Test zu Wavetale - Nintendo Switch
Eine spannende Geschichte auf hoher See
Die Welt in Wavetale ist untergegangen: Im wahrsten Sinne des Wortes stehen die weitesten Teile der Welt unter Wasser. Übrig sind nur noch wenige Menschen auf winzigen Inseln, die um ihr Überleben kämpfen, wie Sigrid und ihre Großmutter. Als wäre das nicht genug, strecken böse Kreaturen namens Dreckpfoten ihre Pranken nach diesen letzten Ländereien aus und versuchen, den Untergang der Menschen zu besiegeln. Ob dieser 3D-Platformer ebenfalls untergeht oder sich über Wasser halten kann, erfahrt ihr im Test.
Sigrid ist ein junges Mädchen, eine Waise, die mit ihrer Großmutter auf einer Insel lebt und einen Leuchtturm betreibt. Als letztes Zeichen der Hoffnung für die Menschheit sind diese wenigen Leuchttürme das einzige, was die Finsternis aufhalten kann. Neben dem unbändigen Ozean und den Dreckpfoten hat ein merkwürdiger todbringender Nebel größere Teile des Meeres bedeckt. Als die Dreckpfoten ihre Technik benutzen, um die ganze Welt damit zu bedecken, beginnt das wahre Abenteuer der jungen Sigrid. Weggeschwemmt durch eine Welle landet sie auf einem kleinen Inselchen, abgeschnitten von ihrem Zuhause. Unter Wasser lauert eine Kreatur, die einem nur Angst machen kann, aber mit guten Absichten kommt. Die stumme Kreatur – Schatten genannt – gibt Sigrid die Fähigkeit, auf dem Wasser zu gehen, zu surfen und damit die Welt zu bereisen und das Blatt des Schicksals für die Menschheit eventuell doch noch zu wenden.

Was verbirgt sich hinter der schattenhaften Kreatur? Eines der vielen Rätsel in Wavetale
© Thunderful Games
Als 3D-Platformer liegt der Fokus dieses Spiels auf der Interaktion mit der Umgebung und den Aktionen, die ihr ausführen könnt. Ihr spielt als Sigrid aus der Third-Person-Perspektive. Dabei gibt es verschiedene Aktionen, die davon abhängig sind, ob ihr euch auf dem Wasser oder auf Land bewegt.
Die Steuerung ist simpel gehalten und intuitiv umgesetzt. Mit den Joysticks bewegt ihr Sigrid und die Kamera. Über die Knöpfe und Schultertasten könnt ihr dann diverse Aktionen ausführen. Auf dem Wasser wären das insbesondere schnelleres Surfen, Springen oder das nach vorn Dashen. Auf dem Land gibt es die Optionen anzugreifen, zu springen oder zu dashen. Die Dynamik ändert sich aber in Abhängigkeit des Untergrunds. Auf Wasser seid ihr schneller und flüssiger unterwegs, wohingegen ihr auf dem Land eher schwerfällig vorankommt.
Höhepunkte der Landerkundung sind die kleinen Areale, die es zu erkunden gilt – zu Fuß oder in der Luft. Dabei interagiert ihr mit verschiedenen technischen Elementen. Eure Waffe, ein elektronischer Kescher, ist dabei nicht nur zum Schlagen gut, sondern ermöglicht auch, sich an elektronischen Vorrichtungen zu befestigen und wie eine Art Enterhaken zu fungieren. So ist es euch dann möglich, höhere Orte mit Schwung und Leichtigkeit zu erreichen. Im Laufe der Handlung werdet ihr immer schneller immer höher klettern, was eine wunderbare Angelegenheit ist und wie geschmiert läuft. Verschiedene Steuerungsaktion laufen Hand und Hand und bieten ein nachhaltig positives Spielerlebnis.
Im Kontrast dazu ist die Erkundung des Wassers tendenziell simpel gehalten. Zwar gibt es auch diverse Vorrichtungen, mit denen ihr euch in die Luft katapultieren könnt, letztlich ist das aber nicht das Highlight dieser Umgebung. Auf den Wellen zu reiten, ist die faszinierende Angelegenheit. Trotz der Tatsache, dass ihr nur von A nach B surft, fühlt sich die Zeit auf dem Wasser nicht unbedingt verschwendet an, was an der sehr weichen Steuerung liegt. Ihr bekommt tatsächlich das Gefühl, auf dem Wasser zu sein, und durch das Schaukeln von Sigrid auf den Wellen kommt gewisse Dynamik ins Spiel. Wem das aber dann doch zu öde wird, kann gerne Wasserrutschen nutzen, die überall auf See befestigt sind. Auf diesen könnt ihr mit hoher Geschwindigkeit rutschen und so neue Höhen erreichen.
Die Steuerung und diverse Möglichkeiten, verschiedene Orte zu erreichen, bieten die ideale Grundlage für eine vielversprechende Produktion. Leider scheitert das Spielerlebnis an der Gestaltung der Missionen. Die Hauptmissionen bestehen aus simplen Sammelquests. Ihr begebt euch also an Ort A und führt eine Aktion aus, nur um die gleiche Aktion vier weitere Male an einem anderen Ort durchzuführen, um in der Handlung voranzukommen.

