Test zu CRYMACHINA - Nintendo Switch

Technisch stabil mit Tiefgang in der Handlung

Wer nach außergewöhnlichen JRPGS sucht, wird mit dem japanischen Videospielproduzenten FuRyu normalerweise fündig. Das letzte Spiel, das ich aus dem Hause in den Händen hielt, war Crystar, das mich damals durch eine interessante Handlung überzeugen konnte. Nun wird es Zeit für einen neuen Titel, der dank Nippon Ichi Software seinen Weg in die westlichen Gefilde gefunden hat: CRYMACHINA. Statt in die Tiefen der Unterwelt geht es dieses Mal in die Weiten des Universums in eine dystopische Zukunft, in der wenige Auserwählte um das Überleben der gesamten menschlichen Spezies kämpfen. Wieso gerade Fans von Crystar in diesen Titel hineinsehen sollten und ob er auch für andere Spieler geeignet ist, gibt es in diesem Test zu lesen.


Mit schmuckvollen Cutscenes wird die Handlung zu einem Sehvergnügen

© FuRyu / NIS America

Nachdem die Menschheit sich selbst durch Krankheit und Krieg nahezu ausgelöscht hat, ist es einer kleinen Gruppe von ihnen gelungen, mit einem Raumschiff ins Weltall zu reisen. Die Hoffnung war, durch technische Innovationen die Menschheit erneut aufleben zu lassen. Eine der unglücklichen Seelen, die von jener mysteriösen Krankheit dahingerafft wurde, ist Leben, eine junge Frau, die sich eigentlich in der Blüte ihrer Jugend befand. Schlussendlich gibt sie sich ihrem Schicksal hin, doch plötzlich erwacht sie in einem futuristischen Setting mit einem brandneuen Körper. Hier beginnt die Geschichte von CRYMACHINA.


Leben erfährt, dass ihr Bewusstsein in eine Maschine hochgeladen wurde, da sie eine Auserwählte sei. Das System, welches die Menschheit erhalten sollte, ist zusammengebrochen, da eine wichtige Komponente ausgefallen ist. Auf der Suche nach einem wahren Bewusstsein, versuchen die Maschinenkomponenten – Deus ex Machina genannt – ihre Vorstellung eines menschlichen Bewusstseins umzusetzen und erkennen die eigentlichen Menschen nicht an, deren Bewusstsein bereits künstlich reproduziert wurde, und versuchen diese zu töten. Demnach beginnt für Leben nun ein Kampf ums Überleben. Allein ist sie aber nicht. Gemeinsam mit Deus ex Machina Enoa, die sie als wahres Bewusstsein und Auserwählte auserkoren hat, sowie anderen Begleiterinnen, muss sie sich aufmachen und versuchen, die anderen Deus ex Machina von ihrem Thron zu stoßen; in der Hoffnung, dem Leid ein Ende zu setzen und eine glorreiche Zukunft zu sichern.


Die Handlung von CRYMACHINA beginnt recht einfach, wenn auch vollgeballert mit Science-Fiction-Elementen. Durch das Auftauchen von immer neuen Informationen und Charakteren entwickelt sich daraus aber ein Datenstrom, der nicht mehr so leicht zu durchschauen ist. Jeder Charakter hat seine eigenen Beweggründe, das Vorhaben zu unterstützen oder zu sabotieren. Dabei wird mit zunehmender Handlung auch immer unklarer, was denn überhaupt das eigentliche Ziel sein soll und inwiefern es Sinn ergibt, sich dem anfangs noblen Ziel hinzugeben. CRYMACHINA erzählt dabei viele kleinere Geschichten innerhalb einer sehr ausführlichen Rahmenhandlung, die Spieler nur zu gern verschlucken möchte. Gleichwohl man als Spieler in dieser Handlung schnell zu ertrinken droht, ist diese dennoch eine sehr interessante Erfahrung. Dank ausführlicher Erklärungen innerhalb eines Menüs lassen sich die unzähligen Informationen nachlesen, sodass ihr euch nicht jedes noch so kleine Detail merken müsst. Die sehr verzweigte Handlung spiegelt dabei gekonnt die Erfahrung von Leben, die ebenfalls direkt im kalten Wasser landet und sich langsam an ihre neuen Umstände anpassen muss. Die Überforderung der Handlung ist also nichts anderes, als die Überforderung, die Leben in diesem Moment spürt, was dazu führt, dass ihr mehr Empathie für sie und die anderen entwickelt.


