Test zu Yu-Gi-Oh! Master Duel - Nintendo Switch
Eine erbarmungslose Kartenschlacht
Mit Yu-Gi-Oh! Master Duel läutete Konami sein Spielejahr 2022 ein. Die neueste Videospielumsetzung zum Sammelkartenspiel, welches auf der 1996 gestarteten Mangareihe des japanischen Magazins Shōnen Jump basiert, umfasst über 10.000 Spielkarten, verfügt über das aktuelle Regelwerk und setzt auf ein „Games as a Service“-Modell, was angesichts der sich stets erweiternden Kartenauswahl durchaus Sinn macht. Der Titel erfuhr eine kostenlose Veröffentlichung auf Konsolen, dem PC und mobilen Endgeräten der Marke Android und Apple. Dank der Konami ID als zentraler Profilverwaltung könnt ihr jederzeit zwischen den Geräten wechseln und an eurem Spielfortschritt weiterarbeiten. Der nachfolgende Test nimmt speziell die Nintendo Switch ins Visier und soll euch erzählen, was Yu-Gi-Oh! Master Duel derzeit bietet und womit ehemalige Pausenhofduellanten rechnen müssen.
Lang ist es her, dass Yugi Muto und dessen alter Ego, der Pharao Atemu, das Königreich der Duellanten bezwungen, im „Battle City“-Turnier gesiegt, den Leviathan geschlagen und im letzten Gefecht untereinander einen Sieger auserkoren haben. Die erste Generation des Animes darf hierzulande zweifelsfrei als der Höhepunkt des dazugehörigen Sammelkartenspiels betitelt werden. Die Schulpausen wurden genutzt, um Karten zu tauschen oder nicht immer regelkonforme Duelle auszutragen. Das Taschengeld ging für sündhaft teure Booster Packs flöten und selten wurde mehr Erspartes mit einem Waschgang vernichtet. Jene Nostalgie trieb mich und viele andere zu Yu-Gi-Oh! Master Duel. Noch einmal mit dem Schwarzen Magier oder dem Blauäugigen Weißen Drachen das Spielfeld dominieren und mit den seltenen Errungenschaften protzen, die man aus den fünf Euro teuren, versiegelten Plastikhüllen gezogen hat. Derartig romantische Vorstellungen hegten wohl nicht wenige, als sie ihr erstes Duell starteten – und gnadenlos weggefegt wurden.
Der Deckbaukasten lässt kaum eine Funktion vermissen. Zum leichteren Wiederfinden könnt ihr Karten sogar mit einem Lesezeichen versehen.
© Studio Dice / Shueisha / TV Tokyo / Konami Digital Entertainment
Sieht man sich die Kommentare zum Spiel an, wird einem schnell klar, dass sich Yu-Gi-Oh! über die letzten zwanzig Jahre stark verändert hat. Zwar gilt es immer noch, die Lebenspunkte eures Gegenübers auf null zu bringen, doch die Kartenauswahl ist stark angewachsen, ebenso wie die Möglichkeiten, Monster auf das Spielfeld zu rufen. Während man sich einst nach einer erfolgreichen Tributbeschwörung mit einem schnippischen Kichern zurückgelehnt hat, entlockt ein solcher Spielzug eurem Kontrahenten maximal ein müdes Lächeln. Das Spiel ist deutlich kurzlebiger geworden und die einst dramatischen Duelle sind bereits in wenigen Runden entschieden. Wer zuletzt vor fünfzehn Jahren ein Kartendeck in der Hand hielt, wird sich zunächst erschlagen fühlen von der gewaltigen Menge an Neuerungen wie Synchro-, XYZ-, Pendel- und Link-Monster. Allerdings lässt euch Yu-Gi-Oh! Master Duel diesbezüglich nicht hängen und bietet Rückkehrern sowie Neueinsteigern ausführliche Solo-Duelle gegen den Computer – auf Wunsch sogar mit einem Leihdeck, um die im Vordergrund stehende Lektion gleich anwenden zu können. Das allein reicht jedoch noch nicht aus, um im Wettkampf bestehen zu können. Hierfür benötigt es Durchhaltevermögen, Geduld und Eigeninitiative. Leider ist es essenziell in Rang-Matches anzutreten, um merkliche Fortschritte zu erzielen, denn die Solo- sowie Freundschaftspartien belohnen euch mit keinerlei Zahlungsmitteln für die kostspieligen Karten. Eine größere Optionsvielfalt wie die Einschränkung der Kartenauswahl bis zu einer bestimmten Generation wären wünschenswert und deutlich einstiegsfreundlicher gewesen – kann allerdings noch folgen.
Euer Deck besteht aus mindestens vierzig Spielkarten und umfasst zumeist eine ausgeklügelte Kombination aus Monster-, Zauber- und Fallenkarten. Die dafür nötigen Karten erhaltet ihr durch den Erwerb von Booster Packs, Structure Decks, Siege oder Eigenbau. Booster Packs sowie Structure Decks können mit Edelsteinen erworben werden, die ihr euch durch Stufenanstiege oder das Erfüllen verschiedener Aufgaben verdient. Natürlich können die Klunker auch mit Echtgeld gekauft werden, wodurch sich Yu-Gi-Oh! Master Duel nicht ganz von der „Pay to win“-Mechanik lossagen kann. Wie schon in Yu-Gi-Oh! Duel Links kommen die Karten in diversen Seltenheitsstufen daher – und können in Materialien derselben Seltenheitsstufe zerlegt werden. Jene Rohstoffe werden benötigt, um gewünschte Karten zu bauen. Ihr möchtet Obelisk den Peiniger in euer Deck aufnehmen? Dann gebt dessen Namen einfach in die Suchleiste ein, klickt auf die Karte und baut sie für 30 Einheiten des „Ultra Rare"-Materials! Selten war es leichter, ein Wunschdeck in die Tat umzusetzen. Ihr müsst euch also nicht länger auf euer Ziehglück verlassen. Eine Tauschfunktion gibt es hingegen leider nicht.
