Die Open-Zone-Evolution bringt Sonic auf das nächste Level
Veränderung lässt sich nicht aufhalten – diese Lebensweisheit gilt für viele Bereiche und auch in der Welt der Videospiele ist Veränderung allgegenwärtig. Neue Technik bietet uns neue Erfahrungen, die vor nicht allzu langer Zeit noch als undenkbar galten. Diese neuen Erfahrungen beschränken sich zudem nicht nur auf neue Spielereihen und Charaktere. Auch unsere liebsten und vertrautesten Weggefährten – Mario, Zelda und Co. – erfinden sich mit neuen Ideen und Konzepten immer wieder neu. Jetzt wagt auch SEGAs berühmtestes Maskottchen den Sprung in eine neue Dimension.
Sonic Frontiers will mit seinem Open-Zone-Design die altbekannte Sonic-Formel, die auf lineare High-Speed-Action setzt, grundlegend revolutionieren. Statt einem vorgegebenen Pfad zu folgen, habt ihr jetzt die Freiheit, mit Sonic offene Areale zu erkunden. Gleichzeitig hat sich auch der Ton des Abenteuers geändert. Statt einer kunterbunten Kulisse stehen jetzt gedecktere Töne und ernstere Themen im Fokus. Ob der neue Ansatz überzeugen kann und wie sich das Abenteuer auf der Nintendo Switch schlägt, verrät unser Test.
Die Handlung von Sonic Frontiers beginnt mit vertrauten Gesichtern. Sonic, Amy und Tails machen sich auf, ein mysteriöses Signal zu erkunden, das von den Starfall Islands ausgeht und irgendwie mit den Chaos Emeralds zusammenhängt. Leider verläuft der Flug zu den Inseln nicht ganz glimpflich. Ehe sie sich versehen, sind unsere Helden in einer digitalen Paralleldimension gefangen, die Cyberspace genannt wird und aus Sonics Erinnerungen zusammengesetzt zu sein scheint. Nur Sonic selbst gelingt es, sich aus dem Cyberspace zu befreien. Unmittelbar danach findet er sich auf Kronos Island wieder, der ersten von insgesamt fünf Inseln, die ihr im Spiel erkunden müsst. Doch nicht nur der Cyberspace verleiht dem Abenteuer etwas Mysteriöses. Bei der Rettung seiner Freunde wird Sonic immer wieder mit den Überresten einer untergegangenen Zivilisation konfrontiert, die überall ihre Bauwerke hinterlassen hat. Kleine Steinwesen – die sogenannten Koco – sind das letzte Überbleibsel dieser Kultur und finden sich verstreut im gesamten Areal. Das Abenteuer ist in mehreren Sprachen vollständig vertont und wie bei Sonic Colours: Ultimate wird euch natürlich auch eine deutsche Sprachausgabe geboten.

Sonic muss den Cyberspace und eine mysteriöse Zivilisation erforschen, um seine Freunde zu retten.
© SEGA
Um seine Freunde zu retten und gleichzeitig dem Mysterium der Cyberspace-Dimension auf die Schliche zu kommen, muss Sonic die Starfall Islands erkunden, Gegner bezwingen und verschiedene Rätsel und Aufgaben lösen, die überall in der Spielwelt auf euch warten. Hier kommt das neue Open-Zone-Design zum Tragen, das eine konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Sonic-Highspeed-Action darstellt. Das gesamte Design der Welt und des Spiels orientiert sich an Sonics Charakter als Held eines Action-Titels. Lange Dialoge, Questreihen oder Ähnliches, wie man sie aus Rollenspielen oder Adventures kennt, werdet ihr hier nicht finden. Stattdessen bieten euch die Starfall Islands einen großen Spielplatz, auf dem unzählige Platformer-Passagen, Kämpfe und weitere Herausforderungen auf euch warten. Die Open Zone ist keine Open World – das ist mit Blick auf das Gameplay die erste und wichtigste Erkenntnis, die ihr verinnerlichen müsst.
