Test zu Paper Cut Mansion - Nintendo Switch

Der Markt ist mit sogenannten Rogue-lites übersäht. Gefühlt kommen jede Woche weitere Titel hinzu, die sich gegen Genregrößen wie beispielsweise Hades behaupten müssen. Dadurch bedarf es eines Alleinstellungsmerkmals, damit man nicht neben den bewährten Vertretern in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Dieser Prämisse nimmt sich Paper Cut Mansion vom Entwickler Space Lizard Studio an und versucht, mit einem Papercraft-Look und einem Horrorsetting auf sich aufmerksam zu machen. Ob das Werk als unbeschriebenes Blatt zerknüllt in der Papiertonne landen sollte oder sein wahres Potential entfalten kann, erfahrt ihr in diesem Test.


Drei Dimensionen der gepflegten Langeweile


Ihr startet nach dem Intro mit dem Detektiv Toby, der sich in einem rätselhaften Herrenhaus befindet, um die Geheimnisse dieses ominösen Ortes aufzudecken. Dafür nutzt ihr drei verschiedene Dimensionen: Die Neocortex-Dimension, das protoreptilische Gehirn sowie das lymbische System. Das Spiel startet immer in der erstgenannten Dimension, in welcher ihr Hinweise suchen und Rätsel lösen müsst. Im protoreptilischen Gehirn befinden sich im Herrenhaus plötzlich etliche Gegner, denen ihr mit eurer Flinte oder anderen im späteren Verlauf gefundenen Waffen das Lebenslicht ausknipst. Im lymbischen System hingegen wurde das Haus mit einem Kälteschauer überzogen, wodurch ihr ständig Lebensenergie verliert und so auf Fackeln und andere Hitzequellen angewiesen seid, um weitere versteckte Gegenstände zu finden. Die Dimensionen sind vom Aufbau her immer gleich, weshalb ihr die Räume oftmals in dreifacher Ausführung absuchen müsst, um alles zu finden. Das Ziel ist es, eine sprechende Tür zu öffnen, für die ihr einen Schlüssel finden müsst. Unterwegs trefft ihr außerdem auf verschiedene Charaktere, die euch absolut generische Fetchquests aufdrücken, um zum designierten Ziel zu kommen. Hier findet sich leider keine interessante Charakterprogression oder eine spannende Geschichte, weshalb ihr die Gespräche ohne zu zögern komplett ignorieren könnt.


Oh, schon wieder ein Gegenstand, der untersucht werden kann. Wie spannend!

© Space Lizard Studio

In der Neocortex-Dimension suchen wir für gewöhnlich anfänglich nach Hinweisen oder Rätseln und durchforsten etliche Möbelstücke, die wir in Resident Evil-Manier untersuchen. Meistens drehen wir den Gegenstand allerdings nur auf die Rückseite und werden mit einigen Münzen belohnt, die im Spiel als Währung dienen. Das ist so repetitiv, dass man als Spieler ziemlich schnell anfängt, den Gegenstand zu untersuchen, ohne genauer hinzuschauen. Aufsammeln, drehen, Münzen sammeln. Klingt spaßig, ist es auch. Gelegentlich kommt beispielsweise aus einem untersuchten Ofen ein Geist, der sich per "Jumpscare" ankündigt. Dann müsst ihr für eine kurze Zeit weglaufen, da ihr euch in dieser Dimension nicht wehren könnt. Nach kurzer Zeit verschwindet dieser aber wieder und ihr könnt eure Untersuchung wieder aufnehmen. Manchmal fallen Gegenstände auch um und fügen euch Schaden zu, wenn ihr nicht rechtzeitig aus dem Weg geht. Die anfallenden Rätsel sind schnell gelöst, laufen nach Schema F ab und nach kurzer Spielzeit habt ihr bereits gefühlt alles gesehen. So löst ihr zum Beispiel ein Buchstabenschloss, das euch mit eingekreisten Symbolen auf einem Blatt Papier darauf hinweist, in welcher Reihenfolge diese einzugeben sind.


Im protoreptilischen Gehirn hingegen greift ihr erstmals zum Schießeisen und werdet mit allerlei fiesem Geschmeiß konfrontiert. Von Ghulen und Zombies bis zu Ninjas ist einiges dabei. Die Kämpfe sind insgesamt aber ziemlich unspektakulär. Es gibt keine dedizierte Ausweichrolle wie in anderen Genrevertretern, ihr könnt lediglich eure Waffe benutzen und zielen. Es kommen im späteren Verlauf zwar neue Waffen dazu, aber nichts, was den geneigten Rogue-lite-Enthusiasten vom Hocker hauen würde. Die effektivste Methode ist es oftmals, rückwärts zu laufen, während ihr die Gegner, die extrem viel aushalten und sich von euren Schüssen gänzlich unbeeindruckt zeigen und keinerlei Trefferfeedback aufweisen, einfach mit dem Lock-on anvisiert, während die Knifte ohne Munitionsbedarf abgefeuert wird. Das klingt so anspruchslos, wie es auch ist. Die Gegner zeigen ihre Moves vorher oft per Indikator auf, sodass man entweder problemlos ausweichen kann oder eh keine Chance mehr hat, was aber selten vorkommt. Euer Ziel ist es hier in der Regel, einen besonderen Gegner umzulegen, damit ihr in einer anderen Dimension weiterkommt. Der Anspruch ist hier nicht sonderlich hoch und man hat auch kein richtiges Gefühl von Progression, da man nicht durch perfektionierte Mechaniken wie Ausweichrollen bei jedem Run besser wird.

