Test zu Digimon Survive - Nintendo Switch
Auf der Suche nach dem Weg nach Hause
Vergangenen Monat erschien Digimon Survive für die Nintendo Switch. An eine Veröffentlichung haben viele wohl schon gar nicht mehr geglaubt, da der Release mehrfach verschoben wurde. Nun konnten wir endlich selbst Hand an die Mischung aus Visual Novel und Taktik-RPG legen und klären nachfolgend, ob und für wen sich die lange Wartezeit gelohnt hat.
Gleich zu Beginn möchten wir eine Frage klären, die uns auf mehreren Kanälen erreichte: Digimon Survive ist hauptsächlich als Visual Novel zu verstehen, welche mit einigen Kämpfen im RPG-Format gepaart wurde. Für die Praxis bedeutet das, dass ihr mehr als zwei Drittel des Spiels in Form von Textboxen und Dialogen erlebt. Ich persönlich bin kein Kenner von Visual Novels, konnte mich jedoch sehr schnell in die Geschehnisse einfinden, da mich das gesamte Spiel durch seine Charaktere und Erzählweise an die ersten Staffeln der Digimon-Serie erinnert. Solltet ihr also noch Matt, Tai oder Joey kennen, werden euch die Vergleiche im Spiel durchaus schnell ins Auge springen.
Die Illustrationen von Charakteren und Digimon sind sehr gelungen.
© Akiyoshi Hongo / Toei Animation / BANDAI NAMCO Entertainment Inc.
Doch gehen wir ins Detail: Ihr als Spieler schlüpft in die Rolle von Takuma, welcher zusammen mit seinen Klassenkameraden und einigen weiteren Personen in ein Paralleluniversum gelangt. Dieses wirkt auf den ersten Blick wie ihre gewohnte Welt, jedoch treffen die Freunde relativ schnell auf allerlei Monster, die ihnen nicht alle friedlich gesinnt sind. Dabei werden Kenner schnell bekannte Gesichter wie Agumon, Angemon, Betamon, Shellmom und sogar Jijimon treffen. Die Zahl der Protagonisten steigt relativ schnell an und da ein Großteil der Digimon die menschliche Sprache beherrscht, ergeben sich intensive Gespräche zwischen den Beteiligten.
Dabei seid ihr jedoch nicht nur stiller Teilnehmer, sondern dürft immer wieder die Gespräche mittels eurer Entscheidungen und Antworten beeinflussen. Jede der Figuren ist sehr individuell charakterisiert worden und trägt eine eigene kleine Geschichte mit sich, wodurch auf eure Aktionen positiv wie auch negativ reagiert werden kann. Dies hat nicht immer einen großen Einfluss auf die Geschichte selbst, die Beziehungen zwischen den Protagonisten werden dadurch aber bestimmt.
Nicht alle Entscheidungen bestimmen so sehr wie diese die Beziehungen zwischen den Charakteren.
© Akiyoshi Hongo / Toei Animation / BANDAI NAMCO Entertainment Inc.
Das hat nicht nur Einfluss darauf, welches der verschiedenen Enden des Spiels ihr erlebt, sondern eure Digimon können sich, je nachdem, wie ihr eure Beziehungen aufbaut, auch in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Doch dazu gleich mehr. Die Gespräche laufen insgesamt nicht immer linear ab, ihr bekommt immer wieder die Chance, mittels einer kleinen Weltkarte verschiedene Bereiche aufzusuchen und mit unterschiedlichen Figuren zu sprechen. Dabei sind nicht alle Gespräche von Relevanz, sodass ihr manche auch ignorieren könnt. Dies kann dann jedoch Einfluss auf die Beziehung und auf den Verlauf der Geschehnisse haben, ohne dass ihr dies direkt bemerkt. Da Digimon Survive ein durchaus erwachsenerer Titel ist, kommt es beispielsweise auch vor, dass einige Charaktere im Spiel ihr Leben lassen müssen, wenn ihr sie zuvor eher ignoriert habt.
Teil der Erkundungen ist auch, dass ihr die Umgebungen nach Hinweisen und versteckten Dingen untersucht. Hierzu wird per Tastendruck das Smartphone gezückt und durch die Kamera geschaut. Diese kann Verzerrungen in der Umwelt darstellen und ihr bekommt als Spieler über Vibration mitgeteilt, dass ihr etwas Verborgenes entdeckt habt. Dies können beispielsweise Digimon oder tiefergehende Informationen über die Geschichte sein, meistens stoßt ihr aber auf allerlei Items, die euch im Kampf unterstützen.