Nach einem kurzen Tutorial, das euch in die Grundlagen des neuen Kampfsystems einführt, werdet ihr in die Weiten von Kronos Island entlassen. Recht früh stoßt ihr dabei auf Sonics Freundin Amy, die zwar ebenfalls auf Kronos Island gestrandet ist, aber nur in Form eines Datengeistes mit Sonic interagieren kann. Um mit Amy sprechen zu können, müsst ihr Teile ihrer Erinnerungen finden, die auf der Insel verstreut sind. Über die Interaktion mit Sonics Freunden treibt ihr die Handlung voran und erfahrt schrittweise mehr über den Cyberspace und die verschollene Zivilisation, durch deren Ruinen ihr euch bewegt. Neben den Erinnerungen gibt es noch zwei weitere Schlüsseltypen. Die Zahnräder, die euch über Portale Zugang zur Cyberspace-Dimension geben, und spezielle Schlüssel, die ihr benötigt, um die Chaos Emeralds zu finden. Diese befinden sich nämlich ebenfalls auf den jeweiligen Inseln, sind aber nicht von Anfang an für euch zugänglich. Erst wenn ihr alle Chaos Emeralds in einem Areal erlangt habt, seid ihr stark genug, euch den Titanen zu stellen – gigantischen Wächtern, die die Inseln bewachen und eure Weiterreise immer wieder verhindern.
Der grundsätzliche Spielablauf von Sonic Frontiers konzentriert sich folglich darauf, von jedem der hier genannten Schlüsseltypen genügend Exemplare zu finden, um in der Handlung voranzuschreiten. Eine große Stärke des Spiels liegt nun darin, euch gerade in der Suche nach Erinnerungen, Zahnrädern und Schlüsseln sehr viele Freiheiten zu lassen. Die Starfall Islands bieten euch eine Reihe von Aktivitäten, mit denen ihr euch Spielfortschritt verdienen könnt. Zum einen wären da natürlich die ganz klassischen Action-Abschnitte. Wer sich das Design der verschiedenen Areale anschaut wird unmittelbar die aus den klassischen Sonic-Abenteuern vertrauten Elemente wie Schienen, Bumper oder Beschleunigungsstreifen wiederfinden. Diese vertrauten Elemente zeigen euch Pfade auf, an deren Ende eine Belohnung auf euch warten. Wenn ihr die abwechslungsreichen und teils herausfordernden Passagen meistert, könnt ihr beispielsweise Erinnerungen oder Ringe sammeln, die euch an anderer Stelle weiterhelfen. Der spielerische Kern von Sonic wird hier wunderbar in ein offenes Areal übertragen und ist auf dem vom Sonic Team gewohnten hohen Niveau.
Das Entwicklerteam hat darüber hinaus auch an diejenigen Fans gedacht, die Freude an einer klassisch-linearen Action-Erfahrung haben. Über Portale, die in der Spielwelt verteilt sind, könnt ihr den Cyberspace betreten und gelangt so in Abschnitte, die im Grunde genau dem entsprechen, was ihr aus bisherigen 3D-Sonic-Spielen kennt. Hier geht es darum, möglichst schnell ans Ziel zu gelangen, viele Ringe einzusammeln und die speziellen roten Münzen zu finden, die auf dem Weg versteckt sind. Für mich persönlich waren diese Cyberspace-Abschnitte ein absolutes Highlight des Spiels. Die hier gebotene Action lässt jedem Sonic-Fan das Herz höher schlagen und gehört zum Besten, was Sonic Team in Sachen Leveldesign bisher präsentiert hat. Da der Cyberspace auf Sonics Erinnerungen basiert, nehmen diese Abschnitte Designelemente aus vorherigen Teilen, fügen sie aber auf eine völlig neue Art und Weise zusammen. So wie in diesem Spiel werdet ihr die ikonische Green Hill Zone noch nie erlebt haben. Am Ende jedes Durchlaufs könnt ihr zudem einsehen, wie hoch eure Gesamtwertung ausfällt und welche Aufgaben ihr erfolgreich absolviert habt. So entsteht viel Motivation, Abschnitte immer wieder zu spielen und den persönlichen Highscore zu knacken.
