt. Man kann wohl nicht leugnen, dass die Möglichkeit, online spielen zu können, ein stückweit zur Langzeitmotivation beitragen würde. Gleichzeitig empfinde ich die Spielstruktur mit ihrem Arcade-Charakter allerdings bereits als eine runde Sache. Beim kurzweiligen Rennspaß von Cruis'n Blast sehe ich wenig Mehrwert darin, gegen echte Menschen zu fahren anstelle von Computergegnern. Insbesondere weil die höheren Schwierigkeitsgrade bereits eine echte Herausforderung darstellen. Ich kann kann jedoch gut verstehen, wieso man sich mehr Anreize für das Spielen wünschen würde. Glücklicherweise wurde ein Online-Modus erst kürzlich für die Zukunft in Aussicht gestellt.
Unser Fazit

7
Spaßgarant