Test zu Tormented Souls - Nintendo Switch
Schaurige Hommage an die Klassiker des Horrorgenres
Tormented Souls erschien erstmals im Spätsommer 2021 für PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox Series X|S und PC. Der Horrortitel huldigt den Klassikern des Genres und präsentiert sich mit starren Kamerawinkeln, begrenzten Speichermöglichkeiten, einer mysteriösen Villa und einer desolaten Parallelwelt mit viel rostigem Metall. Man muss kein Gruselenthusiast sein, um die Referenzen zu erkennen und die Vorbilder zu erahnen. Tormented Souls möchte mit alten Tugenden auftrumpfen und schickt euch in einen Albtraum, der geradewegs aus den Neunzigern stammen könnte, und hüllt diesen in ein modernes Grafikgewand. Seit einigen Tagen ist das Spiel auch auf der Nintendo Switch erhältlich. Ob die Version für den Hybriden etwas taugt, möchten wir euch in den nachfolgenden Zeilen verraten.
In Tormented Souls schlüpft ihr in die Rolle von Caroline Walker, die eines schönen Nachmittags einen Brief von einem gewissen John Doe erhält. Findige Leserinnen und Leser wissen eventuell, dass es sich bei diesem Namen nicht selten um einen Platzhalter handelt, der vornehmlich im englischsprachigen Raum Verwendung findet. Der Umschlag enthält ein Foto zweier Zwillinge mit einer vorwurfsvollen Aufschrift und weckt offenbar unangenehme Erinnerungen in der Heldin. Nach zwei Wochen der quälenden Grübelei beschließt sie, die Absenderadresse des Schriftstücks aufzusuchen. Hierbei handelt es sich um das Wildberger Hospital in Kanada, ein provisorisches Krankenhaus in einer alten Villa, die auf einer kleinen Insel inmitten eines großflächigen Sees steht.
Das Interieur der Villa ist geschmackvoll eingerichtet und erinnert an den Schauplatz eines Horrorklassikers.
© Dual Effect / Abstract Digital
Selbstverständlich ist es zappenduster, als eure Protagonistin dort eintrifft, und anstatt eines warmen Empfangs wird sie mit einem saftigen Hieb auf den Kopf begrüßt. Caroline verliert daraufhin das Bewusstsein und wacht wenig später splitternackt in einer Badewanne auf, angeschlossen an lebenserhaltende Maschinen. Orientierungslos kleidet sich die junge Frau wieder ein und begutachtet ihr bandagiertes Gesicht. Schockiert stellt sie fest, dass man ihr ein Auge entfernt hat. Entschlossen, die Zwillinge auf dem Bild zu retten, wagt sich Caroline immer tiefer in die Räumlichkeiten des verwahrlosten Sanatoriums und führt dessen finstere Geheimnisse zutage.
Die Handlung von Tormented Souls ist eng mit der persönlichen Vergangenheit eurer Protagonistin verwoben und erinnert mit seinem fanatischen Kult an das erste Silent Hill sowie dessen Fortsetzung Silent Hill 3, kann allerdings nicht ganz mit deren Raffinesse mithalten. Nichtsdestotrotz schafft es die Geschichte, stets zum Weiterspielen zu motivieren, und sorgt mit ihren Tagebucheinträgen für manch schauriges Kopfkino. Eine nette Idee ist zudem, dass die Heldin nach Abschluss eines Meilensteins die erworbene Erkenntnis bei der nächsten Spielstandsicherung noch einmal knapp zusammenfasst, um dem Verlust des roten Fadens vorzubeugen. Insgesamt weiß Tormented Souls über acht Stunden zu unterhalten, die in eines der drei Enden münden.
Spielerisch fühlt sich Tormented Souls sehr klassisch an – mit all seinen Vor- und Nachteilen. Etwas fummelig manövriert ihr Caroline durch das riesige Anwesen, löst Rätsel und setzt euch gegen die finsteren Unholde zur Wehr, die euch nach dem Leben trachten. Habt ihr schon einmal einen typischen „Survival Horror”-Titel gespielt, werdet ihr euch sofort zurechtfinden. Habt ihr hingegen noch nie einen älteren Ableger der „Resident Evil”-, „Silent Hill”- oder „Alone in the Dark”-Reihe gezockt, könnte euch die Trägheit etwas abschrecken, denn Caroline ist längst nicht so agil wie die Protagonisten moderner Gruselspiele. Das liegt einerseits an der Steuerung und andererseits an den festen Kameraperspektiven, aus denen ihr das Geschehen betrachtet. Zwar bietet euch das Spiel eine Alternative zur geächteten Panzersteuerung, doch auch die funktioniert in Kombination mit den wechselnden Sichtweisen nicht immer reibungslos, was zu ungewollten Kursänderungen und Orientierungslosigkeit führen kann, insbesondere, da eure Spielfigur nicht genau auf der Karte verzeichnet ist, die sich jederzeit per Knopfdruck aufrufen lässt.