Ebenso dürft ihr in diesen Erkundungsphasen auch immer wieder Kämpfe beschreiten. Sind manche der Auseinandersetzungen fest in das Portfolio der Story verankert, dürfen andere hingegen frei bestritten werden. Dann findet ihr euch mit eurer Truppe auf einem Kampfbildschirm wieder und ihr dürft mittels eurer Digimon ein Team zusammenstellen. Je nach Situation sind bis zu sechs eurer Helfer erlaubt. Die Kämpfe selbst laufen anhand der Schnelligkeit der Teilnehmer abwechselnd ab. Eure Digimon dürft ihr über das Spielfeld ziehen, dann attackiert ihr eure Kontrahenten, heilt eure Monster mittels Items oder entwickelt sie, um noch mehr Vorteile im Kampf zu haben. Zudem könnt ihr innerhalb eurer Gruppe Gespräche führen, die unterschiedliche Buffs hervorbringen.
Auch wenn die Kämpfe gut inszeniert wirken, fehlt ihnen Tiefgang und Abwechslung.
© Akiyoshi Hongo / Toei Animation / BANDAI NAMCO Entertainment Inc.
Diese Gespräche könnt ihr im Kampf auch mit freilaufenden Digimon führen, um diese für eure Truppe zu gewinnen. Dafür werden euch Fragen oder Aussagen dargeboten und ihr müsst anhand der Antworten abwägen, welche euer Gegenüber gerne hören möchte. Schafft ihr es, das Vertrauen des unbekannten Digimon zu gewinnen, schließt es sich eurem Team an. Dieses Prinzip stellt für mich die größte Hürde dar, um an Digimon Survive Spaß zu haben. Ihr werdet nämlich immer und immer wieder Gespräche mit den wilden Digimon führen müssen, da es reiner Zufall ist, welche Antworten korrekt sind. Versuche, die Antworten ihrem Typ zuzuschreiben, scheitern meist und es endet in Trial and Error. Zudem sind richtige Antworten auch keine Garantie, dass ihr einen neuen Partner gewinnt, da diese lediglich die Wahrscheinlichkeit des Zusammenkommens erhöhen.
Trefft ihr anfänglich nur auf Monster aus der Rookie-Kategorie, werden eure Gegner im Spielverlauf immer stärker, sodass ihr auch Digitationen wie Birdramon oder Deltamon direkt fangen könnt. Bereits entwickelte wilde Digimon können sich übrigens nicht im Kampf entwickeln, diese Entwicklung ist bei ihnen permanent. Lediglich eure storyrelevanten Partner sind am Ende des Kampfes immer wieder auf dem Rookie-Level, so wie man es auch aus der Fernsehserie kennt. Ihre Digitationen sind fest an die Beziehungen geknüpft, sodass sich Agumon beispielsweise in drei verschiedene Champion-Digimon entwickeln kann, wobei das Ergebnis von eurer Bindung bestimmt wird. Über das Hauptmenü könnt ihr, unabhängig davon, welches der digitalen Wesen ihr auswählt, noch einige Items verteilen, die zusätzliche Fähigkeiten hervorbringen und einzelne Werte wie Angriff oder Verteidigung erhöhen, und sie mit speziellen Gegenständen entwickeln.
Liest sich das auf dem Papier noch ganz gut, spielt sich das Kampfsystem sehr monoton und passt meiner Meinung nach gar nicht richtig in das Spiel. Als reine Visual Novel hätte Digimon Survive deutlich mehr glänzen können, da mir die Erzählweise, trotz des an manchen Stellen langsamen Tempos, sehr gut gefallen hat. Die Kampfsequenzen dazwischen haben mich, trotz meiner Gier, alle Digimon zu fangen, nach und nach nur noch gestört.
Technisch gesehen gefallen mir die Charaktere und die Umgebungen wirklich gut und wie bereits betont, fühlte ich mich wie in eine Serie hineingezogen. Anders sieht es hingegen in den Kämpfen aus. Die Modelle sind sehr einfach gehalten und auch wenn man sich sehr an den bekannten Vorlagen orientiert hat, konnten mich diese im Kampf nicht überzeugen. Hinzu kommen leider immer wieder auftretende Probleme in der deutschen Übersetzung, die teils sogar falsche Namen in den Dialogen inne hat. Zwar weiß man als Spieler, was gemeint ist, nervig ist es trotzdem.
Unverständlich ist für mich persönlich jedoch die Verwendung des Touchscreens der Nintendo Switch. Dieser wird nämlich zu gut 90 Prozent als alternative Steuerung angeboten und das empfand ich an vielen Stellen als sehr gut und intuitiv. Dieses Feature wurde jedoch nicht zu Ende gedacht, sodass manche Aktionen nicht ausführbar sind. Dadurch ergibt sich eine hybride Steuerung aus Touchscreen und Buttons, was auf Dauer nervt, weshalb ich rein mit der Knopfsteuerung durch das etwa 30 Stunden lange Abenteuer gestapft bin. Danach erwarten euch einige weitere Geheimnisse, weshalb ihr auch noch gut und gerne einige Stunden dazu rechnen könnt, da auch das Fangen der 113 enthaltenen Digimon einiges an Zeit und vor allem Nerven in Anspruch nimmt.
Unser Fazit
6
Überzeugend