Ein japanischer Hit in westlichen Gefilden gesichtet
Die wenigsten aus dem Westen dürften von dem Spiel Touken Ranbu -ONLINE- gehört haben. Kaum verwunderlich, denn dieses Game erschien nie hierzulande. Trotz dieser Tatsache hat es ein Spiel aus diesem Franchise in unsere Gefilde geschafft. Dabei hat das Studio hinter Touken Ranbu -ONLINE- eine Kooperation mit Koei Tecmo gestartet. Koei Tecmo, ein japanischer Spiele-Publisher, gibt hierbei seine bekannte WARRIORS-Serie frei für eine interessante Mischung: Touken Ranbu Warriors. Ebenfalls mit von der Partie ist Ruby Party, welches sich als Entwicklungsteam einen Namen im Bereich Otome-Stil-Spiele gemacht hat und nun sein Debüt auf dem westlichen Markt gibt. Große, japanische Geschütze sind somit aufgefahren – doch kann das Endprodukt im Westen überzeugen? Schauen wir doch einfach rein.

Eine bunte Truppe hat sich zur Rettung der Zeit versammelt.
© Exnoa LLC / Nitro Plus / Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Touken Ranbu Warriors spielt in einer fernen Zukunft im Jahre 2205 – in dieser Zeit befinden sich zwei Fraktionen im Krieg um die Zeit. Die History Retrograde Army (HRA) möchte Ereignisse in der Vergangenheit ändern, um die Zukunft neu zu gestalten. Hierzu schicken sie monsterhafte Gestalten als Krieger in die Vergangenheit. Dort verhelfen sie historischen Figuren, ihre Ziele zu erreichen und dabei ihr Schicksal umzugestalten. Die Fraktion der anderen Seite, the Government of the Time (dt.: Regierung der Zeit), versucht mit allen Mitteln den Verlauf der Zeit aufrechtzuerhalten. Hierzu schicken sie eine ganz besondere Truppe in den Kampf: die Touken Danshi.
Die Touken Danshi sind eine Art Reinkarnation legendärer Schwerter, die bei wichtigen historischen Ereignissen geschwungen wurden. Diese Reinkarnationen verhalten sich wie Menschen und sind unglaublich versiert, was den Kampf mit dem Schwert angeht. Insgesamt schickt Touken Ranbu Warriors 15 dieser Touken Danshi in den Kampf, aufgeteilt in Teams. Dabei werden sie durch einen fuchsähnlichen Vertreter der Regierung in die Vergangenheit geschickt, um den Fluss der Zeit zu korrigieren. Im Zentrum der Handlung stehen die Ereignisse aus und nach der Sengoku-Ära (etwa 1477-1573), welche als eine der bewegtesten Epochen der japanischen Geschichte gilt. Aber nicht nur der Verlauf der Zeit will korrigiert werden. Eine mysteriöse Figur treibt sein Unwesen und droht die gesamte Operation scheitern zu lassen. Könnt ihr mit dem Touken Danshi das Geheimnis lüften und die Vergangenheit retten?
Die Handlung des Spiels ist spannungsgeladen mit einem geballten Paket an historischem Wissen und Emotionen. Dabei kommt ein ähnliches Gefühl wie bei der Assassin’s Creed-Reihe der Firma Ubisoft auf. Historische Ereignisse werden kompakt und spannend vermittelt und selbstverständlich für Unterhaltungszwecke angepasst. Besonders interessant ist dieser gewählte historische Abschnitt, da es sich um eine sehr wichtige Epoche der japanischen Geschichte handelt. Als europäischer Spieler bin ich eher mit der amerikanisch-europäischen Geschichte vertraut. Die Ereignisse aus Asien sind dabei zu meinem Leidwesen weniger im Zentrum meines geschichtlichen Wissens angesiedelt. Touken Ranbu Warriors bietet einen interessanten Einstieg in die japanische Geschichte. Durch eine spannende Handlung, historische Figuren sowie Orte und passenden Details lässt sich wunderbar weiter recherchieren und mehr über die japanische Geschichte lernen.
Neben den Ereignissen der Vergangenheit sind aber auch die Hauptcharaktere ein wichtiger Baustein zur Unterhaltung des Spiels. Dabei kommt aber auch schon das erste große Problem auf: 15 ist eine große Zahl an Charakteren. Man merkt der Handlung an, dass die Zielgruppe dieses Spiels eigentlich bereits mit dem Franchise vertraut sein müsste, was hierzulande schwer ist, da das Franchise bisher im Westen nie veröffentlicht wurde. Besonders zu Beginn des Spiels ist man überfordert: 15 Namen, 15 Charakterentwicklungen und Probleme. Glücklicherweise entfalten sich die Charaktere im Laufe der Handlung individuell. Durch ihr vielseitiges Auftreten wird es zunehmend leichter, sie auseinanderzuhalten und ihre Beweggründe nachzuvollziehen. Dieser Umstand ist besonders hierzulande ein wichtiger Faktor, da sonst die Überforderung die gesamte Handlung negativ eintrüben würde.