Neben den vertrauten Platformer-Elementen bietet euch Sonic Frontiers aber natürlich auch viel Neues. Als erstes zu nennen ist hier die Spielwelt selbst. Zum ersten mal in der langen Geschichte der Reihe gehört die Erkundung eines offenen Areals zum spielerischen Kern eines Sonic-Titels. Die Karte der jeweiligen Insel, auf der ihr euch gerade bewegt, ist für euch nicht einsehbar. Erst durch das Absolvieren verschiedener kleiner Puzzle-Aufgaben, die im gesamten Areal verteilt sind, deckt ihr nach und nach Teile der Karte auf. Die verschiedenen Puzzle sind recht abwechslungsreich gestaltet und reichen von Geschicklichkeitsübungen über Schalterrätsel bis hin zu Umgebungsrätseln, in denen ihr innerhalb eines Zeitlimits einen Weg finden müsst, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Ein kleiner Wermutstropfen ist dabei, dass sich die Rätsel trotz einer recht großen Bandbreite nach einer gewissen Zeit wiederholen und oft recht simpel ausfallen. Zudem ist die Aufdeckung der Karte durch das Absolvieren der Herausforderungen ungleichmäßig und wirkt teilweise unnötig fragmentiert. Hier wären an der ein oder anderen Stelle größere Zonen oder mehr aufeinander aufbauende Rätselaspekte eine interessante Alternative gewesen. Wer von den Rätseln eine Pause haben möchte, kann aber auch mit Big the Cat Fischen gehen und sich mit einem Minispiel neue Items verdienen.
Das dritte und letzte Herzstück des Gameplays stellt das neue Kampfsystem dar. Sonic ist dieses Mal nicht mehr auf seine berühmte Homing-Attacke beschränkt, sondern wird im Verlauf des Abenteuers durch das Erlernen neuer Fähigkeiten und die Steigerung seiner Charakterwerte immer stärker. Hier greifen verschiedene Mechaniken ineinander. Zum einen erhält Sonic im Spielverlauf Stärke- sowie Defensiv-Tokens, die ihr bei einem der Koco-Älteren in Punkte umwandeln könnt. So werden eure Angriffe stärker und ihr verliert weniger Ringe, wenn ihr getroffen werdet. Zum anderen könnt ihr Sonics Geschwindigkeit und sein Ring-Limit erhöhen, wenn ihr die verstreuten Koco einsammelt und zu einem Ältesten bringt. Insbesondere die Steigerung von Sonics Angriffs- und Geschwindigkeitswert spiegelt sich sehr schnell in der Spielerfahrung wider.
Neben den hier beschrieben Charakterwerten gibt es auch einen dedizierten Fähigkeitenbaum, in dem ihr neue Angriffe freischalten könnt. Sonic kann so beispielsweise einen Fernkampfangriff erlernen und Feinde so auf Distanz halten. Zu Beginn des Spiels erhaltet ihr darüber hinaus die sogenannte Cyloop-Attacke: Durch das Einkreisen von Gegnern könnt ihr ihnen Schaden zufügen oder ihre Verteidigung durchbrechen. Außerdem dient die Aktion dazu, Geheimnisse in der Welt zu lüften oder euch neue Ringe zu geben, wenn ihr in heiklen Situationen welche benötigt. Die neuen Angriffsfähigkeiten fügen sich sehr gut in das spielerische Grundgerüst ein, denn sie bauen auf der bekanntesten Eigenschaft des blauen Igels auf: seiner Geschwindigkeit. Wie das Platforming sind auch die Kämpfe schnell, actionreich und sehr spaßig. Da eure Gegner euch einiges abverlangen, ist es zudem wichtig, euer Repertoire an Möglichkeiten klug einzusetzen. Von der taktischen Finesse eines Astral Chain oder Bayonetta ist Sonic Frontiers allerdings noch ein gutes Stück weg. Dafür ist die Charakterentwicklung nicht spezialisiert genug.