Die Gegner von Tormented Souls wirken, als seien sie mit ihrem Krankenbett verschmolzen.
© Dual Effect / Abstract Digital
Könnt ihr die Hürde jedoch meistern, erwartet euch ein schauriges Abenteuer mit einigen tollen Ideen. Vor allem die Rätsel sind zumeist sehr gut gelungen und nicht immer sofort in Windeseile gelöst, was das schlussendliche Heureka umso befriedigender macht. Ebenso kann die Atmosphäre überzeugen, die durch den Verfall der seltsamen Kombination aus Villa und Krankenhaus hervorgerufen wird. Dunkle Ecken sind wirklich authentisch düster und können erst mit einer geeigneten Lichtquelle erforscht werden, metallenes Klirren verrät die Anwesenheit eines Feindes, den ihr aufgrund der starren Kamera jedoch noch nicht sehen könnt, und plötzliche Veränderungen eurer Umgebung lassen euch gelegentlich an eurem Verstand zweifeln. Da stört es schon fast ein bisschen, dass die Standardgarderobe eurer Heldin so unnötig schlüpfrig daherkommt. Doch keine Sorge, durchsucht ihr zu Beginn den Spind zu eurer Rechten, findet ihr ein alternatives Outfit, was deutlich dezenter daherkommt und weniger der Glaubwürdigkeit schadet.
Kommt es zum Kampf, beruft sich Caroline auf eine erlesene Auswahl provisorischer Schusswaffen, die sie im Inventar lagert. Anders als in Resident Evil müsst ihr nicht mit eurem Stauraum haushalten, sondern könnt alles munter aufheben und einpacken. Das Zielen geht automatisch vonstatten, ihr müsst lediglich den Abzug drücken und bestenfalls die Distanz zum Gegner wahren. Caroline ist schließlich keine ausgebildete Soldatin und beißt bereits nach wenigen Treffern ins Gras. Dies lässt sich vermeiden, indem ihr immer genügend Medizin auf Vorrat habt, jedoch müsst ihr hier sowie bei der Munition mit der obligatorischen Knappheit rechnen. Kommt die Hilfe doch einmal zu spät, landet ihr nach entsprechender Meldung wieder im Hauptmenü und müsst von eurem letzten Speicherstand aus neu starten. Damit ihr euch nicht permanent mit Speicherpunkten absichern könnt, verbraucht ihr mit jeder Speicherung ein Tonband, die gerade anfangs nur spärlich zu finden sind. Auch das ist für die gemeine Kennerin bzw. den gemeinen Kenner nichts Ungewöhnliches, kann jedoch zu Frust bei Einsteigern führen. Eine Alternative bietet euch das Spiel nicht an, ihr müsst euch also damit arrangieren.
Eigentlich macht Tormented Souls eine tolle Figur auf der Nintendo Switch, wären da nicht die ärgerlichen Fehler, die das stimmige Gesamtbild trüben. Der Titel läuft sowohl im portablen als auch im stationären Modus des Hybriden mit einer stabilen Bildrate, Einbrüche können nur sehr selten verzeichnet werden und stören den Spielablauf kaum. Die Umgebungen sind detailliert und das Rauminventar zaubert in Kombination mit eurer Lichtquelle ein schickes dynamisches Schattenspiel auf den Bildschirm. Optisch kann sich das Spiel also auch auf der weniger leistungsstarken Plattform sehen lassen – und auch der Soundtrack ist stellenweise wirklich großartig. Zarte Klavierklänge wechseln sich mit bedrohlichen Rhythmen und mechanischem Grollen ab, was einen gelungenen Übergang von Sicherheit zu Gefahr schafft. Leider hängen Raumwechsel und damit auch der Wechsel der Musik mit verhältnismäßig langen Ladezeiten zusammen, die nicht einmal durch eine simple Türanimation überbrückt werden. Zudem sind einige Tasteneinblendungen schlicht falsch. Die Karte lässt sich beispielsweise nicht mit dem rechten, sondern mit dem linken Analogstick öffnen und auch die Einblendung zur Interaktion mit Gegenständen scheint nicht immer korrekt zu sein. Was allerdings wirklich ärgerlich ist und umgehend behoben werden muss, sind die Abstürze. Zweimal wurde die Software während des Testzeitraums unerwartet beendet – ein echtes Ärgernis bei einem Spiel mit begrenzten Speichermöglichkeiten. Auch kam es vor, dass sich Caroline nicht mehr von einem Gegenstand lösen wollte, was sich nur durch einen Neustart beheben ließ. Hoffentlich hat Entwicklungsstudio Dual Effect besagte Fehler auf dem Schirm und schafft schnellstmöglich Abhilfe in Form von Updates. Denn es wäre äußerst schade, wenn aufgrund der genannten Mängel der Erfolg auf der Nintendo Switch ausbleibt.
Unser Fazit
6
Überzeugend