Test zu Another Crab's Treasure - Nintendo Switch
Wer sammelt den Müll ganz tief im Meer?
In den vergangenen Jahren brachten Spiele wie Dark Souls, Bloodborne, Sekiro: Shadows Die Twice und zuletzt Elden Ring das Genre „Soulslike“ in den absoluten Mainstream. Insbesondere der hohe Schwierigkeitsgrad und die oftmals sehr düstere Atmosphäre sind ein Aushängeschild eines klassischen Soulslike und ziehen die Spielerschaft regelrecht in den Bann. Das Entwicklerstudio Aggro Crab Games wagt mit Another Crab's Treasure und einem ungewohnt „fröhlichen“ Gesamtbild einen mutigen Schritt in die Gefilden des brutalen Genres.
In Another Crab's Treasure schlüpft ihr in die robuste Schale des Protagonisten Krill – einem doch eher gewöhnlichen Einsiedlerkrebs. Eines sommerlichen Tages wird das entspannende Sonnenbad von einem unheilvollen Besuch des Kredithais unterbrochen, welcher fortan als Schuldeneintreiber der neuen Herzogin des Meeres agiert. Sämtliche Meeresbewohner müssen ab sofort Steuern zahlen, um auch weiterhin am Strand die frische Meeresluft schnuppern und in den tiefen Gewässern planschen zu dürfen. Echtes Geld spielt hier keine Rolle, denn die Herzogin akzeptiert lediglich herumliegenden Müll als Zahlungsmittel. Immerhin keine sonderlich seltene Währung, denn die Meere sind nicht nur in unserer realen Welt ziemlich zugemüllt, sondern auch in den digitalen Gewässern. Hier finden sich ebenfalls ganze Berge an Zigarettenstummeln, Strohhalmen, Plastikflaschen bis hin zu Badeschlappen. Ein doch eher unbequemes und reales Szenario.

Sämtliche Kämpfe können nach Belieben via Knopfdruck kinoreif im 21:9-Format in Szene gesetzt werden
© Aggro Crab Games
Nachdem Krill die heilige Muschel unter dem Hintern weggepfändet wurde, beginnt die Reise in die Unterwasserwelt – stets auf der Suche nach Mikroplastik, um die Steuerschulden bei der Herzogin abzustottern. Die Thematik rund um die Meeresverschmutzung ist durchaus gesellschaftskritisch, dennoch ist die allgemeine Präsentation eher farbenfroh gehalten und erinnert dadurch zunächst an ein typisches Unterwasser-Adventure à la SpongeBob Schwammkopf. Doch der erste Eindruck trügt: Another Crab's Treasure ist ein astreines Soulslike. Dadurch bedient sich das Spiel an einem Großteil aus dem Repertoire der bekannten Spielmechaniken. Der sympathische Krebs wird aus der Third-Person-Perspektive gesteuert und stellt sich in Echtzeitkämpfen den feindseligen Meeresbewohnern entgegen. Neben verschiedenen Angriffen stehen natürlich eine Ausweichrolle sowie das Blocken von Angriffen im richtigen Augenblick zur Verfügung – bis hierhin also ein klassisches Soulslike. Zusätzlich können herumliegende Bananenschalen, Muscheln und andere Gegenstände aufgesammelt werden, wodurch Krill einen Panzer erhält, der vor gegnerischen Angriffen schützt. Zumindest solange, bis sich die Haltbarkeit der Rüstung in Luft auflöst und anschließend ein neuer Schutz aufgegabelt werden muss.
Wurde einer der zahlreichen Feinde erfolgreich zu einer Portion Frutti di Mare verarbeitet, gibt es im Gegenzug zwar kein wirkliches Sättigungsgefühl, dafür aber eine große Portion an Erfahrungspunkten und Mikroplastik. Beides kann in den Mondschnecken für Levelaufstiege und Fähigkeiten von Krill eingetauscht werden. Die Mondschnecken sind in den Gebieten verteilt und im Grunde eine Unterwasser-Version des Leuchtfeuers in Dark Souls. Dort können die Attribute „Leben“ für mehr Gesundheit, „Resistent“ für verringerten Schaden und Widerstand gegen Statuseffekte, „Angriff“ für mehr Basis-Schaden oder „Glut“ für das Verstärken der besonderen Umami-Angriffe erhöht werden. Bei Letzteren handelt es sich um eine Art magische Attacken, die besonders viel Schaden bei den Gegnern anrichten – im Gegenzug aber nur selten eingesetzt werden können.
Sämtliche Attribute von Krill können im Statusmenü mit „Blinden Passagieren“ weiter erhöht werden. Diese können durch das Erfüllen von Quest ergattert oder einfach in der Unterwasserwelt gefunden werden. Ist ein feindlicher Meeresbewohner zu mächtig und man beißt unfreiwillig in die Algen – und das kommt insbesondere bei den Bossen häufiger vor –, verliert Krill an derselben Stelle sämtliches gesammeltes Mikroplastik sowie den getragenen Panzer. Die verlorenen Habseligkeiten können nach der Wiederbelebung in der zuletzt besuchten Mondschnecke einmalig wieder eingesammelt werden. Beißt der Krebs bis dahin ein weiteres Mal in die Algen, verschlingt die Tiefe das Mikroplastik und den Panzer. Im besten Falle sollte für die Fortbewegung zum Grab einer der vielen Angelhaken verwendet werden, durch welche in sicherer Höhe durch die Gefilden des Meeres über den Schauplätzen geschwungen werden kann – quasi wie ein Unterwasser-Spider-Man.