Dass die Kämpfe trotzdem immer wieder motivieren, liegt nicht zuletzt am äußerst gelungenen Gegnerdesign. Überall in der Spielwelt findet ihr Kreaturen, die direkt aus dem Cyberspace stammen und sich in der realen Welt materialisiert haben. Größere dieser Kreaturen werden Wächter genannt und sind an unterschiedlichen Schauplätzen der Spielwelt platziert. Diese Wächter verlangen jeweils eine eigene Vorgehensweise. Manche müsst ihr zum Beispiel erst einholen, indem ihr ihnen auf einem Schweif folgt, den sie in der Spielwelt hinterlassen. Andere Wächter hingegen schleudern euch in die Luft und ihr müsst zunächst einmal ihren Angriffen ausweichen, bevor ihr selbst die Chance bekommt, zuzuschlagen. Das absolute Highlight stellen in dieser Hinsicht die Kämpfe gegen die Titanen dar. Diese Auseinandersetzungen sind fantastisch inszeniert und spielerisch recht anspruchsvoll. Einzelheiten wollen wir euch an dieser Stelle aber natürlich nicht verraten.
Kommen wir zu einer Frage, die wahrscheinlich viele herumtreiben dürfte. Wie schlägt sich Sonic Frontiers auf der Nintendo Switch? Gerade umfangreiche Open-World-Spiele stellen für Nintendos Hybridkonsole eine Herausforderung dar, wenn nicht genug Zeit in die Optimierung gesteckt wird. An dieser Stelle kann ich direkt Entwarnung geben. Wir haben es hier mit einer durch und durch soliden Nintendo Switch-Umsetzung zu tun. Einen Fokus hat Sonic Team klarerweise auf die Performance gelegt. Auch in sehr actionreichen Passagen unterschreitet Sonic Frontiers beinahe nie die magische Grenze von 30 FPS. Die recht gute Performance wird aber mit einer niedrigeren Auflösung und fehlenden Texturdetails erkauft, Kompromisse, die an dieser Stelle schlicht gemacht werden müssen, um das Spiel überhaupt auf der Hybridhardware zum Laufen zu bringen. Etwas negativ fallen zudem die Popins und die Ladezeiten auf, die häufiger ins Auge stechen als in der PC-Version, die ich im Vorfeld ebenfalls spielen konnte. In Summe ist Sonic Frontiers auf der Nintendo Switch aber sehr empfehlenswert, auch wenn ihr die beste Version des Titels naturgemäß auf einer leistungsstärkeren Plattform bekommen werdet. Wer aber Wert auf die Portabilität legt oder bevorzugt auf dem Nintendo-System spielt, kann hier bedenkenlos zugreifen.
Abseits von den Feinheiten der Nintendo Switch-Version ist Sonic Frontiers ein audiovisuell stimmiges Spiel geworden. Nach den ersten Spielszenen gab es noch Bedenken, dass die Kombination aus Sonic-Charakteren, offenen Arealen und Cyberspace-Gegnern willkürlich wirken könnte. Beim Spielen selbst fügen sich diese Elemente aber wunderbar zusammen und sorgen für einen interessanten Stil. In Kombination mit einem tollen und atmosphärischen Soundtrack sowie einer präzisen Steuerung bekommt ihr ein rundes Paket präsentiert.
Unser Fazit

9
Geniales Spiel
Meinung von Adis Selimi
Veränderungen können unterschiedlich radikal ausfallen. Manchmal werden bestehende Konzepte komplett über Bord geworfen, manchmal fühlen sich Neuerungen wie konsequente Weiterentwicklungen an. Sonic Frontiers gehört definitiv in die letztere Kategorie. Statt Sonic komplett neu zu erfinden, fühlt sich die neue Open Zone wie eine behutsame Evolution an, die auf den Elementen aufbaut, die Sonic-Fans kennen und lieben. Schon nach den ersten Spielminuten auf den Starfall Islands werdet ihr von den Charakteren bis hin zum Leveldesign vieles entdecken, was euch vertraut vorkommt. Gleichzeitig traut sich Sonic Frontiers aber auch, High-Speed-Action neu zu denken und erweitert die Formel mit den offenen Arealen, den Puzzles und dem Kampfsystem um interessante Aspekte. Es ist diese behutsame Weiterentwicklung, die dem Spiel seinen einzigartigen Charakter verleiht. Sonic Frontiers ist wahrscheinlich das beste 3D-Sonic-Spiel seit Sonic Adventure 2: Battle und ein echter Meilenstein für Sonic Team und den blauen Igel.Bestelle dir jetzt Sonic Frontiers über unsere Onlineshop-Partner
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