Simply perfect
Arise: A Simple Story ist ein Adventure-Indie-Game, welches von Piccolo Studio entwickelt und von Untold Tales in Kooperation mit Techland vor kurzem auf der Nintendo Switch veröffentlicht wurde. Es ist ein Spiel, welches sich mit realen Themen des Lebens beschäftigt, die jeden betreffen: Liebe und Trennung – Glück und Verzweiflung. Dabei versucht das Spiel, die Geschichte mit einem interessanten Gameplay zugänglich zu machen. Wieso dieses Spiel unsere Herzen im Sturm erobert hat, erfahrt ihr hier.

Eine junge, unschuldige Geschichte beginnt mit einer Freundschaft zwischen einem Jungen und einem Mädchen.
© Untold Tales / Piccolo Studio
Arise: A Simple Story beginnt mit dem Tod eines namenlosen Mannes. Er ist umringt von seinen Liebsten und wird mit einem traditionellen Feuer ins Jenseits verabschiedet. Unser Abenteuer startet mit den ersten Schritten des Mannes in einem fantastisch anmutenden Totenreich. Nun, zum Abschluss seines Lebens, durchlebt er die wichtigsten Augenblicke seines menschlichen Seins, um am Ende hoffentlich seinen Seelenfrieden zu finden. Das Spiel teilt sich hierbei in verschiedene Level ein, welche nacheinander zugänglich sind. Jedes dieser Level beschäftigt sich spielerisch mit einem signifikanten Ausschnitt aus dem Leben des Mannes – bildgewaltig interpretiert durch Umgebungsrätsel und stimmlosem Narrativ.
Die Steuerung des Adventure-Spiels ist nicht besonders aufwändig zu erlernen. Mit dem linken und rechten Joy-Con lenkt ihr den Mann aus der Third-Person-Perspektive heraus. Mit dem linken Joystick bewegt ihr euch, wohingegen der rechte Joystick für die Manipulation der Zeit genutzt wird. Zu dieser Funktion kommen wir aber gleich im Detail. Neben dem Laufen und Springen könnt ihr auch über die ZR-/ZL-Tasten an bestimmten Punkten zusätzliche Aktionen durchführen: So könnt ihr an Felsvorsprüngen klettern oder auch einen Widerhaken werfen, sofern ein Ort zur Befestigung vorhanden ist. Letztlich ist es euer Ziel, vom Startpunkt bis zum Endpunkt zu laufen. Dabei begegnen euch diverse Probleme und Gefahren in einer vielseitigen Welt, die es zu überkommen gilt.
Arise: A Simple Story wäre ein sehr langweiliges Spiel, wenn dieses eine, ganz besondere Element fehlen würde: Zeitmanipulation. Mit dem rechten Joystick könnt ihr die Zeit voranschreiten lassen oder zurückspulen. Das Manipulieren der Zeit ist nur in einem gewissen Zeitrahmen möglich. Ihr könnt also die Zeit nicht unendlich in die Zukunft laufen lassen. Dieses Gameplay-Element ist notwendig, um die vielen verschiedenen, teils sehr lustigen Rätsel der Welt zu lösen. So werdet ihr zum Beispiel an einem riesigen Sonnenblumenfeld vorbeikommen. Ihr habt aber nur die Größe eines Käfers, weswegen ihr mühselig von Blütenkrone zu Blütenkrone springen müsst. Durch die Manipulation der Zeit könnt ihr die Sonnenblumen bewegen. Der Kopf der Sonnenblume dreht sich stets in Richtung der Sonne. Über den Morgen bis zum Abend bewegen sich die Blüten also ein gutes Stück und geben euch die Chance, einen guten Absprungspunkt zu sichern, wenn ihr mit eurer Fähigkeit einen passenden zeitlichen Moment abpasst. Dies ist eines der vielen verspielten und durchdachten Momente, die Arise: A Simple Story für euch bereithält.