Im späteren Spielverlauf kann das breitgefächerte Arsenal von Krill's Skill-Set mit weiteren Fähigkeiten erweitert werden
© Aggro Crab Games
In Another Crab's Treasure gibt es keine unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade. Das ist für ein Spiel aus diesem Genre auch keine Seltenheit. Der allgemeine Schwierigkeitsgrad ist besonders im späteren Spielverlauf bei den Bossen oftmals herausfordernd, aber nur selten so schwer, dass es an der persönlichen Frust-Toleranzgrenze nagt und zu viele Versuche benötigt werden. Im Gegenteil, Another Crab's Treasure richtet sich tendenziell eher an Einsteiger, die nicht gleich die volle Breitseite eines klassischen Soulslikes ins Gesicht gedonnert bekommen wollen. Durch sogenannte Assistenzsysteme können jederzeit verschiedene Einstellungen getätigt und dem eigenen Spielstil angepasst werden. Beispielsweise kann der Schaden von Gegnern minimiert oder der eigene Schaden erhöht werden, was den Einstieg zusätzlich deutlich erleichtern kann. Wer bei einem der großen Bosse absolut keinen Stich sieht, der kann Krill auch einfach mit einer Schusswaffe ausrüsten und jeden Gegner – inklusive Bosse – mit nur einem Schuss ins Reich der Mondschnecke befördern. Eine durchaus bizarre und beim erstmaligen Einsatz amüsante Methode, die für ein kleines Schmunzeln sorgt. Dieses schier unfaire Hilfsmittel könnte gerne auch in anderen Soulslikes vorkommen, auch wenn dadurch das berauschende Gefühl der Erfolgserlebnisse absäuft.
Im letzten Atemzug der Fertigstellung dieses Reviews säuft auch ein Großteil der Kritik erbarmungslos ab. Vor wenigen Tagen kam endlich der erste große Patch und nahm die technisch sehr fragile Performance von Another Crab's Treasure auf der Nintendo Switch in Angriff. Vor dem Patch hatte die portable Version im Handheld-Modus mit ordentlichen Einbrüchen der Performance zu kämpfen, was bei einem Soulslike wahrscheinlich eines der schlimmsten Szenarien ist. Zwar lief es im TV-Modus deutlich besser, allerdings auch dort nicht zu 100 Prozent zufriedenstellend. Das Problem der spürbaren Einbrüche wurde mit dem aktuellsten Patch deutlich verbessert, wodurch Another Crab's Treasure sowohl im TV- als auch im Handheld-Modus der Nintendo Switch eine große Ecke spielbarer wurde. Das sind schon einmal gute Neuigkeiten, auch wenn noch an der einen oder anderen Schraube gedreht werden sollte. Hier gelobten die Entwickler auf den Social Media-Kanälen aber weiterhin Besserung.
Leider ist es absolut keine Seltenheit mehr, dass die Nintendo Switch-Version eines Spieles die technisch schlechteste Version ist. Die allgemeine optische Qualität der Texturen und der Spielwelt wurden ziemlich heruntergeschraubt und es gibt dadurch einige verwaschene Texturen. Zumindest kann die Zeichentrickgrafik die optischen Einbußen gegenüber der deutlich performanteren Konkurrenz kaschieren und die optischen Defizite fallen nicht mehr all zu sehr ins Auge. Die größten Probleme wurden erst einmal in den Griff bekommen und sorgen auf der Nintendo Switch für ein weitestgehend rundes Spielerlebnis.
Unser Fazit

8
Ein Spiele-Hit