Zu jeder Mission gibt es immer einen starken historischen Background. Die rote Geschichte besteht aus manipulierten Ereignissen.
© Exnoa LLC / Nitro Plus / Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Das Gameplay ist vielseitig ausgearbeitet. Die Touken Danshi arbeiten von ihrem Stützpunkt aus. Dort könnt ihr als Spieler verschiedenen Aktivitäten nachgehen. Ihr könnt zum Beispiel die verschiedenen Charaktere in Räume bringen, in welchen sie sich beschäftigen und gut aussehen. Hier werden auch hin und wieder kleine aber feine Minispiele geboten. Diese Minispiele reichen von Fangen spielen bis Onigiri herstellen. Alle Minispiele haben einen traditionellen japanischen Touch, welcher definitiv Abwechslung bringt.
Das Hauptaugenmerk liegt natürlich auf der Handlung selbst. Über das Menü in eurem Stützpunkt könnt ihr zu den nächsten Missionen aufbrechen. Dabei erhaltet ihr über Dialoge und Animationen detaillierte Informationen darüber, was gerade geschehen ist und was eure Aufgabe ist. Dabei wird euch immer ein Zeitstrahl angezeigt, mit dem ihr die echten Ereignisse mit den neuen Ereignissen vergleichen könnt. Dabei erhaltet ihr auch großen geschichtlichen Input und versteht die Dimensionen der einzelnen Eingriffe in die Zeit. In einem gesonderten Menü vor der Mission bekommt ihr einen Überblick über die Karte, ein genaues Missionsziel und auch die Information, wann eure Mission scheitert. Außerdem wählt ihr einen Charakter, den ihr steuert, und einen Kameraden, der euch unterstützt. Die Auswahl an Charakteren ist von der Handlung abhängig. Je nach Handlungsstrang ist nämlich ein anderes Team der Touken Danshi zuständig.
Die eigentliche Mission finden auf einer Minimap in der Third-Person-Perspektive statt. In dieser 3D-Welt bewegt ihr eure Figur und versucht, die Mission zu meistern und dabei so viele Monster wie möglich zu töten. Hierzu stehen euch verschiedene Aktionen zu Verfügung. Ihr könnt leichte oder schwere Angriffe nutzen, ihr könnt eine Spezialkombo auslösen oder nach einer Ladezeit euren Spezialangriff beschwören. Neben diesen Grundtechniken gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, den Kampfstil der Charaktere in Szene zu setzen. Auffällig dabei ist, dass jeder der 15 Charaktere seinen eigenen Kampfstil besitzt. Während ein Kämpfer sehr agil und auf Nahkampf ausgerichtet ist, gibt es auch langsame Kämpfer, die dafür aber mit voller Kraft zuschlagen. Das wahre Highlight der Kämpfe ist aber nicht die Vielseitigkeit sondern die Ästhetik – aber dazu gleich mehr.

Auf dem Schlachtfeld geht es chaotisch und episch zur Sache.
© Exnoa LLC / Nitro Plus / Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Die Missionen sind in ihrer Gestaltung durchaus vielseitig, auch wenn sie von der Kernmechanik her gleich aufgebaut sind. Ihr kämpft euch meist durch einen Mob von Monstern und versucht dabei, das Ziel zu erreichen. Es gibt aber neben dieser Monsterjagd auch Stealth-Missionen oder Aufgaben, bei denen ihr die Umgebung genau analysieren müsst. Diese Analyse-Aufgaben tragen einen großen Teil zur Spannung bei und bringen eine Tiefe, welche durch das bloße Prügeln nie zustande kommen könnte. Vielseitig sind auch die Monster, welche auftreten. Dabei gibt es dämonisch anmutende Kreaturen der HRA und auch Soldaten der verschiedenen Armeen zu bekämpfen. Jedes Monster hat dabei sein spezifisches Angriffsmuster. Wichtig ist zu wissen, dass die Monster aber auch häufiger vorkommen. Lediglich die Endgegner oder auch spezielle Figuren sind besonders designt.