CRYMACHINA glänzt durch seine technische Performance


Das Spiel ist in zwei wesentliche Elemente unterteilt: Dialoge und Kampferkundungen. In den Dialogen – sogenannte Teepartys – könnt ihr im Laufe des Fortschritts verpflichtende und optionale Dialoge freischalten, bei denen sich zentrale Charaktere mit Leben zusammensetzen und mit Gebäck und Tee über aktuelle Situationen sprechen. Dabei gibt es aber nicht nur einen Blick auf gegenwärtige Umstände, sondern auch die einzelnen Charaktere werden hier durchleuchtet. Jede Person hat seine ganz eigenen Ziele, die in diesen Gesprächen analysiert werden und jedem Charakter eine gewisse Tiefe verleiht. Außerdem sind optionalen Tratschereien eine nette Abwechslung zu der doch sehr anstrengenden Haupthandlung. Ihr könnt euch diese Teeparty also als eine Art Akkuladung vorstellen, mit der ihr euch wieder erfrischt ins Getümmel stürzen könnt.


In CRYMACHINA reicht ein wildes Drücken von Tasten nicht immer aus

© FuRyu / NIS America

Ähnlich wie schon bei Crystar werdet ihr nach jedem Handlungsabschnitt in eine Missionsumgebung gebracht, in der ihr in der Third-Person-Perspektive auf einem abgesteckten Weg eine Mission erfüllen müsst. Dabei orientieren sich die Umgebungsgestaltung an dem aktuellen Deus ex Machina, den ihr in die Schranken weisen sollt. In bestimmten Bereichen eines Levels erscheinen festgelegte Gegner, die ihr für Erfahrungspunkte und andere Ressourcen besiegen müsst. Am Ende eines solchen Levels erscheinen normalerweise besonders starke Gegner, mit denen ihr euch messen dürft.


Der Aufbau dieser Missionen ist sehr simpel und nicht unbedingt einladend. Was diese Aufträge eher interessant gestaltet, sind die stärkeren Gegner, die am Ende auf euch warten. Während ihr bei den meisten kleineren Gegnern blindwütig beliebige Science-Fiction-Attacken wirken könnt, müsst ihr bei größeren Feinden mit Bedacht vorgehen. Im Normalfall sind solche Gegner unglaublich mächtig und können eure Lebensanzeige bereits mit wenigen Treffern signifikant dezimieren. Durch ein genaues Analysieren der Angriffsmuster und entsprechenden Angriffs- oder Kontermaßnahmen sind diese Gegner dann aber besiegbar.


CRYMACHINA bietet zwei verschiedene Schwierigkeitsstufen an. Wenn ihr den Modus nehmt, der sich eher für Spieler eignet, die die Handlung fokussieren wollen, mag es zwar etwas stressfreier werden, aber die Herausforderung ist noch immer hoch. Die Schwierigkeit nimmt überwiegend gleichmäßig zu, aber besonders jene Zwischenbosse machen einen großen Sprung in der Schwierigkeit, sodass das Vorankommen nicht nur erschwert wird, sondern Adrenalin sich durchs Blut bahnt und ihr echte Action erlebt, da jeder Fehler schnell zu kritischen Situationen führt. Unfair wird das Spiel dabei aber nicht. Es ist möglich nach zwei oder drei Versuchen, den Gegner zu besiegen, sofern man genau beobachtet, was die Schwachstelle eines Gegners ist. Wenn das klar ist, dann scheitert ihr vielleicht nur noch wegen eurer fehlenden Reaktionsfähigkeit.


Da die Gegner und auch eure Spielfigur viele Angriffe abfeuern werden, ist die Bildrate eine wichtige Frage, die sich hier stellt. Überraschenderweise erscheint die Bildrate stabil. Wesentliche Ruckler oder gar Abstürze sind während des Testdurchlaufs nicht aufgefallen. Das Spiel spielt sich insgesamt butterweich und macht grafisch auch einiges her, was bereits bei Crystar positiv aufgefallen ist. Das Problem, dass große Objekte plötzlich im Blickfeld auftauchen, ist auch nicht mehr so ausgeprägt wie in dem eben erwähnten Titel, was das Spielerlebnis positiv abrundet. Die Steuerung ist nicht zu komplex, bedarf aber Übung, um sie zu meistern. Mit verschiedenen Angriffs- und Konterarten ist es möglich, seine ganz eigene Spielweise zu entwickeln. Besonders bei Bosskämpfen ist die Reaktionszeit ein entscheidender Faktor. Mir ist beim Eingeben von Aktionen keine Verzögerung aufgefallen.


Fehlende Lokalisierung trübt den Glanz


Neben dem Kämpfen und Herumrennen gibt es auch kleinere, meiner Ansicht nach eher unkreative Umgebungsrätsel, bei denen ihr bestimmte Wege erst aktivieren müsst. Es sorgt zwar dafür, dass das actionreiche Gameplay stellenweise eine Pause zulässt, aber ich wurde mit diesen Leveldesign-Entscheidungen nicht wirklich warm. Diese „Rätsel“ hätte man auch komplett weglassen können, da diese meiner Meinung nach keinen echten Mehrwert bieten.