Doch die unbeschwerten Zeiten können nicht ewig währen und negative Episoden halten Einzug.
© Untold Tales / Piccolo Studio
Highlight des Spiels ist die „einfache” Geschichte, welche die Liebe und auch Verluste im Leben eines einfachen Mannes thematisiert und theatralisch in Szene setzt. Dabei muss diese Liebe viele Widrigkeiten überkommen. Die gesamte Geschichte wird aber nicht wirklich so erzählt, wie sie tatsächlich geschehen ist. Die Spielwelt bildet eine wilde Interpretation der Ereignisse, welche eingestreut über Cutscenes oder sammelbare Bilder fesselnd erzählt wird. Verdeutlichen lässt sich diese Erzählweise durch den Kontrast zwischen den Kindheitserfahrungen und den Erfahrungen als Erwachsener des Protagonisten: Die Spielwelt ist in der Kindheitserinnerung sehr verspielt und voller spaßiger Rätsel und Bilder, die regelmäßig ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Die gesamte Welt wirkt positiv magisch und lässt Spieler in purer Nostalgie schwelgen.
Die Erinnerungen als Erwachsener verlieren dagegen ihre Farbenpracht und Unbeschwertheit. Dunkelheit und Kummer ziehen ein und bringt auch allerlei anstrengende Probleme mit sich. Wegen diverser negativer Schicksalsschläge im Leben des Mannes wird die Spielwelt in dunkleren Farben gezeichnet. Die Rätsel sind nicht mehr lustig, sondern können bei Fehlern ein Game Over bedeuten, sodass von einem Checkpoint aus neu gestartet werden muss. Dieses Zusammenspiel zwischen den Gefühlen innerhalb der Spielwelt und den Ereignissen aus dem bewegten Leben des Mannes fängt Arise: A Simple Story perfekt ein und ließ mich in dieses Spiel eintauchen, es leben, mit diesem lachen und darüber weinen.
Wie bereits erwähnt, wird die Geschichte nicht über viel Text oder Gespräche erzählt. Das Narrativ stützt sich auf die Interpretation der Spielwelt des Spielers, der einzelnen Aktionen, die man vollzieht, und über einzelne Cutscenes, welche Aufschluss über die wichtigsten Schlüsselmomente geben. Wer aber die Geschichte tatsächlich erfahren will, muss sich in der Welt genau umsehen. Denn überall verstreut finden sich Erinnerungsfragmente, welche beim Einsammeln ein wunderschönes oder bittersüßes Artwork zu einer Erinnerung porträtieren und helfen, die Handlung besser zu fassen. Neben der visuellen Kraft setzt das Spiel sehr stark auf die auditive Erfahrung. Musikalisch gibt es ein großes Portfolio an Stücken, welche jeden Moment auf eine magische und orchestralische Weise einfangen und das Spielerlebnis von Spielern nachhaltig positiv beeinflussen. So passt sich die Musik teils dynamisch dem Fortschritt in einem Level an, sodass sich alles insgesamt flüssig anfühlt und einfach nur zu begeistern weiß.
Grafisch hat das Spiel viel zu bieten. Die Spielwelt wirkt wie gebastelt und strotzt vor vielen Details und Farbkontrasten. Die Intensität, in welcher das Produktionsteam den Pinsel schwingt, ist oft atemberaubend und lässt einen nicht los. Die Bildrate ist stabil und zeigt nach meiner Erfahrung keine nennenswerten, negativen Auffälligkeiten. Die Nintendo Switch-Version wird als Definitive Edition vermarktet und kommt mit einem sehr schicken Fotomodus daher. So lassen sich einige interessante Momente aufnehmen und im digitalen Bilderbuch festhalten. Letztlich ist dies aber nur eine kleine Spielerei, denn das narrative Werk allein ist schon eine in sich geschlossene Faszination für dessen spielerisches Erleben ich dankbar bin.
Unser Fazit

10
Meisterwerk
Meinung von Simon Münch
Arise: A Simple Story ist ein Indie–Spiel, nein, eine Indie-Perle, wie ich sie nur selten erlebt habe. Die Qualität des Spiels wirkt hochwertig und detailverliebt. Das Narrativ ist gewaltig erzählt und bildet Themen ab, die Menschen seit Anbeginn der Zeit bewegen. Die Vielseitigkeit des Spiels bei den Umgebungsrätseln ist beachtlich und wirkt auch nach längerer Spielzeit nicht langweilig. Versteckte Erinnerungen sind nicht immer offensichtlich platziert. Nicht selten sind echte Adleraugen und kreatives Denken gefragt, um alle Schnipsel einzusammeln und so die gesamte Geschichte vollumfänglich nachzuvollziehen. Das Spiel aus dem Hause Piccolo Studio ist wie ein vielseitiges Mosaik, welches es schafft, jedes Element, egal ob Gameplay oder audiovisuelle Erfahrung, an seinen Platz zu bringen und dabei auf allen Ebenen eine gelungene Produktion zu schaffen. Ich nehme es nur selten in den Mund, aber dieses Spiel ist ein Meisterwerk, das ich besonders Fans von emotionalen Geschichten und abwechslungsreichem Gameplay ans Herz legen kann. Besonders Pärchen könnten bei diesem Spiel auf ihre Kosten kommen: Die Themen handeln schließlich auch von romantischer aber holpriger Liebe und ein Couch-Koop-Modus ist mit dabei. Die überschaubare Spielzeit ist dabei ideal für ein kurzes aber intensives Spielvergnügen, das sich einfach vollständig anfühlt und Spieler zufrieden zurücklassen wird.Awards