Wenn die Dreckpfoten euch erwischen, wird die Sicht erschwert und der Lebensbalken sinkt
© Thunderful Games
Das Kampfsystem ist ebenso simpel wie öde. Gegner sind leicht erkennbar und stürmen unkontrolliert auf euch zu. Ihr habt verschiedene Angriffe, um sie abzuwehren. Die meisten dieser Schattenkreaturen sind aber so lahm, dass sie keinerlei Gefahr darstellen. Selbst in größeren Gruppen kommt es zu keinerlei Schwierigkeit, was eine vertane Chance ist. Dann könnte man das Kämpfen auch direkt lassen, wenn dadurch kein Druck entsteht.
Die Nebenmissionen sind ebenfalls etwas einfallslos: Findet etwas, nur um das nächste zu suchen und als Belohnung In-Game-Währung zu erhalten. Kämpfe gegen Monster verlieren auch schnell ihren Reiz, da das Spiel sehr zuvorkommend ist. Außerdem sind Kämpfe gegen Endgegner eher derart, dass ihr Türme erklimmt und bestimmte Maschinen erledigt. Dieser Umstand nimmt dem doch sehr epischen Abenteuer den Wind aus den Segeln.
Dass diese simple Missionsstruktur Langeweile hervorruft, ist sehr schade, da die Handlung selbst einen besonderen Reiz hat. Die Prämisse einer überfluteten dystopischen Zukunft gepaart mit einer übernatürlichen Kraft bieten einen hervorragenden Nährboden für eine Handlung, die fesselt. Die Charaktere in Wavetale sind faszinierend ausgestaltet. Sie handeln zwar nach gewissen Tropes, aber übertreiben es nicht auf eine komische Art und Weise. Besonders exemplarisch wäre Sigrids Großmutter, die dickköpfig, frech und oft genervt wirkt. Sie gerät durch ihre Weisheit und Starrsinnigkeit oft mit Sigrid aneinander, die die „gute“ alte Zeit nicht kennt und deswegen das Gefühl hat, von ihrer Oma nicht verstanden zu werden. Diese Prise Coming-of-Age wird subtil in die Handlung eingespeist und wirkt natürlich und mitreißend. Als Spieler werdet ihr viele ihrer Gedanken verstehen und ähnlich empfinden. Je nach Position im eigenen Leben kann man aber auch die Großmutter verstehen und entsprechend eigene Schlüsse ziehen.
Die Welt von Wavetale hat sowohl starke als auch schwache Seiten. Große Stärke liegt im gewählten Stil des Charakterdesigns und der Ausarbeitung des Wassers. Die Gesichter der Charaktere haben ein besonders rustikales, handgezeichnetes Design, welches vollständig animiert wirkt. Emotionen werden so glaubhaft wiedergegeben, geben aber den Charme eines Indie-Titels dazu. Verspielte Details geben den einzelnen Personen Tiefe. Ein Höhepunkt der Charaktere ist die Synchronarbeit, die während diverser Cutscenes zu hören ist. Hervorzuheben ist, dass Deutsch als Sprache verfügbar und qualitativ gut ist. Charaktere wirken so nicht nur wie hohle Statisten, sondern wie lebendige Wesen.

Auch das Meer steckt voller Gefahren. Schwingt euch mit der Kraft des ominösen Schattens in die Lüfte und schlagt zurück!
© Thunderful Games
Die Bewegungsanimationen sind vielfältig umgesetzt, wirken aber beim Laufen besonders hölzern. Wettmachen kann das Team diesen Fauxpas durch die Bewegungen von Sigrid. Ihre diversen Flug- oder Surfmanöver wirken flüssig und greifen nahtlos ineinander. Besondere Faszination übt das Wasser aus. Der Wellengang wirkt vielseitig und authentisch. Gelegentlich könnt ihr auch einen Blick auf die Schatten unter Wasser werfen, dort sind Silhouetten einer längst vergangenen Zeit zu erblicken.
Die Kehrseite der Medaille ist leider der ländliche Raum. Zwar wirken die vielen Konstruktionen und Gebäude durch ihre Details passend, aber oft hohl, weil lediglich mit bestimmten Teilen der Welt interagiert wird. Während einige Orte wie das Riesenrad oder Küstendörfer ihre Reize haben, wirken Türme mit der Zeit langweilig – es wirkt fast so, als seien den Machern die Ideen ausgegangen. Auch das Besteigen dieser Orte wird mit der Zeit wiederholend und somit öde. Die Kamera kämpft ebenfalls mit den Konstruktionen. Es kann passieren, dass sie unvermittelt die Perspektive wechselt und ein völlig neuer Blickwinkel zu sehen ist – ein Todesurteil, wenn ihr gerade in der Luft ein Ziel anvisieren wollt zum Landen.
Ein Leuchtturm des Spiels ist die Musik, auf die stets Verlass ist. Je nach Ort gibt es andere Melodien zu hören. Wenn Gegner in der Nähe sind, passt sich die Musik auch stilistisch an – somit kommt die Dramatik der Situation gut zur Geltung. Gepaart mit einigen malerischen Orten findet ihr das perfekte Setting für einen unvergesslichen Sonnenuntergang. Und das ist ein gutes Stichwort – das Spiel lässt sich theoretisch innerhalb eines Nachmittags vollständig durchspielen. Wer also 5–8 Stunden Zeit hat, wird hier ein schnelles, aber schönes Erlebnis haben.
Unser Fazit

6
Überzeugend