Eine Frage, die ihr euch regelmäßig stellen werdet ...

© FuRyu / NIS America

Was wäre ein JRPG ohne die Möglichkeit, seine Charaktere zu verbessern? Mit dem Kampf gegen Gegner sammelt ihr nicht nur Erfahrungspunkte und levelt damit hoch, ihr bekommt zudem Ausrüstung, die je nach Situation das Blatt wenden kann. Die Menüführung ist hierbei nicht zu kompliziert gehalten, sodass man als Neueinsteiger sich ziemlich schnell zurechtfinden wird. Die Tatsache, dass ihr nicht nur Leben spielt, die sehr agil zuschlägt, ist ein zusätzlicher Bonus, der jedem Spieler zusagen wird. Jeder der drei spielbaren Charaktere hat seine eigene Kampfweise, sodass für jeden etwas dabei sein sollte.


Das größte Problem für CRYMACHINA ist die Lokalisierung hierzulande. Leider gibt es keine deutsche oder englische Vertonung. Verstärkt wird dieses Problem von der Tatsache, dass keine deutschen Untertitel mit dabei sind. Ihr müsst euch also mit englischen Dialogtexten herumschlagen, die durch ein spezifisches Vokabular einige an ihre Grenzen bringen wird. Besonders weil viele Begriffe spezielle Wortneuschöpfungen sind und die Erklärungen recht komplex daherkommen, wäre zumindest eine deutsche Übersetzung sehr hilfreich gewesen. Dass die Handlung mit viel Text ausgestaltet ist, lässt das Spielerlebnis in seiner Gesamtheit aus der Perspektive hierzulande schwächeln. Fans von japanischer Synchronarbeit werden hier hingegen ein kleines Paradies vorfinden.


Was mit der Lokalisierung misslingt, schafft hingegen die Musik: Durch besonders interessante Klängen, verschiedenen futuristischen Beats oder melancholisch klingenden Melodien schafft es CRYMCHINA eine besondere Atmosphäre aufzubauen, die in emotionalen oder actiongeladenen Momenten eine zentrale Rolle einnimmt. Auch verschiedene kleinere Animationen oder Visuals bereichern die Handlung und formen so ein sehenswertes Gesamterlebnis, das Fans von JRPGS gekonnt in seinen Bann zieht.

Unser Fazit

7

Spaßgarant

Meinung von Simon Münch

Schon innerhalb der ersten Spielstunde hatte ich das Gefühl, dass CRYMACHINA dem Spiel Crystar sehr ähnlich ist: Dialoge mit talentierten, japanischen Synchronstimmen, der Missionsaufbau und eine vergleichbar komplexe Handlung mit interessanten Charakteren, die allesamt ihre nötige Bildschirmzeit bekommen, ohne überflüssig zu wirken. Aus dieser Perspektive betrachtet liefert CRYMACHINA genau das, was JRPG-Fans kennen und lieben. Die Kämpfe gegen verschiedene Gegner können bisweilen eintönig wirken, werden aber dank verschiedener kleinerer und größerer Bosskämpfe nicht nur aufgelockert, sondern in seinen Grundfesten erschüttert. Einfaches Vorpreschen und Tastenspammen löst diese Konfliktsituationen nicht. Besonders in kritischen Situationen neigen Menschen dazu, irrational oder vorschnell zu entscheiden, was dieses Spiel direkt abstraft … in gewisser Weise wird hier verlangt, wie eine Maschine zu arbeiten, unbeeindruckt von dem, was sich gerade vor den Augen abspielt. Alle technischen Elemente laufen wie ein Uhrwerk perfekt zusammen. Leider streut die fehlende Lokalisierung etwas Sand ins Getriebe. Die vielen, teils hochkomplexen Dialoge und Erklärungen sind auf Englisch keine ideale Wahl und das kann viele Spieler hierzulande vor Herausforderungen stellen. Mit entsprechenden deutschen Untertiteln würde ich hier von einem fairen Spiele-Hit sprechen, doch das Fehlen ebendieser verwehrt der eigentlich interessanten Produktion diese Auszeichnung – wenn auch nur knapp. Fans von Spielen wie Crystar oder generell Produktionen von FuRyu sollten diesen Titel nicht verpassen. Fans von JRPGs generell sollten ebenfalls hineinschauen, sofern die sprachliche Barriere überwindbar scheint.
Mein persönliches Highlight: Die stabile Performance und vielseitige Handlung

Communitywertung

1 User hat bereits bewertet

Auszeichnungen

CRYMACHINA hat von uns bisher keine Auszeichnung erhalten

Kommentare 6

Noch nicht angemeldet?