Nach jeder Mission bekommen die teilnehmenden Charaktere Erfahrungspunkte, welche für das Level wichtig ist. Dabei stärkt sich ihre Lebenspunkt-, Angriffs- und Verteidigungszahl. Neben diesen Punkten bekommen auch die beiden Charaktere Beziehungspunkte – je besser die Freundschaft zweier Charaktere ist, desto mehr Boni im Kampf gibt es für euch. Außerdem erhaltet ihr Materialien und Geld, welches ihr im Shop gegen Ausrüstung eintauschen könnt, beziehungsweise womit ihr euren Charakteren zusätzliche Fähigkeiten geben könnt. Jeder Charakter besitzt nämlich einen individuellen Fähigkeitsbaum, den ihr freischalten könnt, um mehr Stärke oder zusätzliche Angriffe zu bekommen. Dabei steigen die Kosten zur Verbesserung eines Charakters im weiter an, sodass es schnell auch zu einem strategischen Verteilen der Ressourcen kommt. Mit der Währung des Spiels könnt ihr das Material zu überteuerten Preisen kaufen. Ausrüstung, die es zu kaufen gibt, kann Einfluss auf Angriff, Verteidigung oder andere Werte nehmen. Nach jeder erfolgreichen Runde bekommt auch euer Stützpunkt Erfahrungspunkte. Wenn dieser eine Stufe aufsteigt, gibt es mehr Räume für die Charaktere oder auch bessere Angebote im Shop.
Touken Ranbu Warriors versucht besonders durch das sehr schöne Auftreten der 15 stattlich gebauten Männer zu punkten. Dabei strahlen diese Herrschaften nicht nur mit einem individuellen Angriffsmuster und Charakterdesign – Sie bekommen immer wieder ihren individuellen Platz in der Handlung und entwickeln sich vor den Augen der Spieler weiter. Besonders schön anzusehen ist die Tatsache, dass viele Dialogszenen mit Cutscenes animiert sind und so ein tieferes Verständnis für die Charaktere aufgebaut wird. Leider sind diese Animationen nicht immer von gleichbleibender Qualität: Manche Szenen wirken wunderschön poliert und hochwertig. Nicht selten gibt es aber auch Szenen, bei denen die Animationen und Texturen unsauber oder statisch wirken. Häufig kommt es vor, dass die Animationen ein Zittern zeigen, was sehr merkwürdig anzusehen ist.

Die Minispiele sind eine kleine und lustige aber grafisch durchwachsene Abwechslung.
© Exnoa LLC / Nitro Plus / Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Die Umgebung ist ebenso durchwachsen wie der Animationsstil. Besonders die Minimaps glänzen oft mit Details. Fallende Sakura-Blüten, Regen oder das wehende Gras – Touken Ranbu Warriors zeigt sich regelmäßig von seiner schönen Seite. Leider sind aber nicht alle Orte mit so viel Liebe ausgestaltet. Besonders in Cutscenes wirkt die Umgebung leer und wenig einladend und man kommt nicht umhin sich zu fragen, ob man plötzlich das Spiel gewechselt hat. Das ständige Auf und Ab der Qualität fällt besonders zu Beginn des Spiels auf und hinterlässt in regelmäßigen Abständen einen negativen Eindruck.
Ebenfalls zweiseitig zu betrachten ist die Synchronarbeit und Lokalisierung. Wie sich viele wahrscheinlich schon denken können, kommt Touken Ranbu Warriors ohne deutsche Lokalisierung daher – was ein Urproblem des Publishers Koei Tecmo und letztlich auch der fehlenden Popularität des Franchises hierzulande zuzuschreiben ist. Die Texte und Untertitel sind vollständig in ein überwiegend korrektes Englisch übersetzt. Ausnahmsweise muss ich aber zugeben, dass ich manchmal damit überfordert gewesen bin. Viele japanische Begriffe, welche sich nicht übersetzen lassen, gepaart mit einem sehr spezifischen und hochtrabenden englischen Wortlaut sorgte bei mir manchmal für Fragezeichen und sorgte dafür, dass ich die Handlung nicht immer vollständig erschließen konnte. Die japanische Synchronarbeit tut dabei sein Übriges. Zwar machen die japanischen Synchronsprecher wie gewohnt einen formidablen Job, wirklich bringen tut mir das als westlicher Spieler nur wenig. Die Stimmen vermitteln zwar gekonnt die Stimmung, aber letztlich muss man sich ganz auf sein Englisch verlassen.
Das letzte Damoklesschwert sind die Animationen der Kämpfe an sich. Wer das Spiel spielt, wird sich wahrscheinlich direkt in die Kampfanimationen verlieben. Spezielle Angriffe werden animiert, die meisten Angriffe laufen flüssig und der Anblick der Hauptcharaktere lässt das Herz jedes Husbando-Fans vor Glück stehen bleiben. Ich komme nicht umhin zu sagen, wie attraktiv die Herren kämpfen und ihre Macht demonstrieren. Jeder Charakter ist dabei individuell ausgearbeitet und bietet ein visuelles Feuerwerk, das ich bisher nur selten erleben durfte. Mit einem schelmischen Grinsen dürft ihr beobachten, wie eure Charaktere Schürfwunden und zerfetze Klamotten davontragen müssen, während ihre Lebensanzeige schrumpft. Eine Taschentuchbox für blutende Nasen könnte durchaus Sinn machen.