Daran ändern auch die Medaillen nach Abschluss von Quests nichts, die euch beispielsweise einen passiven Bonus auf eure Stärke verleihen. Das ganze Fortschrittssystem ist langweilig und macht keine Lust darauf, mehrere Runs zu starten.

Schuss, Schuss, Schuss ... So ein Kampf kann sich ganz schön in die Länge ziehen.

© Space Lizard Studio


Im lymbischen System herrscht eisige Kälte und ihr verliert ständig Gesundheit, außer wenn ihr sichere, warme Orte aufsucht, die Lebensenergie zurückgeben. Die dritte Dimension wirkt absolut überflüssig und unausgegoren. Prinzipiell ist das Ziel hier, genauso wie in der Neocortex-Dimension, das Suchen von Hinweisen oder das Lösen von simplen Fetchquests. Der Unterschied ist der zeitliche Druck, der durch die Kälte entsteht. Das war es auch schon. Der Lebensbalken ist für jede Dimension individuell, weshalb ihr bei großen Verletzungen die Dimension wechseln könnt, um dem Bildschirmtod zu entkommen. Sobald eine Anzeige leer ist, ist der Run vorbei, unabhängig davon, wie es bei euch in den anderen Dimensionen aussieht.


Der Papercraft-Look und der Soundtrack sind wirklich gut und tragen viel zur Atmosphäre im Spiel bei. Man hat hier allerdings schnell das Gefühl von "Style over Substance", da die Gameplay-Mechaniken wie aufgesetzt wirken und nicht der Kern des Spiels sind. So gut der Stil aussehen und der Soundtrack auch klingen mag, so schlecht ist im Gegensatz der gesamte Spielfluss. Die Motivation, einen neuen Run zu starten, ist äußerst gering, wenn man schon wieder drei Flaschen sammeln darf, um einen NPC zu befriedigen oder hunderte Gegenstände umdreht, nur um wieder Münzen zu entdecken. Die prozedural generierten Level sind auch nicht gerade förderlich, wenn es um eine schön designte Spielwelt geht. Man merkt einfach viel zu oft, dass gewisse Räume nutzlos sind und doch viel zu gleich wirken. Man kann den Parametern quasi beim Erstellen des Raums zusehen. Vier Wände, drei Möbelstücke, die an den Wänden stehen und durchsuchbar sind, eventuell ein NPC und eine gewisse Prozentchance besteht, dass ein Möbelstück "plötzlich" umfällt und euch Schaden verursacht. Ihr als Spieler sollt euch dann bitte erschrecken, auch wenn es öder nicht sein könnte.


Aber war nicht auch die Rede von einem Horrortitel? Das Herrenhaus soll gruselig anmuten und bedient sich gelegentlich an Jumpscares, die aber wirklich keinem Angst einjagen dürften. Die gesamte Story um Toby wirkt trashig humorvoll und lässt sich eigentlich nur durch das Setting in das Horrorgenre einordnen. Da wäre deutlich mehr drin gewesen. Technisch ist der Switch-Port maximal als okay zu bezeichnen. Das Spiel fällt gerne mal unter die 30 FPS und ruckelt spürbar, was bei dem Detailgrad und der allgemeinen Optik definitiv nicht zu entschuldigen ist. Die Steuerung ist definitiv auf Maus und Tastatur ausgelegt, was man spätestens in den Menüs zum ersten Mal bemerkt. Wer heute noch bewegbare Mauszeiger per Analogstick in bester Destiny-Manier entwickelt, hat von guter Menüführung absolut nichts verstanden und sollte sich selbst mal durch die eigenen Menüs quälen.

Unser Fazit

4

Erträglich

Meinung von Kim Davids

Das absolut repetitive Gameplay wiegt viel mehr als die insgesamt ganz charmante Optik und der stimmige Soundtrack. Wer gerade ein Rogue-lite sucht, hat viel bessere Alternativen und wer Horror sucht, ist hier sowieso an der falschen Adresse. Ein bestenfalls mittelmäßiges Spieldesign, das noch viel Politur benötigt hätte, trifft auf einen mittelmäßigen Switch-Port und weiß nicht so recht, welche Zielgruppe es eigentlich ansprechen möchte.
Mein persönliches Highlight: Der Soundtrack.

Die durchschnittliche Leserwertung

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