Du möchtest aktiv an unserer Community teilnehmen oder deine persönliche Spielesammlung bearbeiten? Dann melde dich bei uns an.

Jetzt anmelden

  • 16-Bit-Fan

    Gamer4Fun

    Spiele grundsätzlich mit englischen Texten, wäre also kein Problem. Vielleicht mal im Gedächtnis behalten für den Fall das ich meinen Backlog mal abgearbeitet habe.

  • exeunt

    🗦  🗧

    Zitat

    Mit entsprechenden deutschen Untertiteln würde ich hier von einem fairen Spiele-Hit sprechen, doch das Fehlen ebendieser verwehrt der eigentlich interessanten Produktion diese Auszeichnung

    lol

  • wonderboy

    Turmfürst

    Kein Deutsch - Kein Kauf !

  • CrimsonCloudKaori

    Turmheldin

    Prinzipiell ist der Test zutreffend. Für mich ist das Highlight ja die Story ansich, die sich wahrscheinlich sogar besser als Anime als als Videospiel gemacht hätte.


    Nur zum Thema Sprache muss ich mich dann doch mal äußern.

    Ein JRPG braucht meiner Meinung nach keine andere Sprachausgabe als die originale. In >90% sind lokalisierte Synchronisationen dem Original unterlegen und damit ansich Geldverschwendung. Ich spiele sowie stets mit der Original-Sprachausgabe, dementsprechend stört mich das überhaupt nicht.

    Was die nicht vorhandenen deutschen Texte angeht, kann ich auch nur über diese "Kritik" lachen. Mich stört das ja überhaupt nicht. Natürlich nutze ich deutsche Texte, wenn sie verfügbar sind, aber ich kann drauf verzichten. Man sollte immer froh sein, dass solche "kleineren" Titel überhaupt lokalisiert werden und mit englischen Texten verfügbar sind und das sollte nun eigentlich jeder beherrschen.

    Wobei, wenn man natürlich bedenkt, dass die Schulabgänger von Jahr zu Jahr immer dümmer werden, ist das schon fraglich. Andererseits beherrschen die wahrscheinlich auf kein ordentliches Deutsch. :D

  • NinPin

    CrimsonCloudKaori ziemliche weirde und bescheuerte Ansicht und dazu noch herablassend gegenüber Mitmenschen die keine Fremdsprache beherrschen bzw. verständlicherweise im Jahre 2023 eine deutsche Vertonung bzw. Subtitles wollen.


    Ist vollkommen verständlich, dass man gerne in seiner Muttersprache Videospiele geniessen und erleben möchte und wenn dies für den Entwickler oder Publisher nicht möglich ist sollte er dies vorab publik machen. Wundern das es kritisiert wird sollte man sich aber nicht.


    Hier andere Leute deswegen zu flamen, als dumm zu bezeichnen oder gar die deutsche Sprache selbst abzusprechen und das witzig zu finden ist bodenlos und sollte hier im Forum auch gemahnt werden.

  • Wowan14

    Bisschen fraglich wieso eine fehlende Lokalisierung Einfluss auf die Wertung eines Spiels nimmt. Nach der Logik wäre das gleiche Spiel je nach Land unterschiedlich gut, was total absurd ist. Da frage ich mich ob nicht eher der Nutzer eine sprachliche Firewall hat und nicht das Spiel. Man sollte bei nieschigen Spielen für eine englische Lokalisierung dankbar sein, denn so ist es für jederman noch konsumierbar, da englisch eine recht einfach zu lernende Sprache ist, besonders wenn es nur lesen ist.


    CrimsonCloudKaori stimme meinem Vorredner zu. Nach deiner Logik braucht es dann auch keine übersetzten Texte.

    Denn wieso sollte es ok sein, dass man kein Wort versteht in Wort aber in Schrift schon? Dann doch lieber gleich garnichts verstehen.

    Zudem klingt für viele Ohren die japanische Synchro einfach nur mies. Ich habe schon so viele extrem gute englische Synchros gehört, an die das "Original" nicht rankommt. Original ist nicht immer automatisch besser. Zudem ist japanisch zu lernen auch eine große Ecke anspruchsvoller als englisch. Englisch lernt man recht easy gerade durch textlastige JRPGs, man muss ich nur darauf paar mal einlassen. Auf japanisch könnte ich mich so oft ich will einlassen ich könnte dennoch kein Zeichen entziffern, weil ich es eben nicht lesen kann.