Ultimatives Stimmungsfeuerwerk in jeder Spezialangriffsanimation!
© Exnoa LLC / Nitro Plus / Koei Tecmo Games Co., Ltd.
Das Problem an diesen heißen Aktionen sind aber leider die Standardangriffe. Oft geschieht es, dass Angriffe nicht treffen oder in eine völlig falsche Richtung laufen, obwohl man zielt. Besonders bei Angriffen, bei denen gesprungen wird, wird ein Chaos sichtbar, das häufig den Spaß trübt. Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt auch die Framerate. Besonders dann, wenn viele Gegner auf dem Feld stehen, kann es passieren, dass die Bildrate schwankt. Besonders auffällig wird das bei animierten Cutscenes der Spezialangriffe, die dann plötzlich weniger gut funktionieren und Probleme mit der Kameraperspektive bekommen.
Ein Thema, das keine negativen Punkte zulässt, ist die musikalische Untermalung. Wenn wir das Spiel allein auf Grundlage der Musik bewerten würden, wäre das Spiel ein echtes Meisterwerk. Die Musik passt perfekt zu den einzelnen Momenten des Spiels. Dabei könnt ihr euch auf eine Symphonie aus klassischen japanischen Tönen und mitreißender Musik freuen. Es gibt kein Stück, das mir negativ aufgefallen ist. Viele Ereignisse wurden allein durch die sehr gut abgemischte Musik in Szene gesetzt. Der Musik kommt genau wegen der unzureichenden Lokalisierung eine wichtige Rolle zuteil, die sie mehr als befriedigend erfüllt. An dieser Stelle gibt es von meiner Seite nur Lobpreisungen an die musikalische Produktion!
Das Spiel gehört vom Preis her zu den AAA-Titeln. Die Spielzeit bewegt sich im mittleren zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Bereich und bietet mehr als genügend Zeit, die man sinnvoll verbringen kann. Es gibt die Möglichkeit, Kämpfe ein weiteres Mal zu erleben, Freundedialoge anzusehen oder die interne Musik- und Videodatenbank zu durchforsten. Wer ein interessantes Adventure-Spiel mit toller japanischer Geschichte und gut aussehenden Kämpfern sucht, wird hier wahrscheinlich sein kleines nicht ganz fehlerfreies Paradies finden.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit
Meinung von Simon Münch
Was für ein Debüt für Touken Ranbu Warriors! Trotz der Tatsache, dass es sich um den ersten 3D-Auftritt der Reihe handelt, schafft es das Spiel auf vielen Ebenen zu überzeugen. Mit einem lachenden Auge betrachte ich die Handlung, das Charakterdesign und die Ausgestaltung der Missionen, die sich trotz der ähnlichen Spielweise erstaunlich abwechslungsreich anfühlen. Die Kooperation der eingangs erwähnten Firmen hat zu einem echten Feuerwerk der Details geführt. Mit einem weinenden Auge betrachte ich die fehlende Arbeit an einer gleichbleibenden Qualität: die Bildrate schwankt, nicht immer ist das Bilddesign gleich hochwertig und die fehlende Lokalisierung sorgt nicht gerade für ein einsteigerfreundliches Erlebnis. Besonders die fehlende Lokalisierung schlägt auf mein Tester-Gemüt, da nicht nur Potenzial verschenkt wurde, sondern auch das Englisch durchaus herausfordernd und zurecht abschreckend wirkt. Sehr ärgerlich: Da bringt man ein neues Franchise in den Westen, ohne es angemessen umzusetzen und wundert sich eventuell über eher schlechte Verkaufszahlen. Auf der anderen Seite trägt die Musik viel dazu bei, die komplexe Handlung zu spüren und die Zeit zu vergessen. Fans von JRPGs oder Kampfspielen wie Senran Kagura werden sich in diesem Spiel wie Zuhause fühlen. Falls ihr auf der Suche nach einem neuen, würdigen Husbando seid, solltet ihr euch diese 15 Junggesellen ansehen. Insgesamt ist das Spiel speziell für den japanischen Markt vorgesehen und würde dort auch eine 9 als Wertung erreichen. Hierzulande kann es sich leider nur mit Ach und Krach eine 8 mit Kippe zur 7 verdienen, was hauptsächlich der Lokalisierungs-Problematik geschuldet ist.Awards