Spezialbeschwörungen lassen sowohl das Spielfeld als auch eure Konsole beben und kommen mit schicken Effekten daher.
© Studio Dice / Shueisha / TV Tokyo / Konami Digital Entertainment
Wie bereits erwähnt, hat sich am grundlegenden Spielprinzip nichts getan. Ein Zug besteht immer noch aus einer Draw-, Standby-, Battle-, End- und zwei Main-Phasen. Verloren hat derjenige, dessen Lebenspunkte zuerst auf null sinken oder dessen Deck zur Neige geht. Natürlich gibt es wenige spezielle Fälle wie die Komplettierung der Exodia auf der Hand oder die vollständige Schicksalstafel, die ebenfalls zum Sieg bzw. zur Niederlage führen. Ein Großteil des Duells spielt sich heutzutage bereits in den ersten Zügen ab. Einige Decks sind sogar schon zur Hälfte aufgebraucht, ehe der erste Zug verstreicht. Es geht darum, möglichst früh eine stattliche Offensive vorweisen zu können und dem Gegenüber selbige bestenfalls zu verwehren. Dies geschieht vornehmlich durch minutenlange Effektketten und Spezialbeschwörungen. Yu-Gi-Oh! Master Duel ist folglich kein Spiel für die ungeduldige Spielerschaft, sondern vielmehr für diejenigen, die gerne aufmerksam observieren und adaptieren. Seid ihr aufgrund des Effektgewitters nicht mitgekommen, könnt ihr das Duell nach dem Ende per Knopfdruck abspeichern und in aller Ruhe nachträglich studieren.
Abseits diverser Booster Packs und Structure Decks könnt ihr mit euren Edelsteinen neue Spielmatten, Begleiter, Profilbilder/-rahmen oder Kartenhüllen kaufen, um eurem Auftritt auf dem Spielfeld mehr Individualität zu verleihen. Statt eines Battle Pass bietet euch Konami einen Duel Pass an, der euch nochmals Belohnungen, darunter auch seltenes Crafting-Material, nach jedem erfolgreichen Match beschert. Natürlich hält die Edelsteinflut nicht lange an und nach wenigen Stunden Spielzeit werden die Klunker sowie Herstellungsmaterialien rar. Gerade Eigenbrötler, die nicht stumpf irgendwelche Rezepte kopieren, sondern ein bisschen experimentieren möchten, geraten recht schnell in einen Engpass. Für ein solides Deck sollte die anfängliche Menge jedoch ausreichen. Gehört ihr zu den geübteren Spielerinnen oder Spielern und wisst bereits, welche Karten ihr benötigt, dürfte sogar noch ein zweites machbar sein. Alles darüber hinaus will mit Zeit oder Echtgeld bezahlt werden.
Lobenswert hervorheben sollte man die umfangreichen Statusberichte über etwaige Fehler oder Probleme, die man über den Menüpunkt „Mitteilungen“ einsehen kann. So hat man jederzeit im Blick, welche Komplikationen gerade herrschen und ob diese schon behoben wurden – eine derartige Transparenz herrscht selten. Auch könnt ihr an Umfragen teilnehmen, um euer Edelsteinkonto nochmals aufzubessern. Da jeder Duellant mit einer individuellen ID ausgestattet ist, könnt ihr gezielt nach Personen suchen und diesen folgen. Dank der Möglichkeit, gegen Nutzerinnen und Nutzer anderer Plattformen zu spielen, findet man derzeit innerhalb weniger Sekunden einen Gegner.
Wie eingangs erwähnt, wurde Yu-Gi-Oh! Master Duel für Konsolen, darunter die Nintendo Switch, den PC und Smart Devices veröffentlicht. Dank der Konami ID könnt ihr jederzeit zwischen den Gerätschaften wechseln und behaltet dabei stets euren Fortschritt. Im Vergleich mit den übrigen Plattformen wirkt die Fassung auf Nintendos Hybridkonsole am holprigsten. Zwar ist die Bildrate halbwegs stabil, einen gelegentlichen Schluckauf sowie einige Abstürze muss man jedoch schon einmal hinnehmen. Insgesamt kommt die Präsentation nicht an Yu-Gi-Oh! Legacy of the Duelist: Link Evolution! heran, kann aber aufgrund der verschiedenen Spielfelder und der am Rand stehenden Begleiter mit zusätzlicher Varianz punkten. Der Soundtrack hingegen fällt überraschend eingängig aus und weiß zu gefallen. Natürlich ist die Auswahl der Musikstücke nicht sonderlich üppig, doch die vorhandenen Werke gehen ins Ohr und setzen sich zweifellos in eurem Hirn fest. Die restliche Geräuschkulisse sorgt dafür, dass die Kartenduelle etwas dynamischer daherkommen. Mächtige Spezialbeschwörungen knallen auf das Spielfeld und erschüttern eure Konsole, Kettenreaktionen werden mit typischem Gliederrasseln untermalt und annullierte Effekte mit einem Weißen Rauschen gekennzeichnet.
Unser Fazit
7
Spaßgarant